OT: Glimpses (1993) World Fantasy Award 1994
aus dem Englischen von Jörn Ingwersen
Vorwort von Ed Ward – Nachwort von Sky Nonhoff
Goldmann-TB 23695 - 410 Seiten
DE 09/1996
Inhalt:
Ray Shackelford repariert Stereoanlagen in seiner Werkstatt in Austin und steht vor den Trümmern seiner ehe. Doch dann passieren Dinge, die sein leben für immer verändern sollen. Ray beginnt Musik zu hören, Fetzen von Rock'n'Roll-Sessions, die einst stattgefunden haben, aber nie aufgezeichnet worden sind. Und nur zu bald entdeckt Ray, dass er noch zu mehr in der Lage ist: Er kann das, was er hört, wie durch Telepathie auf sein Cassettendeck überspielen. Bald wird die Öffentlichkeit sie hören können – verschollene Aufnahmen von Jimi Hendrix, den Beach Boys und den Doors. Doch Ray hat noch mehr vor. Er wird in die Vergangenheit eintauchen, um die Helden seiner Jugend zu treffen – und die Dämonen seiner Generation.
Der Autor:
Geboren 1950 in Eugene, Oregon. Hier gibt es eine Autobiografie auf Englisch
Meine Meinung:
Dieser Roman wird als „Die Mutter aller Rock'n'Roll-Romane“ (Ed Ward, Austin Chronicle) bezeichnet. Der Vater des Cyberpunk kommentiert: „Eine Achterbahnfahrt ins dunkle Herz der sechziger Jahre“.
Es stimmt, der Roman hat viel mit den 60ern zu tun. Ray ist ein Kind dieser Zeit und er trauert, wie viele andere, den Helden seiner Jugend nach und fragt sich, was eigentlich schief gelaufen ist. Kraft seiner Fähigkeit versetzt er sich sogar zurück in die Zeit und versucht seine Helden vor ihrem Absturz zu retten, ja sogar die Welt durch nie aufgezeichnete Musik zu verändern – der Traum der 60er Heros.
Aber das ist nur ein Teil des Romans. Denn bei seinen Helden stellt Ray fest, dass deren Verhältnis zu ihren Vätern seinem zu seinem kürzlich gestorbene Vater ähnelt: Ein permanenter Kampf um Anerkennung, um Lob, um Zuneigung. Doch die Väter verweigern sich, aus Sprachlosigkeit, aus Eifersucht, aus Angst vor dem Weg der Söhne.
Besonders intensiv sind die Szenen, in denen Ray erkennt, dass er seiner Frau gegenüber genauso sprachlos ist, unfähig seinen Gefühlen Ausdruck zu geben. Es sitzt es aus und flüchtet in den Alkohol und die Musik der 60er.
Eine sehr authentische, autobiografisch gefärbte Darstellung der „Roaring Sixties“ und die Folgen in einer lakonischen, auf den Punkt kommenden Sprache.
Warum dieser Roman den World Fanatsy Award gewann, hat sich mir nicht entschlossen, auch wenn er unbedingt preiswürdig ist. Der Fantasy-Anteil besteht ausschließlich im Erzeugen der Musikbänder und der Reisen in die Vergangenheit, die auch als Traumreise gesehen werden können.
Für alle, die die 60er erlebt haben oder mehr darüber wissen wollen ist dieser Roman ein Muß; ebenso für die, die gerne über Generationenkonflikt lesen eine Leseempfehlung.
Daher volle Punktzahl,
den diesem Roman wünscht Dyke noch viele, viele Leser