Der Awarenfürst - Dietlinde Schumy

  • Originalausgabe März 2007
    395 Seiten


    Kurzbeschreibung von amazon:


    Der junge Erich von Friaul wird am Hof Karls des Großen zunächst belächelt, doch schon bald ist er ein Meister der Waffenkunst. Er freundet sich mit Pippin, dem Sohn des Frankenkönigs, an und verliebt sich in Rotraud, die schöne Königstochter. Doch der Spionageauftrag des Frankenherrschers beim Reitervolk der Awaren hält eine besonders harte Prüfung für ihn bereit. Wird er Andoro Tej, den Awarenfürsten, verraten können, der ihm mittlerweile zum Freund geworden ist? Glaubwürdig und einfühlsam zeichnet Dietlinde Schumy das Schicksal des jungen Ritters und läßt die atemberaubende Welt des Frühmittelalters in neuem Licht erstehen.


    Über die Autorin (Klappentext):


    geboren in Wien, war als Journalistin für Architektur und Bauwesen, Umwelt und Wirtschaft tätig und schrieb darüberhinaus für das Frauenmagazin Beauty. "Der Awarenfürst" ist ihr erster historischer Roman. Das Fachwissen dafür erwarb sie sich durch Fachlietreatur sowie ihr derzeitiges Mediävistik- Studium an der Universität Wien. Daneben schreibt sie Lyrik und widmet sich der Aquarellmalerei. Sie lebt heute in Maria Enzersdorf bei Wien.


    Meine Meinung:


    Ein Erstlingswerk, dem aus dem Nachwort zu schliessen eine Fortsetzung folgen wird, um es vorweg zu nehmen, eine Fortsetzung, die ich den Schwächen des Buches zu trotz gerne lesen werde.


    Ein sehr schönes Buch, dass uns in eine wenig dokumentierte Zeit entführt, in eine Zeit aus der uns weniges überkommen ist an Bauten, an greifbaren für uns heute. Das lässt der Autorin Raum die Lücken zu füllen und manchmal tut sie das auch gegen das, was sie von ihren Professoren oder aus der Fachliteratur wissen müsste, wenn sie die "Ritter" zu einem "Turnier" antreten lässt füllt sie die Köpfe der Leser mit Bildern aus einem falschen Film- einem Film, der erst dreihundert Jahre später spielt.


    Diese historischen Ungenauigkeiten stören aber den Lesefluss nicht und da die Handlung damit vorangetrieben wird und es unsinnig wäre den Unterschied des sich erst bildenden Ritterkaste und ihrer Schwertübungen im achten Jahrhundert zum Ritterstand des dreizehnten Jahrhunderts auszubilden. Sprachlich jedenfalls lässt dieser Erstling einiges erwarten- ist aber offensichtlich auch nicht der erste Versuch eines Jungautors, sondern das Werk einer gereiften Journalistin, die weiß wie sie ihre Leser fesselt. Genau das tut sie recht schnell- man wird gefesselt von der Geschichte des Erik von Friaul- eines Mannes der ein Kind ist seiner Zeit - hin und hergerissen zwischen Drang nach Freiheit und dem Streben nach ritterlicher Pflichterfüllung, nach Vassallentreue und eigenem Herrschertum. Gefangen in der Freundschaft zu einem charismatischen Kaiser- Karl, den man den Großen nennt- dem Herrscher über das Frankenreich, Freund von dessen Lieblingssohn und später Freund und Blutsbruder des Mannes, der diesen Sohn Karls auf den Tod verletzt hat muß Erich zwischen den Kulturen leben. wie er das tut und was er erlebt wird sehr lebendig, sehr plastsch und farbig geschildert- eine Freude am Lesen. Zunächst wird Erik in Aachen am Hofe Karls erzogen, wächst mit den Kindern Karls auf und mit den Kindern des Hochadels, er freundet sich an mit Pippin, dem zweitältesten Sohn Karls und bildet eine tiefe Feindschaft aus mit Ludwig, der später Kaiser Ludwig der Fromme werden sollte- er steigt auf in der Hierarchie des Königs der Franken, wird Waffenmeister, aber nicht als Erbe des Langobardengeschlechts König von Italien, dazu macht Karls seinen Sohn Pippin. Der Markgraf von Friaul begeht einen Fehler am Hof und muß die Kaiserpfalz verlassen- zurück in die heimatliche Burg. Dort lebt er Jahre zurücgezogen bis die Grenzen- die Marken bedroht sind vom wilden Reitervolk der Awaren. Im Kampf gelingt es ihm den Kriegsführer der Awaren gefangen zu nehmen. Er bringt ihn auf seine Burg - und begeht Hochverat indem er ihn laufen läaast. Verbannt uund geächtet flieht er zu den Awaren und lebt über Jahre dort- bis er zurückkehrt zu seinem Kaiser, der ihn als Meisterspion zum Lernen der Sitten und Gebräuche des Feindes dorthin geschickt hat und dem König der Franken helfen soll das Gold der Awaren zu erobern und damit den Freund und Blutsbruder als Feind entgegenzutreten...


    Unbedingt empfehlenswert.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zitat

    Original von beowulf
    Das lässt der Autorin Raum die Lücken zu füllen und manchmal tut sie das auch gegen das, was sie von ihren Proffesoren oder aus der Fachliteratur wissen müsste, wenn sie die "Ritter" zu einem "Turnier" antreten lässt füllt sie die Köpfe der Leser mit Bildern aus einem falschen Film- einem Film, der erst dreihundert Jahre später spielt.


    Sagt bzw. schreibt sie dazu etwas oder läßt sie das einfach so im Raum stehen?

  • Dazu schreibt sie wenig- sie erwähnt im Nachwort aber wie sie ihre Figuren entwickelt hat und trennt zwischen historischen Personen und Fiktion. Mit dieser Bemerkung habe ich auf eine meiner Ansicht nach überzogene Amazon- Rezi reagiert.

  • Na ja, in gewisser Weise kann ich den Rezensent verstehen. Über Karl den Großen gibt es ja nicht allzuviel historische Romane und wenn seine Erwartung Authentizität war, dann mögen ihn die Anachronismen schon sehr verärgert haben.


    Ich finde es aber gut, daß Du zwischen historischem Anspruch und unterhaltendem Wert differenzierst!

  • Ich finde das Quatsch- die Schule in Aachen gab es Kampfspiele gab es, spezialisierte Krieger gab es, Heerführer gab es- das das alles noch nicht so instutionalisiert war wie im Hochmittelalter, dass Turniere noch nicht das waren, was dann ritualisiert wurde- es spielt weder für die Geschichte (Erzählung), noch für die Geschichte (Historie) eine Rolle.

  • Hm, klingt fast so, als sollte ich das lesen...
    schaumamal, ob das wieder zu einer neuen version von mein krampf wird


    wetten, dass dieses andere buch zum thema jetzt nicht kommt?

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Wow :wow halbtreffer!
    Das cover ist schön weinrot mit einem papyrusband und wild zusammengesetzten figürchen aus bauchmalereien (uups, buchmalereien - obwohl pergament hin und wieder vom tierbauch stammt) und metallarbeiten mehr oder weniger aus der zeit.


    und bittescheen, es hat den versuch einer chronologie für 'byzantinischen Gürtelzierrat' des 8. Jahrhunderts :wow


    und wahnsinnig tolle umzeichnungen, eine reine freude, es in der hand zu halten und bildtelen zu schauen... :-]



    Beo, sag mal, kommt der... wie hiess er noch mal... 'Sacco di Cividale' als anekdotische erzählung drin vor? Ich liiebe diese stelle aus Paolo Diacono: Sie macht ihm hoffnungsvoll die tür auf :pille, und er bedankt sich so... :hau :rolleyesfrechheit! :chen

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Für Klappentext und Inhaltsangabe verweise ich auf beowulfs schöne Rezi.


    Das ist jetzt der dritte Roman, den ich in rascher Folge über die Zeit Karls des Großen gelesen habe, und ich wundere mich über meine Reaktion. Eigentlich dürfte mir das Buch überhaupt nicht gefallen. Was im Buch erzählt wird, ist, historisch betrachtet, wirklich blühender Blödsinn. Das geht noch sehr viel weiter als nur die "Anleihen" beim Hoch- und Spätmittelalter, auch mit der Abfolge und den Umständen historischer Begebenheiten wird recht frei umgegangen. Die Autorin baut hier bewußt einen Gegensatz auf zwischen der "zivilisierten" fränkischen Kultur und den awarischen "Wilden" - um ihn im Anschluß hinterfragen zu können. Einen solch extremen Rangunterschied der Kulturen (der ja auch von den Awaren selbst so empfunden wird!) kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.


    Viele Ereignisse im Roman erinnern eher an Mantel-und-Degen-Filme. Da laufen die königlichen Prinzen als Spielleute durch Aachen, begehen sagenhafte Reiterkunststückchen, schwören ewige Treue in irgendwelchen Geheimbünden. Bei den Awaren, diesen "edlen, stolzen, aufrechten Wilden", habe ich mich streckenweise an Karl May erinnert gefühlt - inklusive Blutsbrüderschaft und homoerotischem Unterton. Auch die Sprache ist streckenweise arg pathetisch; und wenn Dietlinde Schumy mir nochmal eine Figur vorgeführt hätte, aus deren hoher Stirn man auf "rege Gedankentätigkeit" schließen kann, dann hätte ich das Buch in die Ecke gefeuert. Ich kenne Leute, die haben eine Stirn hoch und wieder runter bis ins Genick und trotzdem keinen vernünftigen Gedanken im Kopf.


    Und doch. Der moralische Zwiespalt, in dem Erich steckt, ist echt, glaubwürdig und nachempfindbar, ebenso wie die wütende Verzweiflung und Einsamkeit Andoros, der von seinem eigenen Volk als ein zum Töten abgerichteter Wachhund betrachtet (und verachtet) wird. Wenn ich das vergleiche mit der oberflächlichen Gleichgültigkeit des Protagonisten in Obermaiers "Mein Kaiser, mein Herr" oder der streckenweise naiven Gefühlsduseligkeit der Figuren in Martina Klemms "Beutefrau", dann kann ich gar nicht anders, als dieses Buch höher zu bewerten.


    Von mir sehr subjektive acht Punkte.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.