Ist die EU nur ein Bündnis für Großmächte?

  • Ich bin ein politischer Mensch, und ein leidenschaftlicher Europäer. Ich liebe den europäischen Gedanken, und war schon immer ein EU-Gedanken-Befürworter.


    Aber nun zweifle ich langsam am Bündnis der EU.


    Ist die EU nichts anderes als eine Freunderlwirtschaft der großen Staaten?


    Mich regen 2 Punkte momentan sehr auf:


    1) Etwas vergangenes: Österreich wird aufgrund lächerlicher Gründe sanktioniert, verspottet und diffamiert, während in Italien Berlusconi immer mehr zum Mediendiktator wird, er Nazi-Sprüche ablässt, und in Frankreich Antisemitismus extrem zunimmt. Doch gegen die großen Staaten passiert nichts.


    2) Deutschland, Frankreich, und neuerdings Italien sind hoch verschuldet. Dennoch bekommen sie keinen blauen Brief, nicht einmal eine Rüge durch die EU-Kommission.


    Da frage ich mich: Nutzt die Eu nur den großen Staaten etwas?

  • Hallo, Historikus.


    Zitat

    Nutzt die Eu nur den großen Staaten etwas?


    Mmh, ein Nutzen dürfte durchaus auch für die kleineren Staaten vorhanden sein, der sich auf verschiedene Arten äußert: Ökonomische und soziale Bewegungsfreiheit, Öffnung des Wirtschaftsraumes, Nießbrauch von Subventionen, Vereinfachung des Handels, Bestandteilswerdung an einer Völkergemeinschaft. Das ist verbunden mit einigen Nachteilen, etwa - wie das jetzt am Beispiel Slowenien gut zu beobachten ist - mit dem Einbruch eines zuvor abgeschlossenen Marktes, durch Hereindrängen von billigeren Anbietern aus dem EU-Raum. Insbesondere die Softwarebranche in Slowenien (aber nicht nur dort) hat gerade ganz schön zu knabbern.


    Aber Deine Frage ist ein bißchen mißverständlich formuliert. Sie müßte nämlich lauten: Ist die EU von den großen dominiert? Und diese Frage muß man unumwunden mit Ja beantworten. Trotz Berlusconi hätte sich kaum wer getraut, Italien mit Strafmaßnahmen zu belegen, es hätte sich keine Mehrheit dafür gefunden, die Strukturen geben das nicht her. Die Abmahnung der Schuldengiganten aufgrund des fortwährenden Verstoßes gegen die Maastricht-Kriterien findet nicht statt, weil diese Länder gleichzeitig die großen Zahler im EU-Zirkus sind - und deshalb schweigen die meisten "kleinen" auch zu dieser Thematik, schließlich ziehen sie den Nutzen aus diesen Zahlungen. Insofern hat sich die EU noch nicht sonderlich weit von der EWG wegbewegt, das Säbelrasseln gegen die Kleinen wird uns imho noch eine Weile erhalten bleiben.

  • Einen Nutzen von der EU dürften alle beteiligten Staaten haben, wenn auch in unterschiedlichen Maße.
    Über die erfolgten Sanktionen gegen Österreich und die nicht erfolgten gegen das Berlusconi-Italien haben wir schon früher einmal diskutiert. Diese Haltung ist gewiss kein Ruhmesblatt für die Eu, aber leider menschlich.
    Den Kleinen, der sich sich schlecht wehren kann, denn kloppt man, aber Italien könnte man ja bei einer Abstimmung brauchen und drückt daher lieber sämtliche Augen zu.


    Trotzdem glaube ich, dass die EU gerade den kleinen Staaten Schutz vor dem Hegemoniestreben der Großen bietet, denn diese müssen sich in erster Linie mit den anderen Großen auseinander setzen und sind dabei sehr oft auf die Hilfe der Kleinen angewiesen. Auch können die Kleinen als Block ausgleichend zwischen den Großen wirken. Dies macht Europe vielleicht nicht berechenbarer, aber friedlicher. Das ist, wenn man die Geschichte der letzten Jahrhunderte betrachtet, schon ein sehr großer Vorteil.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave