Rückseitentext
"Sie ist eine der faszinierendsten und zugleich widersprüchlischsten mythischen Gestalten. Von Euripides wurde sie als Kindsmörderin in die Literatur eingeführt, spätere Jahrhunderte haben sie immer wieder um- und anders gedeutet: Medea. Heilerin, Priesterin, Liebende, Eifersüchtige, Verräterin, Intrigantin: Christa Wolf erzählt die Geschichte - teilweise Quellen vor Euripides folgend - neu und entwirft dabei das Porträt einer eigenwilligen, einer ungewöhnlichen Frau "zwischen den Zeiten". Ihre Medea ist, wie in allen Überlieferungen, die Tochter des Königs von Kolchis am Schwarzen Meer, dem östlichen Rand der damals bekannten Welt. Sie findet die Verhältnisse in ihrer Heimat unerträglich und flieht mit Jason, dem Argonauten, und einer kleinen Schar von Kolchern in das reiche Korinth..."
Persönliche Eindrücke
Medea hat mich tief bewegt und beeindruckt.
Christa Wolf erzählt die Geschichte der Medea in mehreren "Stimmen", verschiedene Abschnitte werden von verschiedenen Personen (Medea, Jason und weitere) dargelegt. Jede dieser Stimmen klingt anders, jede Person ist überzeugend dargestellt in ihrem Wesen und ihrer Motivation. Keine Figur ist inkonsistent, alle haben zwar die Wahl und die Verantwortung für ihre Taten, aber sie folgen auch ihrem Wesen. In der ursprünglichen Argonautensage (Wiki) ist Medea ja nichts als ein Spielzeug einer Göttin, die Jason beisteht, Medea wird benutzt, verändert, mißbraucht und verraten. Sie ist nicht verantwortlich für das, was sie tut, denn immer wieder verändert Hera ihr Herz. Bei Christa Wolf handelt Medea aus eigenem Antrieb, und auch wenn ihr auch dort nicht gerade gut mitgespielt wird, so handelt sie doch als Mensch und nicht als Marionette.
Gäbe es Medea wirklich, ich wünschte ich könnte sie kennenlernen, diese Frau, die Haß mit Verständnis und Verrat mit Mitleid beantwortet, ohne daß sie dabei wirklich hochmütig ist, obwohl ihr das vorgeworfen wird. Sie ist nicht frei von Fehlern, aber sich selbst treu.
Ich wußte nichts von dem Mythos Medea, nichts von dem "Medea-Komplex" und allem für das diese Frau traditionell steht, aber wie schon in "Kassandra" hat Christa Wolf es geschafft, einen griechischen Frauennamen für mich wunderschön zu machen, trotz aller negativer Belastung der Namen durch eine negative historische Belegung des Namens.
Ich werde "Medea. Stimmen." noch oft lesen, und die Freude daran wird mir sicher nicht so schnell vergehen. Es ist eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe.