Wie detailliert plottet ihr?

  • So...
    Eny, die gerne mal wieder am schreiben wäre, aber leider eine Riesenblockade hat, stellt stattdessen theoretische Fragen und hofft, dass jemand antwortet. (Warum rede ich eigentlich in der dritten Person von mir?)


    In einigen Interviews, Forenbeiträgen etc. von Autoren ist mir aufgefallen, dass einige ziemlich viel Zeit zum plotten (ausdenken, skizzieren der Handlung) brauchen. Ich als jemand, der nicht viel nachdenkt, einfach losschreibt und es später bereut, wüsste gerne, wie lange ihr am Plot sitzt (hängt natürlich auch von der Länge des Textes ab), und wie detailliert ihr dabei vorgeht.
    Also "x besucht y und findet nach einem kurzen Gespräch heraus, dass ihr Freund z verlobt ist", oder "x findet nach längeren Schwierigkeiten die Klingel von y, fährt mit dem Fahrstuhl in den 12. Stock (Erwähnung von x's Platzangst), wird von y hereingelassen. Y bietet x Wein an, x lehnt ab und fragt, ob y wüsste, warum z momentan so komisch drauf ist... usw."?
    Darf natürlich auch ein Mittelding sein. :grin


    Meine Frage richtet sich natürlich hauptsächlich an Autoren (bzw. Hobbyautoren). Aber wer sonst noch seinen Senf dazugeben möchte ist herzlich eingeladen. Mich interessiert auch wie detailliert ihr plotten würdet, wenn... :-)


    LG Eny

  • Hallo Eny,


    für mich ist Plotten wichtig, sehr sogar.


    Ich hasse es wie die Pest.
    Weißt Du, ich bin auch eher so ein Bauchschreiber. Einfach mal drauflos stürmen ... Irgendwo sollte ich doch ankommen können. Leider habe ich mich früher allzu gerne verrannt und verirrt.


    Heute sieht es so aus, dass ich mir erstmal die Freiheit erlaube, 30 bis 50 Seiten runterzuschreiben. Dann merke ich schon, wo's hakt. Dann überarbeite ich diesen Anfang, ich weiß ja jetzt, was ich will. Danach setze ich mich hin und plane und plotte schweren Herzens die folgenden 400 Seiten. Das erfolgt aber eher in Form eines "hier starten die Protagonisten, dort wollen sie nach der Geschichte sein" - also lege ich bewusst nicht jeden einzelnen Schritt fest. Ich will sie nicht soweit einschränken, dass sie überhaupt nicht mehr sie selbst sind. Aber nach den ersten Seiten weiß ich wenigstens schon mal, wer sie sind und wohin sie wollen. Und dann lege ich ihnen bewusst einen Stapel Hindernisse in den Weg.


    Wie lange ich plotte, kann ich schwer so sagen ... Eigentlich dauert es eine Woche, mindestens. Fertig wird man damit aber nie so richtig, weil immer wieder das eine oder andere dazu kommt, während ich weiterschreibe. Dann muss man eben innehalten und gegebenenfalls neu plotten. Aber am Ende rüttel' ich dann nicht mehr.


    Liebe Grüße
    Juliane

  • Notgedrungen - weil es eben sein muss, wenn man einen Roman an einen Verlag bringen will - plotte ich auch sehr ausführlich.
    Gerne tue ich es nicht und wenn ich just for fun schreibe, lasse ich es ganz, bzw. mache mir nur stichwortartige Notizen.

  • Es hängt vom der Länge des geplanten Texts ab.
    Für 500 bis 1000 Wörter reichen die Ausgangssituation und eine Vorstellung von der Schlußpointe. Das läuft sozusagen von selbst aufeinander zu.
    :grin


    Wenn es länger wird, wenn die Anzahl der Personen steigt, wenn man Konflikte braucht, Nebenhandlungen entwickelt, wenn man Leserin und Leser ein wenig in die Irre führen möchte, wenn man eine Menge weiser Sprüche reinmischen möchte ;-)
    etc. pp., dann ist es in meinen Augen nur klug, wenn man genauer plant.


    Gerade in langen MS verliert man sich leicht.


    Manche Handlungsstränge werden ohnehin zum Selbstläufer, Texte entwickeln eine Eigendynamik. Damit muß man eigentlich immer rechnen.
    Unlebendig wird ein 'durchgeplotteter' Text nie. Texte sind stark, Wörter mächtig, Ideen ähneln Naturgewalten. Hilflose Momente erlebt man als AutorIn noch genug.


    Eine gewisse Arbeitsökonomie wird durch Überlegungen im Vorhinein auch gefördert.


    Bei gelegentlichen Anschubproblemem ist es durchaus auch von Nutzen, wenn man einen Blick auf den Plan werfen kann. Mit dem berühmten 'aus-dem-Bauch-einfach-drauflos-schreiben' kann man unversehens mitten in der Wüste landen.
    Okay, die Wüste lebt. :lache
    Trotzdem.


    Vorausplanen besonders bei längeren Texten ist hilfreich. Plotten, strukturieren. Gliedern. Systematisieren.



    Eny, warum sprichst Du von Dir in der dritten Person? :gruebel
    :lache


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Mich interessiert auch wie detailliert ihr plotten würdet, wenn...


    Immer detaillierterererer. :grin


    Ich versuche, eine In-etwa-Kapitelstruktur zu entwerfen und zu jedem Kapitel in ein, zwei Sätzen vorab zu beschreiben, was darin geschehen soll. Das wird dann die Plot-Line, an der ich mich entlanghangele. Sie steht zur Disposition, aber wenn ich beim Schreiben merke, daß ich daran etwas ändern muß (weil es besser wäre oder weil die Figurenentwicklung unvorhersehbare Wendungen erfahren hat), unterbreche ich den eigentlichen Schreibvorgang und prüfe den Plot von vorne bis hinten. Gegebenenfalls wird er dann umgestaltet, bevor es weitergeht. Unabhängig davon entwerfe ich parallel zur Arbeit am Plot Figurenskizzen, teilweise recht umfangreiche Biographien, die ich während der eigentlichen Schreibarbeit aktualisiere.

  • Ich denke, je unerfahrener ein Autor ist, desto wichtiger ist es für ihn zu wissen wo er hin will. Das gilt nicht nur für den Plot, das gilt für die ganze Geschichte. Und - wie schon erwähnt - es hilft den Faden, das Ziel nicht zu verlieren; eintretende Abweichungen abzufangen. Also so viel ins Detail, wie die Geschichte braucht. Etwas mehr schadet auch nicht.

  • Hallo, Charly.


    Zitat

    Ich denke, je unerfahrener ein Autor ist, desto wichtiger ist es für ihn zu wissen wo er hin will.


    Das muß jeder Autor wissen, ob erfahren oder unerfahren. Aber erfahrungsgemäß :grin schreiben unerfahrene Autoren (war bei mir anfangs auch so) einfach drauflos, mit einer vagen Idee von der Geschichte im Hinterkopf, und dann versandet es nach dreißig Seiten oder noch weniger. Autoren, die bereits mit Agenturen und/oder Verlagen zusammenarbeiten, fertigen i.d.R. ein Exposé (das den gesamten Plot in Kurzform wiedergibt) und ein paar Probekapitel an, und darüber tauschen sie sich mit den jeweiligen Ansprechpartnern aus, bevor sie intensiv in die Schreibarbeit einsteigen. Oft werden Romane an Verlage verkauft, ohne daß mehr als Expo und zwei, drei Kapitel existieren. Es ist wirklich wichtig, zu wissen, wo man hinwill. Man geht ja auch nicht erstmal aus dem Haus und überlegt sich dann, was man draußen anstellen will. Bereits beim Indieschuheschlüpfen hat man das Ziel der Reise vor Augen. Meistens jedenfalls.

  • Charly : Ergänzung - vielleicht hast Du damit gemeint, daß ein erfahrenerer Autor mehr um die Probleme weiß, mit denen man konfrontiert wird, wenn man einfach so drauflosschreibt, und Techniken und Hilfsmittel entwickelt hat, um mit derlei umzugehen. Das ist sicher richtig. Man entwickelt ein Gefühl dafür, wie man dosiert, was man schon am Anfang reichen muß, was man sich für später aufhebt und all diese Dinge. Einfach weil man es schon häufiger getan hat - und auch damit auf die Nase gefallen ist. Dennoch. Je mehr man über eine Geschichte weiß, bevor man zu schreiben beginnt, umso besser. Und das gilt generell für alle Autoren. Außer für Steven King. :grin

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich versuche, eine In-etwa-Kapitelstruktur zu entwerfen und zu jedem Kapitel in ein, zwei Sätzen vorab zu beschreiben, was darin geschehen soll. Das wird dann die Plot-Line, an der ich mich entlanghangele. Sie steht zur Disposition, aber wenn ich beim Schreiben merke, daß ich daran etwas ändern muß (weil es besser wäre oder weil die Figurenentwicklung unvorhersehbare Wendungen erfahren hat), unterbreche ich den eigentlichen Schreibvorgang und prüfe den Plot von vorne bis hinten. Gegebenenfalls wird er dann umgestaltet, bevor es weitergeht. Unabhängig davon entwerfe ich parallel zur Arbeit am Plot Figurenskizzen, teilweise recht umfangreiche Biographien, die ich während der eigentlichen Schreibarbeit aktualisiere.


    Schön. Damit brauche ich den ganzen Summs nicht mehr zu hinzutippen. So reicht mir ein von Herzen kommendes dito.


    :-)


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von magali
    Eny, warum sprichst Du von Dir in der dritten Person? :gruebel


    Wüsste ich auch gerne.
    Vielleicht weil es mich nervt, dass ich seit geraumer Zeit nur noch Geschichen mit Ich-Erzähler gebacken bekomme...


    Tom
    Das mit den Figurenskizzen... Entwirfst du die für die Person, wie sie vor Beginn der Geschichte ist, oder spielt der Plot da auch rein?

  • Ich verwende auch viel Zeit auf die Vorarbeiten, schreibe nicht nur Biografien für alle einigermaßen wichtigen Personen, die im Buch auftauchen, sondern lasse sie auch noch Tagebücher über ihre Gedanken, ihre Gefühle in der Kindheit bis hin zu ihrer Motivation und Rolle in meinem Stück verfassen. Parallel dazu ergibt sich der Plot, der zunächst aus Szenekarten im Karteikasten besteht und dann in Stichpunkten kapitelweise niedergeschrieben wird. Dazu kommen Zeit- und Ortsdiagramme (wer war um welche Uhrzeit wo - ist bei Krimis wichtig), und ich arbeite auch die einzelnen Kapitel relativ gut aus. Raum zum kreativen Fabulieren bleibt, aber nicht sehr viel, und wenn eine Person ein unbedachtes Wort äußert, muss ich es meist spätestens im Lektoratsdurchgang büßen. Mit dem richtigen, ernsthaften Schreiben beginne ich erst, wenn der Schlusssatz steht.
    Urg, aber mit dem ausgearbeiteten, ausgefeilten, werbewirksamen Exposé stehe ich immer noch auf Kriegsfuß. Manchmal schummele ich und schicke es erst weg, wenn ich schon die erste Rohfassung des Buchs fertig habe. ;-) Denn irgendwann, wenn die Geschichte steht, will sie geschrieben werden, und dann habe ich keinen Kopf mehr dazu, eine Werbeschrift auszuformulieren.

  • Zitat

    Original von Tom
    Charly : Ergänzung - vielleicht hast Du damit gemeint, daß ein erfahrenerer Autor mehr um die Probleme weiß, mit denen man konfrontiert wird, wenn man einfach so drauflosschreibt, und Techniken und Hilfsmittel entwickelt hat, um mit derlei umzugehen. Das ist sicher richtig. Man entwickelt ein Gefühl dafür, wie man dosiert, was man schon am Anfang reichen muß, was man sich für später aufhebt und all diese Dinge. Einfach weil man es schon häufiger getan hat - und auch damit auf die Nase gefallen ist. Dennoch. Je mehr man über eine Geschichte weiß, bevor man zu schreiben beginnt, umso besser. Und das gilt generell für alle Autoren. Außer für Steven King. :grin


    Das habe ich gemeint, Tom.
    Ich habe in vielen Foren mitgelesen und bin auch auf überzeugte Nichtplotler gestossen.
    Hinsetzen, schreiben, überarbeiten, Buch in der Hand halten.
    Und dann lacht einem von dem Prachtexemplar ein Verlagsname entgegen, der gar keiner ist.


    Das ist der Unterschied.
    Termindruck?
    Kommt darauf an woher dieser kommt.
    Obwohl es Autoren geben soll, die unter Druck viel effizienter schreiben können. :grin
    Aber ich denke, so weit sollte sich ein/e Autor/in kennen, um abwägen zu können was zu schaffen ist - oder auch nicht.
    Ich bin ein Freund der Storyline. Erst die Idee (auch die Charaktere), dann der Plot bis hin zu einem Exposéentwurf; das teile ich in Szenen auf und bastel daraus ein (Bilder-) Treatment.


    Ich denke, dieses System hat mich bisher davor bewahrt, von (m)einem Machwerk so sehr überzeugt zu sein, dass ich voreilig jegliche Recherche abgebrochen hätte um notfalls bei BOD zu landen.
    Augen zu und durch, geht beim Schreiben einfach nicht.

  • Ich glaube, das sollte jeder so handhaben, wie er sich am sichersten fühlt. Autoren sind so verschieden wie alle anderen Menschen auch. Was dem einen seine Eule, kann durchaus die Nachtigall des anderen sein.


    Bei mir gilt:
    1. Ich muss die Ausgangsituation kennen.
    2. Ich muss das Ziel, sprich das Ende wissen.
    3. Ich muss die Motivation meiner Hauptfiguren kennen.
    4. Ich muss in etwa wissen, wie der Weg zwischen 1. und 2. verlaufen soll.


    Allerdings werde ich niemals meine Phantasie in einen Käfig sperren und alles bis aufs I-Tüpfelchen ausarbeiten, bevor ich den ersten Satz schreibe.


    Hier stimme ich Magali zu:


    Zitat

    Manche Handlungsstränge werden ohnehin zum Selbstläufer, Texte entwickeln eine Eigendynamik. Damit muß man eigentlich immer rechnen.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Hm... wenn ich anfange zu schreiben, dann habe ich die ganze Geschichte bereits im Kopf, habe mir meine Notizen gemacht und kann in Ruhe meinem Roten Faden folgen... das Ende kenne ich allerdings nicht... genauso wenig wie den Titel. Das muss sich erst noch entwickeln...

  • Hmmm... Naja, ich kenne manche Stationen und andere kenne ich nicht. Seit ich einmal ein bisschen zu detailliert rangegangen bin, lass mich mich manchmal auch einfach überraschen, was da so kommt. Naja, es kann schon sein, dass sich andere Techniken da besser bewähren. Ich krieg´s halt anders einfach nicht hin.


    Also, da stimme ich wohl mit Gheron (bis auf Punkt vier, wo ich es eben nicht überall weiß) überein.


    Cindy

  • Bei mir kommt es drauf an. Also meine ersten Geschichten habe ich auch ohne Plotten, dafür aber mit vorschreiben und sehr viel überarbeiten gemacht. Aber spätestens als ich bei meiner aktuellen Geschichte angefangen hab (also mein Momentanes Hauptprojekt, für das ich viel recherciert habe) hab ich angefangen mir erst den Verlauf und die Entwicklung der einzelnen Charaktere in Stichpunkten aufzuschreiben und dann das ganz so auf Kapitel aufzuteilen. Jetzt hab ich ca 10 Seiten Din A4 nur mit Stichpunkten und notizen. Ich hab selbst festgestellt, dass die Geschichte sonst immer total anders wird, als man sie eigentlich haben wollte.
    Trotzdem werden manche Charaktere einfach selbstständig...

  • Ich schreibe meistens aus dem Bauch...
    Im Grunde entwickelt sich irgendwann natürlich ein roter Faden, aber letztendlich hängt es von der Entwicklung der Geschichte ab.
    Ich habe für mich festgestellt, dass es nichts bringt sich gegen diese Entwicklung zu streuben und am ursprünglichen roten Faden festzuklammern - das wird nur gestelztes Geschreibsel, das allzu gezwungen und in die Handlung gepresst wirkt...

  • Bevor ich wirklich durchdacht anfange zu plotten, mache ich mir auf kleinen Karten Notizen zum Verlauf, zu Szenen, zu Personen und hänge diese an eine Kordel, die ich quer durch mein Arbeitszimmer gespannt habe. Dann fange ich an diese Karten umzusortieren, Szenen zu verschieben und eventuell auch weitere Karten dazwischen zu hängen. Das ganze lasse ich ein, zwei Wochen Sacken und Schreibe dann den stringenten Handlungsablauf auf.


    Die Karten begleiten mich aber während des gesamten Schreibens am MS. So behält man gut den Überblick und kann sorglos noch mal was umstellen, ohne direkt alles folgende oder vorangehende aus den Augen zu verlieren.


    Ich muss sagen, mit dieser Arbeitsweise eigentlich sehr gut zurecht zu kommen :)

  • Ich lege kleine handgeschriebene Büchlein zum Buch an.
    Da bekommt jede Person ihr eigenes Kapitel und ich schleppe diese Kladde auch immer mit mir herum. Wenn mir eine Idee kommt, wird sie niedergeschrieben.
    Desweiteren habe ich eine Excel Liste mit einem Personenverzeichnis in der ich die gröbsten Merkmale festhalte....


    Für meine Vampire zeichne ich auch immer "Stammbäume" über deren Verbindungen untereinander....