Verlag S.Fischer, 2007, gebundene Ausgabe, 478 Seiten
Originaltitel: Pandora al Congo
Aus dem Katalanischen von Charlotte Frei
Handlung:
Rückseite: Der Kongo ist ein grüner Ozean, geheimnisvoll und voller Gefahren.
Um einen Mord aufzuklären begibt sich Thomson auf eine abenteuerliche Expedition ins Dickicht des Urwalds und leidenschaftlicher Gefühle. Die Suche nach der Wahrheit führt ihn immer tiefer in das Herz Afrikas - dieses endlose Meer von Bäumen.
Nach dem Bestseller ›Im Rausch der Stille‹ ein zweiter großer Wurf des Weltenerfinders Albert Sanchez Pinol.
Klappentext:
Im Kongo, dieses endlose Meer von Bäumen, geschehen seltsame Dinge. Was bedeutet das unheimliche Kreischen aus der Tiefe? Sind das die Klänge der afrikanischen Nacht? Oder der Schrei nach Vergeltung? Thomson ist Ghostwriter und erhält des Auftrag, Garveys Unschuld zu beweisen. Weshalb ist er angeklagt? Angeblich hat Garvey im Kongo zwei britische Aristokraten und Goldgräber umgebracht.
Thomson schreibt dessen Geschichte auf - der Angeklagte muss unschuldig bleiben, unbedingt.
Auf der Suche nach der Wahrheit gerät Thomson immer tiefer in Afrikas Mitte: undurchdrungliche Vegetation, emotionale Verstrickungen und ein Netz endloser Lügen.
Zum Autor laut Klappentext:
Albert Sánchez Piñol wurde 1965 in Barcelona geboren. Er ist Anthropologe und hat über das Volk der Mbuti im Ostkongo gearbeitet. Nach seinem Bestseller »Im Rausch der Stille« ist »Pandora im Kongo« sein zweiter Roman.
Die Rezension zum ersten Roman findet man hier:
"Im Rausch der Stille" - Albert Sánchez Piñol
Über die Übersetzerin:
Nach einem Studium der Romanistik und einer Promotion in Literaturtheorie lebt Charlotte Frei heute als freie Autorin und Übersetzerin in Portugal.
Meine Meinung:
Die Handlung ist 1914 in England angelegt und wird vom Protagonisten Thomas Thomson, der anfängt als Ghostwriter für einen Autor von Schundromanen zu arbeiten, aus 60 Jahren Abstand erzählt.
Eine reizvolle Erzählperspektive, die auch gleich witzig beginnt. Thomson wird von einem Ghostwriter eines Ghostwriters engagiert und er schreibt den Groschenroman "Pandora im Kongo". Die Groschenromane werden wie am Fließband produziert.
Das ganze wirkt wie eine gelungene Parodie auf den Literaturbetrieb dieses Genres, die den Leser sehr amüsiert. Doch Pinol begnügt sich nicht mit einer Satire. Er baut geschickt weitere Erzählebenen auf und die eigentliche Handlung beginnt erst. Thomson erhält den Auftrag, ein Buch über den Mord an zwei britischen Aristokraten im Kongo aus der Sicht des Angeklagten zu erzählen. Der Auftrag wird von dessen Strafverteidiger erteilt mit dem Zweck die Unschuld seines Klienten zu erweisen.
Thomson sucht den Angeklagten regelmäßig auf und dessen Schilderungen bilden den eigentlichen Roman im Roman, immer wieder unterbrochen von Thomsons Gedankenflüssen.
Diese Geschichte in der Geschichte wirkt selbst wie ein Schundroman und Pinol schafft es sozusagen einen Groschenroman auf höchsten literarischen Niveau zu schreiben, der natürlich auch noch mehrfach gebrochen erzählt wird.
Schon bald verfällt Thomson den Erzählungen des angeblichen Mörders, die an die Atmosphäre von Joseph Conrads Erzählungen erinnern, und verliert die Distanz. Er sucht auch den Vater der Opfer auf, um mehr Hintergründe zu erfahren und der Auftrag wird für ihn zur Lebensaufgabe.
Thomson, wie auch der Leser, weiß schon bald nicht mehr, was er glauben soll. Wahrheit und Lügen vermischen sich und alle Beteiligten versinken in der dichten Atmosphäre des Romans.
Dieses Spiel des Autors mit der Glaubwürdigkeit und mit dem Leser machen einen Großteil des Reizes des Romans aus. Die Art des Humors erinnert an einen Jose Saramago.
Das versteckte Thema ist das Schreiben, die Instrumentalisierung der Literatur und die Unvereinbarkeit von Realität und Fiktion.
Albert Sanchez Pinol könnte. wenn er sich weiter steigert, der Nachfolger von legendären Autoren wie Borges, Italo Calvino und Leo Perutz werden.