Claude Simon - Die Akazie

  • In seitenlangen Sätzen, scheinbar ohne Luft zu holen, erzählt Simon auf beklemmende Weise von zwei namenlosen Figuren, Vater und Sohn, die am Krieg teilnehmen. Namenlos, weil der Krieg Namen durch Nummern ersetzt, gestanzt auf eine Messingplakette, die nach dem Ableben an die Familie geschickt wird, zusammen mit der wenigen Habe des Soldaten und vielleicht einem Orden, die von Angehörigen eingerahmt an die Wand gehängt werden dürfen. Die Chronologie der Ereignisse setzt der Autor außer Kraft, abwechselnd begleitet er den Vater im ersten, mal den Sohn im zweiten Weltkrieg. Der Vater, er ist süchtig nach den bestickten, bunten Bildchen auf seiner Uniform, den Epauletten und Sternen, die die Rangordnung kennzeichnen. Wir lernen seine Frau kennen, die von Faulheit und Krankheit gezeichnet ist und den Sohn austragen wird, bevor sie stirbt. Wir sehen zu, wie der Vater enthusiastisch in den Krieg zieht, begierig nach weiteren Medaillen, und stattdessen apathisch vom Pferd fällt mit einer Kugel im Kopf.


    Viel umfangreicher erfahren wir die Geschichte des 26jährigen Sohnes, die autobiographische Züge tragen soll. Die ersten Kapitel beschreiben sehr ausführlich die Gedanken, die Betrachtungen auf dem Schlachtfeld, bevor Simon die Zeit zurückdreht und die bedrückende, unheimliche Zugfahrt zur Front beschreibt, belastet mit dem Gedanken jetzt würde er sterben. Sie fahren dorthin, wo die entgegenfahrenden Züge herkommen - Züge gefüllt mit fliehenden Dorfbewohnern. Irgendwann findet er wieder den Anschluss an seine anfängliche Kampfplatzszene, der Sohn, der sich inmitten seiner Truppe befand, bevor sie von einem Hinterhalt überrascht und niedergestreckt wurden. Nun liegt er versteckt im Gebüsch umringt von reiterlosen Pferden …


    Die gesamte Szenerie ist umhüllt von Hoffnungslosigkeit, Beklemmung und getrocknetem Blut. Er kann im Kampf für das Vaterland nichts Würdevolles entdecken, wenn er zurückblickt über das leichengepflasterte Feld. Kurz angeschnitten werden Gefangenschaft und Flucht aus dem Arbeitslager. Die 14-monatige Hölle des Krieges erzählt er heute den gelangweilt lauschenden Nutten, bei denen er Trost zu finden scheint - und uns, die umso gefesselter zuhören werden.


    Gruß,
    chip

  • Es ist schon etwas länger - ca. 1,5 Jahre - her, dass ich dieses Buch gelesen haben. Aufgrund der momentan Leserunde dazu habe ich bemerkt, dass ich gar keine Rezension eingestellt habe.


    Diese möchte ich Euch nicht vorenthalten:


    Bei diesem Buch wäre ich fast gekentert. Eigentlich bin ich gekentert . Für mich ist nicht "das drinnen, was außen draufsteht" , d.h. ich habe vom geschriebenen Inhalt nicht wirklich viel mitbekommen.
    Dieses Buch ist fraglos ein literarisches Meisterwerk in Sprache und Darstellung. Wenn aber Sätze derart verschachtelt sind, mit Nebensätzen und zu allem Überfluss noch Erklärungen in Klammern gespickt sind dass sie nicht selten den Umfang von 2 bis 3 Seiten einnehmen, bin ich leider unfähig, den Sinn zu erfassen. Dies übersteigt meinen Horizont.
    Zudem gibt es keine durchgehende Geschichte sondern vielmehr zusammenhanglose Mosaiksteine zweier Lebensgeschichten. Die Personen haben keinen Namen, was die Sache und das Verständnis zusätzlich erschwert, an vielen Stellen wusste ich defninitv nicht - auch nicht nach mehrmaligem Lesen - von wem nun die Rede ist.


    Wie gesagt, es handelt sich unbestritten um ein literarisches Meisterwerk, den Nobelpreis hat er sich verdient - aber meiner Meinung nach ungeeignet für den Durchschnittsleser.
    Mich würde ungeheuer interessieren wie es jenen ergangen ist, die das Buch schon mal zur Hand genommen haben!

  • Ich hab das Buch nun trotz anfänglicher Begeisterung abgebrochen.
    Vermutlich hab ich zwischendurch eine zu lange Pause eingelegt, so daß ich aufgrund der langen Sätze nicht mehr rein kam.
    Grundsätzlich fand ich den Stil aber unheimlich interessant und gut zu lesen.

  • Hmm... was soll ich sagen. Schwieriges Buch.
    Ich kann gut verstehen, dass viele den Stil nicht mögen. Ich fand ihn auch oft nervig und bin häufig mit den Gedanken woanders gewesen. Aber es gab auch Stellen, in denen der Stil die Geschichte lebendig machte. Inhaltlich fand ich vieles schwammig und unklar. Da musste man viel rumraten oder den Klappentext zu Rate ziehen. Also wirklich gefallen hat es mir nicht. Ich bin froh, dass ich es durch habe und es nun endlich im Regal verschwindet.