Der Schreibflow.

  • Hallo liebes Forum,


    ich trau mich mal ausgiebiger in die Autorenecke ;-)


    Heute möchte ich mit euch über den Schreibflow reden. Also dieses berauschende Gefühl, das sich irgendwann im Laufe eines Romans einstellt, dass man eigentlich nur noch schreiben, schreiben, schreiben möchte (und überarbeiten, natürlich. Das gehört ja dazu *seufz*).


    Wie geht es euch damit? Wann stellt sich dieses Rauschgefühl bei euch ein? Wo kommt das her? Stellt es sich überhaupt ein? Und (das interessiert mich am meisten): wenn ihr diesen Schreibflow endlich erreicht und so richtig heftig viel runterschreiben könnt, weil ihr schon genau wisst, was kommen wird - wie sieht es nach einer oder zwei Wochen aus, wenn ihr das Geschriebene noch mal lest? Ist es dann immer noch gut oder schüttelt ihr dann entsetzt den Kopf über so viele Fehler, so viele Brüche, etc.?


    Ich bin neugierig auf Eure Antworten.


    Liebe Grüße
    Juliane
    von einem absoluten Schreibflow gepackt. Zum ersten Mal seit Jahren, könnte man meinen.

  • Zitat

    Original von JulyRose


    Wie geht es euch damit?


    Wunderbar geht es mir damit, ich fühle mich großartig im Schreibrausch. :-)



    Zitat


    Wann stellt sich dieses Rauschgefühl bei euch ein?


    Wenn ich anfange zu schreiben, es ist einfach da. Egal, was gerade war, sobald ich mein Worddokument öffne, bin ich in einer anderen Welt.


    Zitat


    Wo kommt das her?


    Keine Ahnung, ist einfach da ;-)


    Zitat


    Stellt es sich überhaupt ein?


    Ja, immer. Ich liebe das Schreiben einfach, vielleicht liegt es daran.



    Zitat


    Und (das interessiert mich am meisten): wenn ihr diesen Schreibflow endlich erreicht und so richtig heftig viel runterschreiben könnt, weil ihr schon genau wisst, was kommen wird - wie sieht es nach einer oder zwei Wochen aus, wenn ihr das Geschriebene noch mal lest? Ist es dann immer noch gut oder schüttelt ihr dann entsetzt den Kopf über so viele Fehler, so viele Brüche, etc.?


    Ich freue mich über die Menge, die ich geschafft habe. Wenn mich keiner stört, können das an einem richtig guten schreibtag auch schon mal über 50.000 Zeichen sein. Rohtext natürlich; aber eine gute Grundlage zum Überarbeiten habe ich damit.
    Und die Szenen, mit denen ich nicht zufrieden bin, überarbeite ich halt solange, bis ich es bin.

  • Huhu!


    Zitat

    Wie geht es euch damit?


    Gut! Sehr gut! Ich habe das Gefühl, wenn ich nicht richtig im Schreibfluss drinne bin, dann geht gar nichts. Alles hört sich blöde an etc!


    Zitat

    Wann stellt sich dieses Rauschgefühl bei euch ein?


    Nach ein paar Zeilen. Meist hab ich anfangs in letzter Zeit keine große Lust, aber es muss ja sein, sonst hab ich ein schlechtes Gewissen. Und sobald ich dann wieder beim Knobeln wer was wann, wo und wie macht dran bin, geht das alles auch flotter von der Hand!


    Zitat

    Wo kommt das her?


    Weiß nich. Wie Leserättin schon gesagt hat, is´einfach so... Aber schneller kommt´s, wenn ich schreibe, wenn´s schon dunkel ist. Da ist die Atmosphäre einfach besser.


    Zitat

    Und (das interessiert mich am meisten): wenn ihr diesen Schreibflow endlich erreicht und so richtig heftig viel runterschreiben könnt, weil ihr schon genau wisst, was kommen wird - wie sieht es nach einer oder zwei Wochen aus, wenn ihr das Geschriebene noch mal lest? Ist es dann immer noch gut oder schüttelt ihr dann entsetzt den Kopf über so viele Fehler, so viele Brüche, etc.?


    Naja, ich freue mich erstmal über jedes Wort, was ich geschrieben hab. Überarbeiten mache ich sowieso immer, wenn ich schreibe. Dann les ich das Kapitel vorher nochmal und korrigiere. Es sieht eher schlimm aus, wenn ich nicht im Fluss drin war...


    So, alles beantwortet?


    Cindy


    leserättin : 50.000 Zeichen? *uff* Ne, soviel schaffe ich niemals an einem Stück. Vielleicht die Hälfte, wenn´s gut läuft...

  • Zitat

    Original von Saphira-Wolf
    leserättin : 50.000 Zeichen? *uff* Ne, soviel schaffe ich niemals an einem Stück. Vielleicht die Hälfte, wenn´s gut läuft...


    Doch, das geht, wenn ich einfach nur runterschreibe, ohne was zu überarbeiten, keine Tippfehler ausbessere. ist dann natürlich wirklich ein ganzer Schreibtag von morgens angefangen.


    So schreibe ich durchschnittlich 20.000 Zeichen pro Tag. Beim Überarbeiten natürlich weniger, da ich dann ja an dem Text feile.

  • Durchschnittlich 20.000 Zeichen sind natürlich auch schon ein ordentlicher Batzen, Leserättin.


    Finde ich beruhigend, dass es noch andere Leute gibt, die's so heftig packt. Auch wenn ich bei mir immer den inneren Zensor auf der Schulter sitzen habe, den ich einfach nicht abschütteln mag. Er hat sich da eingenistet, und ja, manchmal unterbricht das den Schreibfluss. Aber das ist nie so schlimm, dass ich mich irgendwie schlecht dabei fühle.


    Liebe Grüße
    Juliane

  • Mmmh, Schreibflow also. Wieder was gelernt. Den Begriff hatte ich noch nie gehört. :grin


    Für meine letzten beiden Romane - also die nächsten beiden, die erscheinen - habe ich mich in Schreibklausur begeben, und ich habe ungefähr 30 Seiten Rohfassung pro Tag geschafft, ab zehn Uhr morgens bis zum späten Abend, unterbrochen nur durch Essenpausen und die nötigste Körperhygiene. Ich war erstaunt, daß das so gut ging, und ich war vorher, jedenfalls beim ersten Mal, total skeptisch. Okay, diese Fassungen werden wahrscheinlich mit den veröffentlichten nicht übereinstimmen. ;-) (Aber zur Weitergabe an den Lektor waren sie bereits gut genug.)


    Wenn ich mit dem Plot, den wichtigsten Figurenbios, der Recherche und den sonstigen Vorbereitungen fertig bin, lege ich los, und ich versuche, die Vorarbeit möglichst komplett hinter mir zu haben, bevor ich anfange. Ich bin so ein Typ. Wenn ich hungrig nach Hause komme, dann werden trotzdem erst die Katzen gefüttert, dann dusche ich und ziehe ich mich um, prüfe die Post und mache noch den einen oder anderen nötigen Kleinkram. Erst, wenn alles erledigt ist, wird gefuttert. Das geht dann streßloser und ohne schlechtes Gewissen - dafür mit mehr Genuß. Und so mache ich es beim Schreiben auch inzwischen. Das war früher anders.


    Aber zur Ausgangsfrage. Auch bei längeren Pausen, also wenn ich mal ein paar Tage lang nicht am Manuskript arbeite, bin ich trotzdem "drin". Ich schreibe im Kopf weiter. Sobald ein Projekt angefangen wurde, hat es mich, und wenn es das nicht tut, ist das Projekt banane (sagt man das noch?). Dabei spielt dann keine Rolle, ob ich physisch schreibe oder mich nur gedanklich damit befasse. Ich sehe meine Figuren und Schauplätze vor mir, sie werden zu ständigen Begleitern, und in Alltagssituationen prüfe ich oft gedanklich, wie meine Helden sich in ihnen verhalten würden, um mehr über sie zu erfahren. Undsoweiter. Ich mag konsequente und disziplinierte Arbeit an der ersten Fassung sehr gerne, mehr noch, ich halte es für wichtig, fast ununterbrochen zu arbeiten, um den Kontakt nicht zu verlieren. Aber Überarbeitung mag ich nach wie vor nicht. Ich tue es natürlich, und es geht inzwischen auch recht fix von der Hand, aber wenn ich einmal, nämlich zum ersten Mal, "ENDE" unter ein Ms geschrieben habe, löst sich gleichzeitig etwas, das ich neu aufbauen muß, wenn ich mit der Überarbeitung anfange.


    War das jetzt irgendwie eine brauchbare Antwort? :wow

  • Ja, das kenne ich auch, das ist bei mir ein tranceartiger Zustand, bei dem ich manchmal das Gefühl habe, meinen Körper von außen/oben zu betrachten, bei dem ich auf mehreren Ebenen gleichzeitig denke, bei dem ich die Figuren reden höre und die Szenen vor mir sehe wie einen Film und eigentlich nur noch mitzuschreiben brauche. Das ist schwer zu beschreiben.


    Was du beschreibst, Tom, ist glaube ich etwas anderes, das ist der Schreibfloh. Den kenne ich auch sehr gut.
    Ich habe immer etwas zum Schreiben dabei, wenn ich das Haus verlasse, und wenn es nur ein Kugelschreiber und ein leerer kleingefalteter Notizzettel ist, und die Leute halten mich wahrscheinlich für meschugge, wenn ich an der Bushaltestelle oder im Supermarkt plötzlich anfange zu kritzeln, bevor sich ein überraschend gefundener Satz wieder verflüchtigt.
    In letzter Zeit piesacken mich die Schreibflöhe meistens nachts, und ich knipse um 3 Uhr 20mal das Licht an und wieder aus, weil mir hier noch eine Forumlierung einfällt und da noch ein Satz und dort noch ein Bild oder eine Verknüpfung.
    Oder eine Figur besteht darauf, mir ausgerechnet im Halbschlaf kurz vor dem Einschlafen seine Geschichte zu erzählen. Oder in der Badewanne.
    Die können ganz schön nerven, die Biester... :-)

  • Formulierungen wie "Ich tauche in die Welt ein, die ich erschaffe" lösen bei mir auch eine gewisse Skepsis aus. Ein Erzähler - das gilt selbst für personale Erzähler - ist auch, vielleicht sogar in der Hauptsache, Beobachter. Wenn sich der Autor zu stark mit seinem Stoff identifiziert (was nicht heißt, daß er sich nicht mit seinem Stoff identifizieren sollte!), läuft er Gefahr, ein Mindestmaß an Objektivität (das ist irgendwie nicht das richtige Wort) zu verlieren. Ein Autor muß beim Schreiben daran denken, wie der Leser mit dem Text umgeht. Wer sich zu sehr "im Text" befindet, auf fast schon pathologische Weise, liefert möglicherweise Informationen nicht, die unabdingbar sind, wenn es darum geht, das Buch zu verstehen.

  • Hallo,


    dafür sitzt ja auch der innere Zensor auf meiner linken Schulter. ;-) Ich denke nämlich auch, dass dieses "Abtauchen" alles andere als förderlich ist. Ich meine mit diesem Flow auch eher, dass man so gut voran kommt, dass man zufrieden ist - ich habe das recht selten und auch nicht "von Seite 1 bis Seite 500" - es sei denn, ich muss, weil ein Abgabetermin droht. Dann kann ich nicht, dann muss ich. Hat aber auch damit zu tun, was gerade auf dem Programm steht.


    Tom, Deine Antwort ist in jedem Fall brauchbar ;-)


    Liebe Grüße
    Juliane

  • Tom : Meintest du mich mit dem pathologischen Eintauchen in den eigenen Text? :grin
    Das ist es nicht. Wie soll ich das nur erklären, es ist ein Zustand großer innerer Entspanntheit durch höchste Konzentration und Fokussierung wie bei einer Meditation.


    Ich bin übrigens ein ausgesprochener Planer und Konstrukteur, kein Drauflosschreiber. Ich hoffe, das merkt man meinen Texten auch an... :rolleyes

  • Zitat

    es ist ein Zustand großer innerer Entspanntheit durch höchste Konzentration und Fokussierung wie bei einer Meditation.


    Okay, dann kenne ich diesen ominösen "Schreibflow" tatsächlich nicht. Egal, wie tief ich in einem Projekt stecke, der Blick auf die Außenwelt bleibt in jedem Fall erhalten. Mehr noch, er dient mir als Inspiration und Regulativ. Ich schreibe äußerst gerne in lauten, stinkenden Kneipen, da muß man nur zwei Sekunden aufblicken, um die nächsten zwei Dutzend Nebenfiguren besetzen zu können. ;-)

  • Ich tauche auch in meine Schreibwelt ein. Das brauche ich, um mich da umsehen zu können, damit ich alles beschreiben kann. Ich stelle mir vor, wie es da riecht, wie der Wind geht und durchs Haar der Prota streicht. Wie die Gebäude aussehen, wie die Stimmen der Figuren klingen.
    Für mich ist das hilfreich. Und ohne dieses genaue beobachten wären meine Texte vermutlich lieblos und gefühlsarm. Weil ich dann gar nicht das alles schreiben könnte, was ich so schreibe. Denn das würde mir dann gar nicht einfallen und dann würde meinem Text etwas fehlen.
    Mag sein, dass andere Autoren das auch ohne dieses Eintauchen hinbekommen, ich aber brauche das so.


    Tom : Du schreibst in stinkenden, überfüllten Kneipen? Das könnte ich absolut nicht, ich schreibe am liebsten, wenn ich alleine bin. Nun ja, mein Hund darf natürlich immer dabei sein. :-)

  • Schreibflow... meine Freundin und ich nennen es den "Boum", weil der bei uns plötzlich und unerwartet kommt. Gestern noch Schreibblockade, heute sitzen wir den ganzen Tag am Schreiben und können nicht aufhören... :grin


    Und da ich jetzt einen richtig tollen Schreibflow habe, mache ich mich wieder an meine Geschichte. ;-)


    :wave

  • Hallo Juliane,


    Schreibflow gibt es bei mir nicht, wäre auch schlecht möglich, wenn ich jeden Tag früh aufstehen muss, um zur Arbeit zu fahren, und damit maximal 4 oder 5 Stunden Zeit habe, um was auf die Seiten zu bringen, bevor ich wieder ins Bett muss. Natürlich gibt es Szenen, die leichter fließen als andere, aber auch da kann ich jederzeit zwischendurch aufhören und etwas anderes machen. Vermutlich sehe ich schreiben eher als Arbeit, weniger als etwas, das Spaß macht. :grin



    Viele Grüße,


    Michelle

  • Der Schreibfloh, äh flow:


    Das mit dem Floh ist gar nicht so abwegig, denn der Schreibflow kann einen auch ganz schön beißen.


    Er hat auch Tom gebissen, denn ohne hätte er keine 30 MS pro Tag geschafft. Fast könnte ich neidisch werden, denn mehr als 26 MS habe ich bisher noch nie an einem Tag geschafft. Mein durchschnittliches Schreibpensum liegt jedoch um mehr als die Hälfte darunter. Meine Zielvorstellung liegt bei 10 -12 MS, habe ich die erreicht, wird der Schreibflow für diesen Tag unterbrochen und auf Morgen vertröstet. Ich habe gelernt, dass ich auf diese Weise am besten vorwärts kommt, ohn in Gefahr zu geraten, dass sich der Schreibflow für mindestens einige Tage Urlaub nimmt.


    Ich lasse mich vom Flow also nicht beherrschen. Allerdings zügle ich ihn beim Schreiben auch nicht, weil ich genau weiß, dass ich Fehler, die ich im Eifer des Gefechts mache, bei der Überarbeitung leicht wieder beseitigen kann.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Naja, ich kenne es, weil es bei zwein meiner Geschichten genau so war. Ich saß in der Schule und schrieb, weil ich schreiben musste, ich musste schreiben (und wurde vom Relilehrer total fertig gemacht)... Naja, zumindest habe ich so von einer Geschichte 5 Kapitel (die letzten 5) an einem Tag geschrieben... Und am nächsten Tag überarbeitet, weil ein teil schwachsinnig geworden war. Aber war trotzdem ganz gut ^^
    Was ich absolut nicht leiden kann, wenn ich grad so schön drin bin und weiß was ich schreiben soll und alles und dann (ARGH) unterbricht mich jemand, will jemand meine Aufmerksamkeit. Dann hab ich schon meinen Freund angeschrien :rofl