'Jane Eyre' - 3. Band, Kapitel 07 - 12

  • Danke für die Infos, Nachtgedanken. Fan Fiction heißt, dass ein anderer Autor eine Fortsetzung bzw. in diesem Fall einen Vorspann zu einem bisherigen Buch geschrieben hat, oder? Das Wort hatte ich vorher noch nie gehört.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Auch wenn einiges etwas weit hergeholt war. Es hat einfach Spaß gemacht, ist gut geschrieben und der Roman ist gut aufgebaut. Vor einigen Jahren hatte ich das Buch schon einmal gelesen und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ich es in zehn Jahren oder so vielleicht nochmal lese.

  • Zitat

    Original von taki32
    Danke für die Infos, Nachtgedanken. Fan Fiction heißt, dass ein anderer Autor eine Fortsetzung bzw. in diesem Fall einen Vorspann zu einem bisherigen Buch geschrieben hat, oder? Das Wort hatte ich vorher noch nie gehört.


    Ja, meistens sind es keine anderen Schriftsteller, sondern wirkliche Fans, die Geschichten weitererzählen. Dies kann auch mit Billigung des Autors geschehen, so hat z.B. Marion Zimmer Bradley mehrere Anthologien mit FanFiction um ihren Darkover-Zyklus veröffentlicht und auch jetzt noch, nach ihrem Tod, erscheinen Geschichten, die auf Darkover beruhen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Primavera
    Was mich etwas verwundert hat, dass Jane bis zum Schluss ihn mit "Sie" angesprochen hat. Auch als sie dann schon geheiratet haben... War das früher so. Er hat sie ja schon ewig geduzt. Ok, die Standesunterschiede. Aber mit der Ehe hat sich das dann nicht geändert?


    Ich denke, das hat mit dem Altersunterschied zu tun und ist eine ganz automatische Geste von ihr. Er stand doch irgendwie immer etwas väterlich über ihr... Andererseits: Ist es nicht bei Jane Austens "Stolz und Vorurteil" auch so, dass Mrs. Bennet immer von "Mr. Bennet" spricht und ihn auch so anredet?



    :wow Eine interessante Sichtweise... Beim letzten Abschnitt bin ich geneigt, dir zuzustimmen, auch wenn es vielleicht ein unbewusster Racheakt ist.


    Zitat

    Original von Nachtgedanken
    In meiner Ausgabe gibt es ein Nachwort von Sam Gilpin, das auf einige sehr interessante Aspekte hinweist: ein Großteil der Magie der Geschichte wird daran festgemacht, dass die Geschichte einige Märchenmotive bzw. Schauerelemente enthält, z.B. Aschenputtel, Die schöne und das Biest, Das hässliche Entlein...


    Es heißt ja, dass jeder Mensch "sein" Märchen hat (d.h. der Lebenslauf/ das Lebensschicksal jedes Menschen weist Parallelen zu einem Märchen auf). Insofern kann es durchaus ein unbeabsichtigter Zufall sein, dass die Geschichte von Jane Eyre in gewisser Weise den Motiven des Märchens vom Aschenputtel oder vom hässlichen Entlein folgt.

  • Zitat

    Original von Primavera
    Was mich etwas verwundert hat, dass Jane bis zum Schluss ihn mit "Sie" angesprochen hat. Auch als sie dann schon geheiratet haben... War das früher so. Er hat sie ja schon ewig geduzt. Ok, die Standesunterschiede. Aber mit der Ehe hat sich das dann nicht geändert?


    Original von Waldfee
    Ich denke, das hat mit dem Altersunterschied zu tun und ist eine ganz automatische Geste von ihr. Er stand doch irgendwie immer etwas väterlich über ihr... Andererseits: Ist es nicht bei Jane Austens "Stolz und Vorurteil" auch so, dass Mrs. Bennet immer von "Mr. Bennet" spricht und ihn auch so anredet?


    Meiner Meinung gehörte das Siezen zur damaligen Zeit zum guten Ton, ebenso wie die französische Sprache beim Umgang untereinander in der besseren Gesellschaft.

  • So ich bin jetzt auch durch. Das Ende war mir dann doch etwas zu kitschig. Vor allem die ganze Geschichte rund um das Rufen der Beiden hätte die Geschichte nicht gebraucht.


    Die Episode um St. John war mir ebenso etwas zu ausschweifend.

  • Ende gut, alles gut. :-)


    Kapitel 7: Durch Zufall entdeckt St. John, dass Janes richtiger Nachname Eyre ist. Jetzt weiß er, dass sie die Erbin seines Onkel John ist. Und er kennt ihre ganze Geschichte einschließlich der Rochester-Episode. Jane brennt nur eine Frage auf der Seele: Wie geht es Mr. Rochester? Leider kennt St. John die Antwort nicht. Jane teilt ihr Erbe durch vier. Das passt zu ihren Charakter. Es festigt die Freundschaft zu ihren „neuen“ Verwandten und scheint auch gerecht. Ich wüsste ja gerne mal, mit welchem Betrag man die 5000 Pfund von damals heute vergleichen könnte.
    Wie die Geschichte wohl ausgehen wird? An dieser Stelle vermute ich, Mr. Rochesters Frau wird sterben, sodass Jane und er doch noch heiraten können. Jane wird aber darauf bestehen, weiterhin als Lehrerin oder Gouvernante zu arbeiten.


    Kapitel 8: Überraschung: St. John möchte Jane heiraten und sie als Missionarsgattin mit nach Indien nehmen. Jane spürt, dass er sie nicht liebt und eine reine Vernunftehe anstrebt, sie nur als Werkzeug braucht. Zuvor hatte er immer an ihren Ehrgeiz, ihre Ernsthaftigkeit und ihre Entschlossenheit appelliert. Die Teile ihrer Persönlichkeit, die das Vergnügen lieben, wollte er nicht sehen und nicht wahr haben. Er ist ein starker Charakter, der über große Überzeugungskraft verfügt. Jane strauchelt. Doch eine Ehe ohne Liebe kommt für sie nicht in Frage.
    Schließlich willigt sie ein, als seine Mitarbeiterin mit nach Indien zu gehen (und dort wahrscheinlich ihr Leben zu lassen!), jedoch nicht als seine Frau. St. John betrachtet diese Idee als unzüchtig und lehnt beleidigt ab. Jane versucht, ihn zu versöhnen, doch sie ahnt, dass sein Charakter ganz und gar unversöhnlich ist.


    Kapitel 9: Von nun an ist St. John derart abweisend und kühl gegenüber Jane, dass sie es kaum erträgt. Zu ihrer (und meiner) Überraschung wiederholt er seinen Antrag, und sie muss ihn erneut beleidigen und verletzen. Dann bekommt sie noch einmal zwei Wochen Bedenkzeit, und diese langen Ansprachen von St. John, seine ungebrochene Entschlossenheit finde ich dann doch etwas langweilig und ermüdend.
    Als Jane fast weichgeklopft ist, hört sie die Stimme von Rochester, die sie ruft. Sie fasst einen Entschluss…


    Kapitel 10: Jane reist nach Thornfield Hall, um in Erfahrung zu bringen, wie es Mr. Rochester geht. Wie ich vermutet hatte, ist seine kranke Frau inzwischen gestorben – bei einem Brand, dem leider auch das große Herrenhaus zum Opfer fiel. Rochester ist erblindet und hat eine Hand verloren. Seit Janes Flucht hatte er sich vom gesellschaftlichen Leben zurückgezogen. Jetzt lebt er auf seinem trostlosen Wohnsitz Ferndean, mitten im Wald – nur in Gesellschaft eines Butlers und dessen Frau. Jane macht sich sofort auf den Weg nach Ferndean.


    Kapitel 11: Die Wiedersehensfreude ist groß. Jane weiß sofort, dass ihr Platz hier ist, bei dem Blinden und Verkrüppelten, der sie nun braucht und nicht mehr nur alles für sie entscheiden und bestimmen will. Wenige Tage später heiraten sie in aller Stille


    Kapitel 12: In der Rückschau spricht Jane von nunmehr 10 glücklichen Ehejahren, in denen sie sich ganz ihrem Mann gewidmet hat. Für Adèle hat sie eine gute Schule gefunden. Sie besucht sie oft. Nach zwei Jahren hat Mr. Rochester einen Teil seines Augenlichts wiedererlangt. So konnte er seinen Erstgeborenen mit eigenen Augen sehen. Auch die Cousinen Mary und Diana sind inzwischen glücklich verheiratet. St. John leistet gute Arbeit in Indien und lässt dort schließlich unverheiratet sein Leben.


    Happy End für alle Guten, könnte man sagen… Und die Geschichte einer großen Liebe, die nie vergeht. Ist sie realistisch? Wird dieses abgeschiedene Leben auf Dauer nicht sehr eintönig? Wo ist Janes unbedingter Wille geblieben, aus ihrer Begabung etwas zu machen, sich zu bilden, andere zu bilden? Hier und da deutete sie an, später in Deutschland und Frankreich gewesen zu sein. Welche Umstände führten sie dort hin? Das Ende klingt nicht so, als hätten sie Ferndean je verlassen…


    Irgendwie ist der Ausgang der Geschichte nicht ganz nach meinem Geschmack, überhaupt war der dritte Band für mich der schwächste. Trotzdem habe ich diesen Roman bis zum Schluss gern und mit Spannung gelesen. Danke an alle Mitlesenden: Hat Spaß gemacht mit euch! :wave

  • Hallo,


    ich bin jetzt auch durch und habe ähnlich wie Waldfee so meine Probleme mit dem Ende. Am Ende ist die Idealvorstellung der glücklichen Familie, so wie es dem Ideal der Zeit entspricht, wieder hergestellt. Ich frage mich, ob Janes geistigen Fähigkeiten und ihre Eigenständigkeit dabei nicht ein wenig verloren gehen. Auf der anderen Seite hat sie genau das getan was sie wollte. Sie lebt an der Seite Mr. Rochesters als dessen Ehefrau.


    Alles in allem habe ich das Buch sehr gerne gelesen.
    Für mich ist es ein empfehlenswertes Stück Weltliteratur!

  • Ich hab das Buch gestern beendet und bin noch so gefangen, dass ich meine Gefühle gar nicht in Worte fassen kann (zumindest nicht ohne zwischen jedem Satz *schmacht*, *seufz* oder *schluchz* zu schreiben... und das ist sonst WIRKLICH nicht meine Art). Deshalb lasse ich es jetzt erst noch mal in mich einwirken. (hab außerdem auch gerade wie im Thread zum vorherigen Abschnitt bemerkt den vierteiler der BBC von 2006 gesehen)


    Ich wollte nur mal anmerken, dass die BBC Wide Sargasso Sea, die Vorgeschichte von Edward und Bertha ebenfalls verfilmt hat (werd ich mir aber bestimmt nicht anschaun, mag die Frau net).


    Wide Sargasso Sea auf BBC.co.uk

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Die Sache mit Rochesters Auge kam mir merkwürdig vor. Er war zwar nicht völlig blind, aber ich dachte immer, wenn die Zäpfchen und Stäbchen im Auge einmal zerstört worden sind, können sie sich nicht regenerieren. Deswegen halte ich die teilweise Rückgewinnung seines Sehvermögens für ziemlich unrealistisch.


    Alles in allem ist "Jane Eyre" eine typische Cinderella-Story. Das kleine Waisenmädchen mausert sich zu einer selbstbewussten, jungen Frau, findet Familie und einen Mann. Haaach ja :-] Gut, manchmal hat Bronte ein wenig zu dick aufgetragen - z.B. mit dem Cousin und den Cousinen. Ich hätte es besser gefunden, wenn es nur Freunde wären. Das Ende dagegen war wirklich schön: Mr.Rochester und Jane wieder vereint. Alles andere wäre für mich unvorstellbar und unpassend gewesen.

  • So, auch hier fehlte noch mein Abschlusskommentar. Dann wollen wir mal. :grin


    Also dieser St. John war mir die ganze Zeit über schon unsympathisch und ich hatte so eine ungute Vorahnung die ich dann dank der süßen Miss Oliver erst einmal verbannt hatte. Und dann fängt der Kerl doch tatsächlich an und versucht Jane in eine Wohltäter-Ehe mit sich zu zwingen. So ein arroganter, egoistischer... *grrrrrrrrr* Ich mag ihn nicht! Ich dachte ich krieg einen Anfall, als Jane plötzlich ernsthaft darüber nachdachte ob sie es nicht doch machen soll und der Kerl sie immer weiter bedrängt hat. Doch zum Glück, die Stimme der "Vernunft" schreit nach Jane.


    Auch im Nachwort der Reclam-Ausgabe wird auf diese Stelle eingegangen, als Jane Rochester nach sich rufen hört und er wiederum ihre Antwort wahrnimmt. Charlottes Freundin und Biographin Elizabeth Gaskell hatte sie einmal danach gefragt, da es auch dem damaligen Publikum mehr als unglaubwürdig erschien. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Charlotte selbst sehr stark an derlei Geschehnisse glaubte. So antwortete diese: "Aber es ist wahr; es ist wirklich geschehen."


    Jane kehrt also ohne zu zögern nach Thornfield zurück, nur um ihre schlimmsten Alpträume bestätigt zus ehen: Es ist nur noch eine niedergebrannte Ruine. Der Gastwirt berichtet ihr schließlich auch noch vom Schicksal des Besitzers. Mr. Rochester hat eine Hand verloren und ist erblindet. Dummerweise wurde dieses Schicksal in den Anmerkungen zu Kapitel 27 der Reclam-Ausgabe bereits vorab verraten (der einzige Minuspunkt dafür) und zwar an folgender Stelle (Janes Dialog mit ihrer inneren Stimme): "[...] Du sollst dir dein rechtes Auge selbst ausreißen, deine rechte Hand selbst abhauen. [...]"
    Dies bezieht sich wieder einmal auf ein Bibelzitat (nicht wörtlich): Wenn dein rechtes Auge dich zum Bösen verführt, reiß es aus, wenn deine rechte Hand dich zum Bösen verführt dann hau sie ab, denn es ist besser wenn eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt. Diese Stelle wird bereits als ein Hinweis auf Mr. Rochesters späteres Schicksal gedeutet und erklärt. :-(


    In Ferndean treffen die beiden sich endlich wieder. Da hab ich auch wieder das eine oder andere Tränchen verloren. Ich fand es überhaupt nicht kitschig sondern gerade richtig und einfach nur wunderschön rührend. Jetzt wo er endlich frei ist, traut Rochester sich nicht mehr, Jane zu bitten ihn zu heiraten. Denn nun ist er beträchtlich ärmer und ein Pflegefall. Das möchte er ihr nicht zumuten. Aber Jane ist, auch durch das Vermögen, das sie nun besitzt, selbständiger und selbstbewußter und bringt ihn schließlich doch dazu, sie zu fragen.


    Trotzdem würde ich es nicht als uneingeschränktes Happy End sehen, auch wenn er auf einem Auge wieder sehen kann. Ein Auge und eine Hand sind trotzdem unwiderbringlich verloren. Das mit der Heilung des zweiten Auges finde ich im übrigen nicht so ungewöhnlich. Das Auge war ja "nur" entzündet und hat sich offenbar selbst nach und nach regeneriert. Mit Hilfe eines guten Augenarztes wurde dann der Rest wieder hergestellt. Von einer Wunderheilung kann da, finde ich, nicht die Rede sein.


    Alles in allem ein ganz wunderbares Buch (bis auf die Stellen mit St. John, auf die hätte ich wirklich verzichten können). Für mich ein neuer Liebling unter den Klassikern. :anbet

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • :gruebeluh... klar hast recht... wollen wir den christlich-biblischen sinn gelten lassen - (was schreib ich da? ?()... aber ich mag figuren gern gründlich und tief in den boden unter meinen füssen eingestampft wenn sie am anfang so kotzarrogant und gemein waren...


    *grausames und hämisches kichern von einer frau, die sich dachte, als Dumbledore dereinst Harry erzählte, viele Death Eaters wollten vergeblich ihre Dark Mark loswerden: 'Ach? Ist doch kein problem! Gebt mir mal eine axt...' muharhar*
    ... nanu... wo isses denn??? - geht das maniac-smilie suchen...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • *gg* Ich sag ja nicht, dass wir es glauben müssen, aber so ist es eben die Erklärung von Fräuleins Pfarrerstöchterlein. Immerhin hat sie sich was dabei gedacht. ;-)


    Und so arrogant und gemein war Rochester doch gar nicht. Gerade das richtige angenehm schmackhafte Maß an Rüpelhaftigkeit. *mjam* :-]


    Da gibt es übrigens im Vierteiler so ne geniale Szene...


    Rochester ruft Jane zu sich, sie betritt das Zimmer. Pilot liegt vor dem Kamin.
    Rochester: *kuckt zu Jane* Sit!
    Pilot: *aufhock*
    Rochester: Oh, not YOU Pilot! *schimpf*


    :rofl

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