Fragen an Nicole C. Vosseler

  • @ Eli


    Was Schiffsunglücke angeht - da waren es oft wohl einfach nur Glück und günstige Umstände, wenn ein Seemann dort lebend herauskam. Schockierend fand ich auch die Info, dass die meisten Seeleute gar nicht schwimmen konnten. :wow


    Die Lebensbedingungen auf Schiffen waren wirklich extrem schlecht, noch schlechter als ohnehin in den unteren Gesellschaftsschichten des 18. Jahrhunderts. Wer diese Bedingungen in den ersten Jahren lebend überstand, war wohl von Natur aus mit einer sehr zähen Konstitution gesegnet und danach so "abgehärtet", dass ihn auch später nichts mehr so schnell umgehauen hat - das ist zumindest die Überlegung, die sich mir dabei aufgedrängt hat. :-)

  • Zitat

    Original von Nicole
    @ Eli


    Was Schiffsunglücke angeht - da waren es oft wohl einfach nur Glück und günstige Umstände, wenn ein Seemann dort lebend herauskam. Schockierend fand ich auch die Info, dass die meisten Seeleute gar nicht schwimmen konnten. :wow


    Das warin der Regel Absicht- wenn einer nicht schwimmen kann, was meinst du wie der um sein Schiff kämpft

  • Aber soweit ich weiß, konnten auch die meisten Piraten nicht schwimmen. Vielleicht waren die alle ja nur zu faul, es zu lernen?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ beo und SiCollier


    ich hab' da so meine eigene private Theorie dazu...
    Einerseits gab es im 18. Jahrhundert durchaus noch die Meinung, dass zu viel Wasser gesundheitsschädlich sei. Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, gab es da die Hypothese, Wasser zöge irgendwelche "Vitalsäfte" aus dem Körper und würde wichtige "Schutzschichten" der Haut abwaschen. Lieber hat man sich Puder draufgestäubt und sich in Parfumwolken gehüllt... :uebel


    Dass Joseph Banks diese Kupfer-Badewanne mit an Bord hatte, hatte damit zu tun, dass er aus einer sehr fortschrittlich orientierten Familie stammte. Mag sein, dass es einen Zusammenhang damit gibt, dass sein Vater sehr früh unter gräßlichen Schmerzen an einer Bauchfellentzündung gestorben ist und die Familie daher extrem sensibiliert war, was Gesundheit und Krankheit angeht. Sicher jedoch ist, dass Banks eine recht schrullige, aber patente Tante hatte, die ein "Gesundheitsfreak" war und ihn z.B. früh gegen Pocken impfen ließ.
    (Ich weiß, im Allgemeinen gilt 1796 als Jahr der Einführung dieser Impfung, aber es ist historisch belegt, dass der junge Joseph bereits geimpft war, und seine Tante ebenfalls, und das muß beides vor 1768 gewesen sein.)


    Meine zweite Überlegung ist der Zustand der Gewässer im 18. Jahrhundert. Flüsse, Bäche, Seen, Uferzonen - wo man halt schwimmen lernen kann. Ohne Kläranlagen müssen die Abwässer ja irgendwo hingeflossen sein, auch aus städtischen Kanalisationen... da hätte ich wohl auch nicht so gerne schwimmen gelernt... :uebel

  • @ Nicole


    Ja, diese "Wassertheorie" mit der Folge, alles zu überpudern, ist mir auch schon mal begegnet. Ist aber schon sehr lange her, und ich weiß nicht mehr, wo.


    Na ja und die Gewässer; also in meiner Kindheit gabs auch noch nicht soooo viele Kläranlagen und Bewußtsein für konsequenten Umweltschutz gleich gar nicht. Wenn wir im Main (bei Aschaffenburg) schwimmen gingen, so in der ersten Hälfte der Siebziger, haben wir immer gesagt "wir gehen uns mal ölen". Bisweilen schwamm auch mal ein toter Fisch an uns vorbei; das durfte man halt nicht so eng sehen ... bzw. wir sahen das damals in unserem jugendlichen Alter nicht so eng. Heute ... :uebel

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe kürzlich etwas dazu gepostet und hinterher fiel mir wieder ein woher ich das hatte. Diese nicht ganz zuverlässige, aber sehr humuristische Quelle behauptet, das die Angst vor dem Wasser mit der Verbreitung der Franzosenkrankheit aus Badehäusern heraus zu tun hat. Mit dem Pudern- so wie wir heute das Wort auch verwenden wurde eben die Verbreitung nicht in Verbindung gebracht, sondern mit dem Wasser.

  • Zitat

    Original von Nicole
    (Ich weiß, im Allgemeinen gilt 1796 als Jahr der Einführung dieser Impfung, aber es ist historisch belegt, dass der junge Joseph bereits geimpft war, und seine Tante ebenfalls, und das muß beides vor 1768 gewesen sein.)


    Meines Wissens wurde die Impfung bereits lange vor ihrer offiziellen Einführung an Freiwilligen getestet, auch in Frankreich.

  • @ Eli


    ich bin schon sehr, sehr lange von Indien, indischer Kultur und deren Gedankengut fasziniert. So lange, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wann das angefangen hat. Diese Art von Faszination, die sich rational irgendwie auch gar nicht erklären lässt, einfach "da" ist. Verstärkt hat sich das natürlich noch, seit ich Yoga ;-) praktiziere und mich mit der Philosophie dahinter auseinandergesetzt habe. :-)


    Leider habe ich es noch nicht geschafft, hinzufliegen! :cry Das steht aber recht weit oben auf meiner persönlichen Wunschliste für dieses Leben. :-]

  • Liebe Nicole,
    auf die Gefahr hin, dass ich die Antwort auf meine Frage überlesen haben könnte, darf ich bitte doch noch mal nachfragen: wie lange hast du an dem Buch geschrieben?


    Wenn du bei deinen Recherchen durch abweichende Fakten "gezwungen" bist, Kurskorrekturen vorzunehmen, was passiert dann mit dem vorgesehen Ende?
    Suchst du ein "missing link" und versuchst dieses über Umwege anzupeilen oder gibt es da auch manchmal für dich Überraschungen, in dem Sinne, als du komplett vom Weg abkommst?
    Planst du einen gewisse Zeitraum ein, um ein Buch zu schreiben oder nimmst du dir jede Zeit der Welt?
    Hast du im vorhinein Vorgaben durch den Verlag?


    Wie gehst du als Perfektionistin mit deinem "Baby" um? Wann setzt du für dich den endgültigen Schlusspunkt? Gibt es nicht immer noch etwas zu ändern, zu verbessern?

  • Liebe Eli,


    Zitat

    Original von Eli
    wie lange hast du an dem Buch geschrieben?


    von den ersten Recherchearbeiten und dem Schreiben des Prologs bis zu dem Umschreiben eines Kapitels, mit dem ich selber nicht zufrieden war, gegen Ende des schon fertigen Romans waren es ca. 4 Jahre.
    Allerdings habe ich das Buch in meiner Freizeit geschrieben, neben Arbeit und Studium (wobei ich fairerweise zugeben muss, dass ich manche Vorlesung gegen Recherche in der Bibliothek eingetauscht habe ) und es auch manchmal ein, zwei Monate zwischendurch liegenblieb. Außerdem war die ursprüngliche Fassung war auch fast doppelt so lang wie die vorliegende gedruckte.


    Zitat

    Original von Eli
    Wenn du bei deinen Recherchen durch abweichende Fakten "gezwungen" bist, Kurskorrekturen vorzunehmen, was passiert dann mit dem vorgesehen Ende?


    Das ganz rohe Gerüst einer Geschichte ist schon aufgrund grober Vorab-Recherchen geplant, und was das angeht, gibt es da keine unangenehmen Überraschungen.
    Kurskorrekturen gibt's dann mal im Detail - dass Handlungselemente zeitlich anders verlaufen müssen, oder ich eine geplante Szene anders schreiben muss wie geplant, weil es historisch nicht geht. Oder ganz einfach, weil die Figuren nicht so wollen wie ich! :lache
    Die Haupthandlung bleibt davon allerdings unberührt, weil die ja auch sehr "grob" nur steht, eher eine Skizze ist. Also verändert sich nicht das, WAS erzählt wird, sondern das WIE. :-)


    Zum Leidwesen meiner Lektorinnen :grin schreibe ich meine Exposés immer nur bis zu einem bestimmten Punkt in der Handlung, dann gibt's drei Pünktchen und das Ende bleibt erst mal offen.
    Ich habe immer ein "Wunsch"-Ende im Kopf, das ich dann auch mündlich dem Lektorat durchgebe, aber unter Vorbehalt. Und ich will mich darauf auch nicht festnageln lassen. Denn ich weiß nie mit Sicherheit, wie ein Buch ausgeht. Ich kann sehr lange nicht abschätzen, wie sich die Charaktere im Lauf der Handlung verändern bzw. die Beziehungen zwischen ihnen, das muss ich selber abwarten.


    Zitat

    Original von Eli
    gibt es da auch manchmal für dich Überraschungen, in dem Sinne, als du komplett vom Weg abkommst?


    Komplett vom Weg bin ich noch nicht abgekommen, das nicht, aber es gab sehr viele Überraschungen und Umwege - teils aufgrund nachträglich noch aufgetauchter historischer Fakten, teils aufgrund eigenwilliger Protagonisten.
    Gerade bei Südwinde z.B.: Ich fing das Buch mit der Überzeugung an, zwischen Charlie und Brittany würde sich etwas entwickeln. Er fand ja auch Gefallen an ihr, aber sie sprang einfach nicht auf ihn an! :wow Oder Perry - den wollte ich nur am Rand haben, aber ich schrieb so vor mich hin, und plötzlich stand er einfach so im Vordergrund, ungefragt! :lache


    Zitat

    Original von Eli
    Planst du einen gewisse Zeitraum ein, um ein Buch zu schreiben oder nimmst du dir jede Zeit der Welt?
    Hast du im vorhinein Vorgaben durch den Verlag?


    "Vorgaben durch den Verlag" meinst Du hier auch hinsichtlich des Zeitrahmens, oder? (falls nicht, hak ruhig nochmal nach!). Wir stimmen uns eben ab, Verlag und ich, was ich schätze, wie lange ich brauche und bis wann ich Zeit habe, damit das Buch zu einem bestimmten Termin erscheint (in Abhängigkeit von den Vorlaufzeiten im Verlag bzw. der Druckerei). Wobei das beiderseits meist Richtwerte sind; die Verlage wissen auch, dass das Schreiben eines Buches eigenen Gesetzen folgt und nur bedingt planbar ist.
    Inzwischen weiß ich auch, dass es für mich von der Menge der zu "verarbeitenden" historischen Fakten und vom inneren Aufbau des Romans abhängt, wieviel Zeit ich brauche. Und ob es in einer Zeit spielt, in der ich mich gut auskenne und z.B. nicht alle naselang nachrecherchieren muss, was es an technischen Errungenschaften schon gab oder wie die gesellschaftlichen Umgangsformen waren.


    Zitat

    Original von Eli
    Wie gehst du als Perfektionistin mit deinem "Baby" um? Wann setzt du für dich den endgültigen Schlusspunkt? Gibt es nicht immer noch etwas zu ändern, zu verbessern?


    Theoretisch schon. Grundsätzlich ist das Buch fertig, wenn ich an einem gegebenen Zeitpunkt X nichts mehr zu ändern oder zu verbessern finde.
    (ein paar Monate später könnte das durchaus schon ganz anders aussehen, klar - tut es auch, wenn ich Monate oder Jahre später ein Buch von mir wieder zur Hand nehme.) Und dieser Zeitpunkt X ist eben die mit dem Verlag ausgehandelte deadline.
    Ich selber würde glaube ich nie einen wirklichen Schlußpunkt finden und wahrscheinlich 20 Jahre an einem Manuskript rumbasteln! :lache


    Zum Glück verläuft ja der Abschied von einem Manuskript in Etappen. Zuerst gibt's meine Rohfassung: von der ersten bis zur letzten Seite chronologisch durchgeschrieben, immer wieder von mir überarbeitet und verbessert und von meinen beiden "privaten Testleserinnen" und meinem Agenten abgesegnet. Und die gebe ich erst dann endgültig aus den Fingern, wenn ich das Gefühl habe, ich kann einfach nichts mehr dran tun.
    Dann gibt's die redigierte Fassung, die Änderungsvorschläge und Kommentare meiner Lektorin enthält, daran darf ich auch noch mal basteln - aber das ist dann auch die letzte Chance, größere Dinge zu ändern oder zu ergänzen.
    Und dann gibt's zum Schluß noch die Korrekturfahnen, wenn der Text so gesetzt ist, wie er nachher auch gedruckt wird. Letzte Chance, Feinheiten zu polieren und Kleinigkeiten zu überprüfen, allerletzte Chance für ALLES, verbunden mit viel Blut-und-Wasser-schwitzen und durchaus schlaflosen Nächten, in denen ich immer noch mal im Geiste alles durchgehe.
    Die Fahnen dann wegzuschicken, das kostet mich wirklich Überwindung - aber da versuche ich auf Automat umzuschalten, mir klarzumachen, dass ich jetzt 378mal alles angeschaut habe und es jetzt einfach loslassen MUSS. Also eintüten, zur Post tragen und dort aufgeben.
    Die Angst, es ganz oder teilweise versemmelt zu haben, sitzt mir dann noch sehr lange im Nacken. Mich tröstet dann nur das Gefühl, alles gegeben zu haben, was mir zu eben diesem Zeitpunkt möglich gewesen war. :-)

  • * liest hier ebenfalls immer fleißig mit, hat aber momentan keine Fragen * :-)


    Höchstens eine Anmerkung: Tom Finn hat in seiner derzeit laufenden Leserunde etliches über die Kunst des Schreibens erläutert. Zusammen mit den Erklärungen hier (z. B. auch über die Namensgebung) entsteht ein mehr als interessanter Einblick in eine "Schriftstellerwerkstatt".

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich lese hier ebenfalls immer mit, weil mich das Buch einfach total fasziniert hat und ich hier von Nicole doch noch einiges erfahren habe. Fragen habe ich auch keine mehr, bin rundum zufrieden mit dem Buch und den Erklärungen hier. :-]

  • :nono Nö, nein, niemals... ich frage nicht weiter...! ;-)


    aber


    guckt mal, was ich entdeckt habe!


    Kurzbeschreibung
    Der Weltumsegler und Forscher, der Schriftsteller, der Aufklärer, der Revolutionär Georg Forster ist der geheime, der verdrängte, der unterschlagene Klassiker der deutschen Literatur. Goethe hat den blutjungen Autor des großen Berichts von der zweiten Weltreise des Captain Cook (1772-1775) bewundert, und er beobachtete sein Geschick bis zum einsamen Tod in einer Pariser Dachkammer mit einem beinahe brüderlichen Interesse, obwohl er die Ideen des Mitgründers der Rheinischen Republik in Mainz nicht gutheißen konnte. Aber wie sollte Goethe den Kollegen nicht schätzen, der von seiner Ankunft am schönsten Gestade der Südsee mit solch poetischem Elan zu berichten verstand? »Ein Morgen war's, schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, unser bisheriger Begleiter, hatte sich gelegt: Ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen ...« Als sein bildmächtiger Bericht von James Cooks Weltumseglung seinem erstaunten deutschen Publikum vorgelegt wurde, sprach nicht nur Wieland von einem »der merkwürdigsten Bücher unserer Zeit«: Zwischen sachlichem Bericht und episch-dramatischer Verve changiert der Ton, immer wieder unterbrochen von philosophischen Reflexionen, in denen Forster die Grundelemente des Menschseins an der sozialen Wirklichkeit misst.