'Südwinde' - Kapitel 23 - 35

  • beo, ich wollt bei Deinem post in Teil eins schon meinen Augen nicht trauen: "Trockendock"?? :yikes
    und Dich fragen, wie schnell du eigentlich liest?! :wow :lache

  • Wenn es dich zeitlich wirklich interessiert- ich poste regelmäßig Wasserstandsmeldungen (mit Seitenzahl im Spoiler) im Wo seid ihr gerade Fred.


    der Link zum Tod

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • S264: Endlich rückt Hicks mit der Sprache raus (wurde ja auch langsam Zeit) und Brittany verzeiht ihm. Zachary hatte in London eine harte Kindheit, bei der ihm sein Stiefvater misshandelte. Als er zurückschlug musste er als vermeintlicher Mörder fliehen, dabei war er erst 11 Jahre alt.
    Obwohl die Stepney-Szenen nur ein kurzer Rückblick war, kann ich mir die düstere Atmosphäre der Stadt gut vorstellen.


    Nach der Versöhnung hat die folgende Szene in Kapitel 27 eine ganz andere Stimmung:
    Klares Meer, warmer Wind, Delphine. :liegestuhl
    Doch dann sieht Brittany etwas, was sie als schlechtes Omen wertet.


    Das bewahrheitet sich auch gleich durch den Angriff auf einen Offizier und wenig später läuft das Schiff auf einen Felsen auf.


    Als Australien erreicht wird ist die Pechsträhne vorbei. Bei den Aborigines kommt allerdings keine Begeisterung für die Engländer auf.


    Diese Abschnitte zeigen den Handlungsreichtum des Romans, jeder Abschnitt hätte für sich den Stoff eines Romans bieten können.
    Die sowieso kaum vorhandene Erwartung eines langweiligen Mittelteils, wie bei so manch dickem Buch, wurde zum Glück in keiner Weise erfüllt.


    Weiter geht es mit dem dritten Buch mit dem unheilversprechenden Titel Die Hölle. :teufel

  • Mit Batavia, dem heutigen Jakarta, damals von Holland kolonisiert, taucht ein neuer, sehr reizvoller Schauplatz auf.
    Durch die detaillierten Beschreibungen kann man sich die Landschaft und Menschen der Stadt sehr gut vorstellen: :anbet
    Als Beispiel ein Zitat von S.210:
    Schwer und golden wie Honig tropfen die Sonnenstrahlen vom dichten Blätterwerk der Baumwipfel. Sträucher, mächtige Bananenbäume, hoch gewachsene Kokospalmen, dunkelgrün belaubte Feigenbäume, hellrosa und rot blühende Rhododendren und Orchideen in phantastischen Formen zogen sich zwischen Rasenflächen wie in einem Paradiesgarten bis an die Mauer des Hauses hin. Wie Statuen standen die Gestalten von zwei oder drei Männern und ebenso vielen Frauen in dieser Feuchtgrünen Pracht, allesamt in langärmlige, locker fallende Jacken und bunt bedruckte Wickelröcke gekleidet, schwarzhaarig, dunkeläugig, und mit asiatischen Gesichtszügen, offensichtlich damit beschäftigt, diesen paradiesischen Zustand aufrechtzuerhalten. Sie starrten den fremden Gast an, verneigten sich höflich und arbeiten dann unbeirrt weiter, doch ihr Geschnatter und Gelächter war verstummt.


    Auch die Art und Sprache der Holländer wird sehr gut transportiert:
    z.B. der Akzent:
    Goedemorgen, Juffrouw
    Arme deern
    Ich habe Ihre kapitein gesagt, das ich es halte für un-ver-rant-wort-lich.
    usw.


    Die Grachten und der Lebensstil der Holländer lassen sich im ersten Moment schwer mit der tropische Hitze und asiatischer Mentalität in Einklang bringen.
    Joseph Banks ist jedenfalls begeistert und schwärmt von Reichtum an Früchten und Blättern und den Wasserwegen, Brittany hingegen hat Probleme mit der Lebensart der holländischen, besseren Gesellschaft und wartet nur darauf, dass die Endeavour repariert vom Trockendock kommt.
    Jetzt kommen die freien Jahre in Tahiti, die sie vergleichsweise ohne Eingrenzungen und Beschränkungen leben konnte, doch zum Wirken.
    Zudem fehlt ihr Zachary.



    Wie James Cook selbst schreibt, herrscht hier Gesundheitsgefahr durch die Kanäle:
    Zitat: Die Kanäle, welche größtenteils ein stillstehendes, sehr verunreinigtes und faules Wasser enthalten, dünsten in der heißen Jahreszeit einen unausstehlichen Gestank aus, und die vielen Bäume hindern den freien Zufluss der Luft, wodurch jene schädlichen Ausdünstungen noch einigermaßen zerstreut werden könnten.
    In der nassen Jahreszeit … schwillt das Wasser in diesen unreinen Kanälen dermaßen an, dass es aus seinen Ufern tritt und in den niedrigen Gegenden der Stadt die unteren Stockwerke überschwemmt. Ist es wieder abgelaufen, so findet man da, wo es stand, eine unglaubliche Menge von Schlamm und Kot. … Von hundert Soldaten, die von Europa hierher geschleppt werden, sollen, wie man uns versicherte, am Ende des ersten Jahres kaum noch fünfzig am Leben sein … In ganz Batavia ist uns nicht ein einziger Mensch vorgekommen, der recht frisch und gesund ausgesehen hätte.“


    Kein Wunder, dass die Malaria zuschlägt und einen Großteil der Besatzung niederstreckt.
    Schiffsarzt Monkhouse wird die Malaria leider nicht überleben.
    Nur Cinin kann den Kranken helfen, das ist aber schwer zu bekommen.
    Und wieder kommt Brittanys Ausbildung als Heilerin auf Tahiti zum Tragen. Ihre Pflege rettet Menschenleben und sie könnte auch den kranken Matrosen im Hafen zur Hilfe kommen, aber durch die Frau des Generalgouvenours wird sie daran gehindert.


    Die Malaria wütet heftig unter den Engländern und mir geht es beim Lesen auch schon ganz schlecht. Ich glaube, ich habe Fieber. :krank
    Vielleicht bräuchte ich etwas peruanische Rinde? :spritze

  • Jetzt bekomme ich richtig Durst! :lache
    :
    Aber
    Wikipedia schreibt:
    „Bis heute hält sich die Legende, regelmäßiges Trinken von Gin Tonic schütze vor Malaria. Jedoch ist heutzutage die Chininkonzentration in einem Gin-Tonic-Drink viel zu gering.“


    Chinin wurde als Medikament gegen Malaria eingesetzt, aber die Verursacher der Krankheit war 1770 noch nicht geklärt..
    Monkhouse hielt schlechte Luft für verantwortlich. Perry die Mücken.
    Welche Meinung war zu der Zeit bei den Medizinern vorherrschend?

  • @ Herr Palomar


    die Ansicht Monkhouses war die vorherrschende.
    Aber gerade in jenen Jahren im 18. Jahrhundert war einiges in der Medizin im Wandel. Ich habe mir erlaubt, Monkhouse für die althergebrachte Sichtweise stehen zu lassen, Perry für die neuen Ansätze und Erkenntnisse - schon aufgrund des Altersunterschieds der beiden, aber auch hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Charaktere.
    So habe ich auch weiter hinten im Buch einige Fortschritte in der medizinischen Ausbildung am Beispiel Perrys geschildert.

  • Die Frau des Generalgouverneurs verstehe ich nicht so ganz. Ich find sie auch nicht gerade sympathisch.


    Klar, sie will Brittany am liebsten behalten und gut verheiraten. Männerüberschuß auf der Insel. Aber als Brittany den Leuten hilft, findet sie das gut und bezahlt sogar das Chinin.


    Und dann sperrt sie Brittany ein. Merkwürdige Frau!
    Ich führe ihr Verhalten einfach mal auf ihre Erziehung zurück. Davon erfährt man in dieser Szene ja einiges.


    Heute abend werde ich auf jeden Fall weiterlesen.

  • SoryuAsuka,
    ich glaube, dass sie gesellschaftspolitische Gründe so handeln lassen.
    Als Frau des Generalsgouvenour fällt ein (angeblich) gesellschaftlich schlechtes Verhalten von Brittany auf sie zurück, da sie sie beherbergt.


    Dafür opfert sie ohne Bedenken das Leben der Matrosen.
    Also mir ist sie mehr als unsympathisch.


    Dass Joseph Banks, Perry und vor allem Hicks aber so gar nicht misstrauisch werden und mal nach Brittany sehen, verstehe ich aber auch nicht.
    Sie müssten Brittanys Einsatzbereitschaft doch so gut kennen, dass sie Verdcht schöpfen könnten. :pille

  • @ SoryuAsuka und Herr Palomar


    ich versteh Euch gut, dass Mevrouw von der Parra Euch nicht sonderlich sympathisch ist - das ging mir streckenweise genauso! :lache
    Als sie Brittany einsperrt und als Gipfel der Frechheit diesen Brief schreibt


    S. 353
    (...) in dem sie Captain Cook darüber in Kenntnis setzte, dass sie es für unerläßlich hielt, Juffrouw Addison bis auf weiteres bei sich zu behalten, und dass die junge Dame ihr darin zugestimmt hatte


    - da habe ich sie richtiggehend gehasst! :wow


    Dennoch fand ich sie als Charakter sehr spannend, und so bekam sie im Laufe des Schreibprozesses letztlich eine größere Rolle als ursprünglich geplant. Ich finde ihre innere Zerrissenheit so faszinierend, die Konflikte, die sich in ihr abspielen - zwischen Kopf und Herz, zwischen Konvention und dem, was intuitiv "richtig" scheint, zwischen ihrer Person "heute" und "früher", zwischen Härte und Wärme - und auch wie sie sich entwickelt während des Aufenthaltes der "Endeavour" dort.

  • Zitat

    Original von Nicole
    - da habe ich sie richtiggehend gehasst! :wow


    Ist das so, dass man als Autor zu Figuren die auf realen Persönlichkeiten basieren ein anderes Verhältnis hat als zu fiktiven?


    Meine Meinung:
    Eine Romanfigur, die solche Emotionen freisetzt, ist eine gelungene, ob symapthisch oder nicht!

  • Was die Frage aufwirft wie real Mevrouw von der Parra ist. Gegeben hat sie es ja historisch sicher- aber ihr Entwicklung (zweite Ehe und krankheitsbedingtes Ableben des ersten Ehemanns nach kurzer Ehedauer z.B.) ist das überliefert? Aus dem Epilog wissen wir ja nur, was wir nicht wissen. :grin

  • @ Herr Palomar und beowulf


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ist das so, dass man als Autor zu Figuren die auf realen Persönlichkeiten basieren ein anderes Verhältnis hat als zu fiktiven?


    Ja, es ist ein Unterschied, ein kleiner, aber feiner.
    Bei historischen Personen schwingt für mich immer der Respekt, fast schon eine gewisse Ehrfurcht vor den Toten mit. Gerade bei Banks habe ich mich oft gefragt: DARF ich denn jetzt auch eine Seite an ihm zeigen, die nicht so schön ist? (auch wenn sich das auf Sätze bezog, die er in seinem Tagebuch selbst geschrieben hat). Wie intim darf ich werden? Das ist immer wieder aufs Neue ein Konflikt, eine Gratwanderung, bis ich für mich die richtige Balance gefunden habe. Zwischen Ehrlichkeit und Respekt. Die Balance, jemanden, den es wirklich gab, so zu zeigen, wie ich ihn aus dem, was überliefert ist, empfinde, ohne ihn bloßzustellen.
    Außerdem sitzt mir immer der Perfektionist im Nacken, der mich antreibt, ob es nicht noch etwas an Daten, Fakten, Zeugnissen gibt, das ich noch nicht gefunden habe, und ob ich daraus die Person auch "richtig" interpretiere.
    Und es bleibt auch lange über das Ende des Schreibens hinaus eine Art Bindung zu diesen historischen Persönlichkeiten bestehen. Bis heute habe ich Gänsehaut und feuchte Augen, wenn ich unvermittelt über etwas von Cook oder den anderen Passagieren stolpere...


    Gleich ist bei allen (historisch wie fiktiv), dass ich Biografien für die wichtigsten Personen verfasse . Und daß ich sie so sein lassen muss, wie sie waren bzw. sind, im Guten wie im Schlechten, ob mir selbst das nun gefällt oder nicht. Und was meine gefühlte Nähe zu den Charakteren angeht: das ist verschieden und völlig unabhängig von historisch oder fiktiv.


    Zitat

    Original von beowulf
    Was die Frage aufwirft wie real Mevrouw von der Parra ist


    Als ich mich an die Recherchen machte, kannte ich gerade mal ihren Namen und das wenige, was in den Tagebüchern der Besatzung über sie zu lesen war. Ich rechnete mir ehrlich gesagt nicht sonderlich viele Chancen aus, Näheres über sie als Person erfahren zu können. Umso größer war meine Freude, als ich tatsächlich etwas fand.


    Die gebürtige Adriana van der Bake war in der Tat in erster Ehe mit Anthony Guldenarm verheiratet, der nach kaum einem Jahr an der Malaria starb. Auch ihre asiatische Abstammung entspricht der Wahrheit. Sie weigerte sich, van der Parra zu heiraten, weil sie sehr um Guldenarm trauerte und ihm nicht untreu werden wollte. Ihre Eltern übten lange Druck aus, bis sie schließlich nachgab. Das mit dem Sohn stimmt, dass sie diesen spät bekommen hatte, und auch, dass die Ehe dann nur noch Fassade war. Überliefert ist auch das Gerücht mit der malaiischen Geliebten ihres Ehemannes. Auch ihre Hilfe bezüglich des Chinins ist historische Tatsache, aber auch, dass sie (wohl aus Furcht bzw. Rücksicht gegenüber ihrem Mann / ihrer beider Stellung in der Gesellschaft Batavias), nicht alles getan hat, was sie für die Besatzung der "Endeavour" zumindest theoretisch hätte tun können.
    Die Beschreibung des Gouverneur-Hauses im Buch habe ich ebenfalls Zeitzeugnissen entnommen.


    Das alles zu finden war natürlich ein absolutes Schätzchen - das sind dann immer so die Highlights bei der Arbeit! ;-)

  • Zitat

    Original von Nicole
    beo, ich wollt bei Deinem post in Teil eins schon meinen Augen nicht trauen: "Trockendock"?? :yikes
    und Dich fragen, wie schnell du eigentlich liest?! :wow :lache


    Es ist schon unglaublich, 500 kleingedruckte Seiten von 17.00 - 23.00 Uhr? Wo bleibt denn da der Genuß?