Ein Buch schreiben über das Leben und Sterben des eigenen Bruders?
Das konnte sich Susanne Kippenberger zunächst nicht vorstellen.
Zu intim schien ihr dieses Vorhaben.
Dann zog ein Kritiker (dessen Name mir entfallen ist) eine Verbindung zwischen dem von Martin Kippenberger für seinen Vater gestalteten Grabstein mit der Inschrift
Eine Familie – Eine Linie und Kippenbergers Drogenkonsum.
Legte die Vermutung nahe, die gesamte Familie sei Rauschmitteln nicht ganz abgeneigt. Man darf besagtem Kritiker wohl dankbar sein, denn damit gab er Susanne Kippenberger den nötigen Impuls, das Leben ihres Bruders literarisch aufzuarbeiten, ihn dem Leser so zu zeigen, wie sie ihn sieht:
Als ambivalenten Menschen. Zerrissen von seinem Selbstdarstellungsdrang als provokativer Künstler einerseits und dem Bedürfnis nach familiärer Wärme andererseits.
Als Rastlosen, der doch im Kreise seiner Familie Ruhe suchte.
Als Drogen-, Alkohol- und Nudelauflauf-Süchtigen, als Arbeitstier, als „Sehnsüchtigen“.
Susanne Kippenberger schildert das alles in unaufgeregtem Tonfall. Weder glorifiziert sie, noch versucht sie, die Eskapaden ihres Bruders schön zureden.
Die Ehrlichkeit der Autorin in dieser Hinsicht ist nur zu bewundern.
Liebevoll ausgewählte Fotografien von Familie und Werk Kippenbergers, handschriftliche Dokumente und die Anekdoten von Freunden, Bekannten und Kollegen Kippenbergers komplettieren das Bild, das Susanne Kippenberger entwirft.
Abschließend bleibt der Eindruck, einen sowohl in künstlerischer als auch menschlicher Hinsicht schmerzlichen Verlust erlitten zu haben, ohne Martin Kippenberger persönlich begegnet zu sein.