Lord "Sherry" - Georgette Heyer

  • Originaltitel: Friday's Child (1944)
    313 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Was hat den alten Lord Sheringham ausgerechnet dazu bewogen, sein Erbe an die Bedingung einer Heirat zu knüpfen? Das paßt überhaupt nicht zum Lebenswandel seines unbekümmerten Sohnes, der von seinen Freunden liebevoll-spöttisch Lord Sherry genannt wird.
    Und doch bleibt ihm nichts anderes übrig: Drängende Schulden veranlassen ihn, kurzerhand der reizenden Hero, einer Freundin aus Kindertagen, einen Heiratsantrag zu machen. Das Arrangement scheint perfekt: Lord Sherry hat nach der überstürzten Heirat nun endlich Zugriff auf sein Vermögen, und Hero genießt in vollen Zügen die Freuden der Londoner Saison.
    Doch bald schon ziehen dunkle Wolken am Ehehimmel auf, denn in dem leichtfertigen Lord regt sich angesichts der Klemmen, in die sein entzückendes »Kätzchen« immer wieder gerät, ein zaghaftes Verantwortungsgefühl. Mit seinem Einfühlungsvermögen ist es allerdings nicht sonderlich weit her, und so kommt es, daß Hero nach einer heftigen Auseinandersetzung plötzlich spurlos verschwunden ist …


    Über die Autorin:
    Die Engländerin Georgette Heyer, geboren am 16. August 1902, starb im Alter von 71 Jahren 1974 in London. Sie heiratete 1925 Ronald Rougier, einen Bergbau-Ingenieur, und folgte ihm 1927 für zwei Jahre nach Tanganika, Ostafrika. Mit siebzehn Jahren schrieb sie ihren ersten Roman, der zwei Jahre später, 1921, veröffentlicht wurde. Seit dieser Zeit hat sie eine lange Reihe unterhaltender historischer Romane verfasst, die weit über die Grenzen Englands hinaus Widerhall fanden. Ihre Bücher erreichten Auflagen von mehreren Millionen.


    Meine Meinung:
    Wie schreibt man eine Rezension über ein Buch, das man vor mehr als 30 Jahren gelesen hat? Geht das? Nun, ich ging an mein Bücherregal, befreite mein Exemplar - immerhin aus dem Jahre 1974 – von diversen Spinnwebfäden und Staubauflagen und las es an einem Nachmittag erneut. Um dann festzustellen, daß es mir auch heute noch erheblichen Lesespaß bereitet hat.
    Der lockere, leichte, humorvolle Schreibstil von Georgette Heyer hat nichts von seinem Charme eingebüßt.
    Es ist alles vorhanden, was in so einen Roman hineingehört: Liebe, Eifersucht, die böse Schwiegermutter, ein Duell, viele Mißverständnisse, Intrigen und natürlich ein Happy End.
    Die Charaktere sind liebevoll und sehr lebendig gezeichnet, die Dialoge spritzig. Ohne Mühe kann man sich hineinversetzen in die Regencyzeit.
    Die Naivität Heros schreit zunächst zum Himmel, daß ich es kaum auf dem Sofa ausgehalten habe. Sie bringt sich durch ihre Unkenntnis der Regeln der Londoner Gesellschaft immer wieder in unmögliche Situationen, aus denen natürlich Lord Sherry sie retten muß. Man ahnt ja von Anfang an, wie es ausgehen wird, aber das trübt den Lesegenuß keineswegs.
    Sehr gelungen auch die Nebenfigur Bootle, der schwergeprüfte Kammerdiener seiner Lordschaft.


    Fazit: Ein amüsantes Lesevergnügen für einen gemütlichen Sonntagnachmittag auf der Couch. Dieses Buch gehört für mich zu den besten von Georgette Heyer.

  • Das hab ich bestimmt schon vor 35 Jahren gelesen. Fand die Bücher damals nicht gerade vom Hocker reisend aber ich hab so ziemlich alles gelesen was mir unter die 'Finger kam. Vielleicht findet man sie ja mit zunehmendem Alter amüsanter?

  • Delphin


    Hero nervt überhaupt nicht! :lache
    Na, manchmal.
    Das Mädel ist knapp siebzehn. Mylord Sheringham ist kaum älter, hält sich aber für weltwerfahren, was sich z.B. darin zeigt, daß er nie seine Rechnungen zahlt. Bis er eines Tages mit Ehefrau herumläuft, von der er selber nicht so genau weiß, was er mit ihr anfangen soll.


    Die Dialoge sind wunderschön, aber auch die Liebesverwirrungen, vor allem der zweite Liebhaber, ein Lord-Byron-Verschnitt, George, der sich dauernd erschießen oder duellieren will, weil er seine Angebetete nicht kriegt. ;-)


    Dazu kommen noch die beiden alten Freunde von 'Sherry', zwei Junggesellen, die eigentlich gar nichts tun wollen, sondern ihr lockeres Leben führen, aber doch durch die Umstände gezwungen werden, immer wieder einzugreifen.
    Es wird auch noch so richtig dramatisch, als Kitten/Kätzchen (der Spitzname von Hero) plötzlich verschwindet ... :cry :cry


    Der Titel charakterisiert übrigens die weibliche Hauptfigur, Hero, 'Friday's Child is loving and giving', also nach diesen Versen über die Charaktere der Kinder je nach Wochentag. Hero ist einfach lieb!


    Aber sicher kein Roman à la Beuteraster.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von magali
    Klar und hinterher wird's wieder mir in die High heels geschoben!


    Stimmt, ich hab's nur gekauft, weil du gesagt hast, ich soll!
    :knuddel1

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Lord Sherry ohrfeigt seine Frau!!!! Das habe ich nie gut gefunden. Auch wenn er sie noch als Spielgefährtin sieht. :klugscheiss
    bea

    Die Dichter
    Es soll manchen Dichter geben,
    der muß dichten um zu leben.
    Ist das immer so? Mitnichten,
    manche leben um zu dichten.
    Heinz Erhardt

  • Ist auch nicht zum Gutfinden.


    Gehört aber zum Thema. Er hat sie ja schon als kleines Mädchen geohrfeigt, wenn ihm etwas nicht paßte.
    Er muß lernen, daß sie jetzt erwachsen ist und er auch, also die Kindheit vorbei sind. Am Anfang des Romans wird nicht nur aus Spaß immer wieder auf die Kindertage angespielt.
    Sherry ist ja gräßlich verwöhnt, jede und jeder soll tun, was er will. Er muß umlernen.
    Ein Kätzchen ist kein Spielzeug. ;-)


    Das Thema Übergang vom Kind - und Teenagersein zum Erwachsenenleben mit Verantwortung und Verstand wird hier ziemlich gut durchgearbeitet.
    Auch George und Isabella benehmen sich recht kindlich/kindisch und ebenso die beiden Junggeesellen Ferdy und Gil.
    Die Folgen von Verantwortungslosigkeit sieht man auch an Sir Montagu, der Sherry in den Krallen hat.


    Man darf sich von Heros Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit nicht täuschen lassen. Es ist ein heiterer Roman mit einem recht ernsten Thema. Der Roman hat durchaus Tiefgang.


    Abgesehen davon, daß ein Ehemann um 1820 seine Frau sehr wohl prügeln durfte. Die Realität vergißt man leicht bei Heyer.


    :wave


    magali

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    K. Kraus

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  • magali ich weiß dass Frauen zu dieser Zeit keine Rechte hatten. Es war auch nur eine Anmerkung. Und ich war nie ein Fan von Lord Sherry -- das hängt wohl damit zusammen.
    Natürlich anerkenne ich die Veränderung, die die Ehe den Beiden bringt. Das Problem ist, dass sie sich gegenseitig erziehen müssen, weil keine gescheiten Vorbilder zur Verfügung stehen.
    bea

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    Heinz Erhardt

  • Schon klar. Sherry hätte ich auch nie geheiratet, not for love nor money.
    :grin


    Am ehesten Gil oder den, der sich gegen Ende in Kitten verliebt. Fand ich viel interessanter als den verwöhnten Balg Sherry.


    :wave


    magali

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    K. Kraus

  • Es war toll! :hop


    Am Anfang musste ich erst mal kapieren, dass die paddelige Hero (mit dem völlig unpaddeligen Namen, bis sie dann in "Kitten" umbenannt wurde :grin) und nicht die schöne Isabella im Mittelpunkt standen, aber dann war ich drin, und dann wollte ich nicht mehr, dass es aufhörte. :-] Gefallen hat mir, dass Hero zwar jung und paddelig, aber keineswegs schüchtern war und sich bei allen Fettnäpfchen, in die sie tappte, sehr wohl zu behaupten wusste.


    Mal gucken, welches jetzt den Sprung aufs RUB schafft... man braucht ja Nachschub. :grin

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  • Lord Sherry will heiraten, denn das bedeutet, dass er endlich in den Genuss seines Erbes kommt. Nachdem er bei der unvergleichlichen Isabella schmählich abblitzt, beschliesst er die erst Beste zu heiraten, die ihm über den Weg läuft. Und das ist ausgerechnet Hero, seine kleine Freundin aus Kindertagen, mit der er allerhand Unsinn angestellt hat.
    Sein Kätzchen, wie er Hero liebevoll nennt, ist ganz begeistert von dieser Idee, denn sie war schon immer in Sherry verliebt. Er ist jedoch weit davon entfernt, seinen 'kleinen Fratz' in sein Herz zu schliessen, dazu ist er viel zu beschäftigt mit sich und seiner Spielleidenschaft. Da muss Hero in ihrer unbedarften Art schon so einiges anstellen; und nach einem besonders grossen Streich, der einen besonders grossen Streit nach sich zieht, läuft sie ihm sogar davon.


    Ich musste während des Lesens ständig lachen. Georgette Heyer ist eine wundervolle Erzählerin. Egal welchen Roman ich von ihr in die Finger bekomme, immer hat er einen ganz eigenen Charakter, höchst eigene Persönlichkeiten (mit ziemlich vielen Ecken und Kanten und manchmal auch mit Schrullen und Macken), und mindestens einen liebenswerten Schurken. Und das Beste ist, dass es immer ein herrliches Ende gibt, mit einem gepfefferten Plot, der seinesgleichen sucht. Dieser Roman hatte sogar zwei Plots, und beide waren so bezaubernd, dass ich ganz hin und weg war. Ein liebenswerter Roman, den ich nicht nur Georgette Heyer Lesern ans Herz legen möchte.

  • Da zur Kurzbeschreibung bisher genug gesagt wurde, gehe ich lediglich auf meine Meinung bezüglich der Personen und Handlung ein:


    Die kleine Hero ist mir trotz ihrer Unterwürfigkeit und unnatürlicher Bewunderung Lord Sherrys dennoch sehr goldig und sympathisch vorgekommen.
    Auch der Viscount ist anfangs noch recht erfrischend gewesen. Bisher traten die Herren in Georgette Heyers Romanen immer recht beherrscht auf, sollten sie einen Widersacher nicht mögen, dann taten sie dies auf sarkastische und listige Weise kund.
    Dies lag aber sicherlich auch an der Tatsache, dass diese Herren in der Regel über 30, sogar in den 40ern, gewesen sind und man dieses Verhalten von dem lediglich 23 Jahre alten Protagonisten kaum erwarten kann. Sein offensichtlich feindseliger Umgang mit unliebsamen Gästen ist jedenfalls signifikant für das hitzige und unreife Gemüt, das ihm die Autorin verpasst.
    Dennoch erachte ich es als wichtig, zu erwähnen, dass ich nicht konstant Verständnis für Sherry erübrigen konnte, ihm respektive in vielen Fällen einen kräftigen Tritt verpassen wollte, wenn er sich Hero gegenüber erneut egoistisch und gefühllos wie ein grober Klotz benommen hat.


    Seine Freunde Mr. Fakenham und Mr. Gil Ringwood haben sofort Anklang gefunden, besonders der leicht dümmliche „Honourable“ Ferdy sorgt mit seinem eher einfachen Verstand des Öfteren für ein Schmunzeln oder Lachen. Stichwort Nemesis! :lache


    Den, aufgrund unerwiderter Liebe, häufig depressive Lord Wrotham gewinnt man auch sehr schnell lieb. Dieser charakterisiert den tragischen und leidenschaftlichen Helden, der sich für seine Angebetete glatt die Kugel gäbe und ihr ansonsten auch jeden Wunsch von den Lippen abläse. Er hat eine sehr aufbrausende Art und versucht konstant die ihn umgebenden Menschen zu einem Zweikampf zu fordern, denn in diesem waghalsigen Verhalten sieht er die einzige Möglichkeit seiner Qual zu entkommen, da Isabell, sein Augenstern, ihm sehr viel Kummer bereitet.
    Ich gebe zu, dass ich diesem Mädchen nicht immer freundlich gesinnt gewesen bin, weil man nicht selten Mitleid mit dem armen temperamentvollen Jüngling empfindet, der ihr kopflos und verzweifelt hinterherläuft.


    Ansonsten besticht der Roman nicht nur durch erwähnte Charaktere, sondern auch durch viele weitere Randfiguren, die freilich ausgezeichnet skizziert sind. Ein Beispiel wäre Sherrys unverbesserlicher krimineller, indessen sehr loyaler, Reitknecht, der es mit seinem lustigen Jargon sofort vermag, das Wohlwollen des Leser zu gewinnen. Oder Gils gerissene Großmutter Lady Saltash, die ihrem unschuldigen Schützling in seiner prekären Situation mit Rat und Tat zur Seite steht.


    Heyer ist meines Erachtens eine Meisterin ihres Metiers gewesen und auch wenn man manchmal ein wiederkehrendes Muster in ihren Geschichten erkennt, so besticht jeder einzelne Roman (den ich bisher von ihr gelesen habe) trotzdem durch seine einnehmenden Figuren, und eine spannende Handlung, sodass man diesen Eindruck getrost beiseite drängt.


    10 Punkte für diese unterhaltende, witzige Geschichte mit tollen Haupt-wie auch Nebenfiguren, Heyers unverwechselbaren großartigen Stil, und dem Grinsen, das ich bei Beenden von Friday's Child noch auf den Lippen trug.

    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen - Buddha

  • Oh Mann, ich überlege schon den ganzen Tag, was ich heute Abend lesen könnte!


    Der Roman ist wirklich supersüß, vor allem, als ...


    Den schnapp ich mir gleich .o)

  • Zitat

    Original von kamelin
    Der Roman ist wirklich supersüß, vor allem, als ...


    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen - Buddha

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