Kluun: "Mitten ins Gesicht"

  • Entwaffnend unmoralisch


    Carmen und Stijn sind schön und erfolgreich, das glanzvolle, überaus attraktive Paar wird von allen beneidet. Gut, von fast allen, denn ein paar enge Freunde wissen um Stijns "Monophobie". Der Mann pimpert freitags, an seinem Ausgehabend, so gut wie alles, das nicht rechtzeitig "nein" schreien kann. Aber das ist auch beinahe der einzige Makel an der tatsächlich liebevollen Beziehung. Bis sich eine Diagnose als Fehldiagnose herausstellt. Die gutartige Geschwulst in Carmens Brust ist so gutartig dann doch wieder nicht. Ganz im Gegenteil. Carmen hat Brustkrebs, und zwar die scheußlichste aller Arten; Carmen wird sterben, früher oder später.


    In seinem autobiographischen Roman erzählt der Holländer Kluun von den Veränderungen, die nach und nach oder auch schlagartig eintreten, davon, wie sich sein Fremdgehen plötzlich relativiert, davon, wie es ist, eine Frau noch immer lieben zu wollen, die eine "Chemo" nach der anderen macht, dann nur noch eine Brust hat, zunächst, denn diese Katastrophe wird nicht die letzte bleiben. Eine davon besteht in der drastischen Beantwortung der Frage, was aus Liebe wird, wenn ein Partner dahinsiecht.


    Ein Krebsbuch also. Aber auch ein Poproman. Der amerikanische Autor Jonathan Tropper schrieb sinngemäß, daß es zu jeder Lebensfrage einen passenden Springsteen-Song gibt, und deshalb finden sich Textzeilen vornehmlich aus Springsteen-Songs (aber auch solchen von Radiohead, U2 und Madonna) über jedem der vielen Kapitel. Außerdem reicht der Autor wichtige Hintergrundinformationen in kleinen Textboxen, die mitten im Text stehen. Das ist irgendwie cool, auch wenn es nicht wirklich Sinn macht. Es stört wenigstens nicht. Denn die Geschichte ist treibend, dicht und ergreifend, meistens jedenfalls.


    Das besondere an diesem Buch ist seine Perspektive – und die Ehrlichkeit des Erzählers. Seine Ängste, seine Verdrängungsmechanismen, seine unmoralischen Entscheidungen, sein Betrug an der sterbenden Frau, die er auf andere Art zu lieben beginnt, als sie stirbt - das steht im Vordergrund. Stijn weiß nicht weiter, aber er geht trotzdem voran, als brechender Held, als treuer Betrüger; er wird schließlich zum Freund. Dem Leser fällt es dabei häufig nicht leicht, dem promisken Erzähler seinerseits die Treue zu halten. Aber diese Frage stellt sich nicht wirklich. Das Buch schmerzt, und dieser Schmerz bindet.


    Literarisch ist "Mitten ins Gesicht" sicherlich kein sehr großer Wurf, vieles wirkt altbekannt und manches banal, vor allem sprachlich. Der Roman hat hier und da seine Längen, aber andererseits ein extrem hohes Maß an Authentizität. Entscheidend aber ist jene entwaffnende Ehrlichkeit des Erzählers. Dadurch wird das Buch zu einem glaubhaften Dokument über eine Grenzsituation, über Freundschaft, Liebe und eine Form von Untreue, die trotzdem Treue ist.

  • Warum ich gewartet habe?
    Weil es mir letztlich von einer Freundin ans Herz gelegt wurde, ich aber mit ihrem Buchgeschmack meist wenig anfangen kann....



    Warum ich nicht damit gerechnet habe, daß du es rezensierst?
    Weil ich es für mich in die Sparte Betroffenheitsliteratur einsortiert hatte, in der ich dich als Leser so gar nicht sehe. :grin

  • Hallo, BJ.


    Es ist keine Betroffenheitsliteratur, weil das Hauptaugenmerk nicht darauf liegt, die Leiden des Ich-Erzählers hervorzuheben. Es geht in diesem Buch eigentlich in der Hauptsache um Moral. Und darum, mit eben diesem aufopfernden Mit-Leiden zu brechen, mit diesem hehren, fast heiligen Gutmenschentum der Leute, die andere beim Sterben begleiten.

  • Nach einer autobiograhischen Sichtweise entstand dieser Roman


    Mitten ins Gesicht


    Kluun, geboren 1964 , arbeitete etliche Jahre im Marketing !


    Seine Frau verlor er im Alter von 36 Jahren an Krebs .

    Danach ging er für eine Zeit lang nach Australien und verfasste diesen


    Roman "Mitten ins Gesicht"


    Nach kurzer Zeit ist dieser Roman ein Bestseller geworden !


    L.G. teufelchen

  • Hallo, teufelchen.


    Ich schrub ja auch:


    Zitat

    In seinem autobiographischen Roman ...


    Trotzdem würde ich das nicht als "Betroffenheitsliteratur" kategorisieren. Der Autor hat durchaus - und durchaus erfolgreich - versucht, den Focus von mitleidsheischendem Schaut-was-mir-passiert-ist-Blabla wegzubewegen. "Mitten ins Gesicht" ist insofern nicht vergleichbar mit dem Wust an Erlebnisberichten, in denen Hinterbliebene davon erzählen, wie ihre Anverwandten gestorben sind.

  • @ Tom
    Danke, ich hab es aufgrund deiner Rezi ja schon auf die Wunschliste gesetzt, jetzt noch mehr.... ich werde berichten.


    @ Teufelchen
    Hast du das Buch gelesen oder wolltest du nur zeigen, daß du copy & paste beherrschst?

  • Kopieren und einfügen....


    Der Text dort oben klang weniger nach deiner eigenen Meinung, sondern mehr so, als hättest du ihn von einer anderen Seite kopiert.


    Deine eigene Meinung zu dem Buch würde mich daher mehr interessieren.


    Im übrigens solltest du bei solchen Zitaten die Quelle angeben.


    Google:
    http://www.libri.de/shop/action/magazine/16489/kluun.html

  • Hallo liebe Babyjane


    Tausend Dank für deine Bemühungen und Fleiß
    (für das Herraussuchen der Website von Kluun )


    Ach übrigens wolltest du meine Meinung zu diesem Buch hören :


    Ich finde es natürlich , ohne Hemmungen und keinesfalls provizierend sondern sehr nüchtern und ehrlich geschrieben !


    Man kann es nur wärmstens weiterempfehlen !


    L.G. :anbet teufelchen :anbet

  • Hallo teufelchen,
    ich bin gerade dem Link von BJ gefolgt und mußte feststellen, dass du dort einen Text kopiert hast, der einem Urheberrecht unterliegt. Du kannst Texte nur mit eigenen Worten zusammenfassen und danach zur Quelle verlinken, nicht aber ganze Absätze einfach kopieren und bei uns einfügen. Dadurch kann ich große Probleme bekommen. Ändere deinen Beitrag bitte sofort entsprechend ab und denke da auch in der Zukunft dran. Danke schön. :wave

  • Ich habe selten, oder besser gesagt wohl noch nie ein Buch gelesen, dass so geschrieben war wie dieses!
    Zu erfahren, was in einem Mann vorgeht, dessen Frau weiss, dass sie sterben muss und das noch so ehrlich und schonungslos, war sehr interessant!
    Ein Buch das berührt und nachdenklich macht!
    Ich werden gleich mit dem Folgeband "Ohne Sie" weiterfahren...

  • Letztendlich ist es nichts anderes als eine Art der Autarbeitung, Sterbebegleitung und Sterbehilfe der eigenen Frau.


    Eigentlich nur mit dem Unterschied zu anderen Texten, oder auch "Betroffenheitsliteratur", daß der Autor den Leser daran teilhaben läßt, wie er mit dieser Situation umgeht, wild um sich schlägt, sich während dieser Zeit in Affären stürzt. Von der Betroffenheit zur Befindlichkeit.
    Ob seine Verzweiflung dies rechtfertigt steht nicht zur Diskussion.


    Ein brutales Stück Text, von dem es einen Folgeband gibt. Die Zeit danach.
    Den ich nicht lesen werde.

    so many books...so little time



    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Eli ()

  • Zitat

    Original von Eli
    Ob seine Verzweiflung dies rechtfertigt steht nicht zur Diskussion.


    Ein brutales Stück Text, von dem es einen Folgeband gibt. Die Zeit danach.
    Den ich nicht lesen werde.


    Das ist wahr, das ist das Negative an dem Buch, es wird eigentlich kaum in Frage gestellt, was Stijn da so treibt, Im Gegenteil, es heisst sogar noch:


    Den Folgeband werde ich lesen, weil ich die beiden Bücher gebraucht geschenkt bekommen habe und dann auch gleich weiterschenken werden, denn noch einmal lesen würde ich die nicht, das ist nicht die Art Bücher die man ein zweites Mal liest...

  • Mich haben die "Infokästen" irgendwie gestört, in denen bestimmte Themen und Menschen näher vorgestellt wurden. Die hatten etwas von Lexikonartikeln und das hat für mich gar nicht gepasst.
    Ansonsten habe ich zum Verhalten von Stijn gar keinen Zugang gefunden. Eine sehr unsympathische Figur, deren Leiden mich aufgrund fehlender Empathie kalt gelassen hat.


    6 Punkte.

  • Ich hab es nun gelesen und muß sagen. HOSSA!
    Gut, stilistisch mag da noch mehr drin gewesen sein, aber allein die Geschichte und die Ehrlichkeit haben mich schwer beeindruckt. Da muß man nichts rechtfertigen. Leben ist so und Sterben eben auch. Man will nicht immer mit dem Totkranken herumsitzen und Trübsalblasen, man will weiterleben, sich auf seine Art gegen die Krankheit auflehnen, etc.
    Ich fand Stijn sehr sympathisch und sein Verhalten sehr nachvollziehbar.
    Es ist eine Flucht und die sei ihm gestattet.
    Ich war wirklich schwer beeindruckt von dem Text und werde, sobald ich den ersten Teil ausreichend verdaut habe, den zweiten Teil auf jeden Fall lesen.


    Ich fand das Buch wirklich absolut empfehlenswert.

  • Ich werde den zweiten Teil nicht lesen. Mir war der Mensch "Stijn" sowas von unsympatisch und der Inhalt des Buches blieb mir dadurch wohl einfach sehr fern. Schonungslos, ehrlich und offen nennen es die einen Leser......andere stösst es ab....mich zumindest.
    Mich trifft es nicht mitten ins Herz, wie auf dem Buch geschrieben stand (Spiegel online), mich be-traf eher die Art dieses Mannes, absolut nicht meins.
    Aber ich muss eine solche Beziehung zum Glück ja nicht führen.....nicht mein Buch.


    Grüsse
    Andrea