• Der Eulenwettbewerb inspiriert mich mal wieder mehr als mir lieb ist, eine kleine Szene zum Thema "Freiheit" (die in sich abgeschlossen ist, aber von der ich noch nicht recht weiß, was sie mal werden will, :-)) stelle ich mal hier ein.
    Kommentare wie immer willkommen. :wave



    Glück


    "Wie geht es dir?" Er sah sie unsicher an.
    "Gut."
    "Was meinst du mit gut? Geht es dir wirklich gut, oder ist das nur so eine Floskel?"
    "Die Übelkeit hält sich in erträglichen Grenzen. Ansonsten gut."
    "Und du willst es wirklich behalten und du bereust es nicht?"
    "Nein, noch immer nicht." Sie lächelte.
    "Obwohl wir nicht zusammen sind?"
    "Eigentlich ist es ein großes Glück."
    "Wieso?"
    "Weißt du, andere Paare müssen erst eine Ehe hinter sich bringen, in der sie sich gegenseitig mehr und mehr anöden, sich irgendwann streiten und betrügen und quälen, bevor sie sich eingestehen können, dass es keinen Sinn mehr hat, sich dann in den Scheidungsmodalitäten aus verletztem Stolz peinigen bis aufs Blut und dann Jahre bitter schweigen, bevor sie so etwas wie Freunde werden können. Wir beide fangen gleich mit dem Freunde werden an. Ist das nicht ein Glück?"

  • Hallo flashfrog,
    mir gefällt die Szene sehr gut, weil durch den Dialog in wenigen Worten eine (durchaus lange und vermutlich komplexe) Geschichte erzählt wird. :-)


    Ich finde aber, dass der letzte Absatz ein wenig kürzer ausfallen könnte. In einem realen Gespräch würde der Gesprächspartner von der Kette der Behauptungen erschlagen, wenn aus dem Dialog plötzlich ein Monolog wird.



    Off-topic:
    Es wäre interessant zu sehen, wie eine solche Geschichte bzw. Szene im Schreibwettbewerb bewertet werden würde. Die meisten Autoren haben ja mit der Begrenzung auf 500 Wörter zu kämpfen. Vielleicht traut sich ja mal jemand, einen Text einzustellen wie:


    "Du hier?"
    "Ich wollte dich sehen."


    :wave

  • Hecht raste. :-) Mit ein paar Überlegungs-Punkten dazwischen wäre das wohl wirkungsvoller (und realistischer) als dieser Redeschwall. :gruebel
    Wennauch die Erschlagungsqualität durchaus Zweck des Ganzen ist... :-)

  • Guter Text an sich. Er sagt sehr viel aus und ist eben auf die Kurze weise erzählt. Allerdings fehlt mir persönlich noch ein wenig ausenrum. Ich würde um dieses Grundgerüst noch ein wenig herumspinnen. Schau einfach mal, dass du ein paar mehr Fragen beantwortest die sich der Leser fragen wird:


    - Wer sind die Personen die da erzählen?
    - Was machen sie
    - In was für einer Beziehung stehen die Personen
    - Was ist das was SIE behalten will? WAS bereutsie nicht?
    - Was geschah vorher, was wird noch geschehen?


    Aber im Grunde genommen, gute Story! Mach weiter so!



    :wave Wolfszauber

  • Ich finde, gerade die Fragen, die Wolfszauber aufzählt, sind bereits beantwortet, zumindest so, dass man als Leser einen Rahmen hat, mit dem man beliebig spielen kann. Dieses nichtbeantwortende Beantworten macht die Episode interessant. :-)

  • Eine Skizze liegt vor uns. Sie ist äußerst dicht. Eine Scene gibt es nicht, lediglich einen Dialog. Offenbar sind die Protagonisten so wichtig, dass sie schweben können. Sie haben keinen Raum und keine Geschichte, die uns erzählt wird. Was wir aus den wenigen Worten erfahren ist lediglich dies: Sie haben miteinander geschlafen und sie will das Kind aber keine feste Beziehung. Sie findet es alles ganz OK so, und beschreibt ihren Zustand als glücklich.


    Spannend an den wenigen Zeilen ist wirklich die dichte Sprache. Mit den wenigen Worten charakterisiert sich die Frau recht gut selbst. Er bleibt blass. Seine Rolle ist offenbar die passive. Er har nichts zu melden und er hat sich einem fetten Redeschwall auszusetzen. Reagieren kann er darauf nicht, denn offenbar ist das Glück der Dame unantastbar.


    Eine Geschichte kann ich in den Zeilen nicht erkennen. Es passiert nichts, was erzählt würde. Es entstehen bestenfalls beim Leser Geschichten über das davor und das danach - eine Stärke dieser Skizze!


    Als Material für eine Geschichte halte ich den Dialog für sehr geeignet. Er gibt ein gutes Beispiel für die verschiedenen Kommunikationsweisen von Frauen und Männern ab.
    Er möchte wissen, wie es ihr geht. Sie antwortet: gut.
    Er möchte wirklich wissen, wie es ihr geht und fragt nach.
    Er hört von Übelkeit, die sich in Grenzen hält und dass es ansonsten gut ginge. - Eine solche Aussage kann kein Mann verstehen können: er hört einen Widerspruch: Entweder einem ist übel, oder es geht einem gut. Beides geht nicht. Ich würde aus den Worten hören: jajaaa, mir gehts irgendwie, aber eigentlich interessiert mich Deine Nachfrage nicht. Ich käme mir abserviert vor. Ich weiß nicht, ob das beabsichtigt war, der Eindruck verstärkt sich allerdings in der weiteren Lektüre:
    Er fragt weiter nach. Er ist an ihr sehr interessiert.
    Sie antwortet kurz. und lächelt dann. Das Lächeln kann wieder ein Mann kaum verstehen können, wenn daraufhin ein Satz kommt, der völlig merkwürdig ankommt: Es ist ein Glück, dass wir nicht zusammen sind.


    Schön für sie, wenn sie damit glücklich ist. Aber wie geht es ihm?? Er spielt die Rolle des Erfüllugnsgehilfen?? Oder des Spielzeuges??


    Er stört sich nicht daran, er fragt nach...
    Und dann beginnt ein Text, der den Mann zum Deppen des Jahres stempelt. Kein Wunder, dass er dann verstummt. Kein Wunder, wenn er sie danach nicht komplett sitzen ließe in ihrem Glück:
    Der Satz beginnt mit: "Weißt Du..." - Ja bin ich den bescheuert und brauch hier Belehrungen oder gehts um uns und unser Kind??-- Nein, es geht nicht um das Paar und das Kind, sondern um andere Paare und deren Liebesleben, mit ihren Höhen und Tiefen. Und im Übrigen: die Höhen und Tiefen streichen wir: Wir sind das, was ich als Freunde bezeichne. --


    Was er denkt, gilt nicht. Offenbar soll er auf Standby gehalten werden, obwohl er deutlich mehr will - aber das stresst ja nur.
    Für sie mag das Glück sein. Ich würde ihr nach dieser Rede recht schnell deutlich machen, dass sie dann alleine glücklich werden mag.


    Im Übrigen: Es ist wunderbar, in einem Restaurant legger zu essen. Und es ist völlig irrational, daß uns trotzdem ausgerechnet das immer besser schmeckt, wo Mühe und Schweiß, Anstrengung und Spass drin steckt, was ich habe wachsen sehen, worum ich mich gesorgt habe, was ich pfelgen musste etc... Es ist irrational, denn es schmeckt selbst dann besser, wenn es auch noch versalzen ist. Aber es ist mit Liebe zubereitet. Es steckt eine GEschichte dahinter und die Zuwendung, die Zubereitung und alle Mühe ist mir zuliebe aufgewandt worden... Es ist irrational und widersinnig: Aber das selbstgemachte, das womit ich eine Geschichte verbinde, bleibt das bessere. Und eine Geschichte wird immer höhen und Tiefen haben...
    Ich möchte diese Wege nie missen!


    Was er denkt, gilt nicht.


  • Hallo licht,


    spricht da die eigene Erfahrung vielleicht mit? Anders kann ich mir nicht erklären, dass Du auf diese Skizze so gereizt reagierst ...
    Sollte ich Dein Statement falsch interpretiert haben, bitte ich um Entschuldigung.


    @ flashfrog: Gefällt mir ganz gut, ist mir allerdings in dieser kurzen Version zu vage umrissen. Etwas mehr Substanz würde sicher nicht schaden ...


    Schönen Gruß, Seestern

  • Hallo Seestern,


    es ist die crux bei kurzen Texten: MAn muss sie interpretieren. Und das tue ich. Aber Du kannst ja versuchsweise die Sache mit verteilten Rollen lesen und schauen, wie es Dir dann gefällt. Es ist das, was für mich aus den Worten dieser Dame spricht.
    NB: ich bin glücklich verheiratet und rede oft mit meiner Frau über die verschiedenen Weisen zu kommunizieren und wir versuchen, uns so gut wie möglich mitzuteilen, was jeweils bei uns ankommt, wenn der andere was sagt. Das schult.