Hier kann zu den Kapiteln 6 - 7 geschrieben werden.
'Leben, um davon zu erzählen' - Kapitel 6 - 7
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Garcia Marquez ist jetzt in Cartagena angekommen. Ganz schön weit weg von Bogota!
Er hat keine eigene Wohnung, manchmal keinen richtigen Platz zum Schlafen und obwohl er als Journalist arbeitet, scheint er fast nichts zu verdienen, obwohl er seinen Eltern das Gegenteil schreibt.
Und trotzdem kommt es mir so vor, als würde er sich dort pudelwohl fühlen.
Amüsiert habe ich mich über die Passage als auf Casablanca´s tragisches Ende „Dies ist der Anfang einer wunderbaren Freundschaft“ angespielt wird.
Ich hätte nicht gedacht, dass er so sentimental ist. Dass er den Macho Humphrey Bogart bewundert, überrascht mich aber nicht.
Na ja, mir gefällt Casablanca aber auch. Ich wusste nicht, dass der Film auch in Kolumbien oder überhaupt im spanischsprachigen Raum bekannt war. Was der amerikanische Film dort wohl überhaupt für eine Rolle spielt?Und noch in eigener Sache:
Ich bin bis Montag Abend in Holland und werde dort voraussichtlich keine Gelegenheit haben, ins Internet zu gehen. Ich schreibe dann erst wieder nach meiner Rückkehr. -
S.430 Großmutter Tranquilinia Iguarana ist gestorben.
Vorher hat sie in ihrer Agonie noch einmal in klarer und deutlicher Sprache von Familiengeheimnissen gesprochen. Ganz schön viel Theatralik! Hat aber vielleicht mit der Mentalität des Landes zu tun oder doch Garcia Marquez leicht übertriebener Stil?Garcia Marquez Vater hat 15 Kinder, wenn man die außerehelichen dazuzählt, die für 30 essen.
Mir fällt immer wieder auf, dass Garcia Marquez viele Themen mit Witz und vor allem Ironie behandelt.
Die Komponente Traurigkeit oder Schmerz, die er bestimmt auch manchmal empfunden hat, spart er in den meisten Fällen aus. Wurde ja auch schon angemerkt, z.B. mit den nicht erinnerten Streitigkeiten, die es bei soviel Geschwister einfach gegeben haben muss. Sehe ich auch so.
Das halte ich schon für eine kleine Einschränkung. -
Zitat
Original von Herr Palomar
S.430 Großmutter Tranquilinia Iguarana ist gestorben.
Vorher hat sie in ihrer Agonie noch einmal in klarer und deutlicher Sprache von Familiengeheimnissen gesprochen. Ganz schön viel Theatralik! Hat aber vielleicht mit der Mentalität des Landes zu tun oder doch Garcia Marquez leicht übertriebener Stil?
Glaube nicht, dass wir es hier mit Theatralik in unserem Sinne zu tun haben, sondern tatsächlich mit der Mentalität der Südamerikaner.
Einerseits für unsere Begriffe übertrieben, andererseits in einer Weise geduldig, die ich mir manchmal wünschen würde.Für mich ein großes Rätsel, wie es dem Vater gelingt, die vielen hungrigen Mäuler zu stopfen.
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Ich muss sagen, ich habe mich durch die Kapitel "gekämpft". Für mich wurde es immer schlimmer wegen den vielen Aneinanderreihungen von Schriftstellern etc. und die Schriftstellerei. Ok gehört dazu, er ist eben Schriftsteller. Aber war mir echt zu viel.
Hätte ich hier nicht in der Leserunde mitgemacht, dann hätte ich das Buch abgebrochen.
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Vivian, nicht aufgeben! Der letzte Abschnitt ist der kürzeste.
Mir fiel in Kapitel 7 auf:
Nachdem Garcia Marquez bisher das ganze Buch hindurch wie wild gequalmt hat, hört er doch auf Seite 440 abrupt das Rauchen auf. Erstaunlich, dass er das so einfach konnte und auch nie mehr Verlangen nach einer Zigarette hatte.
Aber als Nichtraucher kann ich das nicht beurteilen.Die Sache mit seinem ersten Roman, "La Casa – Das Haus" war interessant.
Für mich geht nicht hervor, wie viel von dem Roman er geschrieben hat.
Schade, aber verständlich, dass er das Buch nicht vollendet hat.
Das hätte vielleicht ein vielversprechender Roman werden können, wenn er ein erfahrenerer Autor gewesen wäre..
Von Faulkner gibt es auch einen Roman, der Das Haus heißt.
Wie stark Garcia Marquez von Faulkner beeinflusst war, schreibt er in den Abschnitt über seinen jetzt wirklich ersten Roman: Laubsturm.Diesen Abschnitt habe ich jetzt durch. Ich bin gespannt, ob im letzten Abschnitt doch noch einmal ein Höhepunkt gesetzt wird, oder ob er einfach so ausklingt.
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Zitat
@ Herr Palomar:
Nachdem Garcia Marquez bisher das ganze Buch hindurch wie wild gequalmt hat, hört er doch auf Seite 440 abrupt das Rauchen auf. Erstaunlich, dass er das so einfach konnte und auch nie mehr Verlangen nach einer Zigarette hatte.
Wenn ich mich da nicht täusche, soll Herr Marquez sehr krank gewesen sein. Vielleicht hatte das auch Einfluss auf das Rauchen ?
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In meiner gebundenen Ausgabe ist mir auf S.431 sofort der Name Antonio Maria Claret, eines der außerehelichen Kinder des Vaters, das die Mutter wie ein eigenes aufgenommen hat, ins Auge gesprungen!
Das kann doch nicht d e r Antonio Claret aus Silke Poraths Buch "Gottesweber" sein! -
Ich bin jetzt mit Kapitel 6 durch und meine Freude am Lesen hält sich in Grenzen. Márquez ist jetzt in Cartagena und die Beschreibung davon fand ich interessant, danach flaute das Buch m.M.n. jedoch wieder etwas ab. Dennoch ein paar Stellen, die ich bemerkenswert fand:
S. 405: Der Oberst und der Direktor tranken 22 Tassen schwarzen Kaffee, es gab keine Zigaretten und keinen Alkohol, weil beide frei von Lastern waren. 22 Tassen schwarzer Kaffee würde ich auch als Laster bezeichnen.
S. 407: M. bekommt die Miete erlassen für die Meldung des Geburtstages der Enkelin in der Zeitung. Was machen die für Geschäftchen ???
S. 431: Viele der Márquez-Kinder hatten Kosenamen, einige werden hier in Klammer genannt.
S. 434: Diese Aussage fällt unter „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“. „Doktor, ich komme, damit sie mir einen Affen herausnehmen, den man mir im Bauch hat wachsen lassen.“
S. 438: Als Márquez die Büchersendung mit den ausgewählten 23 ausgewählten Werken bekam, wurde mir mal wieder bewusst wie rar und kostbar Bücher zu dieser Zeit gewesen sein mussten. Im Vergleich dazu unsere SUB’s ...........
S. 439: Wegen einer Lungenentzündung durfte Márquez nicht rauchen, dann rauchte er halt im Badezimmer, um sich vor sich selbst zu verstecken. O.k., auch eine Möglichkeit sich das schlechte Gewissen auszureden.
ZitatOriginal von Vivian
Wenn ich mich da nicht täusche, soll Herr Marquez sehr krank gewesen sein. Vielleicht hatte das auch Einfluss auf das Rauchen ?
Dass Márquez allerdings das Rauchen aufgegeben hat, ohne jemals Verlangen nach einer Zigarette gehabt zu haben (egal, ob krank oder nicht), das glaube ich nicht. Da erinnert er sich wahrscheinlich nur nicht mehr daran.Mal sehen, wann ich wieder weiter lese.........
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So, ich habe meinen Urlaub genutzt um das Buch abzuschliesen und meine Gedanken zu sammeln.
Herr Palomar:
ZitatIch hätte nicht gedacht, dass er so sentimental ist.
Aber ja doch, sentimental ist er schon. Auch wenn ich dieses Gefühl nicht richtig zu fassen weiß, würde ich ihm dieses durchaus zuschreiben. Vielleicht gehört Sentimentalität ja zum magischen Realismus dazu.
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Zu Kapitel 6 habe ich mir nichts angemerkt, wahrscheinlich weil ich nur stückchenweise und unterwegs gelesen habe. Etwas anstrengend war es schon.
Kapitel 7 war der Abschnitt, der mich bisher am meisten interessiert hat. Es geht um seine Schriftstellerei.
Das er Bücher studiert hat um ihren Aufbau herauszubekommen finde ich bemerkenswert. Auch andere Autoren gehen so vor. Ines Thorn hat mir einmal berichtet, sie lerne bestimmte Techniken auf ähnliche Weise. Für mich finde ich, dass es das Lesen von Büchern durchaus bereichert, wenn man solche Dinge berücksichtigt. So manches Buch erschienen mir interessanter und ich las viele auch intensiver, weil ich darauf achtete, wie zum Beispiel Zeitabläufe dargestellt wurden oder Gedanken, wörtliche Rede ...
Seine Bemerkung, dass man Figuren nicht aus dem Nichts heraus schaffen kann (S. 462) lässt mich immer grübeln. Ich bin mir nicht sicher, ob man nicht auch aus sich heraus interessante Figuren schaffen kann, ohne konkrete Vorbilder, sondern wohl eher Konglomerate der eigenen Kenntnisse einer Vielzahl anderer Menschen und ihrer Charaktäre.
Marquez schreibt auf Seite 464 über einen Text, dass er auch nach Jahren noch mit ihm zufrieden ist. Ich frage mich, wie es als Autor ist, zurück zu schauen und sein Werk zu betrachtet, mit den mitunter schwachen und vielleicht auch mistigen Texten, die man produziert hat, eventuell auch veröffentlicht. Kann man diese so leicht als notwendige Produkte eines lebenslangen Lernens akzeptieren oder möchte man sich nicht von dem ein oder anderen Werk distanzieren? Kann man den eignen Lernprozess akzeptieren? Auswischen lässt er sich ja nicht.
Sehr nett fand ich die Aktion der Freunde, ein mit dem Wagen verkauftes Manuskript eines Schriftstellers wiederzubeschaffen. (S. 467) Immer wieder berichtet Marquez über solch skurile Begebenheiten. Ist das Leben so in Kolumbien?
Er zwingt sich dazu, an seinem Roman Laubsturm weiterzuarbeiten. (S. 471) Ist die Schriftstellerei also mehr als ein Vergnügen, ist es Arbeit und Pflicht zugleich? Wie schwer muss es sein, sich immer wieder hinzusetzten und weiter zu machen, auch wenn man plötzlich keinen Sinn mehr in dem Werk sieht. Ich bewundere alle SchriftstellerInnen für ihr Durchhaltevermögen, schon ab 50 Seiten.
Ich bin auf Iris' Ausführungen hierzu sehr gespannt.
Von mir morgen mehr
Liesbett
[edit: Habe Ines mit Iris ersetzt, weil ich einem meiner Kopfverdreher aufgesessen bin. Entschuldigung an alle Beteiligten. :wow]
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Auf Seite 479 widmet sich Marquez noch einmal dem Thema der wirklichen Person im Roman, sogar Hemingway wird dazu aufgeführt. Er scheint nicht der Einzige zu sein, der reale Menschen als Vorbild nimmt, freilich ohne sie als ihr biographisches Selbst abzubilden, falls man so sagt.
Und nocheinmal zu den Familientraditionen Marquez': seine Mutter hat auf S. 486 die sterblichen Überreste der Großmutter ausgegraben um sie an den neuen Wohnort mitzunehmen. Oder ist es nur eine Neigung der Mutter? Eigentlich möchte ich mit dem Kopf schütteln, irgendwie aber gefällt mir diese Frau und ihr Handeln.
Der Geist einer Frau wandelt auf S. 490 im Hause herum. Ich frage mich, ob dies wirklich Realität ist oder Teil der Familienerzählungen. Ist das magischer Realismus?
Witzig finde ich den Zwang des Autors, die Seiten seiner Bücher vorherzuberechnen und sich unruhig zu fühle, wenn seine Pläne durcheinander geraten, Tippfehler passieren ... (S. 492) So pedantisch hätte ich ihn gar nicht eingeschätzt. Und pedantisch meine ich nicht negativ sondern eher ... vielleicht schrullig. Braucht er dass, um sein schriftstellerisches Leben zu sortieren, Tagesabläufe, Schreibziele etc? Wie gehen wohl andere Autoren vor?
Erinnerungswürdig finde ich den Satz, dass ein Schriftsteller seine Memoiren schreiben sollte, solange er sich noch an alles erinnert. (S.499) Dies nimmt sicherlich Bezug auf das Eingangs diskutierte Zitat. Aber eine knifflige Sache ist es, denn müsste ich mein Leben dann nicht in mehreren Bänden herausbringen? Und was, wenn ich mich an manche Sachen später nicht mehr erinnern möchte? Was, wenn ich später Dinge miteinander verknüpfen möche, die vorher noch nicht passierten? Erinnerung ist ein schwierig Ding. Ich habe einmal gelesen, dass das Vergessen ebenfalls eine wichtige Sache ist. Leider kann man sich wie beim Erinnern nicht raussuchen, was man vergessen möchte.
Sehr entspannt finde ich die Sache rund um die Veröffentlichung. (S. 505) Keiner spricht darüber, weil das gut Schreiben wichtiger ist. Der Rest ist Sache des Verlegers. Ich glaube nicht, dass dies so einfach ist. Aus einigen spannenden Bekanntschaften und ihren Erzählungen kann ich nur schließen, dass ein wenig mehr als Velegervertrauen dazu gehört.
Sehr vertraut ist auch der Umgang mit dem fertigen Werk, dass so lange umgefeilt und korrigiert wird, bis man selbst nicht mehr weiß, ob man es besser oder schlechter gemacht hat. (S. 508) Kann man eigentlich mit dem eigenen Werk immer hundertprozentig zufrieden sein, wenn man einen gewissen Anspruch hat? Ich erinnere mich gerade an eine Figur aus dem Buch Die Pest von Camus (?), welche monatelang an einem einzigen Satz herumformuliert hat.
Zum Abschluss: Alles in allem für mich das bisher spannenste Kapitel, weil mich das Arbeiten eines Schriftstellers mit all seinen Nöten sehr interessiert.
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Zitat
Original von Liesbett
Erinnerungswürdig finde ich den Satz, dass ein Schriftsteller seine Memoiren schreiben sollte, solange er sich noch an alles erinnert. (S.499) ......... denn müsste ich mein Leben dann nicht in mehreren Bänden herausbringen?Ja aber genau das hat Márquez ja vor. Wie ich gelesen habe, sollen noch 2 Bände folgen.........
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Das passt aber gut, das Buch endet ja schon ziemlich zeitig.
Ich würde gerne wissen, wie er seine Frau findet, der erste große Erfolg, die Preisverleihung ... -
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Oooch, ich hatte bisher so gar keine Ahnung von Marquez und deshalb auch keine Erwartungen. Im Großen und Ganzen bin ich mit dem Buch zufrieden und werde die Geschichte vielleicht sogar weiter verfolgen.
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Studentenleben und brotloser Job --- au weia! So hat sich unser Gabito das also vorgestellt mit der Freiheit nach der Schule?!
Aber Disziplin hat er!
Offen gestanden, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass jemand der keinen Bezug zur Schriftstellerei hatund liest, um sich zu unterhalten (Dies ist keine Wertung!!!), mit diesem Teil Langeweile-Probleme bekommt.
Ich hingegen habe es genossen! Wie entwickelte es sich bei Márquez? Wer hat ihn beeinflusst, gefördert? Welche Autoren haben Eindruck auf ihn gemacht? Welche hat er gerne gelesen, verschlungen, zum Vorbild genommen? Welche sich hart erarbeitet?
Dann die Kollegen, (für ihn) bekannte und unbekannte -- wie war das Miteinander? Gab es überhaupt eines? Oder tappte er als Spund unter Meistern?
Wie erarbeitete er sich das Handwerk? Was trieb ihn um? Wie ging er mit Misserfolgen und Erfolgen um?
Wie ging er mit der sozialen und politischen Situation seines Landes um?
Wie lebte er?Letzteres hat mich ja teilweise wirklich amüsiert, dieses ein wenig anrüchige und schmuddelige Bohemien-Dasein in Stundenhotels und diesem speziellen Typus von Bordellen, die an eine Art Gartenwirtschaft erinnern.
Ich hab ja seit einem Jahr sehr viel Verständnis für Henry Miller entwickelt, und die beiden liegen ja zeitlich nahe beieinander. Es ist wohl auch Zeitgeist und Zeitkolorit, dass die Avantgarde sich fernab von der bürgerlichen Ordentlichkeit in Bordellen herumtrieb, "Moral" für sich ablehnte und eine eigene Ethik entwickelte.Aber eigentlich wandelt Márquez hier deutlich spürbar in Vaters Fußtapfen -- er verweigert sich der Ausbildung, macht sein eigenes, schlechtbezahltes Ding, ist ein loser Bursche ... Nur dass er den Mädchen nicht die Ehe verspricht und keine Saatspur von Bankerten hinter sich herzieht, ums mal salopp zu formulieren ...
Aber der alte Márquez kennt sein junges Ego sehr genau. Er urteilt nicht, aber er ist schonungslos.
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Zitat
Original von Iris
Nur dass er den Mädchen nicht die Ehe verspricht und keine Saatspur von Bankerten hinter sich herzieht, ums mal salopp zu formulieren ...Es ist sehr interessant weiterhin Eure (Iris & Liesbett) Beiträge zu verfolgen.