Schreibwettbewerb Juli 2007 - Thema: "Frei"

  • Thema Juli 2007:


    "Frei"


    Vom 01. bis 20. Juli 2007 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Juli 2007 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schickt uns Eure Beiträge als .doc oder .rtf und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von Clärschen



    Der eifrige, junge Pfarrer des Dorfes B. veranstaltet seit kurzem jede Woche eine Gesprächsrunde zu verschiedenen Themen.
    Am Donnerstag Nachmittag haben sich einige Gemeindemitglieder im Kirchsaal zusammengefunden. Die Teilnehmer sitzen im Stuhlkreis. Der Pfarrer moderiert.


    Pfarrer: „Hiermit möchte ich unsere allwöchentliche Gesprächsrunde, diesmal zum Thema FREIHEIT, eröffnen. Nun, fangen wir mal mit ihnen an, Frau Meyer, fühlen sie sich FREI?“
    Frau Meyer steht auf: „Ich bin Mutter von fünf Kindern. Wir haben keine Putzfrau und keine Spülmaschine. Da bleibt keine Zeit für FREIHEITEN...“
    Pfarrer: „Oh, das ist ...“
    Frau Meyer hat sich in Fahrt geredet. Unterbricht: „Sie haben leicht reden. Als Pfarrer hat man ja nichts zu tun. Jede Menge FREIHEITEN. FREIHEIT hier, FREIHEIT da, überall nur FREIHEIT. Aber ich beneide sie nicht. Ich will gar keine FREIHEIT!“
    Schnaubend verlässt Frau Meyer den Kirchsaal und knallt die Tür hinter sich zu.
    Betretenes Schweigen.
    Pfarrer, räuspert sich: „Ähm,... nun ja, und was sagen sie zu diesem Thema, Frau Müller?“
    Frau Müller steht auf. Jammervoll: „Oh, ich habe überhaupt keine FREIHEITEN. Immer habe ich so viel zu tun. Ich weiß gar nicht wo mir der Kopf steht...“
    Pfarrer, eifrig: „Das tut mir sehr Leid, Frau Müller. Aber vielleicht können wir ihnen ja helfen. Dafür ist eine Gesprächsrunde schließlich da! Was machen sie denn beruflich? Setzt ihr Chef sie zu sehr unter Druck?“
    Frau Müller, vorwurfsvoll: „Ich bin arbeitslos.“ Setzt sich.
    Abermals betretenes Schweigen.
    Der junge Pfarrer lässt sich so leicht nicht unterkriegen. In die Stille hinein: „Äh, ... fragen wir doch mal etwas anders. Herr Kuntze, was verstehen sie unter FREIHEIT?“
    Herr Kuntze steht auf und blickt unsicher zu seiner Frau, die neben ihm sitzt.
    Herr Kuntze: „Freiheit ist...“ Stockt. „Freiheit ist...“
    Frau Kuntze steht auf und unterbricht: „Freiheit ist schön. Das wolltest du sagen, stimmt’s Schatz?“ Drohender Blick zu Herrn Kuntze.
    Herr Kuntze: „Ja, Freiheit ist schön.“

  • von Seestern



    Meine Tochter stöhnt im Schlaf. Ich streiche ihr das verschwitzte Haar aus dem Gesichtchen und lege ihr behutsam ein kühles Tuch auf die Stirn. Sie ist fünf Jahre alt, wiegt aber kaum mehr als eine gesunde Zweijährige.
    Ich schließe das Fenster, um die kühle Nachtluft, den Lärm der Detonationen und das Geschrei der Menschen auf den Straßen auszusperren. Dabei kann ich mich glücklich schätzen, überhaupt intakte Scheiben zu besitzen.
    Ich weiß nicht, wie lange Mia überleben kann. Noch bietet sie dem Fiebertod mit dem Trotz eines Kleinkindes die Stirn. Dennoch wird die Stimme, die mir zuflüstert, dass jede weitere Stunde im Leben meiner Tochter nur eine Verlängerung ihres Leidens bedeutet, immer eindringlicher.
    An Medikamente ist kein Herankommen mehr, ebensowenig an Lebensmittel. Seit voriger Woche versuche ich, Mia und mich mit dem Trockenfutter der Katze über Wasser zu halten. Die letzten zwei Tage hat Mia nichts angerührt.
    Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich den wässrig-grünen Inhalt der Phiole auf dem Tisch anstarre, ohne ihn wirklich zu sehen.
    Das ist der Hunger. Hunger, der in stetig stärker werdenden Wellen mein Bewusstsein überflutet und mich hindert, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Doch gilt es für mich einzig, diese Nacht zu überstehen.
    Dank meiner Verdienste um die Revolution werde ich morgen von Marat, wie er sich nennt, empfangen.
    Er erwartet von mir die Denunzierung einiger einflussreicher Revolutionsgegner.
    Was er bekommen wird, ist zunächst die letzte Flasche eines edlen Weines, die ich hüte wie einen Schatz. Ein ganz besonderer Tropfen für den elenden Säufer.
    Wieder fällt mein Blick auf die Phiole.
    Ich gehe zu Mias Bettchen, umfasse ihre kleine Hand mit meiner und warte gemeinsam mit meiner Tochter auf die Morgendämmerung.

  • von Lotta



    Aline hat ihr Zimmer mit Wolken tapeziert. Sie hängen an den Wänden und an der Decke, sind flaumigweiß und gewittergrau. Regentropfensammler, die aus fast nichts bestehen und sich irgendwann ganz auflösen.


    Ich klopfe. Wenn sie die Tür einen Spalt breit öffnet, sehe ich die Wolkenbilder, sehe außerdem Wasserflaschen, die sich auf dem Schreibtisch türmen und ein mit weißen Laken bezogenes Bett. Alles in diesem Raum versucht, weniger zu werden. Wie Aline. „Komm, wir gehen spazieren“, sage ich, mit einer viel zu lauten, fröhlichen Stimme. Sie steht vor mir, undeutlich und sanft, fährt sich durch das fleckige Haar und atmet angestrengt.


    Sie trägt ihre hauchdünne Haut wie einen schweren, regendurchnässten Mantel, dessen Gewicht an ihrem schmalen Körper zehrt. Manchmal glaube ich, dass sie ihn loswerden möchte, Stück für Stück, habe Angst, dass es gelingt, dass ich irgendwann ihre Zimmertür aufstoße und sie sich endgültig aus ihrem blassen, zerbrechlichen Gefängnis gehungert hat. Ich laufe immer ein paar Schritte hinter ihr, aus Furcht, sie könne stürzen und fallen, könne vielleicht niemals wieder aufstehen.


    Aline: ein Mädchen, das die Rolltreppen rückwärts hoch und runter läuft, unumstritten die beste Kirschkernweitspuckerin, Paradiesvogel und Regenbogenkind, das kein Eis essen kann, ohne dass ihm die Schokolade am Kinn herunter tropft. Lachend, immer lachend, auf Bäume kletternd, mit limonadenverklebtem Haar Seifenblasen und Küsse in meine Richtung pustend, ununterbrochen, grenzenlos. Es gibt so unendlich viel Welt.


    Klipp-klapp. Der Armreif rutscht ihr über den Arm, fällt zu Boden, holt mich zurück in die Gegenwart, an den Waldrand, an dem sie hustend stehen geblieben ist. Ihre Lippen schimmern bläulich. Lauf weiter, flehe ich sie stumm an, lauf doch endlich. Wie früher. Noch bevor du angefangen hast, dich ins Bad einzuschließen und bevor deine Lippen zum ersten Mal süßlichbitter schmeckten. Sie keucht. „Gehen wir zurück“, flüstert sie, „bitte.“


    „Ich will schlafen“, sagt sie leise, als wir zu Hause sind, „ich bin so müde. Mach das Licht aus. Mach endlich das Licht aus.“ Haarsträhnen fließen über das Kissen, während sie den Kopf dreht und wendet. Ich kenne dieses Kissen: sie hat es nach mir geworfen, einmal, nachdem wir uns im Wohnzimmer eine flauschigwarme Matratzeninsel gebaut hatten. „Wie eine Wolke“, hat Aline gemeint und mir die Decke über den Kopf gestülpt. Ich bleibe hier, bis sie schläft. Nur dann kann ich sie betrachten, ohne dass sie sich unter meinem Blick windet und krümmt. Vorsichtig lege ich mich neben sie, greife nach ihren kalten Fingern, die mit einem seltsam weichen Flaum bedeckt sind und sich anfühlen wie kleine, zarte Äste.


    Ich bin ganz ruhig, als man ihren Körper leer vorfindet, als ich feststelle, dass Aline endgültig daraus verschwunden ist. Ich sehe zu, wie sie ihn begraben, einen Käfig um den Käfig bauen, hölzern, zehn Meter unter der Erde. Einzig meine Hände betrügen mich, sie zittern, zittern so sehr, als tasteten sie nach unsichtbaren Spuren von Aline, die möglicherweise noch im Wind schweben, verloren und unbestimmt.


    Vielleicht ist sie irgendwo. Aline, Rolltreppenrückwärtsläuferin, kleines Luftwesen, schönste Wolkenfängerin der Welt. Vielleicht ist sie jetzt frei.

  • von lyrx



    "Wie das passierte?"


    "Ja, erzähl!"


    "Ich hob das Kinn, ein Mal nur ..."


    "Das Kinn?"


    "Ja. Ich lebte damals wie ein Autist. Nicht sehen wollen, nicht hören, nicht fühlen, nichts. Der Gerichtsvollzieher war ein paar Tage zuvor da gewesen, hatte aber nichts pfänden können. Zwangsräumung der Wohnung in ein paar Tagen, und dann das Kinn ..."


    "Das Kinn?"


    "Ja, das Kinn! Auf der Straße das Kinn gehoben, ein Mal, dieses eine Mal gerade aus gesehen, anstatt immer nur in den Boden gestarrt. Die Frau ..."


    "SIE?"


    "Ja, SIE - sie lächelte mich an. Sowas passierte sonst nie. Ich war schüchtern. Das Kinn, weißt du, ich habe ein markiges Kinn, sagte sie später ... "


    "... SIE? Das war SIE?"


    "Ja, SIE! Weil ich ein einziges Mal ... ich trug damals meinen Blick wie eine gesenkte Lanze vor mir her. Es kostete mich die größte Mühe, die stumpfe Spitze manchmal wenigstens zu heben ... mein Kinn war der Hebel an diesem Tag, es hob sich einmal die Spitze. Das Aufblicken war eine runde Bewegung nach oben. Dabei streifte ich nur ihr Gesicht (da war das Lächeln), und ging dann im selben Schwung höher zum Himmel. Da war der Himmel."


    "Der Himmel?"


    "Ja, die blaue Stahlkuppel."


    "Du sahst zum Himmel und gingst weiter?"


    "Ja, nicht zurück gelächelt. Viel zu schüchtern ..."


    "Was geschah?"


    "Dann hatte ich Glück, unwahrscheinliches Glück!"


    "Warum?"


    "Weil ich mich genau in dem Moment nach ihr umdrehte, in dem sie sich nach mir umdrehte."


    "Und dann ..."


    "... fragte ich sie: 'Was geschieht, wenn ich dich jetzt anspreche?' Sie sagt: 'Wenn du's nicht tust, wirst du's nie wissen!'. Ich sage: 'Ich will es wissen!' Sie sagt: 'Was willst du wissen?' - Wir plaudern ... "


    "Das ist langweilig!"


    "Aber so ist es gewesen! Und ich sage ihr gleich: 'Ich habe nichts! Keine Job, kein Geld, keine Ausbildung. Bald keine Wohnung mehr!' Worauf sie mir antwortet: 'Dann kannst du tun und lassen, was du willst, kannst gehen, wohin du willst.' - 'Ja, ich kann gehen, wohin ich will!' Sie sagt: 'Dann komm mit mir!' - 'Wohin?' - 'Lass uns frei sein!' Und geht mit mir den ganzen Tag."


    "Und am andern Tag?"


    "Am andern Tag, da sage ich: 'Du bist frei, zu gehen!'. - 'Wann immer ich will?' - 'Wann immer du willst, kannst du gehen!' Sie ging nicht."


    "Sie blieb?"


    "Blieb bis heute. Will nicht gehen. Will bleiben."

  • von Blaze



    Sie wollte nicht in diese schreckliche Welt,
    in der sich alles nur verstellt.
    Andere verlangen von ihr Dinge,
    die sie umgeben wie feste Ringe.
    Sie schreiben ihr vor, wie sie leben soll,
    damit hat sie schon lang die Nase voll.
    Hat sie jemand gefragt, ob sie leben will?
    Sie möchte nur, dass alle sind still.
    Sie in Ruhe lassen,
    und sie nicht mehr anfassen.
    Das Gefühl von Freiheit hat sie nie gekannt,
    denn bisher ist sie immer nur im Dunkeln gerannt..
    Sie wurde nie gefragt,
    aber die Antwort hätte sie nicht geplagt,
    denn sie hätte „Nein!“ gesagt.

  • von Anonym



    Theodor läuft über die Wiese, auf der die unterschiedlichsten Blumen blühen. Die Sonne strahlt auf sein Gesicht. Er lacht und breitet die Arme aus, rennt immer schneller. Nach einer Weile setzt er sich erschöpft, aber glücklich auf das Gras und lehnt sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Er lauscht dem Gezwitscher der Vögel und atmet die frische Luft ein. „Das nenn’ ich Freiheit!“, murmelt er und schließt die Augen.


    Die Augen immer noch geschlossen, spürt er plötzlich ein Ziepen in seinem Rücken. „Was zum ... ?!“, ruft er. Theodor öffnet die Augen und erblickt eine graue Wand. Er liegt in einem alten Bett, als Decke ein dünnes Lacken, ein Kopfkissen gibt es nicht. Durch dieses unbequeme Bett hatte er Rückenprobleme bekommen. Das ging schon länger so. Seufzend steht er auf und blickt sich in dem kleinen Raum um. Zu finden sind nur die grauen Wände, ein kleines, vergittertes Fenster, das unbequeme Bett, das aussah, als würde es bald zusammenbrechen, eine Toilette und ein kleiner Tisch, auf dem das Foto seiner Tochter steht. Außerdem sind noch ein Wecker, ein Schreibblock und zwei Kugelschreiber zu finden, mit denen er seine Gedanken aufschreiben kann. Neben dem Tisch steht ein Stuhl. Theo läuft dorthin, setzt sich und betrachtet das Bild seiner Tochter. „Ich wünschte, ich könnte mit ihr über die Wiese laufen und ihr die verschiedenen Vogelarten zeigen“, denkt er.
    Der Klang eines Schlüsselbundes ist zu hören. Das Klirren der Schlüssel, die aneinander schlagen. Die Tür wird geöffnet und ein großer, breitschultriger Mann ist zu sehen. „16 Uhr“, sagt er nur. Theodor nickt und steht auf. Er darf nun eine halbe Stunde aus der Zelle raus. Der Mann packt ihn am Arm und führt ihn aus dem Gebäude. „Halbe Stunde, dann hol’ ich dich“, meint er nur und verschwindet. Theodor befindet sich nun außerhalb des Gebäudes. Um ihn herum ist eine hohe Mauer, auf der sich Stacheldraht befindet. Er schlendert über den Pflasterstein und setzt sich auf eine Bank, die ganz in der Nähe steht. Außer ihm ist niemand hier. Dies war seine Zeit. Er konnte frische Luft schappen und sich frei bewegen. Jedenfalls freier als in der kleinen Zelle. Er schüttelt den Kopf. „Dennoch ist es nicht das gleiche ...“, denkt er.


    Eine halbe Stunde später holt ihn der Gefängniswärter wieder ab und bringt ihn in seine Zelle. Theodor legt sich wieder auf das Bett und denkt: „Nur noch sieben Monate...“ Fünf Monate war er nun schon hier – wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis. Allerdings kommt es ihm so vor, als wäre er schon ewig hier. Jahre. Seufzend schließt Theo die Augen.


    Er rennt über eine Wiese und die Sonne scheint ihm auf das Gesicht ...

  • von Leserättin



    Jim, der Tiger sah die Welt seit jeher nur durch Gitterstäbe. Fast jede Nacht träumte er davon, frei zu sein, über grüne Wiesen zu laufen, sich im Gras zu wälzen und zu jagen. Seine Mutter hatte ihm davon erzählt, als er noch bei ihr gewesen war.
    Wie sich Gras anfühlte, wusste er nicht, denn noch nie hatten seine Pfoten welches berührt. Auch kannte er keine Beutetiere, das Futter gab es durch die Klappe in der Käfigtür und es war nicht mehr zu erkennen, welchem Tier das Fleisch einst gehört hatte.
    Der Käfig maß nur wenige Körperlängen und Jim konnte lediglich in einen langsamen Tigertrab fallen, wenn er herumlief. Er sehnte sich danach, einmal richtig zu rennen.
    Ein Mann kam an seinen Käfig, so nah, dass Jim ihn hätte berühren können, wenn er eine Pfote durch die Stäbe gesteckt hätte.
    „Du bist ja ein schöner Tiger“, sagte der Mann nun, der kaum dem Knabenalter entwachsen war. Er streckte eine Hand aus und streichelte Jim zwischen den Ohren.
    Das fühlte sich so schön an, dass Jim ganz still hielt. Ein bisschen war es wie die Zunge seiner Mutter. Er schnurrte vor Wohlbehagen.
    „Willst du mit mir kommen?“
    Jim war erstaunt über die Frage. Erst jetzt merkte er, dass er den jungen Mann verstehen konnte. Das, was der Tierpfleger von sich gab, wenn er einem Kollegen etwas zurief, war für ihn stets nur unverständliches Gebrabbel. „Ja gern. Aber ich bin ein Tiger, ein Raubtier. Ich könnte dich fressen.“
    „Nein“, sagte er, „das würdest du nicht.“ Er murmelte etwas und plötzlich verschwanden die Stäbe.
    Jim zögerte nicht und sprang aus dem erhöhten Käfig.
    „Schnell weg“, sagte sein Retter und sprintete los. Jim zögerte nicht, ihm zu folgen.
    Sie wurden beide gleichzeitig müde, doch nun waren sie im Wald und konnten sich eine Pause gönnen.
    „Ich bin Dan.“
    „Mich nannte meine Mutter Jim.“ Er legte Dan eine Pfote aufs Knie. „Wie hast du das gemacht? Das mit den Gitterstäben.“
    „Ich kann zaubern“, erklärte Dan, als sei das ganz normal.
    Und das war es für ihn auch. Dan konnte Dinge verschwinden lassen oder dazu bringen zu ihm zu kommen. So hatten sie es die ersten Tage im Wald sehr gut. Dan hatte ein Zelt gezaubert und kuschelte sich in der Nacht an Jim.
    Mit dem Beutefangen klappte es noch nicht so recht, Jim war viel zu untrainiert, um die Hasen überlisten oder mit den flinken Rehen mithalten zu können. Aber Dan zauberte genug herbei, dass sie beide nicht hungern mussten.
    Jim war glücklich über seine neu gewonnene Freiheit und als Jim vorschlug, an Bord eines Schiffes zu gehen, stimmte er gern zu. Die Schiffsreise war aufregend, auch wenn sie die meiste Zeit im Lagerraum verbrachten. Und als sie nach vielen langen Tagen endlich an Land gingen, wusste Jim, dass er in Sicherheit war und seine Freiheit nie wieder verlieren würde. Dan blieb er treu und folgte ihm wie ein Hund.

  • von Doc Hollywood



    Ich wurde einen Tag vor Heiligabend freigelassen. Heiligabend des Jahres 2097, angeblich die erste weiße Weihnacht seit Jahrzehnten. Der Geschmack von Schnee war ungewohnt, Viele Dinge waren ungewohnt; Fahrzeuge, die Hotelschlafsärge am Flughafen, Essen, Getränke, ich selbst. Obwohl die Schaufenster mit Angeboten überfüllt waren, blieb mein Blick stets am Spiegelbild hängen. Das sollte ich sein? Ich versuchte mich zu erinnern, doch alles was übriggeblieben war, trug ich in dem Speicherchip bei mir, den ich an einem Kunststoffband befestigt in meine Hosentasche gestopft hatte.


    Vor 80 Jahren hatte man den Strafvollzug revolutioniert. Ich gehörte zu den ersten Verurteilten, die in den zweifelhaften Genuss der neuen Justizvollzugstechnik kamen. Es gab ein paar wenige, bedauerliche Unfälle bei der Einführung des Cryo-Systems, aber nach den Anfangsproblemen hatte es sich schnell etablieren können. Es sparte Platz, Geld und bot eine geradezu diabolische, neue Möglichkeit des Strafmaßes. Ich wurde eingefroren, zu acht Jahrzehnten im künstlichen Tiefschlaf verurteilt. Während die Welt sich weiterdrehte, blieben meine Kenntnisse und mein biologisches Alter im Jahr 2017 stehen, bis heute.


    Die Koje des Sarghotels war nicht einmal unbequem. Mein Rücken tat nicht mehr so weh, wie in den ersten 24 Stunden. Die Muskulatur wurde durch die Injektionen während der Aufwachphase wieder hergestellt, die Erschlaffung mancher Hautpartien musste man hingegen hinnehmen. Als der Speicherchip im dafür vorgesehenen Schacht steckte, erwachte der Bildschirm vor meinem Gesicht zum Leben. Erwachte. Wie ich. Zusätzlich zu Geldeinheiten und einem Identitätsnachweis, waren in einem geschützten Bereich des Chips vertrauliche, persönliche Daten untergebracht. Die mir ausgehändigte Datei bestand aus einer minutiösen Auflistung meiner Straftaten, des anschließenden Gerichtsverfahrens und ein paar wenigen Dokumenten und Fotos meiner Familie. Emily. Das Gesicht meiner vierjährigen Tochter lachte mich an. Meine Augen brannten, aber es kamen keine löschenden Tränen. Es kann bis zu 72 Stunden dauern, bis der Körper wieder alle ausscheidbaren Flüssigkeiten zur Verfügung stellen kann, wurde mir mitgeteilt. Emily war 2086, im Alter von 69 Jahren gestorben. Multiples Organversagen. Die simple Erläuterung der Todesursache blinkte unter ihren Lebensdaten. Sie hatte nie geheiratet, keine Kinder.


    In den Nachrichten-Datenbanken ist von einem überwältigenden Erfolg des Cryo-System die Rede, von einem humanen Strafvollzug ohne Todesstrafe, selbst bei schwersten Verbrechen. Meine Taten waren schwerwiegend. Ich habe meine Strafe und eine Option auf ein neues Leben erhalten. Das Cryo-System hat mir mein altes Leben weggenommen. Es war kein gutes Leben, aber es war mein Leben. Ich werde nach draußen gehen und noch einmal den Schnee schmecken, bevor ich mich wieder schlafen lege. Endgültig.

  • von bartimaeus



    Ihr kennt mich. Jeder kennt mich. Ich bin eine internationale Berühmtheit – beziehungsweise die Liberty Enlightening the World, die Statuengestalt, in der ich mein Dasein friste. Millionen von Besuchern kommen, mich zu sehen. Ich werde bewacht, bin auf Postkarten. Ich bin ein Wahrzeichen. Ich bin die Freiheitsstatue. Ich sollte glücklich sein.


    Einst zog ich durch die Lande, flüchtig wie ein Sonnenstrahl, und verweilte irgendwo und nirgends. Den Menschen brachte ich den Mut, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, und zu tun, was sie wollten. Ich wurde respektiert, verehrt und vergöttert. Lady Liberty, Göttin der Freiheit – das war ich. Ach, wie war ich froh und unbeschwert!


    Gefangen in Kupferhüllen, ehernem Gerüst; ich, die ich einst so mächtig und allgegenwärtig war! Seit 1886 schon stehe ich bei New York auf Liberty Island, überblicke das Wasser und sehe die Sonne auf- und untergehen, die Schiffe an mir vorbeiziehen. Ein wunderschönes Panorama, wäre ich freiwillig hier.


    Erinnert ihr euch noch an die französische Revolution? Liberté, Égalité, Fraternité – ich stand an erster Stelle. Freiheit, höchstes Gut auf Erden! Meinetwegen hat man Schlachten und Kriege geführt, meinetwegen wurde Blut vergossen. Meinetwegen zwar, nie jedoch war es mein persönliches Bestreben. Ich befahl nichts, forderte nichts. Ich ließ es jedem frei zu tun, was er für richtig hielt.


    Regungslos stehe ich auf meinem Sockel und zwanghaft halte ich meine Fackel. Denn das Kupfer ist längst schon zu Patina geworden und juckt. Mein Rücken schmerzt und meine Macht schwindet dahin. Zwar erhelle ich noch die Welt, aber ich büße meine einstige Kraft ein. Ich, die glorreiche Lady Liberty, verliere an Gestalt! Allüberall werden Freiheiten, werde ich eingeschränkt. Und irgendwann werde ich meinen Stiefgeschwistern, Lady Security und Lord Control, erlegen sein. Doch ohne mich wird die Welt nie mehr sein, wie sie war.


    O ich Unglückselige, die ich Frédéric Bartholdy erscheinen musste. Ich hatte schon immer eine Schwäche für Künstler, weil diese sich seit jeher Freiheiten nahmen. Woher sollte ich wissen, wie sollte ich erahnen, dass er zusammen mit Herrn Eiffel mich in diese kalte, gefängnisgleiche Skulptur verbannen würde? Was würde ich dafür tun, meine Freiheit wiederzuerlangen!


    Schwach werde ich. Sicherheit und Kontrolle hingegen gewinnen an Bedeutung und Stärke. Muss ich mir das gefallen lassen?! Gefangen wie ich bin, kann ich nicht kämpfen. Ich bin der Schatten einer Göttin, ein letzter Fetzen Freiheit, der durch ein Statuengerüst geistert.
    Ich flehe euch an, bitte euch, appelliere:
    «Lasst es nicht zu, lasst die Welt nicht verkümmern! Rebelliert, protestiert! Lasst die Kontrolle nicht überhandnehmen! Seid keine Opfer der Sicherheit! Nehmt euch eure Freiheit! SEID FREI!»

  • von flashfrog



    Freie Improvisation



    Das Buch ist frei und nicht gebunden,
    der Inhalt freilich frei erfunden,
    in freien Rhythmen hingeschroben
    (und das ist einwandfrei zu loben!).
    Potztausend, Phrasendrescherei!
    Nicht koffein-, doch Feuer frei!


    Wie hart ist doch des Dichters Brot –
    kein Reimesonderangebot!
    Und autorfreie Innenstädte!
    Was ich mit solchem Freiraum täte?
    Ein Freibrief, pfand- und bügelfrei!
    (Freisinnig sinnfrei, nebenbei).


    Die Feuerwehr ist frei und willig.
    Ein Tritt ist frei, wie schön und billig
    in dieser freien Markt-Wirtschaft.
    Da gibt es Freibier und auch Saft.
    Die Kneipe ist jetzt rauchfrei,
    da trägt man gerne bauchfrei


    und kuckt im Fußball (nur zum Beispiel)
    dort munder Alexanders Frei-Spiel,
    der nun den Freistoß frei verwandelt
    in eine Henne. (Reim verschandelt!)
    Sind Freilandhennen vogelfrei,
    beim allerersten Hahnenschrei


    die Eier fröhlich freizulegen?
    Um das mal frei heraus zu frägen:
    Wie fängt man freie Radikale?
    So fett- und glutenfrei (mit Schale)?
    Verschnürt sie schmerzfrei an den Füßen
    um Freiheizstrafen zu verbüßen


    und die Halunken einzulochen,
    sofern sie nicht noch freigesprochen,
    sodass sie in Freisprechanlagen,
    wenn freigelassen, Freigang wagen.
    Im Wagen hab ich freie Fahrt,
    als sich die Liebste offenbart.


    Und wage wird sie dann gefügig
    (nicht jugendfrei, jedoch freizügig).
    Drum freie Bahn der freien Liebe,
    die ganz gewiss nicht keimfrei bliebe,
    da hätt ich sie gern frei genommen...
    (Sie wär auch zweifelsfrei gekommen.)


    Ist ein Gefreiter auch ein Freier?
    Wie reihern die Haarspaltereiher?
    Ist Bayern streifenfreier Freistaat?
    Und schwimmt die Freifrau gern im Freibad?
    Ich schwömm in freien Lichtmuseen,
    und würde frank und frei gestehen,


    dass dies Gedicht mir mehr als peinlich.
    (Und das versteht ihr, wirrwarrscheinlich.)
    Sind freie Künstler freie Geister?
    Die malen schwarz und schmieren Kleister,
    so freiberuflich steuerfrei --
    die Male- eine Sauerei!


    Das gleiche gilt für dies Gedicht
    dem allerlei an Sinn gebricht.
    Mit Worten such ich euch zu rühren,
    zur Ehrenrettung anzuführen:
    Bedenkt nur, wie frei Maurer logen!
    Sodass sich alle Balken bogen!


    Wer bremst mir diesen freien Fall,
    der freien Rede ihren Schwall,
    die ganze grause Litanei??
    Ich tus für euch, ich bin so frei,
    euch frei und mütig zu bekennen:
    Man möchte nur davon schnell rennen!


    Extrem verstört kann ich euch sehen.
    Die Spielerei wollt ihr verstehen?
    Was ich hier los- und freigelassen
    das ist wahrhaftig nicht zu fassen!
    Ein Ungedicht der schlimmsten Sorte,
    es plagt durch freigewählte Worte,


    brät euch durch wirre Reederei
    ein wahres Eulenspiegelei.

  • von Leseratte87



    Es war Sommer und wie jedes Mal, wenn die Sonne schien, trafen sich die Menschen um entweder Eis essen zu gehen, im Cafe mit Freunden zu plaudern oder sich am See zu sonnen. Mir war das einfach zu viel und so zog ich mich zurück. Mein Lieblingsplatz war da wie immer der Wald, der sich hinter unseren Haus befand und so war ich innerhalb von fünf Minuten in der Natur. Am liebsten ging ich dort mit meinem Verlobten spazieren. Wunderschön, ging es mir durch den Kopf. Keine Menschenseele war weit und breit zu sehen, nur wir zwei waren alleine im Einklang der Natur. Wir setzten uns auf einem Baumstamm, der uns den Weg versperrte und der halbwegs stabil aussah. Ich schloss die Augen und lies alles auf mich wirken. Der Gesang der Vögel, das Rascheln der Bäume im Wind, mein Liebster neben mir und die ganze Atmosphäre versetzten mich in einen Glückstaumel. Dazu war ich vor einigen Jahren noch nicht in der Lage. Meine schwere Vergangenheit zerfraß mir die Seele. Ich war nicht in der Lage, Freude an irgendwas zu empfinden. Alles war eine Qual….
    Ich sah verträumt meinen Liebsten an und er lächelte zärtlich zurück. Ich war nicht nur frei. Von allen was mich belastete. Nein, ich war auch noch glücklich.

  • von Ida



    „Ich geh da nicht rein!“ Olli kickte einen Kieselstein in Richtung Zaun.


    Florian lachte. Es klang ein wenig gezwungen. „Komm schon. Du wolltest doch endlich mal eine nackte Frau sehen.“


    „Aber nicht so!“, sagte Olli und wandte sich zum Gehen. Aus dem Auto winkte ihm Florians Schwester zu und lächelte. Sie hatte die Jungen hierher gefahren. Für ihren ersten Urlaub ohne Eltern brauchten Florian und Olli ein Zelt und hatten tagelang Kleinanzeigen studiert, bis sie ein günstiges Exemplar fanden, fast geschenkt, und abzuholen auf diesem Campingplatz. Der Verkäufer war am Telefon sehr freundlich gewesen, aber er hatte ihnen nicht gesagt, dass das ein FKK-Campingplatz war. Ausgerechnet!


    „Wenn du dich nicht traust, mach ich es allein!“ Florian ging zum Eingang. Olli spürte die Blicke von Florians Schwester im Rücken und schlenderte hinterher. Sie sollte nicht denken, dass er keinen Mumm hatte, ein paar Nackten zu begegnen. Als Besucher durfte man ja wohl seine Klamotten anlassen. Hoffte er jedenfalls.


    Florian sprach mit der Frau an der Rezeption. Dann drehte er sich zu Olli um und sagte: „Der Typ kommt hierher.“


    Sie warteten. Olli spähte den Hauptweg des Campingplatzes entlang. Tatsächlich, hier waren alle nackt. Ihm wurde unbehaglich warm. Hoffentlich brachte der Verkäufer das Zelt gleich mit und sie mussten den Platz nicht betreten. Er würde sonst nicht wissen, wo er hinsehen sollte. Seine Eltern liefen nie unbekleidet herum. Der kleine Bruder zählte nicht.


    „Ihr zwei wollt bestimmt das Zelt abholen!“ Der Mann hatte eine Turnhose an. Zum Glück. Auch sonst wirkte er sympathisch.


    „Na, kommt mal mit! Das Zelt steht am anderen Ende.“


    „Ich, äh, wir dachten, Sie bringen es her?“ Olli sah sich hilfesuchend nach Florian um, doch der zuckte nur mit den Schultern.


    „Es ist noch aufgebaut, damit ihr es anschauen könnt.“
    Sie folgten dem Mann über den Platz. Olli gab vor, eingehend dessen muskulösen Rücken zu betrachten und sah nur von Zeit und Zeit möglichst unauffällig in die Runde. Nackte Menschen überall! Kartoffeln schälend, Wäsche aufhängend, auf der Sonnenliege und sogar beim Skatspielen. Man grüßte ihren Begleiter und nickte den Jungen freundlich zu. Olli fühlte sich langsam ein wenig wohler und bedauerte, dass anscheinend nur ältere Leute FKK-Camping machten. Da stieß ihn Florian mit dem Ellbogen an und deutete mit dem Kinn nach links, wo eine rundliche Frau rückwärts auf den Knien rutschend ein Igluzelt ausfegte. Unbekleidet. Der Junge schluckte. Plötzlich wurde ihm wieder warm. Sehr warm. Er war erleichtert, als sie an ihrem Zelt ankamen und er bei der Besichtigung im Zeltinneren endlich unbeobachtet durchatmen konnte. Florian hatte die ganze Zeit ein schiefes Grinsen im Gesicht und schien Ollis pantomimische Aufforderungen, das Zelt zu bezahlen und endlich zu verschwinden, nicht verstehen zu wollen. Erst als Olli auf seine Armbanduhr deutete und ihn an die wartende Schwester erinnerte, konnte sich Florian vom Anblick der rundum braungebrannten Frau des Verkäufers losreißen.


    Florians Schwester lachte. „Warum seid ihr so verlegen? Wusstet ihr nicht, dass das ein FKK-Campingplatz ist?“


    „Nee.“ Florian leckte sich die Lippen. „Aber irgendwie war es … geil.“

  • von Prinzesschen



    Leise und vorsichtig tapsen die kleinen Füße in das Wohnzimmer auf das Aquarium zu. Ein paar Clownfische, Doktorfische, Halfterfische und andere kleine Meeresfische tummeln sich zwischen den Seepflanzen. Die Füße stellen sich auf die Zehenspitzen.
    Dieser orangene Fisch mit den weißen Streifen sieht genauso aus wie der Fisch in dem Film gestern. Ob er auch wieder ins Meer will?
    Neben dem Aquarium liegt ein Netz, mit dem der Vater die Fische immer fängt, um es zu säubern. Allerdings packt er die Fische dazu in einen Eimer und nicht wie in dem Film in eine Plastiktüte, die Fische aus ihrem Aquarium können gar nicht versuchen aus dem Fenster zuentkommen.
    Einer der kleinen orangen Fische schwimmt auf den Filter zu, aus dem Blubberbläschen aufsteigen, bestimmt wird er jetzt gleich versuchen ihn zu verstopfen – ganz bestimmt.
    Er wird ihm sicher sehr dankbar sein, wenn er sie alle aus ihrem Gefängnis befreit.
    Ein Stuhl wird an das Aquarium gerückt und ein Eimer danebengestellt. Mit ungeschickten Bewegungen verfolgt das Netz die Fische und schafft es schließlich einige zufangen und in den Eimer plumpsen zu lassen. Ein paar der Fische haben es geschafft sich in der Einrichtung und in den Pflanzen des Aquariums vor dem Netz in Sicherheit zubringen.
    Der Eimer wird auf den Stuhl gestellt und wird von dort heftig schwankend weggetragen. Gleich dürfen sie schwimmen, wohin sie wollen …


    Verwirrt setzt sie sich im Bett auf. War da nicht eben ein Geräusch? Dabei ist es noch so früh am Morgen. Ob irgendetwas passiert ist? Ihr Mann liegt leise schnarchend neben ihr, er scheint nichts gehört zu haben, trotzdem ist sie beunruhigt. Langsam geht sie zur Tür und öffnet sie.
    Die Tür des Kinderzimmers steht halb offen dabei hatte sie diese gestern Abend nach dem Gute-Nacht-Sagen geschlossen. Wieder ein Geräusch diesmal kann sie es einordnen - es kommt aus Richtung Badezimmer und hört sich nach dem Geräusch eines aufklappenden Klodeckels an. Beruhigt schlüpft sie wieder zurück unter die Bettdecke. Kurz darauf hört sie die Klospülung gehen. Er ist eben doch schon ein großer, selbstständiger Junge, sie sollte langsam aufhören zu denken, dass er etwas Dummes anstellen könnte.

  • von bellafan



    Was ist Freiheit? Freiheit zu definieren wäre unlängst schwierig genug, doch was bedeutet sie für jeden einzelnen? Ginge man auf die Straße und würde jemanden fragen: „Was ist Freiheit?“ Oder noch besser: „Sind Sie frei?“
    Davon abgesehen, dass viele sich nicht die Zeit nehmen würden diese Frage zu beantworten, wie würden die Antworten der anderen ausfallen? Reicht es wenn man in einem Land lebt in der man seine Meinung frei äußern darf, reicht es in einem Land in dem man Recht auf persönliche Freiheit hat zu sagen man sei frei? In wenig anderen Ländern wird so empfindlich auf jede Einschränkung seiner persönlichen Rechte und Freiheiten reagiert als in Deutschland, gerade weil man sich noch so gut daran erinnern kann was passieren kann ohne jegliche Rechte und Freiheit. Doch auch in Deutschland finden im Sinne der Terrorismusbekämpfung Diskussionen über Einschränkungen des Rechtes statt, der neue Gesetzesentwurf für eine Anti-Terror Datei ist ein Beispiel dafür. Dass die Aufhebung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten einen Verstoßt gegen die Grundrechte bedeutet löste viele Proteste aus, und man darf sich fragen ob die vielen Schutzmaßnahmen die heute ergriffen werden nicht langsam aber sicher in einen Überwachungsstaat führen? Sicherlich betrifft dies noch nicht alle und sicher auch nicht uns, doch muss man den Anfängen nicht trotzdem Widerstand leisten? Sollten wir nicht versuchen uns selbst eine Meinung zu bilden, anstatt sich in Panik versetzen zu lassen vor Gefahren die vielleicht so gar nicht existieren? Aus der Vergangenheit lernen, in der den Menschen erfolgreich vorgegaukelt wurde was für einer Gefahr sie durch Menschen, die nicht wie das Regime dachten täglich ausgesetzt waren? Wenn wir aufhören uns selber Gedanken zu machen und uns die Gedanken machen lassen, die anfänglich leichten Veränderungen stillschweigend akzeptieren in dem Glauben uns würde es nie treffen, es wäre schon alles halb so schlimm? Sobald das geschieht, sind wir nicht mehr frei, auch wenn wir meinen frei zu sein da wir noch entscheiden dürfen was wir Nachmittags unternehmen.
    Wie sagte es Pfarrer Niemöller so schön: „…und als sie mich holten- gab es keinen mehr, der protestieren konnte!

  • von Sabine_D



    Ich hebe den Kopf und blicke nach vorn.
    Dort steht er, der teure protzige Sarg aus Eiche mit den goldenen Beschlägen. In ihm liegt mein Mann. Alt, krank, ungeliebt und schon fast vergessen.


    Den Sarg hat er sich natürlich selber ausgesucht. Vor ein paar Wochen, als er noch mit Mühe laufen konnte. Sogar seine Beerdigung hat er bis ins Detail geplant, auch den Predigtext für die Trauerfeier selber geschrieben. Keiner hätte es ihm recht machen können.


    Wenn es nach mir gegangen wäre, würde er in irgendeiner Kiste einsam vor sich hin modern. Und das wusste er auch. Zuviel war geschehen, zuviel hatte er mir und auch anderen angetan.


    In mich hineingrinsend frage ich mich, ob er wohl je geahnt hat was seine Krankheit ausgelöst hat?


    Mittig vor dem Altar ausgerichtet steht der Sarg. Wirksam erhöht auf einem Podest, damit ihn auch ja alle sehen können, umgeben von Kränzen und Blumenschalen. Niedergelegt von all den Freunden, Bekannten und Verwandten, denen er angeblich etwas bedeutet hatte.


    Die Kirche ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Das konnte ich sehen als ich kurz vor Beginn der Trauerfeier hineinging. Das Getuschel, das mich auf meinem Weg zur ersten Bank verfolgte, war nicht zu überhören. Diese ganze geldgierige Meute, die nur hier ist um gesehen zu werden.


    Diese Scheinheiligkeit, sie kotzt mich an. Er ist ein Arschloch gewesen, und selbst jetzt wo er tot ist, haben sie nicht den Mut es zuzugeben. Aber wer Geld hat, hat auch Freunde.


    Der Pastor geht jetzt hoch zur Kanzel. Ich beobachte wie er die 3 Treppen hinaufsteigt und das Manuskript vor sich ablegt. Er beginnt mit seiner Predigt aber seine Worte erreichen mich nicht. Ich bin mit den Gedanken zu weit fort.


    Sein Blick ruht auf mir, mitleidig und auch irgendwie wissend. Es ist seine Berufung und Pflicht dort zu stehen und Nettigkeiten über die Verstorbenen und ihr Leben zu erzählen und den Hinterbliebenen Trost zu spenden. Egal was er persönlich über die Toten denkt. Ob es ihm dieses Mal schwerer fällt als sonst? Schließlich gehört auch er zu den Menschen, die von meinem Mann ausgenutzt wurden.


    Wie wäre wohl seine Predigt ausgefallen, wenn er den Text hätte selber schreiben können?
    Und wer hat eigentlich festgelegt, dass man über Tote nur Gutes sagen darf?


    Das Geläut der Glocken schreckt mich aus meinen Gedanken auf.
    Die Leute hinter mir stehen auf und drehen sich zum Mittelgang um.
    Man erwartet jetzt von mir, dass ich auch aufstehe, meinen Mann zur Grabstelle begleite.


    Ein letztes Mal werde ich ihm folgen. Stolz und mit erhobenem Kopf gehe ich hinter dem Sarg her.


    Als ich die Rosen mit den spitzen Dornen auf den Sarg fallen lasse, kann ich ein Lächeln nicht unterdrücken. Endlich haben meine Bemühungen den gewünschten Erfolg gehabt.

  • von Schreiberling



    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    befreit von Sorgen, Kummer, Schmerz,
    geheilt mein schwaches, kleines Herz.


    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    möchte mich in die Lüfte erheben,
    die Erde dazu bringen zu erbeben.


    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    möchte hinaus in die Welt,
    in der nichts anderes als Freiheit zählt.


    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    möchte vergessen, was früher war,
    als ich noch war ein dummer Narr.


    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    die Vergangenheit hinter mir lassen,
    und mich auf die Zukunft verlassen.


    Ich möchte frei sein,
    frei für alle Zeit,
    frei,
    einfach nur frei…
    Frei.

  • von Voltaire



    Fulvio Frei konnte das Zittern seiner Hände nicht unterdrücken. Der Knoten seiner Krawatte war ein Zeugnis seiner Nervosität.
    Dabei hatte der Tag ganz normal begonnen. Frei war um 9 Uhr aufgestanden, hatte geduscht und sich dann im Frühstücksraum des Hotels an den reichlich gedeckten Tisch gesetzt. Am Abend würde er die Lesung, so wie alle anderen Lesung zuvor, routiniert hinter sich bringen und mit ein wenig Glück, würde auch einer seiner Jüngerinnen an diesem Abend in seinem Bett landen.


    Aber dann hatte der Kulturteil der Regionalzeitung alles mit einem Schlag verändert. Nicht nur sein schriftstellerisches Werk, nein, auch sein ganzes Leben, seine Person war plötzlich infrage gestellt.


    Frei hatte die Zeitung nur kurz durchblättern wollen um die Wartezeit zu überbrücken, in der in der sein Frühstücksei bereitet wurde. Dann jedoch fiel sein Blick auf die Schlagzeile des Kulturteils. Er merkte wie sein Atem stockte.


    FREI ALS DREISTER PLAGIATOR ENTLARVT.


    In dem Artikel stand, dass sein Roman „Heute geht nichts mehr“ von einem bis dato unbekannten Manuskript des Schriftstellers Kurt V. wortwörtlich abgeschrieben war.


    Jetzt stand er vor dem Spiegel, kaum in der Lage seine Krawatte zu binden und in einer dreiviertel Stunde würde seine Lesung beginnen. Frei wäre am liebsten wieder der kleine, völlig unbekannte, Einkaufswagenzurückschieber bei EDEKA gewesen. Denn - die Zeitung hatte Recht.


    Bisher hatte er immer gedacht, nur er wisse von dem Manuskript, nur er und der Mann, der es ihm mit den Worten „…mach was draus...“ gegeben hatte. Warum der es ihm gegeben hatte wusste Frei nicht. Er wusste nur, dass dieses seine Chance war. Aber anstatt den Elfmeter zu versenken, erhielt er nun die Rote Karte.


    Frei betrat den Leseraum der Buchhandlung. Der Raum war überfüllt, sogar zwei Fernsehteams hatten sich mit ihren Gerätschaften breit gemacht. Hier in diesem Lesesaal würde also seine Schlachtbank stehen.
    Mit festen Schritten, er wusste nachher nicht mehr wie er das geschafft hatte, ging er auf sein Lesetischen zu, öffnete seine Tasche und holte zwei Bücher hervor und legte sie auf das Lesetischchen. Aus diesen beiden Büchern wollte er seine Lieblingspassagen vorlesen.

    Vielleicht sollte er aber heute die eine Passage, die mit der Selbstanklage, einfach weglassen. Frei öffnete das Buch an der betreffenden Stelle um das Lesezeichen zu entfernen.
    Er erstarrte.
    Voller Hektik blätterte er in dem Buch. Seine Gesichtsfarbe wäre mit dem Begriff „kreidebleich“ noch zu bunt beschrieben. Mit zitternden Händen nahm er auch das andere Buch zur Hand, blätterte darin; er wurde immer fahriger – in seinem Gesicht war deutlich die Panik abzulesen.


    Das war das endgültige Ende, der absolute finale Todesstoß!


    Frei sank auf den vor dem Lesetischchen stehenden Stuhl. Völlig apathisch, war er nicht mehr in der Lage irgendetwas um sich herum wahrzunehmen. Auf Fragen reagierte er nicht mehr.
    Eine Mitarbeiterin des Veranstalters flüsterte ihm etwas ins Ohr. Frei deutet nach einer Weile nur stumm auf die beiden Bücher. Die Mitarbeiterin nahm die Bücher in die Hand, blätterte darin herum, schaute ihn völlig entgeistert an.


    Alle Seiten der Bücher waren weiß. Einfach nur weiß!

  • von Luc



    „Do samma“, grummelte der Sanitäter, als der Hubschrauber landete. Marthaler blickte zu Susanne, die regungslos auf der Bahre lag, von einer Decke aus Schurwolle verhüllt.
    „Do samma“, flüsterte Marthaler und drehte seinen Ehering vom Finger. Ein Polizist befragte ihn später; sie waren bei einer Bergwanderung vom Weg abgekommen. Ein falscher Schritt und Susanne war in die Tiefe gestürzt. Marthaler hatte sich den Fuß verknackst, als er ihr zu ihr hinab gestiegen war.


    Auf dem Friedhof wurde die Trauergemeinde von einem Gewitter überrascht. Jens zog an Marthalers Hosenbein. Er spannte den Regenschirm auf und warf Nelken auf ihren Sarg. Seine Frau liebte Nelken. Susanne, die sich zu Sylvester einen Schluck Sekt gönnte und ihn seit der Hochzeitsnacht im Mickeymouse Nachthemd empfangen hatte, begnügte sich immer mit dem Zweitklassig- praktischem. Ihre letzte Ruhestätte lag im gemeinsamen Heimatdorf. Hier gehörte sie hin, dachte Marthaler. Jens begann dumme Fragen zu stellen. Der Himmel, die Hölle, nein die Würmer würden seine Mutter holen. Marthaler zwang sich die Kontrolle zu behalten, vertröstete den Jungen, unter Mithilfe des Pfarrers, auf die Wirkung von Gott und Gebet. Susanne hatte Schlimmeres hinter sich gebracht. Gewimmert hatte Sie, bis er bei ihr angekommen war. Ihr Schreien klang ihm noch in den Ohren, als er den verletzten Kopf angehoben hatte. So schrill hatte es geklungen, dass ein Falke aufgeflogen war. Marthaler starrte auf den Sarg. Niemand konnte sie voneinander trennen.


    2000, 3000, 5000 Euro erbat Olga. Das Restaurant in der Kölner Altstadt hatte Anlaufschwierigkeiten. Marthaler zahlte, ohne zu murren. Im Gegenteil, er las Olga jeden Wunsch von den Augen ab. Champagner stand auf dem Tresen, als er das Lokal aufsuchte. Die männliche Kundschaft zeigte sich enttäuscht, weil Olga sich wortlos abwandte und zu ihm stöckelte. Marthaler rückte den Schlips gerade und schenkte ihr Rosen. Sie roch an den Blumen und stöhnte genussvoll. Rosen war das Mindeste. Sie setzten sich. Olgas Lippen waren rot geschminkt. Susanne hätte Sie vulgär gefunden. Marthalers Schwanz wurde hart, als sie seinen Oberschenkel drückte.
    „Hast du es dir überlegt?“, fragte Marthaler und spürte, dass seine Stimme zitterte. Sie seufzte und legte die Blumen nieder.
    „Gregor, ich liebe dich. Aber, im Moment ist an eine Heirat nicht zu denken. Schließlich müsste ich mich dann auch noch um deinen Sohn kümmern“, sagte Olga. Vom Tresen herüber hörte Marthaler Gelächter; er bemerkte, dass seine Wangen glühten.
    „Verstehst du?“, fragte sie, ihre Fingernägel glitten höher.
    „Ich verstehe“, antwortete Marthaler.


    Zum Glück gab es das Meer. Jens liebte es zu schwimmen und Marthaler fuhr mit dem Jungen an die Nordsee. Er kannte eine einsame Bucht, von den Einheimischen aufgrund ihrer tückischen Brandung gefürchtet.
    „Da sind wir“, sagte Marthaler und beobachtete die Dünen. Jens behielt lediglich die Badehose an und lief ins Wasser. Marthaler löste seine Schnürbänder, entledigte sich des Hemdes und kraulte Jens hinterher. Warum den Umweg über Gott und Gebet wählen, wenn der Junge direkt bei seiner Mutter sein konnte? Nichts würde sie mehr voneinander trennen. Das Lachen der Möwen, die über der Bucht kreisten, nahm Marthaler als gutes Omen.

  • von churchill



    Das Hambacher Fest von 1832 und seine Bedeutung für die Politik des heutigen Deutschland
    „Sie haben eine Stunde Zeit, ihr Kurzreferat zu konzipieren. Viel Erfolg!“


    Natürlich brauchte ich diese Stunde nicht. Alle Kollegen schrieben hektisch. Ich nicht. Wer hört schon gerne schlecht vorgelesene Statements, Stotterreferate? Die wichtigsten Fakten kenne ich, der Rest wird charmant improvisiert. Gelassen betrete ich den Prüfungsraum und starte nach der überaus freundlichen Aufforderung des Hauptprüfers geradezu genial mit dem Heine-Zitat:
    „...während den Tagen des Hambacher Festes hätte mit einiger Aussicht guten Erfolges die allgemeine Umwälzung in Deutschland versucht werden können. Jene Hambacher Tage waren der letzte Termin, den die Göttin der Freyheit uns gewährte...“
    Vom wohlwollenden Nicken des Auditoriums inspiriert schlage ich sogleich den ersten mutigen Bogen.
    „Wo sind heute die Wirths und Siebenpfeiffers, wo sind diejenigen, die sich gegen die Unterdrückung durch den Staat erheben, die die Presse schützen, die Versammlungen ermöglichen, die das Recht auf eine eigene Meinung und deren Äußerung einfordern?“


    Ich gerate in Fahrt. Die Augen meiner Gegenüber ermuntern mich.
    „Verschollen sind sie! Versteckt hinter den allzu breiten Rücken der Lobbyisten des Kapitalismus, gefesselt durch Ketten der Feigheit und des Egoismus, ferngehalten durch Globalisierungszäune und Heilige Dämme. Zum Abschuss freigegeben durch den auch geistig in Bauchnabelhöhe agierenden Pitbull der Kanzlerin. Fass, Schäuble, beiß!“
    Diesmal signalisieren mir die gleichen Augen, dass der letzte Vergleich grenzwertig zu sein scheint. Richtig, der Vorsitzende ist ja ein Schwarzer … Ruhig Blut, die Kurve krieg ich schon.
    „Nur allzu verständlich ist ein solches Verhalten in dieser unserer Zeit, in der der Innenminister aus der Perspektive eines – äh – sagen wir – Pinguins agiert“.


    Verdammt, wie komme ich jetzt auf Pinguin? Dieses blöde Hörbuch auf der Fahrt zur Prüfung. Egal, da muss ich jetzt durch.
    „Wie ein Pinguin, der seines natürlichen Lebensraums beraubt im Zoo nur noch als Witzfigur umherwatschelt und seine Tauchbedürfnisse nicht einmal ansatzweise befriedigen kann ...“
    Nun, besser war das noch nicht. Ich brauche ein anderes, unverfängliches Bild.
    „Wie eine Giraffe!“.
    Diese verfluchte Nudelsuppenmetaphorik.
    „Eine Giraffe, die das erstrebenswerte Ziel sieht und theoretisch schneller als ein Rennpferd erreichen könnte, daran aber perfiderweise durch Sümpfe gehindert wird, die den langen Beinen keinen Halt bieten“.
    Langsam wird es eng. Wie komme ich von Schäuble und den anderen Viechern zurück ins 19. Jahrhundert?
    „Damals war es der bayrische Staat, der die Bewohner der Rheinpfalz unterdrückte, dieser Staat der Herrschsucht und der Doppelmoral, heute sind seine geistigen Nachfahren immer noch am Werk und verhindern, dass Pinguine tauchen, dass Giraffen rennen, dass Zäune überwunden und Mauern durchbrochen werden.“


    Ich muss zum Ende kommen, eine letzte originelle Wendung finden.
    „Und deshalb kann ich nur ganz unmissverständlich in aller Deutlichkeit und Offenheit mahnend darauf hinweisen …“
    Der Hauptprüfer unterbricht mich:
    „Lassen Sie mich Ihr Referat mit einem weiteren Heine-Zitat beenden: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten …
    Die Note der Prüfung wird mir zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt werden. Ich hoffe, dass positiv berücksichtigt wird, dass ich in keiner Phase an einem Konzept klebte.