Komm, gehen wir – Arnold Stadler

  • Verlag S.Fischer, 360 Seiten, Gebundene Ausgabe, Auflage 1 im Mai 2007


    Handlung (Klappentext)
    Jim kommt aus Florida, jetzt ist er in Italien auf der Suche nach seinen Vorfahren. Rosemarie und Roland möchten heiraten, und Capri ist ihre vorgezogene Hochzeitsreise. Es ist ihr letzter Tag. Da kommt Jim an den Strand und fragt nach einem Schluck Wasser. Was dann passiert, passiert in einer Nacht. Sie vergessen die Zeit, und später haben sie ein Leben lang etwas, das sie nicht mehr loslässt. "Komm, gehen wir" ist die Geschichte von drei Leben, drei Lieben, Glück und Unglück. Und so, als wäre die Liebe etwas gewesen, bleibt am Ende die Sehnsucht. Vom Leser wird in diesem Buch nichts anderes erwartet, als das er verliebt ist oder sich daran erinnern kann, wie das war. Könnte es sein, dass die Liebe das Warten auf die Liebe ist?


    Leseprobe von www.fischerverlage.de:
    www.fischerverlage.de/sixcms/m…/LP_978-3-10-075127-0.pdf


    Zum Autor (Klappentext):
    Arnold Stadler wurde 1954 geboren. Er studierte katholische Theologie in München und Rom, anschließend Germanistik in Freiburg und Köln. Er lebt in Sallahn und Berlin. Stadler wurde neben zahlreichen weiteren Preisen 1999 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.


    Meine Meinung:
    Das äußere des neuen Romans des Georg-Büchner-Preisträger Arnold Stadler ist mit einer Umschlagabbildung von Künstler Günther Förg (der im Roman sogar einmal erwähnt wird) und einem Lesebändchen sehr ansprechend.


    Der Roman mit seinen drei Hauptprotagonisten ist in drei Teilen, beginnend 1978 in Italien, in der sich die Liebesgeschichte der Drei abspielt dann in Deutschland und anschließend ca. 1989 gespalten und recht geschickt aufgebaut. Italienklischees und später biederstes Deutschland (Der blaue Bock, Einer wird gewinnen) werden ironisch geschildert.


    Im ersten Teil ist Platz genug, um auch die Vorgeschichten vom Studienabbrecher und späteren Schriftsteller Roland, seiner Verlobten Rosemarie und dem verführerischen Amerikaner Jim zu integrieren.
    Jim liebt beide, die Folge der kurzen Episode ist eine Schwangerschaft und Erinnerungen, die nicht vergehen.


    Viele begeisterte Rezensenten dieses Romans schwärmen vom Pasolini-Blick des Autors.
    Das mag zutreffen, nur hat Pasolini seinen Stil in den 70zigern original erschaffen und bei Stadler, der die Handlung rückbesinnungsbewusst in diese Zeit gelegt hat, wirkt es wie ein Plagiat.
    Wenn diese Rezensenten Pasolini und seine Zeit vermissen, empfehle ich ein Buch oder Film vom Meister selbst.
    Zudem versucht Stadler Atmosphäre über Bezüge zu bekannten Namen z.B. Claude Chabrol, Pasolini natürlich und Julien Green aufzubauen. Das gelingt teilweise sogar.


    Der zeitgenössische Leser muss sich durch Stadlers prätentiösen Text mit so einigen verschachtelten Sätzen kämpfen ohne zu wissen, ob er am Ende für seine Mühen belohnt wird. Und der Geschichte mangelt es streckenweise an Spannung und Originalität.


    Mir haben die Textüberschriften gefallen, die den Leitfaden durch den Roman markieren.
    Manchmal ist aber auch eine unfreiwillig komische Kapitelüberschrift dabei.
    Beispiel: 11. Wenn es so weitergeht, dachte Roland sich. Über diesen Halbsatz kam er nicht hinaus.
    Diesen Halbsatz habe ich auf den Roman übertragen können.


    Ein merkwürdiger Beigeschmack in Stadlers Werk ist auch immer eine konfuse religiöse Komponente, an der seine Figuren leiden.


    Natürlich ist es auch so, dass Arnold Stadler nicht ein Autor für jedermanns Geschmack ist. Es gehört eine gewisse Akzeptanz dazu, seinen Humor und Wortwitz anzunehmen. Wenn einem das gelingt, ist mancher Satz durchaus gelungen und lesenswert. Eigentlich sogar sehr viele.
    Ich halte Komm, wir gehen für gelungener als das vergleichbare und Stadlers wohl bekanntestes Buch, das überbewertete „Ein hinreißender Schrotthändler“.


    Vom Argon-Verlag gibt es auch eine Ausgabe dieses Romans als Hörbuch, gelesen von Hanns Zischler. ISBN: 3866102534

  • Diese Rezi macht neugierig. Da ich den "Schrotthändler" ziemlich fad fand, wollte ich mir einen weiteren Stadler eigentlich nicht antun, von wegen vertane Zeit oder so - aber jetzt nach deiner Rezi lieber Herr Palomar, da reizt es dann doch.


    Gut finde ich, wenn in diesem Buch Julien Green mal wieder ans Licht geholt wird. Seine Tagebücher befinden sich leider immer noch ungelesen in meinem Schrank (Schande über mich... :-)).


    Dann packen wir dieses Buch halt auch noch auf den Wunschzettel, ein Buch mehr oder weniger macht den Kohl nun auch nicht mehr fett. :wave


    Danke für diese sehr aufschlußreiche Rezi. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Der zeitgenössische Leser muss sich durch Stadlers prätentiösen Text mit so einigen verschachtelten Sätzen kämpfen ohne zu wissen, ob er am Ende für seine Mühen belohnt wird.


    Ein schöne und treffende Aussage.
    Ich für meinen Teil habe den Kampf verloren. Zwar habe ich bis zum Ende durchgehalten (mich "durchgekämpft" beschreibt es wirklich gut), irgendeine Art von "Erbauung" blieb mir jedoch versagt ...
    Mit Stadlers Stil, den ich als etwas überkandidelt und zugleich unterkühlt empfunden habe, hatte ich so meine Probleme, mit den Figuren wurde ich nicht recht warm und im Nachhinein betrachtet habe ich "Komm gehen wir" wohl eher an mir vorbeiziehen lassen, als wirklich etwas aufzunehmen ...
    Mein erster und bislang einziger Stadler, der keine Leselust auf weitere Bücher des Autors bei mir geweckt hat.

  • Ich habe das Buch vor längerer Zeit mal angefangen und dann aber wieder abgebrochen.. Ich bin nicht in die Geschichte reingekommen und fand den Schreibstil auch sehr gewöhnungsbedürftig.. Ich denke auch nicht, dass es sich lohnt nochmals anzufangen..


    Edit: Jetzt weiß ich wieder warum ich das Buch lesen wollte:


    "Was ist Lieben? Bevor ich darüber nachdachte, wusste ich es noch"


    Hat mir irgendwie gefallen.

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

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