Dtv, 106 Seiten,
Taschenbuchausgabe im Juni 2007 erschienen.
Klappentext
Eine Fahrt Richtung Vergangenheit, nach Bordighera an der italienischen Riviera, dahin, wo der Erzähler in Gedanken schon so oft gewesen ist, ins Hotel Angst - benannt nach seinem Besitzer Adolf Angst, ein Luxushotel der Jahrhundertwende, eine Titanic unter den mondänen Prachthotels dieser Welt. »Hotel Angst« erzählt sowohl die Geschichte eines magischen Ortes als auch von einer Obsession.
Denn der Vater des Erzählers träumte davon, das Hotel Angst wieder zu eröffnen.
John von Düffel, geboren 1966, ist Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Zur Zeit ist er als Dramaturg am Hamburger Thalia Theater tätig. Er wurde u.a. mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Ernst Willner-Preis, dem Mara Cassens-Preis und dem Nicolas Born-Preis ausgezeichnet.
Andere Bücher des Autoren sind Vom Wasser, Zeit des Verschwindens, Houwelandt, Ego, Schwimmen, Wasser und andere Welten sowie veröffentlichte Theaterstücke.
Meine Meinung:
Dieser kurze, aber nicht zu unterschätzende Roman von 107 Seiten hat auf dem ersten Blick nicht viel mit Houwelandt, dem Meisterwerk des Autors, zu tun. Es erinnert eher an seine älteren Texte.
Erzählt wird in der zweiten Person. Wer das, ähnlich wie ich, nicht schätzt, sollte sich vor dem Kauf dessen Bewusst sein, obwohl der Autor diese Form zumindest zugänglich einsetzt.
Es sind Erinnerungsszenen an Urlaube seiner Kindheit, die dem Erzähler durch den Kopf gehen, als er nach dem Tod des Vaters nach Bordighera zum ehemaligen Hotel Angst fährt.
Diese Erinnerungen sind anscheinend autobiographisch. Nicht nur, weil er in der Danksagung seinen Vater und das Hotel Angst erwähnt, sondern auch, weil diese Autofahrten als Kind auf dem Rücksitz, im Streit mit dem Bruder und dem Gefühl einer endlosen Fahrt so authentisch beschrieben sind.
Die Obsession des Vaters für ein berühmtes Hotel ist ebenfalls nachvollziehbar. In Film und Literatur haben langjährige Schicksale, die sich in oder um ein Hotel abspielen eine lange Tradition. Ich denke beispielsweise an Vicki Baums „Menschen im Hotel“, Arthur Haileys Hotel oder Irina Korschunows Ebbe und Flut.
Es ist die Sehnsucht nach Luxus, etwas Eigenem und Beständigen, das überdauert und viele Hotels, wie auch das Hotel Angst, sind 100 Jahre alt. Das mischt sich mit einer fremden Kultur, wie hier der italienischen Riviera und einer alten Zeit vor dem ersten Weltkrieg. So können Träume entstehen.
Ab und zu gibt es leicht essayistische Einschübe, z.B. über den Gebrauch des Wörtchens Marode, aber auch das kann den erzählerischen Sog der Erzählung nicht stoppen.
Eine wichtige Figur in der Erzählung ist der ehemalige Freund des Vaters, Klaus Fechner mit dem er ursprünglich die Pläne zum Hotel Angst verwirklichen wollte.
Wieder diktiert die Vergangenheit mit den Erinnerungen des Erzählers an Fechners souveränes Auftreten und seinen Töchtern auch die Gegenwart. Das zeigt, dass die Vergangenheit nie wirklich ganz vorbei ist.
Hotel Angst trotzt allen Zwängen und Einschränkungen und entzieht sich einem Vergleich mit dem erfolgreichen Vorgängerroman. Denkt man an Thomas Mann und seinem Buddenbrooks ist Hotel Angst eine Art Tod in Venedig.
Es kommt darauf an, mit welchen Erwartungen man das Buch liest. Ich war überrascht und dann sehr zufrieden.