Uta hat mich gerade an das Buch erinnert. Ich weiss gar nicht, warum ich es nie vorgestellt habe, es gehört zu meinen Lieblingsbüchern. Wahrscheinlich, weil es leider nie übersetzt worden ist. Ich muss das jetzt mal aus dem Gedächtnis machen, es ist schon eine Weile her, dass ich es gelesen habe:
Zum Buch
Laurie Odell wurde während des zweiten Weltkrieges in Dunkirk verletzt und ist nun seit Monaten schon in einem ländlichen Krankenhaus in England. Dort freundet er sich mit Andrew an, der den Kriegsdienst verweigert hat und und statt dessen als Pfleger in dem Krankenhaus arbeitet. Zwischen den beiden entwickelt sich eine rein platonische Beziehung, man könnte eher sagen, eine Seelenverwandschaft. Irgendwann taucht dann Ralph Lanyon auf, den Laurie in seiner Schulzeit sehr bewundert hatte und führt Laurie in die schwule Londoner Sub-Kultur ein. Laurie muss sich entscheiden zwischen Andrew und Ralph und ist hin- und hergerissen, zwischen der unschuldigen Liebe Andrews und dem erfahrenen Ralph.
Über die Autorin
Mary Renault, eigentlich: Eileen Mary Challans, (* 4. September 1905 in London; † 13. Dezember 1983 in Südafrika) war eine britische Schriftstellerin; sie studierte in Oxford und schrieb neben historischen Romanen auch geschichtliche Sachbücher, wie z.B. eine Biografie über Alexander den Großen. Im Jahre 1948 wanderte sie nach Südafrika aus, wo sie sich neben ihrer schriftstellerischen Arbeit stark in der Bekämpfung der Apartheid engagierte und in der südafrikanischen Sektion von P.E.N. mitarbeitete.
Meine Meinung
Ich liebe das Buch. Erstmal ist die Sprache, die Mary Renault benutzt, wunderschön und ich hab mit den Figuren mitgelitten, bis zum geht nicht mehr. Was mir an Mary Renaults Büchern auch gut gefällt ist, dass sie nichts graphisch beschreibt, es aber trotzdem ganz schön zwischen den Zeilen knistert.
Der Titel "The charioteer" bezieht sich auf den Seelenmythos von Platon aus "Phaidros". Und zwar vergleicht Platon die Seele mit einem vom zwei Rossen gezogenen Flügelwagen, gelenkt vom Geist. Die noch leiblosen Seelen fahren am Himmelsgewölbe empor und versuchen, bis ins Jenseits zu gelangen, wo sie die ewigen Ideen in ihrer reinen Gestalt sehen können. Da es aber den menschlichen Seelen, weil ihre Rosse ungleichartig sind, schwierig ist, sich auf der Höhe zu halten, stürzen sie im chaotischen Getümmel zur Erde und verbinden sich mit einem irdischen Körper. Erst nach zehntausend Jahren wachsen ihre Schwingen wieder.
Das Buch dreht sich sozusagen um diesen Mythos, wobei man es aber bestimmt auch gut ohne jegliche Platon-Vorkenntnisse lesen kann. Ich hab mich nur gefreut, dass mein Lieblings-Platon aufgegriffen wurde.
Wenn ich es genau überlege, glaube ich, ist das Buch gar kein historischer Roman. Die Autorin hat es 1959 veröffentlicht und sie hat ja selbst im zweiten Weltkrieg als Krankenschwester gearbeitet, also ist es wohl eher zeitgenössisch?
.