Pitbull-Ballade -Cornelia Arnhold

  • Zum Autor :


    Cornelia Arnhold, geboren 1943 in Frankfurt, Fotografin, Reitlehrerin, Mitbegründerin und Darstellerin des literarisch-erotischen Frauenkabaretts "Die LiteratHuren", veröffentlichte die Sammlungen erotischer Geschichten "Liebe eine Schlachtbeschreibung", "Lieb mich wie im Kino" und "Bastardlieben". Cornelia Arnhold lebt in Berlin.


    Klappentext:


    Tyson und Hasi sind zwei Kampfhunde. Heiko und Meltem heißen ihre Herrchen, und als die beiden einen Hundekampf austragen wollen, wird das Pflaster heiß, es herrscht Kampfhundehysterie im Land. Freya Beckstein, aus 'gesundheitlichen Gründen' vorzeitig pensionierte Hauptkommissarin, hängt viel am Ostbahnhof rum. Manchmal schläft sie auch dort ein. Eines Morgens wacht sie neben einer verkohlten Leiche auf. War das einer der Penner, mit denen sie gestern Nacht den guten Rotwein geteilt hat? Haben etwa die Kids mit den rechten Sprüchen einen sogenannten 'Sozialschädling' angezündet? Cornelia Arnholds Pitbull-Ballade berichtet aus dem Unterholz der Stadt, einer Ecke, die die Scheinwerfer des neuen Hauptstadt Glamours nicht ausleuchten.




    Meine Meinung:
    Kein großes Werk. Den wird man sicher in keiner Bestsellerliste finden, aber klein und fein. Ungeschönt, einfach und klar wird hier die Szene eines Berliner Dreiecks zwischen Ostbahnhof, Oberbaumbrücke und Warschauer Str. aufgezeigt. Eine Ecke, die nach der Wende so langsam vor sich hingammelt und irgendwie Anziehungspunkt für die "Vergessenen der Gesellschaft" wurde.


    Cornelia Arnhold zieht fast so jedes Klischee hervor und widerlegt es gleichzeitig. Da ist Meltem. Ein halb türkisch, halb deutsches Mädel, dass jedem sagt sie würde Melanie heißen um nicht als Türkin ausgegrenzt zu werden. Die einen Pitbull aus dem Tierheim klaut, ihm einen Davidstern anheftet, weil dieser ihrer Meinung wegen seiner Rasse verfolgt wird und ih "Hasi" nennt. Als es Stress mit den Behörden gibt, flüchtet sie nach Berlin und trigfft dort auf eine Gruppe von Glatzen. In der einen Hand die Bierdose, in der anderen die Leine mit dem Pitbull.
    Die widerum hängen den Tag über am Dönerstand eines deutschstämmigen Türken rum, der eigentlich besseres Deutsch spricht als sie. Aber für sie bleibt er der Kanacke mit dem Rattenfleischspieß.


    Man trifft auf Tunten mit verwöhnten Tölen, auf Penner, denen nur die Aussicht auf den nächsten Fusel und einen trockenen Schlafplatz wichtig ist.
    Eine Kommisarin a.D., Freya Beckstein, die sich mit den Pennern aus Selbstmitleid die Birne zukippt. Ihren Sohn, der Streetworker ist und sie aus dem Sumpf herauszuholen versucht.


    Und dann plötzlich findet sich der erste Penner, der in seinem Schlafsack angezündet und bei lebendigem Leibe verbrannt wurde. Mit Benzin eines Zweitakters zuvor übergossen. Sofort fällt der Verdacht auf die Glatzen, die eh immer Stress mit den Pennern haben und von denen einer einen Trabbi fährt.


    Aber auch Freya ist sich unsicher wie viel sie selbst damit zu tun hat. Fand man doch den verbrannten Penner mit IHREM Feuerzeug in der Hand. Aber sie kann sich an nichts erinnern, denn das Saufgelage ging mal wieder bis zum Blackout. Den ehemaligen Kollegen sagt sie nichts davon, macht sich lieber selbst auf die Suche. Und nebenbei soll sie eigentlich auf Meltem aufpassen. Denn die ist das Kind eines Ex-Kollegen, der sie endlich wieder nach Frankfurt holen soll.


    Und so wühlt man im Bodensatz der Gesellschaft um den Täter zu finden. Denn es gibt schon den nächten toten Penner. Auch verbrannt......


    Ein Büchlein, dass man in einem Rutsch lesen kann. Es ist schlicht gehalten und doch sehr bildhaft. Die Protagonisten gegen den Strich gebürstet. Menschliche Abgründe, Vorurteile und doch kommt es am Ende alles ganz anders als man dachte. ;-)

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Nein, kein großes Werk.
    Ja, ich hab's in einem Rutsch gelesen. Obwohl ich durch die fehklgriffe der Autorin immer wieder mal aus der Geschichte rausgehauen wurde, konnte ich mich nicht recht trennen.


    Alles ist ein wenig überlebensgroß, die Handlung ebenso wie die Charaktere. Nur der Spur nach stimmt's. An der Realität messen sollte man es schon gar nicht.


    Polizeiliche Ermittlung und privates Ermiteln von PolizistInnen mischen sich in wenig überzeugender Weise.
    Von Jung-Nazis hat sie nicht wirklich Ahnung, das kommt doch sehr harmlos. Die Alt-Nazis wirken aufgesetzt. Die 'Tunte' stammt direkt aus dem Fernsehen.
    Die abrupten Perspektivwechsel sind oft verwirrend.
    Die Nebenhandlung mit Jana habe ich nicht ganz begriffen, den Schluß - Freyas letzten Auftritt - fand ich überdramatisch. Von Aphrodites Ende gar nicht zu reden. Das war schon fast Slapstick, aber kein guter.
    Dem Täter ist man zu früh auf der Spur.
    Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn sie sich auf Melli und Heiko konzentriert hätte. Da liegen ganz deutlich ihre Stärken.


    Dennoch: Es hat was.
    Atmosphäre ist da, vom ersten Satz an, die Personen wachsen einem ans Herz, ehe man es merkt, es gibt tolle Szenen und treffende Dialoge.
    Es hat Spaß gemacht.


    Eigentlich mißlungen. Zugleich unwiderstehlich
    Es hat einfach echten Charme.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus