Im Brunnen der Manuskripte - Jasper Fforde

  • Kurzbeschreibung:
    Die Welt der Literatur gegen alle möglichen Missetäter zu verteidigen, ist eine ehrenvolle, aber auch nervenaufreibende Aufgabe. Wen wundert es also, dass Thursday Next sich zu ihrem Mutterschaftsurlaub in die tiefsten Tiefen des Brunnens der Manuskripte zurückzieht. Genauer gesagt auf ein gemütliches Flug/Hausboot in einem drittklassigen, unlesbaren Krimi, der wahrscheinlich nie veröffentlicht wird (dafür aber in Gefahr steht, irgendwann vom GattungsRat verschrottet zu werden). Hier kann sie sich unter Anleitung der unvergleichlichen Miss Havisham auf die Große Dienstprüfung der Jurisfiktion vorbereiten und lernt die überraschenden (und in dieser Form bisher völlig unbekannten) Vorgänge kennen, die zur Entstehung von Literatur führen.


    Aber das Leben im Brunnen der Manuskripte ist nicht ungefährlich: Gleich am ersten Tag steht Thursday Next einer wilden Meute von Grammasiten gegenüber, Big Martin scheint sie vernaschen zu wollen und eine gruppentherapeutische Sitzung zur Verminderung der Wut in Wuthering Heights wird ihr fast zum Verhängnis. Obendrein ist ein Mörder in diesem Roman unterwegs, der sich auf Jurisfiktion-Agenten spezialisiert hat.


    Der Autor:


    Jasper Fforde (* 11. Januar 1961 in Wales) ist ein britischer Schriftsteller und Kameramann. Fforde schrieb über 14 Jahre neben seiner eigentlichen Arbeit als Kameraassistent.


    Die Bücher von Fforde sind für ihre literarischen Anspielungen, Wortspiele, nicht voraussehbaren Handlungsverlauf und auch dafür bekannt, dass man die Bücher sehr schlecht in irgendein literarisches Genre einordnen kann (am ehesten treffen würde Kriminal-Humor-Science-Fiction-Fantasy).


    Fforde ist auch für den Gebrauch der Technologie des 21. Jahrhunderts bekannt. So gibt es für die englischen Ausgaben seiner Bücher Versionsupdates auf seiner Internet-Seite und ein Forum, in dem seine Fans selbstgeschriebene Geschichten oder Parodien aus dem Nextschen Universum publiziert haben.


    Meine Meinung:
    Gleich vorweg: ich hab das Buch nach 100 Seiten abgebrochen, weil ich es einfach nicht mehr ertragen konnte. Dabei hatte mir vor allem der zweite Band der Thursday Next Serie wirklich gefallen, ich hatte mich super unterhalten. Doch die Mischung von verrueckter Story und einmaligen Wortwitz klappt hier nicht mehr so gut.


    Ich hatte das Gefuehl Fforde wollte einfach mal sehen wieviel an skurrilen Gedanken er auf eine Seite packen kann. Soviel wie moeglich, dabei ohne Ruecksicht auf Verluste.


    Verluste vor allem in der Story. Da passiert nicht mehr viel. Und all die neuen Figuren mit ihren verrueckten Namen, Gedanken und (manchmal) Handlungen werden einfach zu viel des Guten. Ich fuehlte mich regelrecht erschlagen und konnte die einzelnen Charaktere oder neue Ideen gar nicht mehr geniessen.


    Denkt Fforde nun die Masse macht's? Massenhafte Buchproduktion (mind. 1 Buch pro Jahr will er schreiben) und massenhaft bizarre Gedanken liefert er sicherlich. Doch manchmal denk ich schon, dass weniger mehr waere.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Zitat

    Original von Beatrix


    Ich hatte das Gefuehl Fforde wollte einfach mal sehen wieviel an skurrilen Gedanken er auf eine Seite packen kann. Soviel wie moeglich, dabei ohne Ruecksicht auf Verluste.


    Verluste vor allem in der Story. Da passiert nicht mehr viel. Und all die neuen Figuren mit ihren verrueckten Namen, Gedanken und (manchmal) Handlungen werden einfach zu viel des Guten. Ich fuehlte mich regelrecht erschlagen und konnte die einzelnen Charaktere oder neue Ideen gar nicht mehr geniessen.


    Na toll... nachdem mich die bisherigen Bücher nicht wirklich locken konnten, weil ich Skurrilitäten nur in Maßen ertrage, dachte ich, vielleicht wär dies ein passender Einstieg - aber wenn ich deine Rezi so lese, kommt der Mensch mit dem unaussprechlichen Namen (?) wohl endgültig auf meine "Muss-ich-nicht-lesen"-Liste. :-(

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Mir hat "The Well of Lost Plots" sehr gut gefallen. Ich finde es einfach unglaublich, was man sich rund um die Entstehung eines Romanes alles einfallen lassen kann. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass man seine Ideen sehr gut ins Deutsche übersetzen kann. Von daher kann ich auf jeden Fall das englische Original empfehlen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Tja also ich weiß nicht wovon ihr redet ;-)


    Ich fand alle 4 Bände hervorragend! Jeder auf seine Art ein wenig anders, aber gerade dadurch wurde es mir nie langweilig!


    Warte nun sehnsüchtig auf den 5. Juli, wo der 5. Band erscheint (zwar erstmal nur auf Englisch, aber ich gebe dem ganzen mal eine Chance *g* kann ja nicht so schwer sein :grin)


    edit: Ich las die ersten vier Bände auf Deutsch

    Einfach das Wissen, dass einen am Ende eines Tages ein gutes Buch erwartet, verschönert den Tag!

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  • Ich sollte nachfuegen, dass ich natuerlich die englische Ausgabe gelesen habe. Sie liegt hier noch recht gut erhalten und in gute Haende abzugeben. Fans von Jasper Fforde wird es sicherlich besser gefallen als mir. Habe diese Ausgabe hier:


    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Beatrix ()

  • Ich habe es jetzt in der Leserunde auf deutsch gelesen- und ich fand es schlicht so genial wie die Vorgängerbände- ein Feuerwerk an skurillsten Ideen und Characteren. Ein wirklich grossartiges, spannendes, witziges Buch.

  • Ich habe es auch in der Leserunde gelesen und wurde nicht enttäuscht.


    Meine Rezension:
    Thursday Next zieht sich aus der realen Welt zurück in den „Brunnen der Manuskripte“, um sich ungestört auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten zu können. Hier richtet sie sich in einem Hausboot in „Caversham Heights“ ein, einem drittklassigen Krimi, der auf seine Veröffentlichung oder seine endgültige Vernichtung wartet. Doch sie wird von Aornis Hades aufgespürt, die sich dafür rächen will, dass Thursday ihren Bruder Acheron Hades am Ende von „Der Fall Jane Eyre“ vernichtet hat, indem sie aus ihrem Gedächtnis die Erinnerungen an ihren Ehemann Landen streicht, der von der Goliath Corporation im Band „Der Fall Jane Eyre“„genichtet“ wurde und nur noch in Thursdays Erinnerungen existiert. Thursday bereitet sich außerdem auf ihre Große Dienstprüfung der Jurisfiktion vor und erhält hierbei Unterstützung durch Miss Havisham.
    Doch der Brunnen der Manuskripte stellt sich als nicht ungefährlich heraus. Hier hausen auf 26 Stockwerken unter der Großen Bibliothek Millionen unveröffentlichter Texte, die hier auf ihre Veröffentlichung oder Weiterbearbeitung warten. Und mit den Texten auch die ganzen Figuren und Kreaturen, für die zur Zeit keine Verwendung in der Literaturwelt besteht. Außerdem geht ein Mörder um, der es auf Jurisfiktion-Agenten abgesehen hat.


    Die Handlung aus den beiden Vorgängern wird in diesem Band fortgeführt, allerdings zieht sich der rote Faden nur sehr blass durch dieses Buch. Um alle Zusammenhänge zu verstehen, sollte man am besten mit dem 1. Band der Serie „Der Fall Jane Eyre“ beginnen.
    In diesem Teil ändert der Autor die Perspektive. In den ersten beiden Bänden ging es hauptsächlich um das Lesen, in diesem steht das Schreiben selbst im Vordergrund. Fforde lässt seine überbordende Phantasie ausgiebig spielen, blickt quasi hinter die Kulissen der Bücher auf die Erfindungen und Techniken, die zu ihrem Entstehen führen. Er springt von Szene zu Szene, jedes Kapitel enthält eine solche Fülle an aberwitzigen, skurrilen Einfällen, dass man es als Kurzgeschichte für sich allein lesen könnte. Manchmal war es mir schon etwas zuviel des Guten, ich hatte das Gefühl, der Autor wollte die große Sammlung seiner Notizzettel mit phantastischen Ideen und Szenen - seinen eigenen „Brunnen der Manuskripte“ sozusagen - hier unterbringen.
    An Spannung kann dieser Teil nicht ganz mit seinen Vorgängern mithalten, die Handlung selbst ist eher dünn. Das tut dem Lesespaß aber keinen Abbruch. Auf seine süffisante Art macht sich Fforde diesmal über die Computerbranche lustig. Bei der Firma TextGrandCentral denkt man sicher an Microsoft, das Programm UltraWord erinnert an Windows mit seinen vielen Updates.
    Diesmal begegnen wir unter anderem Heathcliff aus Emily Brontës „Sturmhöhe“, der Herzkönigin aus „Alice im Wunderland“ von Lewis Carol und Jules Vernes „Captain Nemo“.
    An einigen Stellen verändert der Übersetzer den Text für den deutschen Leser, Peter Handke und Konrad Duden kommen im Original nicht vor. Und als kleine Besonderheit wird sich kräftig über unsere Rechtschreibreform lustig gemacht, wobei mir die hier beschriebene Erklärung dafür voll und ganz einleuchet ;-).
    Ganz am Ende stellte ich dann fest, dass sich an Thursdays persönlicher Situation seit Beginn des Romans nicht viel geändert hat, macht aber nichts, es folgen ja noch mindestens drei weitere Bände.


    Hier geht es zur Serie

    Ach ja: Thursdays Bemühungen, den Krimi "Caversham Heights" zu verändern, um ihn vor der endgültigen Vernichtung zu bewahren, werden belohnt: Fforde beginnt eine neue Serie um den Polizisten „Jack Spratt“ mit dem ersten Teil "The Big Over Easy".

  • Mir hat der dritte Teil der Thursday-Next-Reihe sehr viel Spaß gemacht und die vielen originellen und skurrilen Ideen haben mich gut unterhalten.
    Für mich ist der dritte Teil ein wenig schwächer als der erste und zweite, denn es gibt kleine Minuspunkte dafür, dass der rote Faden ein wenig fehlt. Es gibt keinen zentralen Handlungsstrang, sondern es passiert sehr viel und ständig etwas Neues. Nichtsdestotrotz ein großartiges Lesevergnügen :-]



    Weiß jemand was darüber, ob die Serie um Jack Spratt eigentlich auch auf Deutsch erscheinen wird?

  • Ich mag diese Reihe um Thursday Next. Dieses Buch habe ich wieder, wie auch schon die vorherigen, mit besonderem Vergnügen gelesen. Der vierte Teil subt schon bei mir...

    Manchmal ist es besser durch Schweigen den Eindruck von Inkompetenz zu erwecken, als durch Reden letzte Zweifel daran auszuräumen.


  • Dieser Band, der ja praktisch komplett in der Buchwelt spielt, hat mir bisher am besten von dieser Reihe gefallen. Die interessanten Ideen was alles nötig ist um ein Buch entstehen zu lassen (auch wenn ich da nicht immer ganz durchgeblickt habe :lache) waren mehr als kreativ, die Figuren sympathisch und humorvoll (ibb und obb) und die Sprünge in die verschiedenen Bücher oder auch nur die Anspielungen zahlreich und gelungen. Ob die Wut-Selbsthilfegruppe auf Wuthering Heights oder Thursdays Abschlussprüfung in einem Enid Blyton-Buch, dass sich als gar nicht so harmlos herausstellt wie man annehmen würde.


    Nebenher steht die Buchwelt Kopf. Ein neues "Betriebssystem", welches den Text in Bilder im Kopf des Lesers umwandelt, namens "UltraWord" soll eingeführt werden. Es verspricht großartige und einmalige Neuerungen wie z.B. eine Funktionalität die dem Leser, der das Buch unterbrechen musste, eine kurze Zusammenfassung bis zu ebenjener Stelle liefert. Oder die Möglichkeit der Hintergrundmusik. Außerdem finden bald die 923sten BookWorld Awards statt (Heatcliff, der schon 77 mal in Folge den prestigeträchtigen Preis der "tragischsten romantischen männlichen Hauptrolle" gewonnen hat ist erneut nominiert und natürlich Favorit), bei der an die 7 Millionen(!) Gäste eingeladen sind.


    Allerdings hat Thursday auch mächtig mit ihren Erinnerungen zu kämpfen. Aornis, Hades kleine Schwester, hat eine Art Gedankenwurm in Thursdays Gedächtnis hinterlassen der nun nach und nach die Erinnerungen manipuliert und löscht, so dass die letzten kostbaren Momente mit Landen langsam aber sicher verblassen...


    Wunderbar und begeisternd! Ich habe jedes Kapitel genossen und freue mich absolut sowohl auf die Fortsetzung als auch auf die Spin-Off-Serie "Nursery Crimes".


    And the 10-Point-Bookie goes to... Jasper Fforde! ;-)

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • :write


    die geschichte von Anna Karenina in einem Footnoterphone-gespräch :lache


    die 7 Mio gäste, die alle einen tisch in der ersten reihe hatten :wow


    und wer ermordete jetzt eigentlich Godot? :gruebel


    Jasper Fforde ist genial :anbet


    weiterlesen in Something Rotten ist fast pflicht... :wave

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    die geschichte von Anna Karenina in einem Footnoterphone-gespräch :lache


    Ja! :cry Da haben diese russischen Tratschweiber doch die komplette Handlung verraten! *versucht bis zur LR im Mai alles wieder zu vergessen*

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • ich find die gschicht nicht so toll, um das zu tun,
    es geht um ehebruch, eifersucht, heuchelei, verzicht, penetrantes nachrotzen... leute, die nie einen segensvollen schluss-strich unter ihre verfahrenen liebschaften ziehen und zu neuen horizonten aufbrechen können sondern sich sogar dafür zugrunde richten...
    ellenslange Jane Austen ohne happy end kurz gesagt: mehr beziehungsgeflecht als unterhaltung... keinerlei rasante action, sondern dröges langsames, depressives, russisches dahintümpeln...
    keine fantasy, keine drachen, elben, vampire, götter, keine grossen schlachten, kurz *gääähn*


    naja, wer's mag... bevor ich das les, les ich eher nochmal die Dämonen/Böse Geister, das ist stellenweise wenigstens philosophisch und politik-theoretisch interessant...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Für mich ein weiteres Highlight aus der Fforde'schen Feder und ein Muss für alle, die wissen wollen, was wirklich passiert bis eine Geschichte fertig ist!


    Oder denkt wirklich noch jemand all die guten Geschichten denken sich nur Autoren aus? :grin