Lasset die Kinder zu mir kommen [Commissario Brunetti 16] - Donna Leon

  • Noch nicht ins Deutsche übersetzt


    Kurzbeschreibung:
    When Commissario Brunetti is summoned to the hospital bedside of a senior paediatrician whose skull has been fractured in a brutal attack, he is confronted with more questions than answers. Three men have burst into the doctor's apartment in the middle of the night, attacked him and taken away his eighteen-month old son. What can have motivated such a violent assault? As he investigates Brunetti begins to uncover a story of infertility, desperation, and an underworld in which babies can be bought for cash. Meanwhile, Inspector Vianello has uncovered a money-making scam between pharmacists and doctors in the city. But one of the pharmacists is motivated by more than thoughts of gain - the power of knowledge and delusions of moral rectitude can be as destructive and powerful as love of money. And certain information about one's neighbours can lead to all kinds of corruption and all sorts of pain...



    Meine Meinung:
    Wieder einmal ist es Donna Leon gelungen, einen weitgehend unblutigen, aber dennoch fesselnden Krimi rund um Commissario Brunetti und Venedig zu schreiben. Wie ich schon im Gerade-Lesen-Thread schrieb, beginnt die Geschichte unmittelbar, ohne Einleitung und zwar mit einer Befragung, die offensichtlich zwischen einem Polizisten und einer Zeugin im Polizeipräsidium stattfndet. Offensichtlich deshalb, weil das ganze erste Kapitel nur aus direkter Rede besteht und sich die Identität der Sprecher nur über ihre Aussagen offenbart. Das ist zunächst irritierend, gibt aber ausgesprochen realitätsnah (ich habe selber schon einmal bei der Polizei und vor Gericht als Zeugin ausgesagt) ein Bild einer Befragung ab. Das letzte Kapitel ist in der selben Art geschrieben, diese beiden legen sich sozusagen wie eine Klammer um die Story. Weiter geht es, wieder unglaublich präsent, mit dem, nunja, "Überfall" auf den Kinderarzt. Ich hatte immer das Gefühl, im selben Raum zu sein und in der Ecke als stiller Beobachter an der Szene teilzuhaben. Behutsam entwickelt Donna Leon ein Geschichte, die weniger Kriminalfall und mehr Sittengemälde ist. Wie beiläufig erfahren wir, wie das italienische Gesundheitssystem funktioniert, wie man in Venedig mit der Vogelgrippe umgeht und wohin die mittelalterlichen Pflastersteine verschwunden sind. Dies alles ist aber weder belehrend noch ausschweifend, sondern passt sich hervorrragend in die Geschichte ein, in der es am Ende keinen Toten, aber viel nachzudenken gibt. Donna Leon hat hier mal wieder ein gesellschaftspolitisches heisses Eisen angepackt und auch für Nichtitaliener verständlich beschrieben.
    Besonders gefallen hat mir die sprachliche Qualität dieses Romanes



    Mein Fazit:
    wieder eine sehr solide Handwerksarbeit, flott zu lesen, aber nicht oberflächlich.


    edit: Titel den Forenrichtlinien angepasst
    edit#2: Hinweis auf fehlende Übersetzung ergänzt


    Edit: Deutschen Titel und ISBN eingesetzt, damit die dt. Ausgabe auch im Verzeichnis erscheint. LG JaneDoe

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

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  • Wie jedes mal wenn ein neuer Brunetti erscheint, steh ich ein jahr lang ungeduldig in den startlöchern. Und warum? :wowWegen der TB Ausgabe. :rolleyes


    Ich sah neulich, es hat noch das harte cover, und ist unformatig ich brauch für meine regaloptik unbedingt das kleine englische TB von Arrow, und das erscheint immer erst ein jahr später :fetch
    aber, ich kann mich trösten: Blood From A Stone, das es das letzte mal shoppen als Arrow TB gab subbt noch... :-]

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Aus der Amazon.de-Redaktion
    Gustavo Pedrolli ist glücklich. Sanft liegt der stellvertretende Leiter der Pädiatrie in einem Krankenhaus in Venedig an den Rücken seiner Frau geschmiegt im Bett, etwas entfernt schlummert sein kleiner Sohn. Pedrolli stört es nicht, dass der Junge eigentlich nicht sein leiblicher Sohn ist, dass er ihn illegal gekauft hat von einer Frau, die ihr Kind nicht haben wollte und das Geld brauchte, dass er ihn an den Behörden vorbei „adoptiert“ hat, indem er ihn als seinen eigenen, unehelichen Sohn ausgegeben hat. Aber dann steht plötzlich eine vermummte Spezialeinheit der Polizei in seinem Zimmer und richtet Pedrolli so übel zu, dass er für eine lange Zeit nicht mehr sprechen kann. Und dann wird ihm auch sein geliebter Sohn genommen, unwiederbringlich verschleppt in ein Waisenhaus.


    Woher kommt das Kind? Warum ist die Polizei dermaßen brutal gegen den „dottore“ vorgegangen? Welche Rolle spielt der zwielichtige Apotheker, bei dem die Ermittler verdächtige Akten über seine Kunden finden? Und warum zeigt Pedrollis Frau keinerlei Gefühlsregung, als man sie über „ihr“ Kind und sein Schicksal befragt? In seinem sechzehnten Fall Lasset die Kinder zu mit kommen steht Commissario Brunetti vor allerlei Rätseln, denen er in altbewährter Manier nachzugehen versteht. Dabei versteht es die US-amerikanische und in Venedig lebende Bestseller-Autorin Donna Leon einmal mehr, auch das Privatleben des Commissario Revue passieren zu lassen -- bis hin zum „offenen“, und dennoch runden Ende, das Pedrolli (und Brunetti) einmal mehr verstummen macht.


    Vielleicht ist Lasset die Kinder zu mit kommen Leons bisher routiniertester Roman. Zweifellos hat das Buch einige Längen, die den Leser in Versuchung setzen, die ein oder andere Seite in Erwartung der Lösung des Falls zu überblättern. Und trotzdem ragt Brunettis sechzehnter Fall aus der großen Zahl der Krimineuerscheinungen psychologisch klar heraus. Routiniert erzählt zwar, aber über weite Strecken brillant und spannend. -- Stefan Kellerer, Literaturanzeiger.de


    Ich kann keine sehr objektive Meinung zu dem Buch schreiben, denn ich bin bekennender Leon/Brunetti Fan.


    Dieses Mal gibt es keinen Mord, keine furchtbare Gewalttat sondern es geht "nur" um ein illegal adoptiertes Kind. Ein Kind, das die Mutter nicht haben wollte und verkauft wurde. Dieser Junge wird mitten in der Nacht seinen Adoptiveltern aus den Händen gerissen und der Jugendwohlfahrt übergeben. Bei dieser Carabiniereaktion wird der Vater verletzt und deshalb kommt auch Commissario Brunetti ins Spiel.
    Die Sorge um den Jungen, den verletzten Vater, die distanzierte Mutter beschäftigen Brunetti sehr und deshalb versucht er weiterhin den Fall zu lösen, obwohl sich, so scheint es, keiner mehr um diesen Fall kümmern mag.


    Wann beginnt man Vater zu sein bzw. Vater zu werden? Diese Frage stellt sich Brunetti hier häufiger. Wann wäre es nicht schmerzhaft gewesen seine Kinder zu verlieren? Würde es einen Unterschied machen, wenn er erfahren hätte, dass seine Kinder gar nicht von ihm wären?
    Es ist die Menschlichkeit, die ich an Brunetti mag. Es ist die Normalität, die er versucht aufrecht zu erhalten, in Augenblicken, wo es ihm fast das Herz zerreisst. Die Familie, die manches Mal ein wenig zu schön ist um wahr zu sein. Die Kollegen, die ihn immer wieder überraschen und unterstützen, sind mir auch sehr ans Herz gewachsen.
    Alles in allem finde ich "Lasset die Kinder zu mir kommen" einen ausgesprochen guten Krimi, wenn auch die Lösung leider recht realisitisch ist und mich deshalb traurig gemacht hat.

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  • Ich bin gerade bei der Hälfte dieses neuen Krimis von Donna Leon und mir gefällt er sehr, sehr gut bis jetzt. Das Thema zieht mich auch in den Bann. Vllt. gefällts mir gerade deshalb sehr gut. :gruebel Auf jeden Fall fliegen die Seiten nur so dahin und ich werde das Buch wohl noch morgen beenden könnten.


    Ich muss auch sagen, dass ich Brunetti-Fan bin. :wave

  • So, ich habs gestern noch beendet. Mir hat es sehr, sehr gut gefallen. Es ist flüssig geschrieben und die Thematik finde ich nicht so bei den Haaren hergezogen, wie manch andere Brunetti-Fälle.


    Einen kleinen Kritikpunkt habe ich:


    Ich hab das mal gespoilert, nicht dass ich da zu viel erzähle.


    Von mir gibts 10 Punkte.

  • Hmm....bisher habe ich die Brunetti-Krimis auch alle gelesen, aber da mich die letzten doch eher enttäuschten, wollte ich dieses mal den neuen Fall nicht lesen.


    Aber Ihr scheint ja der Meinung zu sein, dass dieser Roman wieder ein besserer ist.


    Ihr lasst mich grübelnd zurück...WL oder nicht :gruebel?

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Zitat

    Original von Sigrid2110
    Hmm....bisher habe ich die Brunetti-Krimis auch alle gelesen, aber da mich die letzten doch eher enttäuschten, wollte ich dieses mal den neuen Fall nicht lesen.


    Aber Ihr scheint ja der Meinung zu sein, dass dieser Roman wieder ein besserer ist.


    Ihr lasst mich grübelnd zurück...WL oder nicht :gruebel?


    Möchtest Du es als Wanderbuch haben? Vllt. hätten ja auch andere Interesse... :wave

  • Lasset die Kiner zu mir kommen ist das erste Buch von Donna Leon welches ich nicht zu Ende gelesen habe.
    Ihre Protogonisten sind so was von "ausgeluscht", meiner Meinung nach sollte die
    Autorin den Brunetti ruhen lassen und sich einem anderem Projekt widmen.

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Zitat

    Original von fabulanta
    Lasset die Kiner zu mir kommen ist das erste Buch von Donna Leon welches ich nicht zu Ende gelesen habe.
    Ihre Protogonisten sind so was von "ausgeluscht", meiner Meinung nach sollte die
    Autorin den Brunetti ruhen lassen und sich einem anderem Projekt widmen.


    Ich fand da gar nichts "ausgeluscht". Mir sind die Protagonisten schon richtig ans Herz gewachsen und mir gefällt auch, dass sie nicht zu perfekt sind. Die kulinarischen Genüsse der Familie Brunetti mag ich auch gerne, da hole ich mir immer wieder Anregungen.

  • @ Primavera


    Ich finde es toll, dass du eine anderen Meinung hast als ich. Dennoch bin ich der Meinung, dass Leon sich einem anderen Projekt widmen sollte. Mit ausgelutscht meine ich, dass sich ihre Protagonisten so gar nicht weiterentwickeln und auf dem selben Entwicklungsstand stehen wie am Anfang. Ich mag Brunettis Bahäbigkeit und die Fähigkeiten von Signorina Eletra da. Ich habe nur das Gefühl, dass einfach nichts mehr Neues kommt.

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Ich mag die Routine dieser Geschichten auch sehr. Ich liebe es in die Brunetti Familie einzutauchen, ihre Geschichten mitzuerleben, ihre Essgewohnheiten richtig gehend zu schmecken und mir dabei selbst ein Glas Wein einzuschenken.


    Ich bin totaler Leon Fan und habe bereits auf Englisch "The Girl of his Dreams" zu Hause.

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  • Also für mich war wichtigste Erkenntnis bei diesem Buch, dass ich es noch lesen konnte. Das Englisch, obwohl in den letzten JAhren nur selten gebraucht reicht für so einen Krimi. Ansonsten ist es ein netter Krimi, eben so lala, weil Brunetti sich seit gut fünf- sechs Büchern einfach nicht entwickelt, die einzige Entwicklung an Fiburen geschieht bei Vianello oder sogar bei Alvise- aber das reicht mir nicht.

  • Achtung: im Juni gehts weiter...


    Info:


    Ein Mädchen treibt tot im Canal Grande und wird von niemandem vermisst. Brunetti aber geht die Elfjährige bis in die Träume nach. Aus einem venezianischen Palazzo kommt sie nicht, wohl aber aus einer Roma-Wagenburg auf dem Festland...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Fritzi
    Achtung: im Juni gehts weiter...


    Info:


    Ein Mädchen treibt tot im Canal Grande und wird von niemandem vermisst. Brunetti aber geht die Elfjährige bis in die Träume nach. Aus einem venezianischen Palazzo kommt sie nicht, wohl aber aus einer Roma-Wagenburg auf dem Festland...


    Ah super. Ich freu mich schon...

  • Ich darf mich auch als bedingungsloser Brunetti-Fan outen und bin ein wenig überrascht, wie wenig Reaktionen es bislang zu diesem Buch gibt. Für mich ist ein neuer Brunetti-Krimi (ich warte immer aufs TB) immer ein wenig wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten; die Figuren sind mir im Laufe der Jahre richtiggehend ans Herz gewachsen, ich mag die Familienschilderungen, den Charakter des Commissario und natürlich Signora Elettra sehr gerne. "Lasset die Kinder zu mir kommen" habe ich soeben beendet und bin wieder einmal überrascht, wie schnell die Seiten dahingeflogen sind und wie sehr ich das Lesen genossen habe. Auch wenn es sich nicht um einen typischen Krimi handelt, hat mir das Buch ausnehmend gut gefallen; ich finde Leons Schreibstil toll und die Art und Weise, wie sie Gesellschaftskritik übt und den Leser zum Nachdenken anregt. Selbst daß mir bereits frühzeitig klar war, wer den anonymen Anrufer bei den Carabinieri "beauftragt" hat, störte mich nicht sonderlich. Solange Leon weitere Brunetti-Bücher schreibt, solange werde ich diese wohl auch mit Genuß lesen, auch wenn immer wieder Kritik laut wird, der Zenit sei überschritten.