Revolution I
Inhalt:
1769-1794
Scarrow hat sich eine Menge vorgenommen, nichts weniger als die Lebensgeschichten der beiden großen Kontrahenten zu erzählen, Arthur Wellesley, First Duke of Wellington und Napoleon Bonaparte, erster Kaiser der Franzosen. "Young Bloods" ist der erste Band und erzählt ihre Jugend und ihre ersten militärischen Erfahrungen.
Arthur, der offensichtlich nichts wirklich kann außer Violine spielen, wird als Notlösung zur Armee geschickt. Nach einem Umweg über die Politik erkennt er, daß er offenbar doch etwas kann, er ist der geborene Soldat. Gut für England, denn es wird seinesgleichen brauchen.
Napoleon ist das genaue Gegenteil, denn bei ihm erkennt man schon als Kleinkind, daß er zu Großem bestimmt ist. Doch ist auch sein Weg steinig, denn als Korse wird er auf den französischen Schulen verachtet und sein großer Traum von Freiheit für Korsika wird ihm beinahe das Genick brechen. Doch auch Frankreich, inmitten des Sturms der Revolution braucht Männer wie ihn.
Autor:
Simon Scarrow, der schon früh mit dem Schreiben begonnen hat, war zuerst Lehrer, bis er diesen Beruf 2005 wegen seiner immer erfolgreicheren Schriftstellerkarriere aufgeben mußte. Bekannt ist er für die bislang 7-bändige Eagle-Serie über zwei römische Offiziere während und nach der römischen Invasion Britanniens. Band 8 ist in Vorbereitung und glücklicherweise ist kein Ende in Sicht.
Seine Vorbilder sind unverkennbar u.a. C.S. Forester und Bernard Cornwell. So war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis er der Versuchung nicht mehr widerstehen konnte, seinen Römern kurzfristig untreu zu werden und sich selbst an einem Roman aus der Napoleonischen Zeit zu versuchen.
Wie erwähnt erinnert mich sein Vespasian immer mehr an Cornwells Version von Wellington, somit kam die Nachricht über "Young bloods" nicht unerwartet, aber mit umso größerer Vorfreude.
Scarrow ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Sein Bruder Alex Scarrow ist ebenfalls Schriftsteller und schreibt vor allem Thriller.
Diese Seite ist ihnen beiden und ihren Werken gewidmet und dient als Quelle für o.s. Informationen.
Meinung:
Als ich von diesem Buch gehört habe, hatte ich meine Bedenken. Ich kenne und schätze Scarrow sehr von seiner römischen Serie, doch sind diese, bei aller Wertschätzung, in erster Linie historisch basierte Abenteuerromane. Kann er auch einen großen historischen Roman schreiben? Er kann!
Außerdem habe ich mich gefragt, ob dieses parallele Erzählen funktionieren kann und ob es nicht besser gewesen wäre, sich auf einen der beiden zu beschränken, idealerweise natürlich Wellington, der mich ungeheuer fasziniert und mit dessen Leben ich mich bereits beschäftigt habe, während mich weder Napoleons Leben, noch die Französische Revolution an sich je sonderlich interessiert haben. Es funktioniert!
Und es ist ein ausgesprochen faszinierender Zugang zu ihrer beider Leben und Persönlichkeiten, da der Unterschied zwischen ihnen nicht größer sein könnte. Wer den kleinen Napoleon trifft, hat keinen Zweifel daran, daß dieser eines Tages seinen Weg gehen wird, wenn man anfangs auch eher erwarten würde (hätte man den Namen noch nie gehört!) ihn als korsischen Freiheitskämpfer GEGEN Frankreich wiederzutreffen. Arthur hingegen, ein schwächliches Kind, in jeder Hinsicht hinter seinen Brüdern zurückstehend, kann bestenfalls hoffen, ein recht guter Musiker zu werden.
Und doch weiß man, in erster Linie bei Napoleon, was aus ihnen geworden ist, historische Giganten, dazu bestimmt, sich eines Tages auf einem Schlachtfeld in Belgien gegenüberzustehen und ihren jeweiligen Heimatländern und Europa ihren Stempel aufzudrücken. Den Weg dorthin, die erste Etappe, schildert Scarrow und zeigt diese beiden grundverschiedenen Männer in ihren Eigenheiten und den Umständen ihrer Herkunft und Jugend, die prägend sein werden.
Bei Arthur ist es das Leben als jüngerer Sohn einer verschuldeten Adelsfamilie, der gegen seine eigenen scheinbaren Unzulänglichkeiten kämpfen muß und der am Ende aus der Not, der Armee, eine Tugend macht.
Bei Napoleon, der schon früh lernt, die Ungerechtigkeit zu verurteilen, die einen Mann aus dem Volk hinter einem weit weniger begabten Adeligen zurückstehen läßt, ist es der Ausbruch der Französischen Revolution. Diese wird von Scarrow sehr interessant und nachvollziehbar geschildert. Man versteht den Volkszorn, ist aber erschüttert über die Vehemenz, mit der dieser schließlich mit fatalen Folgen ausbricht.
Parallelen gibt es allerdings auch, beide sind sie nachgeborene Söhne und beide verlieren den Vater früh. Doch auch hier endet es vorerst, denn während Joseph unter der Fuchtel seines kleinen Bruders steht, wird Arthur von Richard herumkommandiert.
Auch die ersten militärischen Schritte zeigen schön, daß man sich eigentlich ein anderes Waterloo hätte erwarten müssen, bzw. gar keines. Denn während Napoleon erfolgreich eine Schneeballschlacht in der Schule kommandiert, lernt Arthur erst mal, daß seine Spielzeugsoldaten vor Beschuß durch die Nanny sicher sind, wenn er sie hinter Hügeln versteckt ...
Ein Höhepunkt ist die fiktive Begegnung der beiden in Angers, wo man sich darüber amüsieren kann, daß Napoleon, nach einem heftigen politischen Disput, dem eigenartigen jungen "Iren" den Rat gibt, doch lieber der Musik treu zu bleiben. Ob er sich daran erinnern wird?
Ich weiß zu wenig über Napoleons Leben und den Ausbruch der Französischen Revolution um hier ein historisches Urteil abgeben zu können. Doch Wellingtons Jugend erkenne ich wieder. Kunststück, denn Scarrow und ich haben die gleiche Quelle, die zweibändige Biographie von Elizabeth Longford. Aber, ich denke, da dieser Teil stimmt, kann man Scarrow auch bei Napoleon weitgehend vertrauen. Sehr lobenswert ist, daß er komplett ohne fiktive Nebenfiguren auskommt, was dieses Buch in jeder Hinsicht zu einem perfekten historischen Roman macht, einem großen historischen Roman, wie ich diese Art nenne.
Tatsächlich ist der einzige Kritikpunkt, daß Napoleon und Arthur als Kinder wenig kindlich klingen, eher wie kleine Erwachsene. Alles andere an diesem Buch hat mich entzückt und ich kann es kaum erwarten, ihrer beider Lebensweg in "Generals" weiterzuverfolgen. Nicht zuletzt, das muß ich gestehen, weil "mein" Arthur dann endlich zeigen wird, daß er alles andere als durchschnittlich ist. Doch gerade weil ich mich dagegen bislang gewehrt habe, bin ich auch sehr gespannt darauf, nun doch mehr über Napoleons Leben zu erfahren. Scarrow hat damit ein kleines Wunder vollbracht. Und ein großartiges Buch verfaßt. Spätestens jetzt ist er aus dem Schatten seiner literarischen Vorbilder hervorgetreten.
PS: Für historisch interessierte, hier findet sich eine Kurzbiographie Wellingtons, wirklich exzellent geschrieben, wie ich finde. *
Außerdem wird sich auf diesem Forum in Kürze eine gleichlautende Rezension, vielleicht ein bißchen abgewandelt, wiederfinden. Dies nur falls Fragen der Urheberschaft auftreten.
Informationen über Napoleon und die Französische Revolution sollten sich nicht schwer finden lassen.
*triere ist eines meiner vielen alter egos
Edit: Link aktualisiert.
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