'Die Goldhändlerin' - Seiten 149 - 304

  • Supi Iris, dann sag mir gleich Bescheid, vielleicht komme ich (wenn das Wetter schlecht bleiben sollte), mal für einen Tag nach München gefahren, dann könnten wir uns vielleicht zu viert treffen, was meint ihr, Sysai und Gheron?? Zumindest ins Auge fassen könnten wir es mal :-)

  • Ich bin leider noch nicht so weit, wie wohl einige andere hier. Aber ich komme im Moment wirklich kaum zum lesen. Und das, wo das Buch doch so gut ist... :cry


    Ich bin gerade erst an der Stelle, wo Lea zu Roland reist, also noch nicht wirklich weit, und bin schon sooo gespannt, wie es weiter geht. Wenn ich Glück habe, dann komme ich heute abend ein wenig zum Lesen... *Daumen drück*

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Tanzmaus, Alice, Wolke, Iris und Morgana,


    bevor es Richtung Arbeit geht, will ich noch rasch meinen Kommentar abgeben.


    Alice, du wirst hier weder gesteinigt, noch sonst was. Solche Diskussionen sind wichtig, denn man will ja hören, wie ein Roman bei den LeserInnen ankommt.


    Juden waren Menschen wie alle anderen auch, sie besaßen ihre guten Seiten und ihre Fehler. Untereinander haben sie sich ganz normal betragen, und mancher reiche und in sicheren Verhältnissen lebene Jude trat auch nach außen hin durchaus selbstbewusst auf. Es ist jedoch etwas anderes, unter dem Schutz einer Eskorte seines Landesherrn zu reisen und bei dessen Freunden und Verbündeten übernachten zu können, als wie Leas Vater und später sie selbst auf eigene Faust durch die Lande streifen zu müssen.
    Es gab durchaus Zeiten, in denen ein Jude sogar halbwegs sicher reisen konnte, doch lag hier der angebliche Mord der Juden an Simon von Trient noch nicht weit zurück und die Stimmung im Volk war entsprechend aufgeputscht. Da brauchte es nur ein paar Worte, um die Lunte in Brand zu setzen.
    Wir sind allerdings nicht der Ansicht, die Juden nur als Gutmenschen gezeichnet zu haben. Leas Onkel Esra ben Nachum ist gewiss kein Heiliger ebenso wenig Ruben ben Makkabi, und was Saul anbetrifft, ist der ein richtiger Schurke. Vergessen sollte man auch Medardus Holzinger nicht, der wie viele Nachkommen konvertierter Juden zu einem großen Judenhasser wurde, um den "Schandfleck" seiner Abstammung vergessen zu machen.


    Zu Leas Verkleidung hat Iris schon ein paar recht gute Worte gesagt. Viele junge Männer in Leas Alter sehen nicht gerade männlich aus und können durchaus mit nicht allzu weiblich gestalteten Mädchen verwechselt werden, wenn sie die entsprechenden Kleider tragen, ebenso umgekehrt. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal gibt es bei entsprechender Kleidung nicht. Mit zunehmenden Alter hätte Lea wahrscheinlich jedoch mehr Probleme bekommen. Ich will nur erwähnen, dass Ruben ben Makkabis Freunde bereits gewisse Zweifel an ihrem "Mannsein" zeigten, wenn sie auch einer falschen Spur nachliefen.
    Was den männlichen Adamsapfel angeht, so ist der nicht bei allen Männern zu sehen. Ich z.B. habe ihn nicht und ich kenne auch andere Männer, bei denen er nicht sichtbar ist.
    Zu den Händen hat Iris ebenfalls ein wahres Wort gesprochen. Manche Frau hat wuchtigere Hände als ein Mann, der körperlich nicht schwer arbeiten muss.


    Ich möchte hier auch noch einmal ein Beispiel aus der Geschichte bringen. Die beiden Piratinnen Anne Bonney und Mary Read wurden mit ihren männlichen Kumpanen gefangen genommen, eingesperrt und von einem Gericht zum Tode verurteilt. Erst als sie ihre Jacken und Blusen öffneten, glaubte man ihnen, dass sie Frauen sind.

    Iris und Wolke, wäre schön, wenn es klappen würde. Wolke, du kannst aber auch so auf deiner Reise von oder nach Kärnten mal vorbei schneien. Ruf ein paar Tage vorher an. Ich schicke dir die Nummer als persönliche Nachricht. Sollte ich es vergessen, mein Gedächtnis gleicht nämlich einem Schweizer Käse, mahne mich an.


    Soweit für heute,


    Liebe Grüße an Alle
    Sysai und Gheron

  • Danke für eure Antworten und Reaktionen.


    Nachdem ich viel kritisiert habe, muss ich jetzt auch ein wenig loben ;)


    Lea wird mir zunehmend sympathischer. Sie hat in diesem Abschnitt Charakter und Leben bekommen. Sie zeigt Stärken und Schwächen, sie entwickelt sich: genau das, was ich bei Romanhelden schätze.


    Dafür habe ich jetzt einen anderen, den ich nun wirklich verabscheue: Orlando. So ein impertinenter Macho, der sich mit der armen Lea einen rüden Spaß nach dem anderen leistet. Er treibt Spielchen mit Lea, die eine Frau einem Mann niemals verzeihen kann. Ich jedenfalls nicht.... Ist der Mann sexuell gestört? Oder warum kann er kaum einen Satz ohne einschlägige Anspielung über die Lippen bringen? Leider verrät der Klappentext, dass sich Lea in ihn verliebt. Dabei würde ich sehr hoffen, dass Lea sich was Besseres findet und den Typen zum Teufel jagt. Natürlich nicht, ohne ihm vorher einen Tritt dorthin zu versetzen, wo es Männern am meisten weh tut :]

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Hallo Alice,


    da wir Kritik eigentlich immer ernst nehmen und auf ihren Gehalt abklopfen, haben Iny und ich uns noch einmal mit der von dir genannten Problematik des Rollentausches auseinander gesetzt. Dabei sind wir drauf gekommen, dass die Beispiele, die wir aus unseren Unterlagen gezogen haben, entweder bei der Seefahrt oder beim Militär zu finden sind, sprich in einer stark von Männern geprägten Umwelt. Du wirst uns sicher zustimmen, dass es burschikose Mädchen und Frauen gibt, die von ihrem Auftreten her um einiges "männlicher" wirken können als ein sensibles Bürschchen, das in einer solchen Umgebung auch meist zur Spottfigur wird.


    Fakt ist, dass es etliche Frauen gab, die sich eine gewisse Zeit, teilweise sogar mehr als ein Jahr, in männlicher Umgebung als "Mann" ausgeben konnten, ohne dass sie aufgefallen wären. Einer der Hauptgründe, warum sie nicht als Frauen erkannt wurden, dürftegewesen sein, dass keiner der Kerle damit rechnete, dass sein "Kamerad" ein weibliches Wesen sein könnte.


    Wir haben jetzt mal überlegt, wie lange sich eine solche als Mann verkleidete Frau ihre Tarnung in weiblicher Gesellschaft aufrecht erhalten hätte können, und kamen zu dem Schluss, wohl nicht sehr lange. Frauen sind nun einmal die besseren Beobachter, was andere Menschen angeht. Das ist wohl noch ein Erbe aus der Zeit des Urmenschen, als Frauen ihre Arbeit unter der Pflege sozialer Kontakte nachgingen, während die Männer auf der Suche nach Aas und Jagdwild ihre Aufmerksamkeit eher nach außen richteten.


    In der Hinsicht ist es nur natürlich, dass du hier Zweifel geäußerst hast.


    Lea bewegte sich als Samuel jedoch mehr in einer männlich geprägten Umwelt und kam mit anderen Frauen nur wenig in Kontakt. Selbst Hannah durfte sich ihr nur in dienender Position nähern und hatte kaum Gelegenheit, sich näher mit ihr zu befassen.


    Es freut uns, dass Leas Entwicklung dir zusagt. Orlando spielt ihr aus einem gewissen Übrermut einige nicht besonders feine Scherze, doch wir können dir versprechen, dass er noch entsprechend auf die Schnauze fallen wird.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Hallo Gheron,
    Kompliment und herzlichen Dank, dass du dich mit allen Stellungnahmen so ernsthaft und ausführlich auseinandersetzt. Danke. :-)

    Und ich muss auch sagen, dass ich selten ein Buch derartig aufmerksam und "mitdenkend" gelesen habe wie das eure. Ich finde es toll, auf diese Art ein Buch lesen und darüber diskutieren zu können.


    Und noch einmal: der Roman gefällt mir sehr, aber ich genieße es auch, kritische Fragen stellen zu dürfen und die auch beantwortet zu bekommen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Hallo Alice,


    genau das wollen wir. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Text, auch durchaus unbequeme Fragen und eine ehrliche Meinung. Wir haben unser Bild von unseren Romanen, doch das ist nun einmal recht einseitig. Nur der Kontakt mit Lesern und hier vor allem mit den Teilnehmern an einer Leserunde bringt uns auch weitere Facetten nahe.
    Es ist für uns recht interessant, Fragen gestellt zu bekommen, darüber nachzudenken und zu diskutieren. Es schärft den Geist, und das ist für jemand, der schreibt, sehr wichtig. Wir wollen ja nicht nur angelerntes Wissen nach außen tragen, sondern auch nachforschen, woher es kommt.


    Außerden wollen wir wissen, wie die von uns gestalteten Charaktere bei den LeserInnen ankommen. Dies ist wichtig, um bei späteren Romanen entscheiden zu können, ob wir sie nicht einen Tick anders aufbauen sollen.


    Nicht zuletzt interessiert und auch, ob wir unserem Ziel, möglichst unterschiedliche, aber gut lesbare und spannende Romane zu schreiben, auch erreichen können. Ohne Eure Reaktionen kann uns das nicht gelingen.


    Außerdem macht es Spaß, mit euch per Posting zu "reden".


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Hallo Gheron,


    was mich jetzt mal interessieren würde ist, wie Ihr denn an Feedback zu Euren Büchern, Charakteren, etc. kommt, wenn nicht über irgendwelche Foren? Es muss doch für einen Autoren eigentlich recht schwierig sein mit vielen unterschiedlichen Personen über seine Bücher zu sprechen, oder? Holt Ihr Euch Euer Feedback dann aus dem Bekanntenkreis oder von evtl. Lesungen?


    Macht ihr eigentlich auch Lesungen? Wenn ja, wo kann man evtl. Termine dazu finden?


    *Morgana überlegt gerade, ob es eine Homepage von Euch gibt und sie die nur nicht gefunden hat* :gruebel

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Morgana,


    als Feedback haben wir uns selbst, sowie unsere Agenturbetreuerin, aber danach hört es schon auf. Aus diesem Grund freuen wir uns ja über eine solche Leserunde wie hier und auch über durchaus kritische Fragen.
    Auf diese Weise können wir erfahren, wie die Romane bei den LeserInnen ankommen und was wir gegebenfalls bei unseren nächsten Romanen besser machen könnten.


    Lesungen halten wir derzeit keine ab. Wir müssten uns selbst darum bemühen und dazu fehlt uns ehrlich gesagt die Zeit.


    Wir besitzen auch keine Home-Page. Wir wissen, dass dies bei vielen Autoren üblich ist, aber auch hier kommt wieder der Verweis auf die Zeit. Wer sollte sie pflegen? Eine Nullachtfuchzehn-Home-Page wollen wir nicht und eine aufwändiger gestaltete kostet Arbeit, die wir derzeit noch lieber in unsere Romane stecken.


    Liebe Grüße
    Sysai und Gheron :wave

  • Hallo Gheron,


    na ich bin sicher, dass hier noch einige Interesse an weiteren Leserunden zu Euren Büchern haben... Also können wir so etwas gerne mal wiederholen... ;-)


    Das ihr keine Lesungen macht finde ich sehr schade. Ich bin seit meiner zweiten Lesung mit Rebecca Gablé auf den Geschmack gekommen und finde das einfach nur schön... Falls ihr sowas mal macht, dann hoffe ich, dass das auch mal in Köln und Umgebung stattfindet. Ich bin dann ganz sicher dabei... ;-) :hop


    Schade finde ich auch, dass ihr keine Homepage habt, wo man mal ein wenig schnuppern kann, Informationen zu Euch erhält und vielleicht sieht, welches Projekt demnächst in Planung ist. Aber ich verstehe Deine Argumente natürlich. So etwas aktuell zu halten erfordert wirklich viel Arbeit und das professionell machen zu lassen, ist wirklich sehr teuer... :-(

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Morgana,


    so lange sind wir noch nicht im Geschäft, als dass man sich um uns für Lesungen reißen würde. Wir müssten etliches an Zeit hinein stecken, um Plätze zu finden, an denen wir lesen könnten, und genau diese Zeit haben wir nicht. Außerdem sind wir ganz normale Angestellte und können über unsere Tage nicht so frei verfügen, wie es für Lesereisen nötig wäre.


    Sollten wir trotzdem einmal die Gelegenheit finden, in der Nähe von Köln zu lesen, melden wir uns auf jedem Fall.
    Bisher lesen wir nur auf Veranstaltungen wie letztens bei der BLC oder bei der Lesenacht beim quo vadis-Jahrestreffen, und wahrscheinlich irgendwann im kommenden November in Lindau.


    Wir bedauern derzeit noch nicht, keine Home-Page zu haben. Die Zeit, sie zu pflegen, haben wir einfach nicht. Ich komme ja nicht einmal dazu, so im Internet zu surfen, wie ich es gerne tun würde.
    Wer ein wenig über uns erfahren will, findet sowohl bei Isoldes romantischen Bücherforum, wie auch beim Literaturschockforum je ein kleines Interview mit uns.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Zitat

    Original von Gheron
    so lange sind wir noch nicht im Geschäft, als dass man sich um uns für Lesungen reißen würde.


    Na, dass kommt noch... Da bin ich mir 100 % sicher... ;-)


    Zitat

    Sollten wir trotzdem einmal die Gelegenheit finden, in der Nähe von Köln zu lesen, melden wir uns auf jedem Fall.


    Das wäre wirklich schön.... :]

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Lieber Gheron,


    ich finde Eure Überlegungen zu einer Homepage Klasse, denn was nützt Euch eine schlecht gestaltete? Die schadet eher - und bei Euren Ansprüchen an Eure Bücher und Eurer beruflichen Herkunft, kann ich mir vorstellen, dass eine HP von Euch sehr aufwändig zu pflegen wäre.


    So freue ich mich immer einfach auf Dich oder Sysai zu treffen, wenn ihr in den bekannten Bücherforen mitdiskutiert - und so nicht immer nur Dinge von Euch geben könnt, die auf einer eigenen HP wieder ganz anders ausgedrückt werden müssten. So erleben wir Euch irgendwie privater - und das finde ich ganz Klasse.

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

  • Hallo Morgana,


    ich weiß nicht, ob wir in unserer jetzigen Situation so glücklich mit Lesungen wären, denn die Zeit, die wir für die entsprechenden Fahrten aufwenden müssten, ginge uns vom Schreiben ab.
    Wir geben zu, wir sind hier etwas fanatisch und hassen alles, was uns irgendwie am Schreiben hindert. Derzeit ist bei uns zum Glück noch ein enormer Druck im Kessel, der uns an die Schreibcomputer treibt, und so schöne Leserunden wie diese hier heizen den Kessel noch mehr an.


    Wir wissen natürlich nicht, was die Zukunft bringt, und vor allem, was der Verlag will. Wenn uns der mal zu Lesungen drängen sollte, werden wir uns nur schwer dagegen sträuben können. Aber derzeit soll er erst einmal seine Stars an die Front werfen. Wir schreiben lieber. :write



    Hallo bienchen,


    du drückst genau das aus, was wir denken. Keine Homepage ist tausendmal besser als eine Schlechte. Wir sehen uns manchmal die Homepages anderer Autoren an und sagen uns dann: "Toll, so was hätten wir auch gerne." Aber wenn wir dann unsere Möglichkeiten abklopfen und die Zeit bedenken, die uns so ein Ding kosten würde, schütteln wir die Köpfe. :wow


    Außerdem könnten wir in einer solchen Homepage niemals so aus heraus gehen wie bei einem Leseforum wie der Büchereule. Hier sind wir Gleiche unter Gleichen und müssen nichts darstellen. Bei einer Homepage müssten wir in Wettstreit mit erfahrenen FüchsInnen treten, um uns nicht zu blamieren.


    Wenn wir irgendwann einmal in Rente sind und genug Zeit haben, können wir es uns ja noch einmal überlegen. Doch jetzt ist das Schreiben wichtiger als alles darum herum.


    Liebe Grüße
    Sysai und Gheron :knuddel1

  • Zitat

    Original von Alice


    Dafür habe ich jetzt einen anderen, den ich nun wirklich verabscheue: Orlando. So ein impertinenter Macho, der sich mit der armen Lea einen rüden Spaß nach dem anderen leistet. Er treibt Spielchen mit Lea, die eine Frau einem Mann niemals verzeihen kann. Ich jedenfalls nicht....


    Hallo Alice,


    mir geht es wie dir: Ich mag Roland auch nicht und zwar aus denselben Gründen wie du. Er hilft Lea zwar in geschäftichen Dingen und ermuntert sie auch, sich weiterzubilden, um weltgewandter zu werden. Aber gerade in der Wirtshaus-Szene erweist er sich als ziemlicher Schweinehund. Er rettet ihr das Leben, das darf man nicht außer Acht lassen, doch hat man als Leser den Eindruck, dass es ihm geradezu Spaß macht, Lea zu demütigen und dass er dies nicht nur aus Not tut, um die bluntrünstige Meute zufrieden zu stellen, sondern persönlich sein Vergnügen daran hat.
    Ich wundere mich eigentlich, dass Lea sich immer wieder sich darauf einlässt, mit ihm zusammen zu treffen, obwohl sie ihn nicht ausstehen kann und sich ja auch geschäftlich von ihm öfters überrumpelt fühlt.


    Ciao, Hundefreund

  • Schön, dass du das auch so siehst, Hundefreund :)


    Orlando kam mir immer vor, alles mache er so vieles nur "um des Effektes" willen. Als ob er sich selber oder einem imaginären Publikum etwas beweisen müsse: wie toll er doch sei, wie überlegen, wie weltgewandt. Der Gute wäre heutzutage eine Frundgrube für jeden Psychoanalytiker :grin

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Zitat

    Original von Gheron


    Man sollte Leas Geschwister bei allem Ärger über ihr Verhalten nicht die alleinige Schuld geben. Sie waren noch Kinder, als ihr Vater ungebracht worden ist und fanden sich mit den veränderten Verhältnissen nicht mehr zurecht.


    Das sehe ich im gewissen Sinne auch so. Ich mag die beiden nicht, sie sind mir zu zickig und verwöhnt. Aber als Mensch des 20./21. Jh. sehe ich gerade Eliesers Situation aus einem anderen Blickwinkel als es zur damaligen Zeit üblich war:


    a) Er wird nicht ein einziges Mal gefragt, ob er sich für geschäftliche Belange interessiert. man setzt einfach voraus, dass er in die Fußstapfen seines Vaters treten wird - wohl gemerkt, irgendwann mal, ein konkreter Zeitpunkt wird immer wieder verschoben. Vielleicht liegen Eliesers Begabungen und Neigungen auf einem ganz anderem Gebiet? Wenn man ihn da unterstützt und gefördert oder ermuntert hätte, wäre aus ihm vielleicht ein fleißiger und ehrgeiziger Mann geworden anstatt ein Nichtsnutz. Wie gesagt, so sehe ich es in unserer Zeit, wo freie Berufswahl/Entfaltung einen anderen Stellenwert haben als früher.


    b) Elieser war lange krank. Wenn er dann wieder geheilt ist, muss er natürlich auch eine psychologische Hürde überwinden, um sich selbst klarzumachen, dass er seine Gliemaßen wieder bewegen kann, und um sich zu trauen, dies auch ohne Angst und übergroße Vorsicht zu tun. Ich bin also nicht unbedingt überzeugt davon, dass er Lea gegenüber ausschließlich eine Show als kranker Mann abzieht, sondern dass da viel aus früheren Erfahrungen mit eine Rolle spielt.


    Rachel zieht sich Leas Zorn zu, als sie ihr unterstellt, sich das Szepter doch ohnehin nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Doch so toll Lea das alles meistert und so sehr man ihre Tatkraft bewundern kann: Was wäre, wenn Elieser tatsächlich die Dinge selbst übernehmen würde? Würde Lea sich damit zufrieden geben, künftig die brave Hausfrau zu spielen und die Finger vom Geschäft zu lassen? Rachels Unterstellung kommt mir als Leser gar nicht so ungerechtfertigt vor.


    Ciao, Hundefreund

  • Hallo Hundefreund,


    du schneidest hier ein sehr interessantes Thema an. Uns lag nämlich nie daran, Lea als superperfekt und alleskönnend zu zeigen, sondern als einen Menschen mit eigenen Schwächen und Fehlern.


    Sie hätte Elieser sicher als Familienoberhaupt anerkannt und ihm die Geschäfte überlassen, wenn er von Anfang an mit ihr zusammen arbeiten hätte können. So aber war er schwer verletzt und durch die Ereignisse in Sarningen traumatisiert. Während Lea den Markgrafen kennen gelernt und ihn und seine Gier zu fürchten gelernt hatte, ist Hartenburg für Elieser, aber auch Rachel, ein scheinbar sicherer Zufluchtsort in einer feindlichen Welt.


    Lea tat alles, um das physische Überleben der Familie zu sichern, doch die Gedanken ihrer Geschwister waren ihr fremd. Sie begriff nicht, dass Elieser weiterhin den Kranken und Schwachen spielte, damit er keine Reisen tun musste, und dass Rachel sich mit aller Gewalt an die Sitten und Gebräuche ihres Volkes klammerte, die Lea in ihren Augen mit Füßen trat. Lea ärgerte sich über Beide, ohne sie jedoch verstehen zu können.


    Die einzige Chance, positiven Einfluß auf Elieser zu nehmen, wäre gewesen, nach dessen halbwegs erfolgter Genesung aus Hartenburg zu verschwinden und sich einer jüdischen Gemeinde in einer der Reichstädte anzuschließen. Dort hätte der Junge männliche Juden vorgefunden, die ihm als Vorbilder hätten dienen können. Lea wollte jedoch nicht als armer Flüchtling dorthin kommen, sondern genug Geld zusammen raffen, um sofort zu den reichen Juden gezählt werden zu können. Sie hätte diesen Plan sicher einmal ausgeführt, aber wahrscheinlich erst etliche Jahre später.


    Ohne männliches Vorbild wuchs Elieser zu einem faulen Burschen heran, der seine Schwestern und die Bediensteten springen ließ und ganz glücklich damit war, Lea die Geschäfte erledigen zu lassen. Was er ihr nicht verzeihen konnte, war, dass sie über seinen Kopf hinweg alles bestimmte. Für sie war er jedoch noch immer der kleine Junge, dem man die Nase putzen musste.


    Jedes der drei Geschwister baute sich auf diese Weise seine eigene Realität auf, der es nachhing. Rachels Vorwurf, Lea würde das Hft nie aus der Hand geben, war gewiss keine Verleumdung, sondern spiegelte die tatsächlichen Verhältnisse im Hause Goldstaub wieder. Lea sah sich als die Einzige, die die Geschäfte ihres Vaters erhalten und weiter ausbauen konnte.


    Was Orlando betrifft, so wollten wir einen Charakter aufbauen, der nicht von Anfang an der edle und selbstlose Freund und Beschützer Leas ist, sondern durchaus Züge aufweist, die nicht immer ganz angenehm sind. Für ihn ist Lea zunächst nur eine verrückte Gör, die unweigerlich auf die Nase fallen muss. Entsprechend hat er sie auch behandelt.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Zitat

    Original von Gheron


    Sie hätte Elieser sicher als Familienoberhaupt anerkannt und ihm die Geschäfte überlassen, wenn er von Anfang an mit ihr zusammen arbeiten hätte können. ...


    Sie hätte diesen Plan sicher einmal ausgeführt, aber wahrscheinlich erst etliche Jahre später.


    Hallo Gheron,


    erst mal danke für deine Erläuterungen. Es ist schon super, wenn man jemanden "an der Quelle" sitzen hat, der einem Motive und Handlungsweisen der Personen näher erläutern kann.


    Ansonsten drückst du teilweise (Zitate oben) genau das aus, was mir als Leser aufgefallen ist: Lea, die Mutige, die auf ihren Reisen ziemlichen Widrigkeiten und Gefahren trotzen kann, streckt überraschend schnell die Waffen, wenn es um familiäre Belange geht: Sie macht sich Gedanken um ihre Geschwister, stellt dann fest, dass dieses nicht geht und jenes nicht möglich ist und lässt es damit gut sein. Mal ist es die Tatsache, dass sie Hartenburg nicht verlassen kann, ein anderes Mal ruft sie gerade dann der Markgraf, wenn sie den ernsthaften Vorsatz fasst, Elieser mit der Materie vertraut zu machen. Es ist dann gerade ungünstig und der Junge wäre mit dem neuen Auftrag als Einstieg überfordert. Und so kommt halt immer was dazwischen. Man hat sich aber Gedanken über die Geschwister gemacht und kann sein Gewissen somit beruhigen.


    Vielleicht habe ich nun ein ganz anderes Lea-Bild als ihr vermitteln wolltet, aber ich finde es gut, dass auch die eigentlich bewundernswerte und mir persönlich sympathische Heldin ihre Ecken und Kanten hat - genau das war ja eure Absicht und ist euch auch gelungen.


    Gruß


    Hundefreund

  • Hallo Hundefreund,


    es liegt nicht in unserer Absicht, den LeserInnen unser Bild von Lea oder unseren anderen Romancharakteren aufzudrängen, denn jeder Mensch nimmt anders wahr. Es ist doch schon so, dass Iny und ich unsere Romanfiguren unterschiedlich sehen. Wir sind teilweise recht verwundert, wenn wir erkennen, was der andere aus dieser Figur gemacht hat.
    Uns ist nur eines wichtig, die Figur muss in sich glaubhaft sein.


    Was Lea betrifft, so handelt sie ihren Geschwistern gegenüber genauso wie gestresste Eltern heutzutage gegenüber ihren Kindern. Sie beruhigt ihr Gewissen mit Geschenken, die sie ihnen gibt, und mit denen sie ihnen ihre Liebe zeigen will. Da sie einen gewissen Reichtum als notwendig erachtet, um Hartenburg verlassen und sich in einer anderen Gegend nierderlassen zu können, glaubt sie auch im Sinne ihrer Geschwister zu handeln, wenn sie darauf hin zu arbeitet. Für Eliesers und Rachels Gefühle hat sie daher kein Verständnis, sondern behandelt sie wie Kinder, die man streicheln muss, wenn sie weinen, die aber den Teller leer zu essen haben, damit sie groß und stark werden.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave