'Die Goldhändlerin' - Seiten 450 - ENDE

  • Lieber Hundefreund,


    dasselbe wie Du es Dich bezgl. Orlando und dessen Bevormundung durch die Eltern fragst, habe ich mich schon oft bezüglich der Frauen gefragt - in egal welcher Zeit.


    Die Antwort, die ich darauf erhalten habe ist immer entweder 'Religion' oder 'Zeit' - Deshalb bin ich gespannt, ob Gheron ggf. eine Variante hat, die es wirklich verständlich werden lässt.


    Nach allem, was ich jedoch bisher über Juden gelesen habe, kann Orlando wirklich nicht anders, als sich gegenüber seinem Vater beugen, wenn er nicht die Familie einbüßen will. Mit der Familie keine Firma usw. .... -


    Liebe Grüße
    Binchen

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

  • Hallo Hundefreund und binchen,


    die Spanienreise mag wirklich ein wenig lang geworden sein, doch wir wollten nicht einfach nur Schnipp machen und Lea und die LeserInnen plötzlich in eine unbekannte Umwelt mit völlig fremden Menschen setzen.


    Außerdem wollten wir zeigen, wie zu jener Zeit eine solche Reise von statten ging.


    Bei Orlando könnte ich mich jetzt auf den Standpunkt stellen, es ist so wie binchen gepostet hat, Orlando musste aufgrund der Zeit und der Kultur, in der dieser Roman spielt, seinem Vater ganz einfach gehorchen. Doch so ganz einfach mache ich es mir natürlich nicht, denn schließlich haben Iny und ich uns ja auch etwas dabei gedacht, als wir den Roman geschrieben haben.


    Wäre Orlando, als er nach Hause kam und von seinem Vater mit der Aufforderung zur Heirat konfrontiert wurde, sich sicher gewesen, dass Lea ihn nimmt, hätte er seinem alten Herrn klipp und klar gesagt, dass es durchaus ein Mädchen gäbe, dass er heiraten würde und zwar sogar eine gläubige Jüdin, womit er seine Mutter voll auf seiner Seite gehabt hätte.


    Doch gerade die Angst, von ihr wegen der üblen Streiche, die er ihr gespielt hatte, abgelehnt zu werden, hat dies verhindert und ihn gelähmt. Wie er die Sache auch immer betrachten mochte, es gab keine zufriedene Lösung für ihn. Fliehen und seine Familie aufgeben, das hätte er nicht übers Herz gebracht. Er sah es als seinen Job an, für die nächste Generation Fischköpfe zu sorgen. Da es seiner Meinung nach mit Lea nicht ging, würde er eines der ihm vorgeschlagenen Mädchen heiraten müssen. Gleichzeitig aber bockte er wie ein kleines Kind und hoffte auf ein Wunder, oder eher gesagt, dass sein alter Herr sich beruhigt und die Sache mit der Heirat erst einmal auf sich beruhen lässt. Es mag im Hinterkopf auch unterbewusst die Hoffnung mitgeschwungen haben, zu einer besseren Zeit noch einmal mit Lea reden und sie von seinen lauteren Absichten überzeugen zu können.


    Auf den Gag mit Kolumbus Geschenk bin ich echt stolz, auch wenn er beinahe der Länge des Romans zum Opfer gefallen wäre.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • so heut morgen zwei Uhr bin ich fertig geworden :grin


    Und ich muß sagen es war ein spannender Roman, so gefesselt hat mich schon lange kein Roman mehr.


    UNd ich finde das Leas Geschwister ihre gerechte Strafe bekommen haben, dafür das sie Lea so verraten haben.
    Das es ein Happy End gab fand ich sehr schön.


    So ich werd die Tage nochmal ausführlicher schreiben, bin grad etwas im Streß.

  • Wollte nur kurz mitteilen, dass ich fertig bin mit Lesen. Bin auch froh darüber, dass es ein Happy End gab, alles andere wäre irgendwie unbefriedigend gewesen.
    Ich werde versuchen meine Gedanken zum letzten Teil bis Sonntag zu sortieren. (Habe im Moment nicht viel Zeit und einfach so was hinschmeissen fände ich unfair)

  • Über den Begriff von Gemütlichkeit werden wir uns glaube ich nicht einigen können ;-) Als sie bei ihrer Reise nach Alicante und San Juan de Bereja die letzte Wegstrecke alleine zurücklegt, kuschelt sie sich abends an ihre Stute, die sich auch schon hingelegt hat. Das schein mir irgendwie nicht glaubhaft. Erstens wird ein Pferd, das alleine in fremder Umgebung ist sich eher nicht sofort hinlegen wie ein Hund. Und ob dann ein Mensch es als Kopfkissen missbrauchen darf ist fraglich ;-) Auch als sie bei Senor Barillo zu Gast ist, macht Lea es sich als sie alleine in ihrem Zimmer ist wieder gemütlich. Das ist zwar wahrscheinlicher, schliesslich ist sie nicht mehr in unmittelbarer Gefahr. Trotzdem kam es mir ein bisschen unpassend vor. (Aber das ist mein persönlicher Eindruck)
    Interssant fand ich die Schilderung vom Stierkampf. Ist der wirklich erst in dieser Zeit entstanden? Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass es den schon "immer" gab...
    Ich muss gestehen, dass ich ein bisschen verwirrt war wegen der Gefangennahme von Orlando. Warum wer ihn nicht freilassen konnte. Und wer wem von seiner Gefangenschaft erzählen wollte um daraus einen Vorteil zu erlangen. Mag aber auch sein, dass ich dies Stellen zu flüchtig gelesen habe, weil ich entlich wissen wollte was nach Leas Heimkehr passiert.
    Schön finde ich auf jeden Fall eure Einstellung die Hauptpersonen " nicht in der Prärie stehen lassen zu wollen". Möchte mich artig dafür bedanken,dass Lea und Orlando zusammengefunden haben. Zwei starke Peersönlichkeiten!!!!



    :wave :wave :wave

  • Hallo Cmoi,


    dieses "gemütlich" scheint wirklich eine Interpretationsfrage zu sein, die durch unterschiedliche Herkunft entstanden ist. Für mich ist es gemütlich, wenn ich die Tür hinter mir schließen und in aller Ruhe meine Gedanken fließen lassen kann. Die Steigerung davon ist behaglich. Aber davon ist bei Lea keine Rede.
    Auf alle Fälle war es interessant, deine Meinung zu hören, sagt sie uns doch, dass man sich als Autor beim schreiben doch immer wieder nachdenken sollte.


    Bei einem Pferd kommt es immer auf seine Dressur an. Wir haben hier auf unseren Reisen die verrücktesten Dinge erlebt. Wir waren selbst zwei Wochen auf einem Reiterhof in Österreich, um zu erfahren, wie es ist, auf einem Pferd zu sitzen und sind später auch in Ungarn und in den Pyrenäen geritten. Jetzt geht es leider wegen Inys Knie- und Hüftproblemen nicht mehr. In Ungarn waren die Gäule teilweise zutraulich wie Hunde. Die Szene mit dem sich hinlegen von Pferd und Reiter haben wir dort mit angesehen und dann aus der Erinnerung heraus verwendet. Allerdings geben wir offen zu, auch ganz andere Zossen gesehen, und teilweise auch auf ihnen gesessen zu haben.


    Stierspiele sind im Mittelmeerraum seit den alten Minoern bekannt und wurden in regionalen Ausprägungen bis in die Neuzeit weitergeführt. Einde dieser Ausprägungen ist der klassische kastilische Stierkampf, bei dem das Tier auf ziemlich hässliche Weise abgemetzgert wird. In Katalonien-Aragón war zu Leas Zeit jedoch eine andere, unblutige Variante vorherrschend, die heute noch in der Provence und dem Langue d'oc in Frankreich ausgeübt wird. Dabei geht es darum, dem Stier Quasten von der Stirn und den Hörnern abzupflücken. Die Chance, dass sich dabei der Stier verletzt, ist fast gleich null. Für die jungen Burschen, die auf seine Quasten aus sind, ist es hingegen weitaus gefährlicher.
    In unserem Roman wurde auf diesen Unterschied zwischen diesen beiden Arten hingewiesen, wobei Raúl de Llorza für den kastilischen Stierkampf steht, während sein Vater diesem völlig verständnislos zusieht, weil für ihn nicht der Tod des Tieres im Vordergrund steht, sondern die Mutprobe für flinke Burschen.


    Ich habe übrigens mal Iny schwer schockiert, als ich in Saintes Maries de la Mer in der Camarque unbedingt zum Stierkampf wollte. Im Gegensatz zu Iny wusste ich aber, dass es sich um die unblutige Version handelte, und setzte mich durch. Iny war danach völlig verdattert, da sie Stierkampf immer mit Blut und Grausamkeit gleichgesetzt hatte. An diesem Nachmittag sah man jedoch grinsende Stiere und humpelnde Akteure.


    Noch ein Wort zu Orlandos Gefangennahme. Der gute Junge hatte bereits etlichen spanischen Juden zur Flucht verholfen, und was noch schlimmer war, dafür gesorgt, dass sie auch noch ihr Vermögen ins Ausland transferieren konnten. Er hatte damit sowohl die Inquisition beraubt, die sich zu einem guten Teil aus beschlagnahmten Vermögen unterhielt, wie auch die spanische Krone, die sich ebenfalls an jüdischen Vermögen schadlos gehalten hatte. Außerdem hat er mit seinen Taten jüdischen Untertanen der spanischen Krone geholfen, sich ihrer gerechten Strafe als jüdische Ketzer zu entziehen.
    In jenen Zeiten wurde man für weit weniger gevierteilt.
    Es war damit für die entsprechenden Herrn ein Triumpf, Orlando in ihre Finger zu bekommen, um ihn aburteilen zu können. Seine Freilassung konnte nur die Königin selbst bewirken, die mit ihrem Gemahl zusammen als einziger Mensch in den Königreichen Kastilien und Aragón über den Gesetzen stand.


    Das Zusammenführen von Lea und Orlando war für uns eine logische Folge. Zwar steht in unseren Romanen nie die Liebesgeschichte im Vordergrund, sondern immer das Schicksal der HauptheldInnen. Doch ein gewisses Happy end gehört einfach dazu, um den Roman abzurunden.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave