Eigentlich wollte ich in dieser Woche auf drei Konzerte gehen, aber alle Beteiligten hatten verpennt, rechtzeitig Karten für die Smashing Pumpkins zu ordern, weshalb dieses dann doch ausverkaufte Konzert für uns ausfiel. Schade. Aber nicht mehr zu ändern. Soll übrigens recht gut gewesen sein. Drei Stunden, alle in hervorragender Spiellaune, guter Sound undsoweiter. Sagte man mir. Gut, ich fand Billy Corgan schon immer irgendwie unsympathisch, deshalb traf mich der Verlust nicht allzu sehr. Aber ein paar Songs von denen sind wirklich richtig gut. Wie auch immer.
Good Charlotte, Bad Charlotte
Ich mag Fun-Punk, Pop-Punk oder wie man das auch immer nennen will - die Palette reicht von The Offspring über Greenday, die beide live gnadenlos gut sind, bis hin zu Combos wie The Ataris, Blink 182 und anderen. Natürlich mag ich auch Die Ärzte, aber das ist ein anderes Thema (Karten für den 30 Mai 2008 (!), Berliner Wuhlheide, sind geordert). Und ich höre hin und wieder ganz gerne Good Charlotte. Nicht oft, aber manchmal - Songs wie "I Just Wanna Live" oder "Lifestyle Of The Rich And Famous" kann man sogar auflegen, wenn man Mucke macht.
Da ich oft und gerne zu Konzerten gehe und die Karten für GC nur 25 Öcken kosteten, was ja heutzutage geradezu nachgeschmissen ist, bin ich am Dienstag in die Columbiahalle gegangen. Zu zwei Dritteln voll, würde ich mal schätzen, hauptsächlich eher kleine Menschen, viele Mädchen in der frühen Postpubertät, einiges an Schwarzgekleideten, aber insgesamt recht entspannt. Diese Entspannung schlug dann irgendwann in Langeweile um. Der Supporting Act, "The Creetings" aus Kiel, ging noch durch, Tendenz kennt man alles schon, braver, wenig origineller Rock, übertriebenes Posing (ich mußte an "Guck mal Mutti, alles meins!" denken, die Aufschrift auf Bela B.s Schlagzeug beim Die Ärzte-Auftritt bei Rock am Ring), etwas flacher Sound, aber okeh. Nicht leise genug, um sich noch unterhalten zu können, aber nicht so laut, daß es wehtat. Inhaltlich meine ich. Konzerte können nämlich eigentlich nie laut genug sein.
Ich hatte Ausschnitte des Good Charlotte-Auftritts bei Rock am Ring gesehen, und schon Böses geahnt. Es wurde dann allerdings noch böser. Miserabler Sound, eine Band, die sich nicht anfühlte, als wäre es eine, ein extrem unsympathischer, gelangweilter (auch ein bißchen häßlicher, oder?) und zu keiner bühnentauglichen Bewegung fähiger Frontmann, der sang, als würde er einen Text diktieren, runtergerotztes Set, eine fade, genaugenommen nicht vom Publikum eingeforderte Zugabe, nach weniger als 80 Minuten war der Spuk vorbei. Als ich irgendwann in einer Pause "Langweilig!" brüllte, nickten alle um mich herumstehenden. Großer Gott, was für eine Scheiße. Ich habe die drei CDs, die ich von GC habe, etwas weiter nach hinten im Regal sortiert. Ein Konzert dieser Herren würde ich nur noch unter Strafandrohung aufsuchen. Auf der nach unten offenen Skala, deren Endpunkt bis dato Todd Rundgren markierte, den ich auf einem unsäglichen Akustik-Konzert gemeinsam mit Joe Jackson erleben durfte, war das dicht an der Nichtmehrmeßbarkeit. Grausig.
OMD
Es gibt drei Sorten von Achtziger-Bands, die noch aktiv sind. Solche, die nie aufgehört und sich weiterentwickelt haben, dazu gehören sicher Die Ärzte und Depeche Mode, aber auch viele andere Combos. Solche, die pausiert haben und es dann mit einem Neustart versuchten, wie etwa Soft Cell. Gut, der Neustart ging eher nach hinten los, das neue Album verkaufte sich nicht und die Konzerte wollte auch irgendwie keiner sehen. Aber versucht haben sie es wenigstens. Und dann die dritte Sorte: Reunion, aber ohne neues Material. Dazu gehört OMD, die nach fast zwanzig Jahren Pause in Originalbesetzung eine Best-Of-Tour veranstalten. "Dies ist kein Art und auch kein Culture, wir maken nur Hits", sagte Andrew McCluskey irgendwann beim gestrigen Auftritt.
Die Zitadelle in Berlin-Spandau (Spandauer würden das ohne "Berlin-" schreiben) ist ein wirklich malerischer Veranstaltungsort. Auf der gewaltigen Innenfläche, zwischen Zitadellenmauern, der Exerzierhalle und dem Juliusturm, fanden sich etwa drei- bis viertausend Leute ein, schlenderten umher, aßen Crêpes und Fischbrötchen, oder die etwas schlammigen Rostbratwürste des polnischen Caterers, der schlicht überfordert war. Sie hörten der Vorgruppe zu, einem Duo, das von weitem etwas peinlich aussah und das Halbplayback mit einem steinalten Casio-Synthie ergänzte. Geschenkt. Gegen halb neun kamen die drei Herren von OMD auf die Bühne, ergänzt durch einen Schlagzeuger; Andrew McCluskey in schwarzen Jeans und weitem, weißen Hemd. Sehr entspannt. So war auch das Publikum, das ein bißchen was von einem Kleingärtnerfest hatte. Altersdurchschnitt knapp über der vierzig, viele Turnschuhe, straßbesetzte Flipflops, ein Mann in einer grünlich schillernden, dreiviertellangen Jogginghose, solche Leute. Niemand darunter, der sich irgendwie aufgetakelt hätte, so gute wie keine Konzert-T-Shirts, dafür reichlich Männer in kurzen Hosen und Frauen mit Strähnchen, im schon etwas gesetzten Sekretärinnenalter.
OMD spielte fast zwei Stunden lang wirklich ausschließlich Hits, von "Electric" bis "Enola Gay", ich glaube, nur "Secrets" fehlte. Exzellenter Sound, was bei hauptsächlich synthetischen Klängen allerdings nicht so wirklich überrascht, ein ausgezeichnet gelaunter Sänger. Ein Arbeitssieg. Aber genau das, was die Leute wollten. Kein selbstdarstellerischer Firlefanz, keine Experimente. Die Stimmung wohlmeinend, aber nicht euphorisch, einfach gutlaunig. Man hatte das Gefühl, die meisten der lächelnd - noch im Dämmerlicht - nach Hause schlendernden würden jetzt noch ein bißchen an der Hecke schnippeln oder Unkraut jäten.
Okay, das war schon ziemlich retro. Muß man auch nicht häufiger haben. Aber es war ein wohltuender Ausgleich zu dem lustlosen Geschraddel am Dienstag, und bei "If You Leave" hatte ich tatsächlich eine Gänsehaut. Weil ich dabei natürlich immer an die Schlußszene von "Pretty In Pink" denken muß, einem der John-Hughes-Filme, die ich in den Achtzigern doch recht häufig gesehen habe.