Traumpfade - Bruce Chatwin

  • SZ Bibliothek Band 37


    Kurzbeschreibung von amazon:


    Der letzte Roman des 1989 mit knapp 50 Jahren verstorbenen Engländers Bruce Chatwin. Darin schildert er eine Reise durch Australien. Er ist auf der Suche nach den Ursprüngen der Bedeutung der "Songlines", den unsichtbaren, labyrinthischen Wegen, auf denen die Ahnen der Aborigines wanderten, und die bis heute nicht überschritten werden dürfen.


    Über den Autor:


    Bruce Chatwin, 1940 in Sheffield geboren, arbeitete als Journalist bei der "Sunday Times", dann als Leiter der Abteilung für Impressionismus bei Sotheby's. Ausgedehnte Reisen seit 1962 führten ihn nach Afghanistan, in die Sowjetunion, nach Osteuropa, Westafrika, Lateinamerika, Australien. Neben Reisebüchern, hat Chatwin Romane und Essays geschrieben. Bruce Chatwin starb 1989 in Nizza.


    Meine Meinung:


    Ein Buch, das ich sicher ohne die Leserunde nicht gelesen hätte. Australien und die Aborigines sind nicht nur mit dem Entfernungsmesser für mich sehr weit weg. Sicherlich ein gutes Buch, eine Abwechslung im meiner bevorzugten Lektüre - was bleibt wird sich zeigen.


    Nach längerem Lesen merkt man, es geht eigentlich gar nicht um Australien und die Aborigines, es geht dem Autor um eine Deutung der Welt und des Verhaltens der Menschen, das er am Beispiel von Menschen, die sich in der heutigen Zeit befinden, aber noch teilweise im Einklang mit sich selbst und der sie umgebenden Natur sind, beschreibt. Dabei vergißt er auch nicht die Schattenseiten zu beschreiben, da wo die innere Harmonie durch die weissen Australier gestört wird, wo Alkoholismus der Aborigines und Unterdrückung durch die weissen Farmer die Regel sind.


    Chatwin stellt die These auf, dem Menschen sei Bewegung, sei Reisen einprogrammiert, nur in Bewegung im Wandern durch die Halbwüste sei der Mensch mit sich im Einklang. Säuglinge beruhigt die Mutter mit auf den Arm nehmen und umherlaufen, Hilsmittel um die Bewegung zu vermitteln ist die Wiege.


    Chatwin berichtet in diesem Zusammenhang auch von Begegnungen mit dem Begründer der Verhaltensforschung Konrad Lorenz und zitiert eine Menge gesammelter Zitat oder Notizen über Gespräche mit anderen Forschern über Urmenschen und deren Verhalten. Er versucht die Entwicklung der Sprache zu deuten und Ursachen für Urängste, Agression und Tötungsverhalten des Menschen im Unterschied zum Tier zu analysieren.


    Sicherlich einige Gedanken, über die das weiterdenken lohnt, also ein Buch desen Lesen ein Gewinn darstellt.

  • Danke beowulf für die nette Rezi.


    Dank der Leserunde habe ich durchgehalten und auch zusätzliche Ansätze zu dem Buch bekommen. Einige werden sicher noch folgen.


    Anfänglich fand ich das Buch ziemlich verwirrend, als dann die eigentliche Reise losging, konnte ich schon eher was mit anfangen. Auf die Notizen am Ende hätte ich gerne verzichtet, dann wäre meine Bewertung sicher besser ausgefallen. Auf jeden Fall habe ich wieder etwas über die Aborigines erfahren und einige Eindrücke bleiben gewiss haften.


    Ich finde allerdings, dass es interessantere und leichter verdauliche Bücher gibt, die sich mit der Problematik der Aborigines auseinandersetzen. Ich vergebe hier nur 5 Punkte.


    Zitat

    Nach längerem Lesen merkt man, es geht eigentlich gar nicht um Australien und die Aborigines, es geht dem Autor um eine Deutung der Welt und des Verhaltens der Menschen, das er am Beispiel von Menschen, die sich in der heutigen Zeit befinden, aber noch teilweise im Einklang mit sich selbst und der sie umgebenden Natur sind, beschreibt.


    Im Deutschunterricht nannte man so etwas Themaverfehlung.

  • Zitat

    Original von Patricia_k34
    Im Deutschunterricht nannte man so etwas Themaverfehlung.


    Genau das Wort liegt mir auch schon die ganze Zeit auf der Zunge. *g* Aber ich bin ja noch nicht ganz fertig. Natürlich ist es auch möglich, dass die Schuld beim Verlag zu suchen ist, der das Buch als etwas vermarktet was es dann nur zum Teil ist. :gruebel

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Mich dünkt das Thema eines Buches sollte immer noch der Autor festlegen- und das Covergestaltung und Autor zwei Paar Stiefel sind ist ja nichts neues. Das Chatwin unter Traumpfaden letztlich mehr als die australischen Songlines versteht und diesen Ansatz globalisieren will und in anderen Entwicklungen und Weltgegenden Parallelen sucht erscheint mir nicht Theam verfehlt, das Buch stellt ja keinen Reisebericht "Australiens Aborigines und ihr absonderliches Verhältnis zu Träumen" dar.

  • Ich glaube nicht, dass Chatwin das Thema verfehlt hat. Der Titel des Buches lautet "Traumpfade" - und bisher habe ich das Gefühl, dass Chatwin in Anlehnung an die Songlines der Aborigines seine eigenen Traumpfade sucht. Es ist eine Suche nach sich selbst.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Ich glaube nicht, dass Chatwin das Thema verfehlt hat. Der Titel des Buches lautet "Traumpfade" - und bisher habe ich das Gefühl, dass Chatwin in Anlehnung an die Songlines der Aborigines seine eigenen Traumpfade sucht. Es ist eine Suche nach sich selbst.


    Auch ein Ansatz, allerdings suggeriert MIR der Klappentext etwas anderes.

  • Deswegen sagte ich ja, die Schuld ist dann wohl beim Verlag zu suchen der falsche Erwartungen geweckt hat. Für mich klang der Rückentext nach einem Reisebericht durch Australien, Begegnungen mit den Eingeborenen und ihrer Kultur und auch wie sie jetzt leben. Das macht im Endeffekt aber nur die Hälfte des Buches aus. Wäre da gleich drauf gestanden, dass es sich hier eigentlich um die persönliche Auseinandersetzung des Herren mit dem Thema Nomadentum handelt (was ich auch interessant finde... erst sagt er, er wollte kein Buch darüber schreiben, weil das ja nicht geht, und dann tippt er halt "nur" die Notizen ab und macht trotzdem irgendwie ein Buch draus. :pille), die zufällig vor der Kulisse Australiens stattfindet, hätte ich mir das Buch schlicht und ergreifend nicht gekauft. Da kann Bruce Chatwin nichts dafür, aber so wie das Buch ist, liegt es mir thematisch einfach nicht.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich habe die ersten 8 Kapitel gelesen und dann das Buch zur Seite gelegt, es liegt mir überhaupt nicht. Ich habe einen Roman über die Aboriginies erwartet, in dem sich eine Geschichte entwickelt, aber nicht dieses Gedankenwirrwarr. Schade.


  • @Geli:
    GENAUSO ging es mir, als ich versuchte, dieses vielgelobte Buch zu lesen.
    2 Chancen hatte es bei mir, manchmal ist es ja auch nicht die richtige
    Zeit für ein bestimmtes Buch...
    Aber für dieses wird es bei mir nie die richtige sein.
    So ein Gehoppe und Hin und Her. Da fährt man ja Wilde Maus beim Lesen.

  • Ich lese dieses Buch im Rahmen der Leserunde bei den Eulen jetzt zum zweiten Mal, allerdings fesselt mich das Buch lange nicht so, wie beim ersten Lesen. Es ist interessant, lesenswert - aber so sehr viel was früher rüberkam, das geht nun irgendwie an mir vorbei.
    Vielleicht gehört Chatwin ja auch zu den Autoren, den man nur in der richtigen Stimmung so richtig geniessen kann.
    Ich hänge in der Leserunde auch ziemlich hinterher.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Dann verfasse ich jetzt auch nochmal meine Abschlussmeinung.


    Man erfährt in diesem Buch einiges interessante und wissenswerte über die Aborigines und ihre Mythen. Die Songlines, die Traumzeit und die Ahnen werden in Geschichten und Anekdoten beschrieben und das Zusammenleben der Eingebohrenen mit den weißen Australieren, was leider meist nicht sehr harmonisch ist. Die Probleme des Alkoholismus werden dabei auch nicht verschleiert.


    Auf der anderen Seite ist das Buch aber auch eine persönliche Reflektion von Chatwin über die Dinge die er bisher auf seinen Reisen über wandernde Volksstämme erfahren hat, und vor allem die Gedanken die er sich dabei notiert hat. Gerade im hinteren Drittel des Buches sind hauptsächlich Abschriften seiner Notizbücher zu finden. Darunter sind zwar einige Anekdoten die sicher helfen das Wesen der Aborigines zu verstehen, aber dazu hätten meiner Ansicht nach wesentlich weniger auch gereicht.


    Kurz und gut: Wer in diesem Buch einen Reisebericht quer durch Australien erwartet, mit vielen Berichten über das Leben der Aborigines, wird vielleicht nicht ganz glücklich damit sein, denn das macht wirklich nur einen Teil des Buches aus, viellmehr ist dem Autor seine Theorie wichtig, dass alle Völker im Grunde Nomaden waren und in ihrem Innersten noch immer sind. Sesshaftigkeit verursacht, seiner Ansicht nach, die meisten Übel der modernen Zivilisation. Man mag darüber denken wie man will, es war definitiv nicht das, was ich mir von dem Buch versprochen hatte.


    Meine Wertung: 7 von 10 Punkten

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich bin froh, dass ich nicht die Einzige bin, die mit diesem Buch nicht viel anfangen konnte. Zu der Zeit, als ich es gelesen habe, interessierte ich mich sehr für die Songlines und die Aborigine-Kultur, aber in dem Buch habe ich das nicht gefunden, ich fand es auch sehr zerrissen. Schade...


    Da mag man über Marlo Morgan und ihren Traumfänger (Eulen-Rezi) denken, was man will, aber bei ihr habe ich darüber sehr viel mehr gelernt, und es war eine viel angenehmere Lektüre.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Ich finde dieses Buch ist interessant und lesenswert, gerade weil es sich um eine Kultur handelt, die weit entfernt von unserer zu sein scheint. Doch Chatwin zeigt mit vielen Parallelen von den Aboriginies zu den Metamorphosen und anderen klassischen Mythen, das wir Menschen im Grunde doch alle gleich sind.
    Die Thematik ist interessant, an der Ausführung haperts allerdings ein wenig: zu Anfang liest sich die Geschichte der Reise flüssig, doch die Notizen in den letzten 5-6 Kapiteln oder so kamen mir wirr und zusammenhangslos vor. Vielleicht hätte Chatwin lieber ein Sachbuch und keinen Roman schreiben sollen...

  • Zitat

    Sicherlich einige Gedanken, über die das weiterdenken lohnt, also ein Buch desen Lesen ein Gewinn darstellt.


    Da schließe ich mich an.


    Das Buch, so zerrissen und sonderbar und vor allem auch abgehackt, es sein mag, es beschäftigt, es regt an und es bringt zum Nachdenken.


    Zeitweise ging es mir enorm auf den Geist, zeitweise kam ich aus dem Kopfnicken nicht mehr heraus.
    Genau das macht für mich ein gutes Buch aus.
    Auch wenn ich oft kurz davor war es entnervt in die Ecke zu werfen, bekommt es viele Sterne, denn es ist faszinierend, es ist anders, es ist mutig!

  • Das Argument gegen die Traumpfade - Chatwin habe hier seiner eigenen Rastlosigkeit ein Denkmal gesetzt - wird durchs häufige Wiederholen nicht besser. Ich kenne Aborigines, die sagen, Chatwin habe sie in wenigen Monaten besser verstanden als praktisch alle, die das Erforschen dieser Kultur zum Lebenswerk gemacht und daraus entsprechend oberschlaue Abhandlungen verfasst haben. Vom Marlo Morgan-Müll und anderem gar nicht zu reden.
    Durch diesen Traumpfade-Tipp bin ich überhaupt erst auf Chatwin gestoßen - um dann herauszufinden, dass ich alles mag, was er geschrieben hat. Sehr zu empfehlen ist zum Beispiel "Was mache ich hier".

  • "Traumpfade" von Bruce Chatwin hat mich, leider, nicht begeistert, vielleicht hatte ich auch falsche Erwartungen gehabt.
    Es gab natürlich interessatne und wissenswerte Aspekte, der Gesamteindruck aber ließ zu wünschen übrig.
    Ein anderes Buch von Chatwin möchte ich auf jeden Fall noch lesen.
    "Traumpfade" war vermutlich nicht das Richtige für mich.

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume