Die fremde Braut - Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland
285 Seiten
Inhalt (Amazon):
"Ist die Türkei reif für die EU? Bei der Diskussion dieser Frage steht meist das türkische Regierungs-, Rechts- und Wirtschaftssystem im Vordergrund: Sind die demokratischen Strukturen in der Türkei gefestigt? Könnte der türkische Staat in die Hände von Islamisten fallen? Wie sieht es mit der Einhaltung der Menschenrechte in türkischen Gefängnissen aus? und so fort. Für die gesellschaftlich-kulturelle Europatauglichkeit der Türkei wird hierzulande häufig auf die positiven Erfahrungen mit den vielen türkischen Einwanderern in Deutschland verwiesen. Doch wie weit sind die bei uns lebenden Türken gesellschaftlich tatsächlich integriert?
Das Buch Die fremde Braut der in Hamburg lebenden türkisch-deutschen Soziologin Necla Kelel zeichnet diesbezüglich ein ausgesprochen düsteres Bild. Jede zweite türkische Ehe in Deutschland, so haben ihre Recherchen ergeben, ist das Ergebnis einer Zwangsverheiratung. Ehefrauen oder -männer für die in Hamburg-Wilhelmsburg oder Berlin-Kreuzberg lebenden jungen Türkinnen und Türken werden demnach von den Eltern aus der Türkei „importiert“. Oder man „exportiert“ die Tochter zum künftigen Ehemann in die Türkei. Jede zweite Ehe in Deutschland aufgewachsener Türken soll so zustande kommen -- mit steigender Tendenz! Wie soll jemand, so hat es Necla Kelek in einem Radio-Interview auf den Punkt gebracht, der nicht mal seinen Lebensgefährten selbst aussuchen darf, diese Gesellschaft demokratisch mitgestalten?
Die Zwangsverheiratung ist dabei nur das Ende eines Martyriums, wie Kelek, die als Zehnjährige 1967 nach Deutschland kam, anschaulich darlegt. Wir sollten, so lautet die Lehre, die aus diesem Buch zu ziehen ist, nicht aus falsch verstandener Toleranz vor den Relikten Menschen verachtender Konventionen mitten in unserer Gesellschaft die Augen verschließen."
"Necla Kelek, Türkin mit deutschem Pass, deckt die Ursachen dieses Skandals auf. Sie ist in die Moscheen gegangen und hat mit den 'Importbräuten' gesprochen, sie forscht den Traditionen nach und zeigt, wie sich die Parallelgesellschaft verfestigt, an der die Integration immer wieder scheitert. Sie erzählt von ihrem Urgroßvater, einem Tscherkessen, der mit dem Verkauf von Sklavinnen an den Harem des Sultans zu Reichtum kam. Ihr Großvater raubte als Partisan seine junge Frau; der Vater kaufte seine Frau für zwei Ochsen und wurde als einer der ersten Türken 'Gastarbeiter' in Deutschland. Und sie erzählt von ihrem eigenen Weg in die Freiheit."
Über die Autorin:
Necla Kelek, wurde 1957 in Istanbul geboren. Im Alter von 10 Jahren kam sie mit Ihren Eltern nach Deutschland. Sie studierte in Deutschland Volkswirtschaft und Soziologie und hat über das Thema "Islam im Alltag" promoviert. Sie forscht seit Jahren zum Thema Parallelgesellschaften. Für ihre Streitschrift gegen den archaischen Sittenkodex der Zwangsheirat und der arrangierten Ehe wurde Necla Kelek mit dem Geschwister-Scholl-Preis 2005 ausgezeichnet.
Meine Meinung:
Ich habe es teilweise als sehr verstörend empfunden dieses Buch zu lesen. Bis dato wusste ich das es Zwangsverheiratungen gibt, aber wie groß das tatsächliche Ausmaß, sogar hier bei uns in Deutschland ist, war mir nicht klar.
gefallen hat mir auch, das die Autorin nicht nur die Problem anprangert, sondern auch versucht Lösungsansätze zu finden.
Überzeugt hat mich das Buch vor allem deswegen, weil die Autorin selbst Türkin ist und somit aus Ihrem eigenen Umfeld und Erfahrungen berichten kann. Sie liefert viele Hintergrundinformation, warum manche Dinge im Islam so sind wie sie sind: z.B. warum tragen Frauen überhaupt ein Kopftuch, oder wie hat sich die Rolle der islamischen Frauen bis heute entwickelt usw. Seitdem fällt es mir leichter verschiedene Verhaltensmuster besser nachzuvollziehen. Das Buch ist sehr verständlich geschrieben. Die Autorin erzählt von ihrer eigenen Familiengeschichte. Wie sie mit Ihren Eltern nach Deutschland kam, und wie sich diese hier mehr und mehr verändert haben. Aber nicht nur ihre eigenen Erfahrungen sind in dieses Buch eingeflossen, sie hat mit zahlreichen türkischen Frauen gesprochen, deren Lebensgeschichten (anonym) in dieses Buch übernommen wurden.
Dieses Buch ist für jeden interessant der etwas über das Thema Integration und Zwangsheirat in Deutschland wissen möchte.