Verlag erfindet Phantom-Autorin

  • Typisch Marketing, die ganze Branche lebt ja im Prinzip von der Lüge. Wir erleben es doch jeden Tag auf Neue in unseren Medien. Da reden 18-Jährige von Cellulite_Problemen und preisen diverse Creme´s an oder Mütter werben für Bonbons oder Gummibären die fettfrei und mit viel Vitamin C sind. Sagt aber keiner, dass der Zucker darin im Körper zum Fett umgewandelt wird oder das es sich um synthetisches Vitamin C handelt, dass sogar bei Übermaß negative Effekte für den Körper haben kann.


    Es ist natürlich traurig, dass sich eine Autorin mit der Begründung ein Buch wäre für den deutschen Markt nicht geeignet, in die Hände eines Seelenverkäufers gibt. Sie kann offensichtlich von dem Inhalt ihres Buches nicht überzeugt sein. Denn Gott sei Dank ist es trotz Marketing-Konzepten immer noch so, dass sich Qualität durchsetzt. Und ein gutes Buch wird sich immer durchsetzen auch wenn etwas länger dauert. Sollte das Buch wirklich gut sein, wird der Fake der Autorin nur schaden, obwohl auch sowas in unser schnelllebigen Welt auch wieder schnell vergessen wird.
    Ich jedenfalls werde das Buch nicht kaufen, weil ich mir zur Gewohnheit gemacht habe, zuerst einmal zu schauen, wer das Buch geschrieben hat. Naja, aber zukünftig werde ich da auch skeptischer sein müssen. :gruebel

  • Taciturus


    für mich macht das einen Riesen-Unterschied...mit Pseudonymen rechne ich, aber ich rechne absolut nicht damit, dass mir z.B. eine Autorin aus Afrika als Eskimo verkauft wird....


    Die Herkunft eines Autors hat oft, meistens, oder sogar immer Auswirkungen auf das was er schreibt....



    Voltaire


    genau an B. Traven habe ich auch gedacht....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • In dem Zusammenhang möchte ich an "Die Kurzhosengang" von Victor Caspak und Yves Lanois erinnern. Auch diese Autoren waren schließlich frei erfunden und wurden mit einer doch etwas haarsträubenden Vita ausgestattet, aber keiner hat's gemerkt (außer natürlich meine Freundin M.).
    Geschrieben hat das in Wirklichkeit der bis dato von der Kritik immer wieder geschmähte Zoran Drvenkar. Als das Buch den Jugendliteraturpreis erhielt, flog die Maskerade dann auf :lache, schließlich musste man da einen lebensechten Autor vorweisen (und wahrscheinlich waren einige Jurymitglieder ziemlich geschockt, dass das ausgerechnet Drvenkar war :grin)

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Das Ganze erinnert mich ein wenig an den von mir sehr verehrten Walter Ernsting alias Clark Darlton, der seinen ersten veröffentlichten Roman nur als angebliche Übersetzung aus Amerika angebracht hat. Der Prophet scheint im eigenen Land wirklich wenig zu gelten. Dazu passt auch, dass der Weg für die heute bekannten deutschen Autorinnen und Autoren historischer Romane durch die Werke von Umberto Eco, Ken Follett, Donna W. Cross und anderen ausländischen AutorInnen bereitet wurde.


    Gheron :wave

  • Der Glaube, dass nur amerikanische und englische Romane in Deutschland erfolgreich sein können, treibt im übrigen seltsame Blüten. Unsere Romane sind schon mehrfach und zwar auch von Journalisten für Übersetzungen aus dem Englischen gehalten worden. Auf einer unserer Reisen stieß sogar einmal ein Buchhändler in das selbe Horn, ohne zu wissen, wen er vor sich hatte.
    Von Joy Lorrance wollen wir lieber ganz schweigen.


    Gheron :wave

  • Ich finde das traurig - und dass sich die Autorin zur Unperson macht gegenüber Kollegen? Bei mir ganz sicher. Nur um des Verkaufs Willen so eine Show abzuziehen...nein Danke. Was ist mit sich selbst treu bleiben? Also - für mich käme das nicht in Frage. Aber es ist schon so: im eigenen Land gilt man nichts. Weswegen ich mich jetzt auf die Übersetzung ins Spanische freue.
    Gheron: wie hast Du auf den Buchhändler reagiert? :lache :lache :lache

  • Zitat

    Original von Gheron
    […] Dazu passt auch, dass der Weg für die heute bekannten deutschen Autorinnen und Autoren historischer Romane durch die Werke von Umberto Eco, Ken Follett, Donna W. Cross und anderen ausländischen AutorInnen bereitet wurde.


    Hoi, Ihr Beiden


    Es kann ja durchaus sein, dass ich mich irre, aber ich glaube, dass "der Historische Roman an sich" bereits durchaus kräftige Wurzeln hatte, bevor die von Dir Genannten dem breiten Markt eroberten und den Buchhandlungen noch eine neue Regalrubrik bescherten.


    Nun gut, Selma Lagerlöf war Schwedin, Conrad Ferdinand Meyer Schweizer und Franz Werfel Österreicher. Aber wie war das noch mit dem einen Gerechten in der Stadt? Bitteschön, es müssen ja nicht immer ein Brachvogel oder ein Ganghofer herhalten. Wie wäre es mit Gertrud von Le Fort? Die war allerdings Extremkatholikin.


    Die Frage ist halt, wieviel Jahre es sein müssen, damit ein Trend als neu gelten kann? Oder ist ein "Historischer Roman" nur dann korrekt in diesem Genre verankert, wenn er mit tatsächlichen Ereignissen allenfalls eine Grüßbekanntschaft hat?


    Grüssli, blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Zitat

    Original von keinkomma
    […] Nur um des Verkaufs Willen so eine Show abzuziehen...nein Danke. Was ist mit sich selbst treu bleiben?


    Hoi, keinkomma


    Ich verstehe Deinen Standpunkt. Aber schau Dir doch an, was schon in diesem Forum manchmal veranstaltet wird, nur um gelesen zu werden.
    :grin
    Wenn da auch noch die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg hineinspielt, dann wird es schwerer, den guten Namen als schon von vorneherein wohl klingend zu erkennen.
    :wow
    Vielleicht ist die Autorin ja jung und braucht die Kohle? Oder wird das zumindest ihren Kindeskindern dereinst so verkaufen?


    Grüssli, blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Also ich finde es kommt auch etwas darauf an warum etwas unter einem Pseudonym herausgebracht wird.


    Für einen Autor ist dies ein guter Weg, herauszufinden ob der Erfolg seiner Bücher nur auf seinen Namen zurückzuführen ist. Das war glaub ich auch der Grund, warum Stephen King Richard Bachmann erfunden hatte.


    Sollte dies allerdings nur zur Auflagensteigerung geschehen, ist dies für mich ein Schlag ins Gesicht jedes deutschen Autors.


    Wobei mir persönlich ziemlich egal ist, woher ein Autor kommt oder welcher Nationalität er angehört. Es wird nur ärgerlich, wenn ich mir ein Buch von einem angeblichen "neuen" Autor kaufe und dann feststelle, dass in Wirklichkeit XY dahinter steckt, den man aufgrund schlechter Geschichten meiden wollte.

  • Grundsätzlich ist es mir egal, wie der Autor heisst - ich schaue mir den Klappentext und vielleicht auch ein paar Rezensionen an und entscheide mich dann. für mich ist es eher interessant, wo die Geschichte spielt.


    ich finde es aber äußerst bedenklich - der Verlag beschwert sich, dass deutsche Krimiautoren keine Beachtung finden würden und bläst dann in das selbe Horn, in dem er aus einer Deutschen eine Amerikanerin macht??? Wäre es nicht klüger, wenn so ein großer und bekannter Verlage wie Droemer/Knaur durch Werbung und Marketing gerade seine deutschen Autoren bekannt und verkaufbar machen würde? So schießen sie sich doch selbst ins Knie...

  • Aus Sicht des Verlages, der ja Wirtschaftsunternehmen und keine Nonprofitorganisation ist, wie es so schön neudeutsch heißt, ist es viel einfacher und billiger es auf diesen Weg zu versuchen.


    Wünschenswerter wäre sicher ein anderes vorgehen, aber letztendlich passen sich die Verlage auch nur an das Kaufverhalten der Konsumenten an.


    @ Joan:


    Aber wird nicht bei einem Pseudonym ebenso eine andere Person als Autor verkauft, als die, die es wirklich geschrieben hat. Im Grunde werden die Namen der Autoren nur mehr als Marke betrachtet und unter diesem Gesichtspunkt wird bei vielen Verlagen auch für jedes Genre eines Autors ein neuer Name angelegt. Da kann ich dann auch nicht mehr sagen, dass es die gleiche Person ist bzw muss man auch annehmen, dass dabei in dne Kurzbiographien ordentlich geflunkert wird.

  • Zitat

    Zitat von Keinkomma:
    Gheron: wie hast Du auf den Buchhändler reagiert?


    Iny und ich sind still und leise gegangen und haben erst in einiger Entfernung zu dem Laden mit dem Lachen begonnen. Dabei ist aber zu sagen, dass wir vom Verlag von Anfang an aus deutsche Autorin aus München angekündigt worden sind.


    Zitat

    Zitat von Blaustrumpf:
    Es kann ja durchaus sein, dass ich mich irre, aber ich glaube, dass "der Historische Roman an sich" bereits durchaus kräftige Wurzeln hatte, bevor die von Dir Genannten dem breiten Markt eroberten und den Buchhandlungen noch eine neue Regalrubrik bescherten.


    Es gab natürlich Historische Romane, auch von Deutschen, doch der Aufschwung begann erst wieder mit Eco, Follett usw. Ohne "Der Name der Rose", "Die Säulen der Erde" und "Die Päpstin" gäbe es heute wahrscheinlich keine Wanderhure, denn kein Verlag hätte das Risiko auf sich genommen, einen Roman mit diesem Thema zu bringen. Das war erst möglich, als es eine breitere Leserschaft für dieses Genre gab.


    Gheron :wave

  • hm...findest du das schlimm?
    Also findest du es traurig, dass viele Leute über den Autor, den Verlag nix wiissen wollen, dennoch die Story schön finden??


    Ist doch wie bei Musik, wen interessiert schon WER das Lied geschrieben hat

  • Zitat

    Original von Nudelsuppe
    Wenn das Buch etwas taugt, darf man den Leser ruhig mit erfundenen und falschen Tatsachen ein bisschen täuschen; letztlich geht es um Unterhaltung, um Lesestoff für einige Stunden.


    Nein, so sehe ich das nicht.
    Wenn das Buch etwas taugt, dann möchte ich in vielen Fällen nach der Lektüre mehr über denjenigen erfahren, der es verfasst hat. Ich möchte herausfinden, was das für ein Mensch ist, welchen Hintergrund er hat. Und da kann ich keine Fakes gebrauchen, ich will eine echte Biographie.


    Nicht bei jedem Buch, aber eben doch bei so einigen.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Alexx61
    Also findest du es traurig, dass viele Leute über den Autor, den Verlag nix wiissen wollen, dennoch die Story schön finden??


    Ist doch wie bei Musik, wen interessiert schon WER das Lied geschrieben hat


    Das kommt immer auf den Einzelfall an. Manche Bücher lese und vergesse ich. Wenn mir da was vorgegaukelt wird, über den Autor, dann merke ich das nicht einmal, weil es mich einfach nicht genug interessiert.


    Und dann stoße ich auf eines, da will ich MEHR. Da will ich mehr über den Autor wissen und will wissen, was der sonst noch so geschrieben hat. Da möchte ich wissen, was der Autor für einen Hintergrund hat und WARUM er das Buch geschrieben hat. Ist es womöglich mit autobiographischen Tendenzen?


    Wenn ich in so einem Fall verarscht werde, dann werde ich SAUER. :schlaeger

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Nudelsuppe
    Wenn das Buch etwas taugt, darf man den Leser ruhig mit erfundenen und falschen Tatsachen ein bisschen täuschen; letztlich geht es um Unterhaltung, um Lesestoff für einige Stunden.


    Also so verallgemeinern würde ich das nicht.
    Wenn es wirklich nur darum geht, die Auflage zu steigern, dann ist es in meinen Augen nicht in Ordnung. Sonst könnte man ja gleich sagen, dass Ghostwriter in Ordnung sind.