Gameshow um eine Spenderniere

  • Also ich arbeite als Ärztin auf einer Intensivstation und ich selbst habe natürlich einen Organspendeausweis.


    Vor etwas drei Wochen auf dem 110. Deutschen Ärztetag in Münster (ich war selbst nicht dort) haben sich die Mehrheit der Ärzte dagegen ausgesprochen, dass, wer nicht ausdrücklich widersprochen hat zur Organspende herangezogen werden kann.


    Nun muß ich mal ganz offen über die Praxis sprechen: es könnten viel mehr Organe transplantiert werden, wenn die Ärzte daran dächten! Oder ist es zuviel Arbeit? Ich weiß es nicht.
    Ich weiß jedoch, dass bei viele Patienten, die für hirntot erklärt wurden, weder die Angehörigen gefragt werden, ob sie einverstanden wären (was eh eine schwierige Sache ist, da diese ja durch den Tod oft unter Schock stehen), noch habe ich es jemals erlebt, dass nach einem Organspendeausweis "gesucht" wurde.
    Oft werden aus "Bequemlichkeit" die Maschinen einfach abgestellt.
    Und das ist der Alltag auf Intensivstationen in Deutschland. Wir brauchen kein neues Transplantationsgesetz, wir müßten erstmal das bestehende umsetzen.


    Dass ich so eine Show ethisch einfach ablehne, ist klar. Will noch anmerken, dass am Tag der Organspende hier in Osnabrück über 120 Ausweise verteilt wurden (kurz nach dieser Sendung und der Diskussion darüber). Normalerweise können an diesem Tag etwa 20 Ausweise vergeben werden.


    Ich denke, da kann jetzt jeder mal selbst darüber nachdenken.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ich möchte in dem Zusammenhang gerne noch mal auf das Schicksal meines Freundes aufmerksam machen, wir warten immer noch... :


    http://www.bild.t-online.de/BT…ntation/herz-sterben.html


    Keine Frage, daß auch ich einen Organspendeausweis habe.


    @ Sigrid
    Deine Schilderung empfinde ich als erschreckend.
    Ich selbst suche an einem Einsatzort immer, nicht nur nach Personalpapieren, sondern achte auch auf einen eventuell vorhandenen Organspendeausweis.

  • @Babyjane: das kam jetzt vielleicht etwas sehr verallgemeinert rüber, weil ich mich bei diesem Thema immer aufrege.


    Ich arbeite auf einer internistsichen Intensivstation, habe also mit Unfallopfern nichts zu tuen.
    Und es ist bei uns nicht sooo selten, dass es schon abzusehen ist, dass wir einen Patienten nicht retten können.
    So wäre doch eigentlich Zeit, die Angehörigen darauf vorzubereiten, dass ihr Angehöriger sterben wird und dann eben auch über Organspende zu sprechen.


    Und das unterbleibt leider viel zu oft. Da guckt mein Kollege auf die Uhr und sagt, er muß weg.
    Ist leider oft so.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Oh, das war jetzt keineswegs ein Vorwurf an dich.....
    Ich finde nur die Relation (Überstunden machen/ eventuell ein Leben retten) sehr heftig....

  • Ich fände eine solche Sendung auch makaber, aber ich bin trotzdem überrascht wie wenig Menschen keinen Spenderausweis haben. Ich habe meinen schon einige Jahre und habe keine Angst vor Missbrauch. Ich denke wenn ich Tod bin brauche ich keine Organe mehr und bevor sie "verrotten" möchte ich anderen lieber Leben schenken. Gut finde ich es allerdings auch nicht, das es solche Sendungen braucht um Menschen wach zurütteln und ich denke auch das es der falsche Weg ist, aber andererseits finde ich es auch schockierend wie viele Menschen ihre Organe mit ins Grab nehmen, während sie anderen damit Leben schenken könnten.

  • Lese-Rienchen : Ich bin deiner Meinung, aber ich glaube auch, dass manche Menschen darüber noch ar nciht nachgedacht haben oder naja, vllt gerade ältere Menschen, so 50+ davon noch nichts gehört haben...
    Ich will die ja gar nicht verteidigen, bin ja auch fürs Organspenden!

  • Ich weiß nicht ob ich es überlesen habe, oder ob der religiöse Aspekt noch nicht besprochen wurde. Lange Zeit war ich mit einem Katholiken zusammen, der es ablehnte Organe zu spenden. Seiner Meinung nach, braucht der Mensch, wenn er Tod ist, den Körper um in den Himmel zu Gott zu gelangen. Ich dagegen habe argumentiert, das es doch beweisen sei, das ein Mensch nicht aus dem Grab verschwindet. Wenn etwas zu Gott geht, so denke ich, ist es höchstens die Seele und nicht der Körper. Ich habe immer argumentiert das es doch christlicher sei den nächsten zu lieben und ihm Leben zu schenken, als ein Organ mit ins Grab zu nehmen und andere sterben zu lassen. Das galt allerdings in seiner religiösen Vorstellung nicht. Ist Organspende -ja oder nein- vielleicht auch religös motiviert, oder ist die Religion hier nur eine Ausrede?

  • Zitat

    Original von Juli91
    Lese-Rienchen : Ich bin deiner Meinung, aber ich glaube auch, dass manche Menschen darüber noch ar nciht nachgedacht haben oder naja, vllt gerade ältere Menschen, so 50+ davon noch nichts gehört haben...
    Ich will die ja gar nicht verteidigen, bin ja auch fürs Organspenden!


    Eine solche Sendung ist dann wie die Klimadiskussion: Die Menschen schocken um sie wach zurütteln!? Leider scheint das die einige Möglichkeit zu sein die funktioniert. Und gerade das finde ich schade!

  • ich bin vor einiger Zeit bei einer Klinikneubaueröffnung gewesen. Dort hatten Krankenpflegeschüler eine Demonstrationsreihe gestaltet für die Organspende. War eigentlich sehr gut gemacht.
    Da ich ja etwas Ahnung habe von der Materie habe ich die Anwesenden dazu auch befragt, das Ergebnis hat mich grübeln lassen, ob einige Kliniken nicht bewusst Organspender unterschlagen, weil sie dafür ja keine Gelder bekommen.
    Ich habe gefragt, ob sie in der Klinik schon mal Spender hatten, oder ihnen Maßnahmen zur Handhabung von Spendern beigebracht werden.
    Die Antwort war niederschmetternd in meinen Augen. Die ganzen Poster waren aus dem Internet, von der Klinik war davon wenig bis gar nix, und die KS Schüler waren auch der Meinung, das die Klinik nichts mit potenziellen Spendern zutun hat, es werden auch keine gemeldet, da das nur in großen Kliniken betrieben wird. Die Klinik hat knapp 300 Betten und ein Einzugsgebiet von fast 20 km. auch wenn es nur 1 - 2 Spender in 1 Jahr wären, könnten evtl. 10 Empfänger davon profitieren, wenn sie gemeldet werden würden. Ich weiß nicht genau wie die Abrechnungspauschalen sind, aber die vielen inzwischen privaten Betreiber gucken da schon sehr genau was sich lohnt und was nicht und mich beschleicht da der Verdacht das grade diese für sie unlukrative Behandlungen einfach nicht machen. Es ist nämlich so das die Pflege und die Massnahmen eines Spenders bis zur eigentlichen Spende seh aufwendig sein kann. Und auch teuer.
    Da sollte man evtl. auch mal ansetzten, ich denke das würde schon die Warteliste um einiges kürzer gestalten.


    @ Juli91 rede einfach ganz offen mit deinen Eltern über deine Wünsche für den Fall der Fälle, ich hoffe aber das das nicht eintreten wird :anbet für deine Eltern wäre es eine Erleichterung zu wissen was du möchtest und sie könnten leichter entscheiden falls sie je danach gefragt würden, was ich nicht hoffe. Evtl. setzten sie sich ja selbst mit dem Thema auseinander und sagen ihre Wünsche. Das macht jeden Organspendeausweis hinfällig, denn gefragt werden die Angehörigen immer. Eine Entscheidung zu fällen wenn man weiß was der andere möchte und man weiß das der andere sich gedanken darüber gemacht hat, erleichtert nach meiner Erfahrung auch das Abschiednehmen. Denn man konnte noch einen letzten Wunsch erfüllen.


    bno

  • Zitat

    Ich weiß nicht ob ich es überlesen habe, oder ob der religiöse Aspekt noch nicht besprochen wurde. Lange Zeit war ich mit einem Katholiken zusammen, der es ablehnte Organe zu spenden.


    bei Katholiken wäre mir das neu, ich meine zu wissen das es bei Juden so ist, das man unversehrt in den Himmel geht ( nenn ich mal so)
    ganz zu schweigen von den Zeugen Jehovas. Aber die würden auch kein Organ nehmen wenn sie eins bräuchten.


    bno

  • Zitat

    Original von Lese-Rienchen
    Ich weiß nicht ob ich es überlesen habe, oder ob der religiöse Aspekt noch nicht besprochen wurde. Lange Zeit war ich mit einem Katholiken zusammen, der es ablehnte Organe zu spenden. Seiner Meinung nach, braucht der Mensch, wenn er Tod ist, den Körper um in den Himmel zu Gott zu gelangen.


    Das habe ich ja noch nie gehört. Vielleicht eine Sekte?



    Nach den Ausführungen von Sigrid2110 ist mir noch viel weniger klar, warum ein Organspendeausweis notwendig ist. Im Moment bin ich immer noch überzeugt davon, dass es im Fall der Fälle ausreichend ist, wenn die nächsten Angehörigen wissen, wie in meinem Sinne zu entscheiden ist. Ob ein Arzt nun einen Spenderausweis oder meinen Personalausweis aus der Tasche zieht, ist dabei doch egal. So brandeilig kann es wohl nie sein, dass nicht stets ein Angehöriger dazu befragt werden kann - zumindest in meinem Fall, als nicht Alleinstehender, und nicht vereinsamt in den Karpaten lebender Mensch.


    Gruss,


    Doc

  • Richtiger Thread.


    Zitat

    Original von Juli91
    Da ich erst 15 bin, hab ich noch keinen Organspendeausweis, aber wenn ich 18 bin, will ich mir auf jeden Fall einen machen lassen (oder wie sagt man dazu?)!!


    Man kann sich einen Organspende-Ausweis ab 16 ausstellen lassen.

  • Hallo,


    ich habe schon lange einen Spenderausweis. Ich finde es wichtig, dass ich damit anderen Menschen helfen kann. Mir nützen die Organe dann eh nichts mehr.


    Vor Organhandel habe ich keine Angst. Denn selbst wenn ein Vater das Organ für seine kranke Frau oder Tochter kauft, rettet mein Organ Leben.


    Ich denke, jeder der hier auf Organhandel schimpft würde sich, wenn er die Mittel hätte, ebenso an diesen Strohhalm klammern, wenn er selbst oder nahe Angehörigen bereits jahrelang mit dem Tod kämpfen, oder?!


    Außerdem wäre der Organhandel unnötig, wenn endlich genug Organe zur Verfügung stehen würden, sei es durch mehr Spenderausweise oder durch eine neue gesetzliche Regelung. :bruell


    Generell glaube ich aber nicht, dass das Risiko wirklich so groß ist, dass meine Organe "verkauft" werden, vielmehr gehe ich davon aus, dass alles gewissen Regeln unterliegt. Sind ja nicht alle Ärzte gleich Verbrecher :gruebel

  • Also das hier in Deutschland im Fall der Fälle Organe verkauft würden, halte ich für unmöglich.


    Das Hauptproblem liegt darin, dass sich viele Menschen noch nie richtig Gedanken über dieses Thema gemacht haben.


    Wenn jemand Organspende aus religiösen Gründen oder warum auch immer ablehnt, finde ich, dass man das respektieren muß. Nur gibt es halt die vielen Fälle, in denen man die Haltung des potentiellen Spenders zu diesem Thema nicht kennt.


    Dann bleiben eben nur die Angehörigen, die im mutmasslichen Willen entscheiden können.


    Aber wie ich schon schrieb, ist das Thema Organspende viel zu wenig in den Köpfen der Ärzte.


    Ich habe viele Jahre auf einer Intensivstation einer Uniklinik gearbeitet, wo natürlich auch transplantiert wurde.
    Etwa einmal im Monat kam jemand vom Transplant-Team und hielt auf unserer Station einen kleine Vortrag, was es so Neues gibt.
    Der einzige Grund, warum da regelmäßig jemand kam, war, um Ärzte und Pflegekräfte nochmal daran zu erinnern, an Organspende zu denken!


    Diese Thema ist im Krankenhausalltag dermassen unbeliebt. Es macht "unnötig" Arbeit. Kosten mögen auch eine Rolle spielen, das weiß ich nicht so genau.
    Jedenfalls winken Ober- und Chefarzt gerne ab, wenn man als Assistenzarzt kommt und sagt, bei Herrn Y könnte man doch die Niere/Leber etc zur Transplantation melden.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Sigrid2110 ()

  • Echt? Ärzte sollen doch eig. Leben retten und sich nicht Gedanken um Geld oder Zeit machen... Ok, ich habe wohl eine ziemlich altmodische oder romatnische Ansicht davon, ich weiß ja, dass man als Arzt nicht immer das tun kann, was man gern tun würde und unter Zeitdruck steht und und und... Aber wenn ich als Arzt die Möglichkeit hätte und der sterbende Patient einverstanden wäre, würde ich die Möglichkeit doch auf jeden Fall in Betracht ziehen!
    @ alle, die mich geantwortet haben: Ich wusste nicht, dass man den schon ab 16 machen lassen kann!? Naja, daich , wenn ich 16 bin, ein Jahr in Amerika leben werde, kann ich den wohl nicht so schnell machen lassen.. :-( Ich weiß gar icht, wie lange das dauert, bis man einen aht.. Kann das ijemand mal schreiben? Muss man da zu iwelchen Extrauntersuchungen oder so?

  • oh danke.. Kommt davon wenn man das alles immer größtenteils überfliegt, weil der Computer so langsam ist...^^


    Wie man muss das einfach nur ausfüllen und sonst nichts??? Und das reicht?

  • Zitat

    Original von Juli91
    Wie man muss das einfach nur ausfüllen und sonst nichts??? Und das reicht?


    Na, Du solltest den Ausweis dann schon immer zusammen mit Deinem normalen Ausweis bei Dir tragen, damit er im Falle eines Falles (von dem wir ja immer hoffen, daß er nie eintritt!) auch gefunden wird.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    ORIGINAL VON Batcat


    Na, Du solltest den Ausweis dann schon immer zusammen mit Deinem normalen Ausweis bei Dir tragen, damit er im Falle eines Falles (von dem wir ja immer hoffen, daß er nie eintritt!) auch gefunden wird.


    Jaaaaa, ok , das hätte ich mir dann auch denken können, aber danke! :-)
    Ich dachte bloß, das müsste iwie noch mit einem Krankenhaus oder Arzt abgessprochen werden, oder ein Stempel müsste musste da noch rauf.. KA!
    Aber danke nochmal, wusste nicht, dass das so einfach ist...
    Dann hab ich jetzt auch einen Organspendeausweil.. bzw. erst dann gültig, wenn ich 16 bin...^^