Regen in Bombay - Shobhaa De

  • Originaltitel: Sultry Days
    Erscheinungsjahr: 2007
    Verlag: dtv
    Seiten: 337
    Übersetzt von: Uschi Gnade


    Inhalt
    An einem heißen, regnerischen Tag in Bombay lernt Nisha Gott kennen. Zunächst ist die schüchterne, mehr an ihren Büchern als an Männern interessierte Studentin eher abgestoßen von dem bärtigen Weiberhelden und Großmaul, aber bald kann sie nicht widerstehen und wird zu seiner Geliebten. Die beiden machen Karriere in der schrillen Glitzerwelt der Reklame, der Pseudokunst und des Boulevard-Journalismus. Aber das böse Ende lässt nicht auf sich warten.


    Über die Autorin
    Shobhaa Dé, 1948 in Maharashtra geboren, begann ihre Karriere mit 17 als Model, während sie in Bombay Psychologie studierte. Mit 22 wurde sie Journalistin und gründete drei beliebte indische Zeitschriften: Stardust, Society und Celebrity. 1988 schrieb sie ihren ersten Roman und ist seither freie Autorin. Shobha Dé ist verheiratet und hat sechs Kinder. Sie lebt in Bombay. Ihr Motto: »Schreiben ist sogar besser als Sex.«


    Meine Meinung
    Shobhaa De gilt als die erfolgreichste Autorin Indiens. Mit ihren unkonventionellen Frauenfiguren in ihren Romanen ruft sie in ihrem Land wohl nicht selten Empörung und Unverständnis hervor.


    Auch bei „Regen in Bombay“ hat die Autorin wieder zu einer starken Frau gegriffen, die sich auf einen unsympathischen, egozentrischen Mann namens Gott einlässt. Dies mag im ersten Moment amüsant erscheinen, stellt sich nach kurzem Einlesen jedoch als äußerst kritisch und ganz und gar nicht lustig heraus. Gott ist ein ausgemachter Chauvinist, der es sich nicht nehmen lässt, Nisha bei jeder Gelegenheit zu erniedrigen. Dass diese sich nur selten bis nie den Demütigungen beugt, sondern sich im Gegenteil gut zu wehren weiß, erfreut zwar und stimmt milder, kann jedoch nicht dazu führen, dass man dem ungepflegten Widerling Gott näher kommt. Erst im weiteren Verlauf stellt die Autorin klar, dass auch dieser Mann seine Qualitäten hat, insbesondere was seine Intelligenz angeht. Diese Erkenntnis ist äußerst wichtig, denn alles andere hätte zu einer höchst unglaubwürdigen Hauptfrauenfigur geführt, der man nicht länger hätte zuschauen mögen, wie sie sich von einem wichtigtuerischen und arroganten Halbstarken zur Närrin halten lässt. Die eher weniger als mehr auf Gemeinsamkeiten beruhende Beziehung der beiden zueinander macht die erste Hälfte der Geschichte aus, die sich danach jedoch rasant, spannend und dramatisch weiterentwickelt. Zuvor gilt es, sich durch indische Konventionen zu wühlen und dem gewöhnungsbedürftigen Beziehungsgeflecht der beiden Hauptfiguren auf die Spur zu kommen. Langweilig ist es nicht, aber vielleicht einfach nichts Neues.


    Von einer thematischen Bewertung möchte ich Abstand nehmen. Ich möchte der Autorin nicht die inhaltliche Brisanz ihres Romans absprechen. Ganz gewiss mag eine solche Geschichte, geschrieben von einer sechsfachen Mutter, die ihr Psychologiestudium mit Modeln finanzierte, unter den indischen Umständen als revolutionär gelten. Ich bezweifele einfach, dass die Aspekte, die in Indien zu überdimensionalen Verkaufszahlen führen, hier bei uns ebenfalls diesen verkaufsfördernden Eindruck machen.
    Für mich persönlich steht fest, dass das Thema der Gleichberechtigung in unserem Land m.E. schon zu weit fortgeschritten ist, als das es überhaupt noch Thema wäre. Mich interessiert es in dem vom Roman angesprochenen Maße nicht und auch die häufigen Bezüge zur Sexualität langweilen mich vielmehr, als das sie neu oder gar rebellisch auf mich wirken könnten. Als interessant hingegen habe ich die korrupten Machenschaften der indischen Boulevardmenschen aufgenommen, die nicht überraschend kamen aber ihre Wirkung in der Gesamtheit nicht verfehlten.


    Jenseits der Thematik aber, liest sich dieser Roman flüssig und unterhaltsam und wird zum Ende hin sogar äußerst spannend. Er setzt sich auf Unterhaltungsniveau mit gesellschaftlichen und politischen Kritikpunkten von Macht und Unterdrückung auseinander und ist aufgrund dessen sicherlich in der Umsetzung auch als gute Unterhaltung zu bezeichnen. Und nebenbei erfährt die Leserschaft auch ein wenig über Indien, den dort lebenden Menschen und über ihre Kultur, wenn auch nur im sehr subjektiven Ansatz.


    Fazit: Ein Roman – zum Ende hin schon fast ein Thriller - über „die neue indische Frau“ und die indische Welt der (Halb)Medienstars. Flüssig und spannend, mit interessanten und kritischen Gesichtspunkten allerdings ohne nachhaltigen Eindruck oder größere Spuren des Wissens zu hinterlassen.