Mond in der Finsternis

  • Der Landrover fuhr holpernd über die unebene Landstraße. Die beiden Mädchen kamen von einer Fete, die ein Freund in der Nachbarstadt veranstaltet hatte. Sie hatten zu viel getrunken. Trotzdem fuhren sie mit dem Auto ihrer Mutter nach Hause.
    „Vielleicht solltest du nicht ganz so schnell fahren“, schlug Tess ihrer Schwester lachend vor. „Nicht, dass du noch eine Ameise überfährst.“ Ihre Schwester lachte, als wäre es der Witz des Jahrhunderts.
    „Wenn Mom uns jetzt sehen könnte, würde sie vor Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammen schlafen und uns lebenslänglich einsperren“, rief Lynn und nahm ihrer kleinen Schwester die Bierflasche aus der Hand, um einen Schluck daraus zu trinken.
    „He!“, protestierte Tess.
    „Ich muss doch auf dich aufpassen“, kicherte Lynn. „Immerhin bist du erst sechzehn.“
    „Pah!“ Tess wollte ihrer Schwester die Flasche entreißen, doch Lynn gab sie nicht so leicht her. Die beiden balgten, sodass das Bier rausschwappte und auf der Windschutzscheibe landete. Tess sah, wie das Bier in kleinen Bächen an der Scheibe hinunter lief. „Na, Mom wird sich freuen, wenn ... Lynn!“, schrie sie plötzlich. „Pass auf!“ Lynn sah nach vorn und ließ die Bierflasche fallen. Sie rollte unter den Sitz und lief aus. Doch das interessierte sie gerade am wenigsten. Eine Gestalt war plötzlich hinter einem Baum auf die Straße gesprungen. Sie riss das Lenkrad herum und bremste gleichzeitig, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Die reifen quietschten, als sie auf die Klippen zurasten.
    „Lynn, verdammt! So bremse doch!“ Aber es war zu spät. Der Landrover stürzte die Böschung hinunter in den See. Tess schrie und klammerte sich an ihren Sitz. Sie schlug mit dem Kopf gegen das Seitenfenster und zog sich eine Platzwunde zu. Der Sicherheitsgurt hatte ihren Aufprall einigermaßen abgebremst. Ihr wurde schwarz vor Augen und sie drohte, das Bewusstsein zu verlieren. „Lynn“, flüsterte sie. „Lynn.“ Tess versuchte mit aller Gewalt die Augen offen zu halten. Langsam drehte sie den Kopf zu ihrer Schwester. Lynn hing schlaff in ihrem Sitz. „Lynn!“ Tess rüttelte ihre Schwester an der Schulter. „Wach auf! Wir müssen hier raus!“ Tess spürte die kalte Nässe des Wassers an ihren Füßen, das durch die Türen drang. „Lynn!“, schrie sie verzweifelt. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Sie schnallte sich ab und beugte sich zu ihrer Schwester. Nachdem sie sich sicher war, dass sie noch lebte, löste sie ihren Sicherheitsgurt. Dann schüttelte sie sie erneut bis Lynn endlich langsam die Augen öffnete.
    „Lynn, Gott sei Dank! Wir müssen sofort hier raus! Da Auto sinkt immer mehr!“, sagte Tess. Lynn nickte, als hätte sie verstanden. „Geh, kleine Schwester.“
    „Was? Was redest du denn da? Du musst deine Tür öffnen und raus hier!“
    „Es geht nicht.“
    „Wieso nicht?“
    Lynn antwortete nicht. Ihr Blick wurde immer undurchsichtiger. Erst jetzt sah Tess, was sie meinte. Eine verrostete Metallstange hatte sich von vorn in das Auto und in Lynns Bauch gebohrt. Was sollte sie denn jetzt tun? Die Stange war zehn Zentimeter hinter dem Sitz wieder durch gekommen. Es war unmöglich Lynn zu befreien. Sie zuckte zusammen, als das Auto mit einem Ruck weiter sank.
    „Tess ... Tess“, flüsterte Lynn. „Geh.“
    „Nein“ Niemals!“ Heiße Tränen liefen Tess übers Gesicht. „Ich hole dich hier raus!“
    „Nein.“ Lynn hatte Mühe zu sprechen. „Es ist vorbei. Geh, mach schon.“
    Weinend schüttelte Tess den Kopf. „Ich lasse dich hier nicht allein!“
    „Verdammt Tess!“, rief Lynn mit Tränen in den Augen. „Verschwinde endlich, bevor es zu spät ist!“ Das Wasser reichte ihnen mittlerweile bis zum Bauch und stieg immer weiter. „Tess, wenn du jetzt nicht gehst, schwöre ich dir, dass ich dich in meinem nächsten Leben fesseln und dich mit Alkohol abfüllen werde, dass du dir wünscht, mich nie kennen gelernt zu haben.“
    Tess lachte unter Tränen. „Mit Alkohol hast du mich doch jetzt schon abgefüllt.“
    Lynn brachte ein Lächeln zu Stande. Langsam hob sie ihre rechte Hand und strich ihrer Schwester über die Wange. „Tu immer das, was du für richtig hältst“, flüsterte sie und spuckte Wasser aus. Es stand ihnen bereits bis zum Kinn. „Gib nie auf. Ich liebe dich.“
    „Ich liebe dich auch.“ Der Landrover begann jetzt gleichmäßig und schnell seinen Abstieg. Panisch sah Tess Lynn an. Die stieß sie mit aller Kraft zur Beifahrertür. Mit einem letzten Blick auf ihre Schwester öffnete Tess die Tür und schwamm aus dem Auto. Als sie draußen war, sank das Auto auf den Grund des Sees. Tess tauchte auf und schnappte nach Luft. Danach stieß sie einen verzweifelten Schrei aus ...


    Lg, Blaze

  • Hallo, Blaze.


    Mal abgesehen vom sehr moralinsauren Plot, trüben doch einige vermeidbare stilistische Mängel den Lesegenuss.


    Nur ein paar wenige Beispiele:


    „Lynn, verdammt! So bremse doch!“
    So bremse doch? Wer redet so? Nüchtern dürfte sich so eine Ausdrucksweise schon seltsam anhören, bei einem Angetrunkenen ist das eher unfreiwilliger Situationskomik zuzuordnen.


    Nachdem sie sich sicher war, dass sie noch lebte, löste sie ihren Sicherheitsgurt.
    Sehr unrund formuliert. WARUM ist sie sich sicher (show, don't tell)? Wenn sie also nicht mehr leben würde, hätte sie den Gurt nicht gelöst?


    Tess spürte die kalte Nässe des Wassers an ihren Füßen
    Wie wäre es, wenn sie einfach das kalte Wasser spüren würde? Dass Wasser nass ist, dürfte jedem Leser klar sein.



    Es war unmöglich Lynn zu befreien.
    Das gleiche Problem. Show, don't tell. Warum sollte das unmöglich sein? Woran erkenne ich das als Leser? Versucht sie es überhaupt?


    Dazu kommen noch jede Menge unnützer Ausrufezeichen in den Dialogen. Wenn jemand schreit, dann schreit er. Das muss mir kein Ausrufezeichen noch zusätzlich mitteilen. Sowas hat dann Berechtigung, wenn der Autor auf eine erläuternde Formulierung wie "schrie sie" im Nachsatz verzichtet.


    Die Dialoge wirken insgesamt sehr hölzern und eher so, wie das in einer GZSZ-Folge zu erwarten wäre, als aus dem wirklichen Leben gegriffen. Die redundanten Formulierungen müssen alle raus, der gesamte Text gehörig ausgeklopft und gestrafft werden, von den Tippfehlern wollen wir gar nicht erst reden.
    Abgesehen vom erhobenen, moralischen Zeigefinger, hat mich am meisten der nicht vorhandene Spannungsbogen gestört. Bereits nach den ersten Sätzen ist klar: Aha, betrunkene, jugendliche Weiber die des nachts im Auto unterwegs sind. Das nimmt ein böses Ende. Wenn mir das so auf dem Silbertablett präsentiert wird, warum sollte ich als Leser das noch zu Ende lesen? Als (saure) Sahne oben drauf empfinde ich übrigens den völlig belanglosen Titel, der so auch aus dem Titelgenerator 1.0 stammen könnte.


    Solche Geschichten gibt es leider zuhauf im echten Leben und (leider auch) in Textform von vielen Hobby-Autoren. Manche davon wesentlich schlechter als der vorliegende Text, aber viele wesentlich besser. Die handwerklichen Mängel dieser Geschichte sind vielleicht in den Griff zu bekommen, nicht aber der tausendfach bereits erzählte, und in dieser Form schlicht und ergreifend unnötig langweilige Plot.


    Auf ein Neues.


    Gruss,


    Doc

  • Erstmal danke für deine ehrliche Meinung. Um ehrlich zu sein, ist es keine Kurzgeschichte, sondern der Anfang eines Romans von mir (er ist noch in Arbeit). Ich wollte gern für diesen Anfang eure Meinungen hören und hab ihn deshalb reingestellt, weil ich gern Kritik annehme, um mich zu verbessern. Das sollte eher die Einleitung zu meinem Roman sein.


    An den Dialogen hatte ich eigentlich weniger Mängel :gruebel , da das in vielen Büchern genauso abläuft.


    Lg, Blaze