DIE FRAUENZIMMER KOMMEN
16 Zürcher Portraits
Irma Hildebrandt
Frauenzimmer in Zürich
Porträts von Hildebrand neu aufgelegt
«Die Frauenzimmer kommen!» So begrüssten die Medizinstudenten an der Zürcher Universität in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ihre ersten Kommilitoninnen. Das Johlen und Pfeifen legte sich, als die Studentinnen auch im Anatomiesaal ihre Frau standen und nicht wie erwartet in Ohnmacht fielen. Der Ausruf indes gab den Titel zu Irma Hildebrandts 1994 erstmals erschienenen Porträtsammlung, in der die Schriftstellerin und Journalistin Frauen darstellt, die sich in der Zürcher Männerwelt bewährten und bewähren. In der nun soeben veröffentlichten Neuauflage ist zu den fünfzehn charakterisierten Künstlerinnen, Wissenschafterinnen, Musen und Amazonen noch ein weiteres Frauenzimmer hinzugekommen: Else Lasker-Schüler, 1933 in Zürich gelandet, 1939 bereits wieder abgereist. – Der Anlass, ein Porträt dieser aus dem Rheinland stammenden Dichterin nachträglich in das Buch aufzunehmen, bildete kurz vor der Eröffnung der Gedenkausstellung im Strauhof der Fund eines geheimnisvollen Köfferchens, das beinahe zehnmal so lange in der Limmatstadt weilte wie seine Besitzerin. Entdeckt wurde es 1995 im Keller der Zürcher Buchhandlung Oprecht, deren früherer Inhaber, Emil Oprecht, Bücher von berühmten deutschen Emigranten verlegte. Es enthielt wertvolle unbekannte oder verloren geglaubte Dokumente. Das Bild von der intuitiv und leichthin schreibenden Else Lasker-Schüler, die von sich sagte, sie dichte «mit der Hand der Seele – mit dem Flügel» hat sich schlagartig geändert, als man die mit akkuraten Korrekturen der Autorin übersäten Manuskripte und Druckfahnen fand. Das Porträt von Irma Hildebrandt zeigt die Nomadin Else Lasker-Schüler, die in keiner Stadt, in keinem Land, in keiner Beziehung sich lange heimisch fühlte, die sich ihre eigene Traumwelt schuf, in der sie als Tino von Bagdad oder Prinz Jussuf auftrat. – Den Bezug zu Zürich, mag er auch auf den ersten Blick unerheblich erscheinen, verbindet Irma Hildebrandt auch im neu hinzugekommenen Kapitel kurz, aber eindrücklich mit der Würdigung einer weiblichen Biographie, die sich auszeichnet durch die Standfestigkeit in einer Welt, in der Frauen nicht nur im Anatomiesaal argwöhnisch empfangen wurden.
Kurzbeschreibung
Die von Irma Hildebrandt portraitierten Zürcherinnen, geborene oder gelernte, verbindet das Engagement nicht nur für die eigene Sache, sondern auch für die anderer. 16 sehr persönliche Lebensbilder, von denen sich jedes einzelne mit einem Stück Kultur- und Sozialgeschichte der Stadt an der Limmat verknüpft.