Eulenmelancholie
Die Eule braucht den festgezurrten Rahmen,
in dem sie frei und fröhlich flattern kann.
In diesem Rahmen streut sie manchen Samen
und schaut sich staunend das Ergebnis an.
Ein Rahmen ist die Einteilung nach Tagen:
Die ersten zwanzig sind zum Schreiben da.
Dann vier voll Hoffnung, Zweifel und Verzagen,
im Anschluss mancher böse Kommentar.
Und jeden Monat wieder neu erzählen.
Und jeden Monat dieser zarte Traum.
Und jeden Monat sich zu Worten quälen.
Und jeden Monat schert’s die andern kaum.
So hört auf mein verständnisloses Raunen:
Wie selten passt zur Arbeit doch die Frucht.
Wie merkwürdig sind nur der Eulen Launen,
wie hoch die Klippen und wie tief die Schlucht.
Manch wertvolle, manch zart gehegte Pflanzen
werden zertrampelt, ehe sie da stehn.
So manches Unkraut hab ich fröhlich tanzen
und über zarte Blüten siegen sehn.
Das Eulen- gleicht halt doch dem Menschenleben.
Erfolge fallen einfach so ins Haus.
Egal, welch Mühe sich die Eulen geben:
Die Lieblingskinder sehen traurig aus.
Mein Kind, ich hab dich lieb, auch ohne Ehren,
ich geb dir tröstend einen letzten Kuss.
Doch die Erfahrung will mich schmerzlich lehren,
dass ich in diesem Rahmen weiter flattern muss.