'Der Duft von Sandelholz' - Seiten 357 - 461

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    dass sie von sich selbst im Inneren, trotz aller Verehrung anderer, nicht wirklich überzeugt war.


    Das glaube ich nun gar nicht! Aber klar, Lamont ist reizvoll, weil er sie nicht angebetet hat wie die anderen, und weil sie sicher spürte, dass er ihr ebenbürtig bis überlegen ist (und Franzose! und ein MäcHecht!).


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Aber an Liebe glaube ich eigentlich nicht.


    kommt darauf an, was Charlotte darunter versteht... ich glaube schon, dass es merkwürdige Auffassungen von Liebe gibt (gibt ja auch Frauen, die sich bereitwillig in Beziehungen mit sado-masochistischen Zügen begeben). Ich weiß es nicht wirklich - ich würde es auf jeden Fall unter "amour fou" bezeichnen - aber auch das enthält ja das Wort "Liebe"

  • Zitat

    Original von Nicole


    Das glaube ich nun gar nicht!


    Das Charlottes Selbstbewusstsein nicht unerschütterbar ist, schließe ich daraus, wie sie sich über Richards Zuneigung zu Elisha ärgert


    Natürlich, von Natur aus hat sie keinen Minderwertigkeitskomplex, im Gegenteil. Leider wirkt sich dass bei ihr zu ihren Ungunsten aus!

  • @ Herr Palomar


    für mich liegt darin u.a. auch die Tragik von Charlotte begründet: dass sie allein auf ihre äußerliche Schönheit setzt - ohne sich dessen bewußt zu sein, dass diese vergänglich ist. Ich glaube, darüber hatte sie nie nachgedacht - bis sie dann damit konfrontiert wird, dass diese nicht ewig währt und andere Werte da mehr Bestand haben.(Richard spricht das auch auf S. 636 aus).
    Dumm, eigentlich, ja, aber ich glaube, sie hat es auch nie anders gelernt, und es entspricht auch der damaligen Zeit. Die Schönheit einer Frau war neben Herkunft und Tugend (und so ein paar Dingen wie Handarbeit und Musizieren) das Kapital einer Frau.
    Ich stelle mir Charlotte als Kind schon sehr hübsch vor, und von jeher wird sie von allen Seiten gehört haben "Wie hübsch die Kleine doch ist - lass Dich mal ansehen! Bist Du aber ein süsses Mädchen!". Das kann einen schon ganz schön verderben...


    Charlotte betrachtet männliche Gunstbezeigungen gänzlich als ihr Monopol (es ist ja auch das einzige, was sie hat!) - und wird stutenbissig, wenn diese ihr von einer anderen Frau streitig gemacht wird. Besonders um Elisha, die ja auch von ihrer beider Vater bevorzugt wird.



    Zitat

    Original von grinseengel
    Beide müssen sich gegenseitig immer wieder erobern und bestätigen, dass reizt sie vielleicht beide.


    Ja, ich glaube auch, beide lieben diesen Machtkampf (und das macht die entsprechenden Szenen auch so spannend, wie ich finde! :grin ). aber gleichzeitig fühle ich mich unwohl dabei, weil ich ahne, dass das niemals einen friedlichen Ausgang nehmen kann... :-(

  • In diesem Abschnitt gehts aber wirklich ab, mein lieber Herr Gesangsverein!


    Ich habe mehr als einmal drei Kreuze geschlagen, daß ich nicht in dieser Zeit leben muß und ein relativ selbstbestimmtes Leben führen darf.


    Welche Beziehung stimmt eigentlich noch so?


    Elishas Eltern - naja, so halbwegs. Aber auch sie haben ihre Differenzen und er hat eindeutig, wie es sich gehört, die Hosen an. Doch sie versteht es, raffiniert im Hintergrund ihre egoistischen Interessen zu waren.


    Maureen und Ernest - sie kann einem wirklich leidtun. Ernest ist ein A.... und ein feiges noch dazu (aber ich glaube, die betreffenden Szenen dazu kommen erst im nächsten Abschnitt, bei dem ich bereits angekommen bin)


    Elisha und Damien - tja, vielleicht würde diese Beziehung ja stimmen, wenn die beiden sie nur leben dürften. Warum Elishas Vater aber so dagegen ist, die Beziehung legalisieren zu lassen, leuchtet mir nicht ein. Verletzter Stolz? Denn im Falle einer Heirat würde die Schmach doch irgendwann verblassen. So aber bleibt Elisha erst einmal das gefallene Mädchen und wird gesellschaftlich geächtet.


    Charlotte und ihr Mann - nach außen hin sieht es ja in Ordnung aus. Aber ich bin gespannt, was er dazu sagt, wenn er erst erfährt, daß er riesengroße Hörner trägt und vor allem auch, von WEM sie ihm aufgesetzt wurden. Das wird noch böööööse enden *prohezei*


    Hm. Bleiben eigentlich nur noch Jonah und May. Wenigstens da scheint sich ein Happy End anzubahnen.


    Ich meine, wir werden sicher mehr Happy Ends zu lesen bekommen als das zwischen Jonah und May (hoffentlich! ;-) ), aber im Moment kracht es an allen Ecken und Enden. :wow

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von grinseengel
    Kann es , wo es ums gewinnen geht, auch um Liebe gehen?
    Bei einem "Kampf" muss einer verlieren, in der Liebe gewinnen beide.


    hmmm, das klingt jetzt für mich sehr idealistisch... :gruebel schön wär's, und ich als hoffnungslose Romantikerin sehe das eigentlich auch so... :grin
    "Liebe" für sich genommen meint das sicher auch. Aber unter diesem Begriff finden sich so viele unterschiedliche bis gegensätzliche Spielarten, die ich vielleicht nicht als "Liebe" bezeichnen würde, während es die betreffenden Personen eventuell durchaus so empfinden.
    Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass in Beziehungen immer einer mehr liebt als der andere, und so im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass das sehr häufig tatsächlich zutrifft.
    Ich halte Liebe für das wohl größte Mysterium des Menschen, ungreifbar, unerklärbar und wohl nie ganz zu verstehen. Wahrscheinlich beschäftigt sie uns deshalb so sehr...


    Was Charlotte angeht: das war so eine Hypothese, und spätestens auf S. 553 oben konnte ich sie dann ja auch getrost verwerfen! :grin

  • Zitat

    Original von Batcat
    Warum Elishas Vater aber so dagegen ist, die Beziehung legalisieren zu lassen, leuchtet mir nicht ein. Verletzter Stolz? Denn im Falle einer Heirat würde die Schmach doch irgendwann verblassen. So aber bleibt Elisha erst einmal das gefallene Mädchen und wird gesellschaftlich geächtet.


    Im Text selbst findet sich eine Erklärung im nächsten Abschnitt, S. 463:


    Bisher hatte er vermieden, mit Elisha zu sprechen, aber die Frage, wie lange sie ihn hintergangen hatte, nagte an ihm (...)


    Ich selbst habe mir überlegt, ob es auch damit zu tun hatte, dass Elisha und Damien quasi inflagranti erwischt wurden. Auch wenn es Vätern grundsätzlich schon klar ist, dass Töchter - sobald erwachsen - Sex haben, glaube ich, dass diese Tatsache für sie ein schweres Problem darstellt - vor allem, wenn sie das auch nur andeutungsweise mit eigenen Augen ansehen müssen. :grin


    Könnte mal jemand diesen Calbraith Plant :hau???
    Was ein Widerling!!!:fetch


    Charlotte erhält einen Vorgeschmack dessen, was sie erwartet, sollte ihre Affaire auffliegen... warum lässt sie es dann nicht?? :bonk


    ah, da fällt mir ein: lt. wiki definierte sich eine amour fou folgendermaßen:


    Amour fou ist die Bezeichnung für eine Liebesbeziehung, die aufgrund ihrer Intensität und Leidenschaft zerstörerische Formen annimmt. Allgemeinere Bedeutung: Eine Liebe, die nach gewöhnlichen Maßstäben nicht vernünftig ist, da sie entweder keine Aussicht auf Bestand hat, oder nicht erkennbar ist, was die Verliebten auf Grund ihrer Gegensätzlichkeit (zum Beispiel Altersunterschied oder unterschiedlicher sozialer Status) miteinander verbindet.


    Ich glaube, das passt sehr gut auf die Affaire zwischen Charlotte und Lamont...


    EDIT: ah, hatte ich vergessen... auf S. 448, als Jack Damien schwören lassen will, dass er Elisha unberührt gelassen hat - wie hilfreich wäre da jetzt eine klitzekleine Lüge gewesen!
    Damien lügt aber nicht, udn einerseits möchte ich ihn vors Schienenbein treten dafür - und gleichzeitig bin ich froh, dass er nicht lügt - auch wenn das für ihn und Elisha so schwerwiegende Folgen haben wird...

  • Jetzt bin ich auch an diesem Kapitelende angekommen. Ich bin noch ganz benommen, als ob ich direkt dabei gewesen wäre. Was für ein Drama! Ich konnte gar nicht mehr so schnell lesen, wie ich wollte (und ich kann ziemlich schnell lesen).


    Was für eine Katastrophe, die ja eine doppelte ist: Elisha und Damien einerseits sowie Maureen andererseits. Die Männer (und Frauen wie Claire) jener Zeit werden mir mit ihren geradezu unverschämten Verhaltensweisen und Ansprüchen immer unsympathischer :fetch (gut, ich weiß, ich urteile nach heutigen Maßstäben, aber trotzdem *mit dem Fuß aufstampf*).


    Davon abgesehen ist das ganze umheimlich gut ge- und beschrieben. Ich konnte mir alles mehr als nur gut vorstellen und habe die Schreie und das Türknallen förmlich gehört. Die Handlungen der einzelnen Personen sind in sich schlüssig, man konnte das - trotz allem - fast so erwarten.


    Zitat

    Laila
    Ich ordne sie als historische Gesellschaftsromane ein.


    Eine für meine Begriffe sehr treffende Einordnung. Denn ich habe das Gefühl, daß neben den Protagonisten, deren Geschichte erzählt wird, es darum geht, die damalige Gesellschaftsordnung darzustellen. Das ist mir in der Form bisher noch nicht begegnet, und ich bin wirklich froh, noch nachträglich eingestiegen zu sein. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    JaneDoe
    Es ist doch unverantwortlich, daß eine Mutter ihre Tochter so völlig unaufgeklärt in eine Ehe entläßt.


    Na ja, das soll in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch noch vorgekommen sein, und nicht nur in Indien ...


    Zitat

    JaneDoe
    Am Ende dieses Abschnitts tut mir Elisha nun entsetzlich leid...


    Mir auch, und Damien ist in meiner Achtung gestiegen, daß er sich wirklich zu Elisha bekannt hat, wissend, was das für Folgen hat. Und auch, daß er erst seine bisherige Verlobte eingeweiht hat und das ganze so hinstellen wollte, daß praktisch die „Schuld“ der Auflösung der Verlobung auf seinen Schultern landet, ist sehr anständig.


    Zitat

    Batcat
    Warum Elishas Vater aber so dagegen ist, die Beziehung legalisieren zu lassen, leuchtet mir nicht ein.


    :write

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Was mir in diesem Buch mal wieder auffiel: Zu jener Zeit waren ja Gespräche über "körperliche" Dinge wie Krankheiten (Iiiiiiiiiiiiiiiih!), Menstruation (Gott bewahre!) oder gar Sex (*in Ohnmacht fall*) allerstrengstes Tabu. Selbst unter Freundinnen oder zwischen Mutter und Tochter wurde so etwas wenn überhaupt, dann nur andeutungsweise angesprochen.


    Ich finde es absolut unverantwortlich, daß vor allem Frauen (Männer durften sich ja die Hörner abstoßen!) völlig unwissend um diese Dinge in die Ehe entlassen wurden. Als May ihre erste Periode bekommt und zu sterben meint, war ich schockiert. Auch als Maureen in der Hochzeitsnacht völlig ohne Vorwarnung von Ernest überfallen wurde (gut, er ist ein ausgemachtes A....) - schlimm ist das. Mit ein bißchen weniger Verklemmtheit hätte man sich damals so manches einfacher machen können. Aber gut, so waren die Zeiten. Die gute alte Zeit? Ich wage zu zweifeln.


    @ Nicole


    Ich schließe mich Dir an, was Calbraith angeht. :hau Doch ich bin mir sicher, irgendwann muß auch er bitter für sein Tun bezahlen - und sei es nur in meinem Kopf. ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Ich schließe mich Dir an, was Calbraith angeht. :hau Doch ich bin mir sicher, irgendwann muß auch er bitter für sein Tun bezahlen - und sei es nur in meinem Kopf. ;-)


    Leider ist es oft so, dass solche tyrannischen Machtmenschen, wenn sie wirklich einmal bezahlen müssen, vorher jahrzehntelang geherrscht und ihren Willen dauerhaft durchgesetzt haben.


    Calbraith verstehe ich wirklich nicht, da Damien als intelligenter Mann uind Arzt vorbildlich ist.
    Was verlangt Calbraith denn noch?


  • Was ich ein absolutes Ding der Unmöglichkeit finde ist, wie seinerzeit mit eigentlich schon erwachsenen Kindern verfahren wurde. Sowohl bei Elisha als auch bei Damien wird ja einfach ohne Absprache die Hochzeit verkündet. Bei Damien guckt ja auch seine (Ex-)Verlobte aus gutem Grund dumm aus der Wäsche. :wow Bodenlos, so etwas.


    Jane Marchand hat übrigens für mich im Verlauf der Geschichte gewonnen. Erst fand ich es anmaßend von ihr, bereits mit ihren und Damiens Eltern die Wohnfrage etc. ohne Rücksprache mit Damien geplant zu haben. Doch später finde ich, daß sie eine pragmatische und vernünftig denkende, sympathische Frau ist. Sie, die eigentlich die Leidtragende von Damiens abweichenden Lebenswünschen ist, geht von allen Personen am Besten damit um. Chapeau!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Leider ist es oft so, dass solche tyrannischen Machtmenschen, wenn sie wirklich einmal bezahlen müssen, vorher jahrzehntelang geherrscht und ihren Willen dauerhaft durchgesetzt haben.


    deprimierender Gedanke... :-( aber ich fürchte, das ist tatsächlich nun einmal so. Das Schlimme daran ist: Calbraith ist sich dessen gar nicht bewusst, wähnt sich absolut im Recht.



    Zitat

    Original von Batcat
    Jane Marchand hat übrigens für mich im Verlauf der Geschichte gewonnen. Erst fand ich es anmaßend von ihr, bereits mit ihren und Damiens Eltern die Wohnfrage etc. ohne Rücksprache mit Damien geplant zu haben. Doch später finde ich, daß sie eine pragmatische und vernünftig denkende, sympathische Frau ist. Sie, die eigentlich die Leidtragende von Damiens abweichenden Lebenswünschen ist, geht von allen Personen am Besten damit um. Chapeau!


    :write

  • Ja, in diesem Abschnitt passierte wirklich einiges.


    Am schlimmsten fand ich den Verrat an Maureen durch ihren eigenen Vater (S.456 ff). Anstatt ihr beizustehen, wie sie es verdient hätte, zerrt er sie zu ihrem Ehemann und liefert sie aus. Maureens Unwissenheit fand ich schrecklich, ebenso wie Mays, die glaubte, sterben zu müssen, obwohl sie nur ihre Monatsblutung bekommen hat.


    Ich bin wirklich froh, heututage leben zu dürfen.


    Jack fühlt sich von seiner Lieblingstochter ebenso verraten, weil er ihr ziemlich viele Freiheiten gelassen hat und sie sie (in seinen Augen) ausgenutzt hat. Ich kann seine Wut nachvollziehen, vor allem, weil sein gesellschaftlicher Stand zumindest angekratzt ist.


  • Vor allem stelle ich mir diese Zeit in gesellschaftlicher Isolation absolut grauenhaft vor. Da braucht es schon eine starke Persönlichkeit, dies zu überstehen ohne wahnsinnig zu werden.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Vor allem stelle ich mir diese Zeit in gesellschaftlicher Isolation absolut grauenhaft vor. Da braucht es schon eine starke Persönlichkeit, dies zu überstehen ohne wahnsinnig zu werden.


    Das stimmt. Ich finde diese Art der Bestrafung absolut unmenschlich. Drei Jahre völlige Isolation! Wie hält man das denn auf die Dauer aus? Ich könnte das nicht. Aber sie hatte dann ja ein paar Wochen etwas Ablenkung.

  • Es gibt Menschen die Überstehen 15 Jahre Gefägnis ohne "Dachschaden" oder fünf Jahre KZ, da war das doch eher Luxusknast als Isolationsfolter, alle Bediensteten, die Bücher und das große Haus waren schliesslich da und gut versorgt war sie auch.

  • Zitat

    Schwarzes Schaf
    Drei Jahre völlige Isolation! Wie hält man das denn auf die Dauer aus?


    Nun ja, mit einer ausreichenden (!) Anzahl Bücher, CD, und für die Abwechslung auch DVD könnte ich mir das schon vorstellen!

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")