Der König der Raben, Stephen R. Lawhead, Originaltitel "Hood", Übersetz. Rainer Schuhmacher, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach, 2007, ISBN 978-3-7857-2276-3, 22,95 €
Zum Autor: lt. Klappentext
Stephen Lawhead wurde 1950 in Kearney, Nebraska, geborgen. Seine ersten Romane waren Fantasy-Sagas um König Artus und die keltische Mythoogie. Um dem Ort seiner Quellen näher zu sein, war er inzwischen nach Englang, in die Gegend von Oxford, gezogen. Der erste Roman seiner Kreuzzugstrilogie, "Der Sohn des Kreuzfahrers" gefolgt von "Der Gast des Kalifen" und "Die Tochter des Pilgers", machte ihn in Deutschland auch als Autor historischer Romane bekannt. Stephen Lawhead lebt heute, nach einer Zeit in Mittersill, Österreich, wahlweise in den USA und in England (Oxford).
Nützliche Links:
Homepage des Autors (englisch)
Robin Hood bei Wikipedia
Romane über Robin Hood
Meine Meinung:
Nicht alle Bücher, die ich von Stephen R. Lawhead gelesen habe, empfand ich bisher als Glücksgriff, so hatte die Kreuzfahrer-Trilogie einige Länge, während ich seinen historischen Roman „Aidan“ sehr genossen habe. Aber als ich das Thema von „Der König der Raben“ erfahren habe, wusste ich, dass ich es gleich nach Erscheinen lesen würde. Stephen R. Lawhead versucht in seinem Roman „Der König der Raben“ der Legende von Robin Hood auf den Grund zu gehen und die Geschichte so zu erzählen, wie sie wirklich geschehen sein könnte.
Lawhead überrascht seine Leser gleich zu Beginn damit, die Geschichte im 11. Jahrhundert in Wales und nicht im Sherwood Forrest anzusiedeln, und den ehrenhaften Geächteten als frühen britischen Freiheitskämpfer dazustellen. Die Gründe dafür erläutert der Autor in einem ausführlichen, interessanten Anhang.
Der junge lebenslustige Bran ap Brychan ist der Thronfolger des kleinen walisischen Königreichs Elfael. Sein idyllisches Leben ändert sich abrupt als Graf Falkes de Braose, Vasall von König William Rufus, mit seiner Truppe normannischer Krieger in Elfael eindringt und in einem kurzen, brutalen Kampf Brans Vater und dessen Krieger tötet. Bran wird vom rechtmäßigen Thronfolger zum Gejagten, eine Rolle, auf die er nicht vorbereitet ist und der er auch nicht gewachsen ist. Er beschließt sein Land und sein Volk zu verlassen. Auf der Flucht wird er lebensgefährlich verwundet. In den Wäldern von Elfael findet ihn die Heilerin Angharad, die ihn pflegt und ihn in seinem Genesungsprozess, der gleichzeitig zum Reifungsprozess wird, unterstützt. In der Zwischenzeit werden die Zustände in Elfael immer schlimmer, die verbliebenen Bewohner werden von Graf Falkes de Braose unterdrückt und regelrecht versklavt. Wieder gesundet nimmt Bran mit einer kleinen Gefährtengruppe den Kampf gegen die Unterdrücker auf und der Weg, als „Der König der Raben“ zu einem Symbol für die Freiheit seines Volkes zu werden, nimmt seinen Lauf...
Kennt man die Legende von Robin Hood, findet man in „Der König der Raben“ die wesentlichen Elemente dieser Legende wieder – alles andere wäre allerdings auch reichlich seltsam. Dennoch gelingt es Stephen R. Lawhead eine bekannte Geschichte anders als gewohnt, stimmig und interessant zu erzählen. Die Theorie auf der er seine Geschichte aufbaut, erscheint durchaus logisch und wird von ihm erzählerisch konsequent umgesetzt. Lawhead entwickelt seine Charaktere im Verlauf der Erzählung. Insbesondere Bran lernt der Leser zunächst als eher unsympathischen Anti-Helden kennen und auch in der weiteren Entwicklung zeigt er ihn deutlich anders als den glorifizierten Strumpfhosenhelden meiner Jugend. Das Agieren des Rabenkönigs und seiner Gefährten ist raffinierter als in der Legende, aber auch deutlich brutaler. Lawhead erzählt seine Geschichte in einer schlichten, schnörkellosen und unpoetischen, aber fließenden Sprache, so dass sich sein Roman stets gut lesen lässt.
Der Lübbe-Verlag hat den historischen Roman „Der König der Raben“ zur Freude seiner Leser sehr schön ausgestattet. Unter dem Schutzumschlag verbirgt sich ein dunkelgrüner Einband mit einer filzartigen Struktur in die ein Blatt eingeprägt ist. Die fünf Teile des Romans und der Prolog sind mit sehr schönen Illustrationen von Tina Dreher versehen. Außer dem Nachwort des Autors ist dem Roman eine hilfreiche Karte und eine aufschlussreiche Anmerkung zur Aussprache der walisischen Wörter und Namen beigefügt.
Ich habe „Der König der Raben“ rasch verschlungen, umso größer war meine Freude, als ich entdeckt habe, dass es sich dabei um den ersten Band einer Trilogie handelt! So ist es auch nicht verwunderlich, dass der erste Band einiges Potential für Folgebände beinhaltet und offen lässt. Dem englischen Originaltitel „Hood“, der in der deutschen Übersetzung von Rainer Schuhmacher mit „Der König der Raben“ vorliegt, wird im Sommer 2007 das englische Original des zweiten Bands mit dem Titel „Scarlet“ folgen. Ich hoffe, dass Lübbe uns nicht allzu lange auf die deutsche Übersetzung warten lässt.