74 Jahre nach dem 10. Mai 1933 (Bücherverbrennung)

  • Heute vor 74 Jahren brannten die Bücher in Deutschland. Leider einer dieser Jahrestage, an den sich kaum noch jemand erinnert. Fragt man heute die Leute auf der Straße nach diesem Tag, bekommt man zumeist nicht mehr als ein Achselzucken zur Antwort.


    Auch vor 74 Jahren wurde diese Aktion der Nazis von den Menschen widerspruchslos hingenommen. Bücher verbrennt man dann, wenn man die Wahrheit fürchtet, wenn man kritische Gedanken vernichten will. Und ich bin mir sicher, auch heute würde niemand sich großartig über eine solche Aktion aufregen – es gibt halt wichtigere Sachen: Wer wird Deutschlands Superstar? Wer wird das neue Topmodel? All das sind Dinge, die wohl offensichtlich wichtiger als Bücher sind – und vor allen wichtiger als die in den Büchern enthaltenen Gedanken.


    Niemand regt sich auf, wenn von Seiten des Staates versucht wird, den Bürger rundum auszuhorchen, ihn wirklich gläsern zu machen – und bald wird diese Regierung wohl auch damit anfangen, ihr missliebige Autoren und Bücher auf legalem Wege zu entsorgen. Warum nicht auch eine symbolische Bücherverbrennung unter Leitung des Rollstuhl fahrenden Herrn Minister Dr. Schäuble, diesem Scharfmacher der deutschen Politik.


    Juristen, als dem Kadavergehorsam zugeneigte Vasallen der Obrigkeit, werden sicher die richtigen Mittel und Wege finden hier, dass nach subjektivem Recht alles legal ist. Und irgendwann wird man vielleicht sagen: „Was damals Recht war kann heute nicht Unrecht sein.“.


    Vielleicht sind es heute nicht Kästner, Tucholsky, die Gebrüder Mann usw, die man verbrennt, heute werden es wahrscheinlich Walser, Lenz, Grass, vielleicht auch Liehr, sein, die man zum Anheizen des Weges in die gelenkte Demokratie verwendet.


    Und machen wir uns doch nichts vor, die „Bücherverbrennung“ hat doch längst begonnen. Oberflächlichkeit ist doch schon seit langem Programm. Dinge, die einen gewissen Anspruch haben, werden durch die Anspruchslosigkeit zugedeckt und ihnen wird die Luft zum Atmen genommen. Auf dem Wege in die Mainstreamgesellschaft – wir merkeln, stoibern, becken und schmidteln uns so durch den Tag. Und dann, am Abend, da wird geschäublet!


    Wir sind wieder soweit, bereit zur Bücherverbrennung!


    Ein paar ungeordnete Gedanken, dafür bitte ich um Vergebung – für das Thema als solches nicht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich bin nicht Deiner Meinung.


    Wir haben hier Meinungsfreiheit und gerade in meiner Heimat stelle ich immer wieder fest, daß die Menschen aufstehen, wenn es angebracht ist (sei es durch Lichterketten, Demos gegen Neonazis oder jüngst - unpolitischer, aber trotzdem haben alle mitgemacht - die Aktionen wegen der Schließung der AEG durch Electrolux). Den - nennen wir es mal vereinfacht so - Trend, den Du anprangerst, kann ich so nicht bei uns erkennen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Sicherlich besteht eine Gefahr, wenn man solchen "kreativen" Juristen wie Otto Schilly oder Wolfgang Schäuble freie Hand lässt. Was mich viel mehr stört, ist das die meisten Bürger sich über die Dinge wie im Pass integrierte Chips, informationsübertragende Waren etc. Gedanken machen. Bücherverbrennung als solche ist viel zu wenig subtil für unsere Zeit. Bücherverbrennung als Informationsentzug ist nicht mehr nötig. Die Phänomene die Voltaire beschreibt sind Bestandteile des Gegenteils - Informations- und Datenüberflutung führen dazu, dass das wesentliche nicht mehr erfast, bzw. nicht mehr reflektiert wird. Eine Information wird sofort durch die nächste verdrängt, bevor sie sich festhängt.


    Zensur in heutiger Zeit kann man da eher noch- wenn auch schon wieder erheblich veraltet von vor zwanzig Jahren aus den Anleitungen der Stasi lernen- Auftritt im kleinen Kreis als Hofnarr unter konkreter Überwachung, okay, auch wenn nötig kleine Auftritte in überwachbarem Rahmen bis Hallengröße, wenn unvermeidbar noch Radioaufzeichnungen - oder Film (den kann man noch aus dem Verkehr ziehen, oder Publikumsreaktionen im Kino beobachten)- aber nie im Fernsehen oder Radio live- unkontrollierbares nur für Leute, die man nicht kontrollieren muß.


    Auch solche Methoden sind aber aus vor I-Netzeiten und damit nur für einen Teil des menschlichen Spektrums anwendbar.


    Was mich an deinem Post aber erheblich ärgert ist, dass du mit einem unnötigem argumentum ad personam dich selbst diskreditierst. Einem Attentatsopfer wie Wolfgang Schäuble die Tatsache, dass es im Rollstuhl sitzt, als Unwerturteil anzuhängen ist ziemlich daneben. Bereits Otto Schilly (Jurist) hat mit seinem Kanzler Schröder (Jurist) und seinem Freund aus Bayern Innenminister Beckstein (Jurist) Sicherheitsgesetze erfunden, die Freiheitsrechte erheblich beeinträchtigen - und Herrn Schäuble jetzt als Scharfmacher zu bezeichnen, weil er versucht unter Herrn Schilly gescheiterte Gesetze erneut durchzubringen ist einfach kontraproduktiv, da es die vernünftige Diskussion um des berechtigte Anliegen stört.

  • Voltaire : vielen Dank für deinen Beitrag. Ich halte es für wichtig, immer wieder zu erinnern und Zeichen zu setzen gegen den Rechtsextremismus.
    Ausländerfeindliche Parolen, der Zuspruch zur NPD (in den letzten Wochen verstärkt in den Schlagzeilen Sachsen-Anhalt) und neue Strategien der Neonazis, mit denen sie ihre Gegner zum Schweigen bringen wollen, sollten uns sehr wohl aufhorchen lassen und immer wieder zum Überprüfen unseres eigenen Verhaltens in Richtung couragiertem Verhalten gegen rechts und Fremdenfeindlichkeit animieren.
    Batcat : Mit deiner Heimat ist Nirgendwo dann wohl Bayern?
    Was die Meinungsfreiheit anbelangt: Die haben wir, sicher. Selbst, wenn wir sie nicht öffentlich herausposaunen, der Staat weiß Bescheid, wie die Nachrichten der letzten Tage bewiesen haben: unsere privaten Festplatten werden schon seit 2005 ausspioniert: Wenn das kein Grund zur Unruhe ist!
    Gruß an Orwell!
    Corinna

  • Zitat

    Original von Corinna
    Unsere Eule Corinna Luedtke hat heute in Hannover eine Lesung zu diesem Thema, Näheres dazu siehe hier!


    Liebe Corinna,


    da du auf meine Lesung hingewiesen hast an diesem besondern Tag, dem Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten, möchte ich ein wenig davon berichten.


    Gemeinsam mit dem Schauspieler Wolfgang Scheiner habe ich Textpassagen aus meinem Roman vorgetragen, die mit den jüdischen Dichtern Else Lasker-Schüler, Erich Mühsam und Kurt Hiller zu tun haben und im Anschluss daran deren Gedichte und Biografien vorgestellt.
    Unser Publikum bestand aus fünf 9. KLassen der IGS Hannover-Linden. Beeindruckend war, dass sie alle, ungefähr 130 Schüler - 70 Minuten lang inkl. Musik - konzentriert zugehört haben. Und das bei einer wahrhaftig nicht leicht zu konsumierenden Lesung.
    Was wir "rüberbringen" wollten, ist durch mehrfachen Applaus mit Pfeifen und Füßetrampeln zurückgekommen. Das war überwältigend, nicht weil ich nun meine, dass dieser Applaus uns galt, sondern in erster Linie der Vorstellung der Schicksale dieser drei "verbrannten" / verfemten Schriftsteller, die Herr Scheiner und ich in Erinnerung gebracht haben.
    Die Jugendlichen dort waren vor Kurzem eine Woche lang in Bergen-Belsen. Sie pflegen eine Patenschaft zu dieser Gedenkstätte und waren dadurch und auch durch den Unterricht engagierter Lehrer über den Nationalsozialismus informiert.
    Auch die Leher sind gefragt, die IGS Linden geht da mit gutem Beispiel voran.


    Beste Grüße
    Corinna


    Bin nicht sicher, ob der Beitrag hier richtig gepostet ist - dann bitte verschieben.

  • Ich glaube, es dauert nicht mehr lange bis gewisse Bücher oder Schriften wieder verboten werden, nur weil die Meinung, die in diese vetreten, nicht der Meinung der herrschenden Klasse entspricht.
    Wir leben mittlerweile in einem Überwachungsstaat, der ausgerechnet von einem (S)PD- Mitglied auf den Weg gebracht wurde, dem ehemaligen Grünen, Otto Schily.
    Dieser jetzige Innen(Überwachungsstaat-)minister ist ein Abbild des Dr. Hinkefuß (Goebbels). Es werden leider wieder Bücher brennen.
    Wir werden wohl einen Rückfall in das sogennante Dunkle Nittelalter erleben, in dem Schriften, die der Kirche nicht gefielen, einfach verleugnet wurden. Schade ;-(

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Hallo Corinna


    dann kennst Du eventl. dieses Buch auch: DIE VERBRANNTN DICHTER von Jürgen Serke
    Ich habe es zwar schon einmal hier im Eulenforum vorgestellt. Aber ich denke, dass ich das sicher noch einmal tun darf....denn es passt so gut in diesen Thread....


    Kurzbeschreibung v. Amazon
    Dieses Buch ist eine Jubiläumsausgabe, aktualisiert und erweitert, versehen mit einer CD, auf der Angela Winkler, Christian Quadflieg und Otto Sander Texte der "verbrannten Dichter" lesen.
    Von wenigen Ausnahmen abgesehen, blieb die Wiederentdeckung der von den Nazis 1933 verbotenen Dichter nach 1945 aus - die Bücherverbrennung wirkte nachhaltig weiter. Jürgen Serke ging den Spuren verfolgter, vergessener und verdrängter Autoren und Autorinnen nach. Entstanden ist eine eindrucksvolle Dokumentation einer zweimal totgeschwiegenen Dichtergeneration, die zu einem unverzichtbaren Werk geworden ist. In der Verknüpfung der Lebenswege von rund 30 Autorinnen und Autoren mit persönlichen Zeugnissen, Texten, dokumentarischem Bildmaterial bleiben diese Literatur und deren Dichter lebendig. Das Buch wurde vor 25 Jahren erstmals im Programm Beltz & Gelberg veröffentlicht. Seither war es ununterbrochen lieferbar. Jetzt erscheint der Band in einer Jubiläumsausgabe mit einem Vorwort von Prof. Jakob Hessing, einem aktualisierten Nachwort von Jürgen Serke und einer ergänzten Bibliographie. Weiteres Novum: Dem Buch liegt erstmals eine CD mit Texten "verbrannter und verbannter Dichter" bei. Es lesen Otto Sander, Christian Quadflieg und Maria Winkler aus den WErken von Carl Einstein, Max Herrmann Neiße, Albert Ehrenstein, Ernst Toller, Yvan Goll, Jakob Haringer und Else Lasker-Schüler.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von beowulf
    ät sirius black


    siehe hier.


    Ich glaube nicht, das mein Beitrag von Paranoia getseuert wurde.

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Zu dem Thema Bücherverbrennung fallen mir spontan zwei Dinge ein:



    "Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen." von Heinrich Heine aus seiner Tragödie "Almansor" (1821).


    "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury (Since Fiction - 1953). Das ist genau die Temperatur bei der Papier brennt.

  • Hallo Joan,


    vielen Dank für deinen Tipp. Das Buch von Jürgen Serke kenne ich gut. Es diente mir u. a. auch zur Recherche zu meinem Roman. Davor habe ich es schon in meiner alten Buchhändlerzeit sehr geschätzt.
    Auch bei der Lesung gestern war dieses Buch u. a. die Grundlage für die biografischen Informationen, die wir weitergegeben haben.
    Dass diese Ausgabe nun mit CD erhältlich ist, ist eine wunderbare Ergänzung. Und auch ich finde es absolut empfhlenswert.


    Beste Grüße
    Corinna

  • @ Beowulf / Sirius Black


    Ich würde es sicherlich nicht so formulieren wie Sirius Black, manche Vergleiche/Bilder nicht benutzen und würde bezogen auf heutige Politiker nicht zwischen den Parteien unterscheiden, da die sich im Wesentlichen einig sind. Aber der Tendenz des Beitrages von Sirius Black kann ich nur voll und ganz zustimmen. Insofern ist mir der Hinweis auf den Wikipedia-Artikel nicht verständlich.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich bleibe dabei, das das öffentliche Verbrennen von Büchern mit Sprüchen: "Ich übergebe den Flammen die Werke von.." heute einfach nicht mehr bei den Bürgern auf Resonanz stossen würden und Politiker sind Medienkünstler, ohne Effekt passiert da nichts und Flammenmythologie ist derzeit nicht "in" und das sich das ändert sehe ich nicht.


    Das Thema, das Voltaire ansprechen wollte, (dazu mein erster Post in diesem Fred) ist viel zu wichtig um es an Parteipolitik und Personendiffamierung festzumachen- es ist ein Problem der Nichtproblembewußten und natürlich auch ein Problem, dass alte Sprüche wie "Freiheit statt Sozialismus" durch neue Wahrheiten scheinbare "Sicherheit statt Freiheit" ersetzt werden.


    Natürlich muß man auch Meinungen wie BJ´s berufliche Perspektive einbeziehen- Freiheit wovon und wozu- doch sicherlich nicht dazu ungestört Straftaten zu begehen. Genau darum ist die Diskussion so kompliziert und muß mit Behutsamkeit, nicht mit schwerem Säbel oder Holzhammer geführt werden.


    Alles nach dem alten Spruch: qiusqid ages, prudenter agas et respice finem.
    Was immer du tust, tue es mit Weisheit und bedenke das Ende.


    Und mit der modernen Technik ist es eben möglich ein lückenloses Bewegungsprofil, Gesprächsprofil und Verhaltensprofil eines Menschen anzulegen. Es muß also einfach (wenns den einfach wäre) verhindert werden, das nicht alles was machbar ist auch gemacht wird.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • @ Beowulf


    Danke für die durchachte Antwort. Habe einen sehr vollen Tag im Büro vor mir, so daß ich mich jetzt nicht mit der notwendigen Ruhe und Sorgfalt diesem Thema widmen kann (der Versand muß raus und die Post warten mit ihren Schlußzeiten nicht). Drum jetzt nur die Bitte um etwas Geduld, werde mich später am Tag, evtl. erst am Abend, hier „einlesen“ und mich dann nochmals melden. Danke.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich bleibe dabei, das das öffentliche Verbrennen von Büchern mit Sprüchen: "Ich übergebe den Flammen die Werke von.." heute einfach nicht mehr bei den Bürgern auf Resonanz stossen würden und Politiker sind Medienkünstler, ohne Effekt passiert da nichts und Flammenmythologie ist derzeit nicht "in" und das sich das ändert sehe ich nicht.


    So ganz glaube ich das nicht. Bitte erinnere dich an das Verbrennen der Deutschlandfahne im Irak im September letzten Jahres. Die Demonstranten waren recht begeistert von ihrer Aktion, wenn ich mich recht erinnere. Ist zwar ein weiteres Themenfeld, aber geht doch auch in Richtung Flammenmythologie, oder?

  • Ich habe nun in Ruhe nochmals alle Posts aus diesem Fred durchgelesen. Ein in der Tat schwieriges Thema, bei dem man leicht auf dünnes, auf sehr dünnes Eis geraten kann, gerade hier in Deutschland. In der Hoffnung, nun nicht einzubrechen, will ich auf ein paar Sätze eingehen.


    Zitat

    Beowulf
    Ich bleibe dabei, das das öffentliche Verbrennen von Büchern mit Sprüchen: "Ich übergebe den Flammen die Werke von.." heute einfach nicht mehr bei den Bürgern auf Resonanz stossen würden und Politiker sind Medienkünstler, ohne Effekt passiert da nichts und Flammenmythologie ist derzeit nicht "in" und das sich das ändert sehe ich nicht.


    Da bin ich mir nicht so sicher. Man würde vielleicht eine andere Formulierung gebrauchen, aber so prinzipiell würde ich das nicht ausschließen. Ich habe vor etwa 23 Jahren selbst in zwei verschiedenen Städten in Festzelten „Sieg Heil“ Rufe erlebt. An das erste Mal kann ich mich noch genau erinnern. Einer der Musiker rief zunächst „Zickezacke heu heu heu“ - und nach dem dritten Mal dann einfach „Sieg“ mit der prompten Antwort „Heil“ aus dem Publikum. Erst nach dem dritten Mal wurde es plötzlich totenstill als realisiert wurde, was da passiert war. Mit den „richtigen“ Leuten da vorne halte ich auch heute noch so gut wie alles für möglich.


    Politiker sind Medienkünstler - das stimme ich so absolut zu, daß dem nichts mehr hinzuzufügen ist. Außer, daß eben genau das unser Problem ist.


    Zitat

    Beowulf
    Das Thema, das Voltaire ansprechen wollte, (dazu mein erster Post in diesem Fred) ist viel zu wichtig um es an Parteipolitik und Personendiffamierung festzumachen- es ist ein Problem der Nichtproblembewußten und natürlich auch ein Problem, dass alte Sprüche wie "Freiheit statt Sozialismus" durch neue Wahrheiten scheinbare "Sicherheit statt Freiheit" ersetzt werden.


    Daß es ein wichtiges Thema ist, sei überhaupt nicht bestritten. Und auch das folgende kann ich eigentlich nur unterschreiben. Aber dort liegt eben auch das Problem. „Nichtproblembewußten“ - besser kann man den Zustand der Mehrheit der heute hier lebenden Menschen nicht beschreiben. Und „alte Sprüche“ wie eben „Freiheit oder Sozialismus“ werden genau in diesem Jahr erschreckend aktuell - Stichwort Gesundheitsreformen, die Stück für Stück eben eine sozialistische Planwirtschaft einführen. Aber das ist ein anderes Thema, das nicht hierher gehört.


    Zitat

    Beowulf
    Es muß also einfach (wenns den einfach wäre) verhindert werden, das nicht alles was machbar ist auch gemacht wird.


    Die Hoffnung habe ich längst aufgegeben. In einer dermaßen wissenschaftsgläubigen (!) Gesellschaft wie der unseren WIRD alles gemacht, was machbar ist. Beispiel? Bisher wurde immer versichert, die Daten aus der Mauterhebung für LKW würden nur für die Maut und für nichts anderes verwendet. Heute kam eine Meldung in den Nachrichten, daß man eben diese Daten für die Verfolgung von Straftaten verwenden will. Wenn das Eis erst mal gebrochen ist...


    Kurz gesagt: was machbar ist, wird gemacht. Daten die da sind, werden verwendet.


    Zitat

    Beowulf
    Zensur in heutiger Zeit kann man da eher noch- wenn auch schon wieder erheblich veraltet von vor zwanzig Jahren aus den Anleitungen der Stasi lernen...


    Warum so weit zurück gehen? In der heutigen Ausgabe des „Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel“ ist eine kurze Meldung über die Abmahnungen gegen Random House sowie Buchhandlungen wegen des Bohlen-Buches. Nicht daß mich das Buch sonderlich interessiert, aber es ist ein typisches Beispiel der Methoden heutiger Zensur. Ich bin gespannt, wie lange es noch dauert, bis nur noch Themen zu Menschen, die mindestens 70 Jahre tot sind, in Büchern auftauchen.


    Das Post von Sirius Black mag polemisch und in manchen Vergleichen/Bildern unglücklich, vielleicht sogar daneben, in der Wortwahl ungeschickt, sein. Doch in der Tendenz des Beitrages vermag ich keine Paranoia zu erkennen.


    Je öfter ich mir das Post von Voltaire durchlese, um so mehr muß ich ihm zustimmen. Der Einwand

    Zitat

    Beowulf
    Einem Attentatsopfer wie Wolfgang Schäuble die Tatsache, dass es im Rollstuhl sitzt, als Unwerturteil anzuhängen ist ziemlich daneben.


    ist wohl gerechtfertigt, die Formulierung von Voltaire unglücklich. Aber in der Sache stimme ich Voltaire zu. Die Bücherverbrennung (im übertragenen Sinn) HAT längst begonnen, denn die „Nichtproblembewußten“ sind bei uns in der erdrückenden Mehrheit. Die Geschichte taugt für hehre Veranstaltungen, Asche-aufs-Haupt-streuen, Gedenktage. Aber aus der Geschichte hat man offensichtlich nichts gelernt. Und das ist es, was mir Angst macht.


    Und deshalb:

    Zitat

    Voltaire
    Wir sind wieder soweit, bereit zur Bücherverbrennung!


    :write :write :write

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hm. Weshalb sollte jemand heute noch Bücher verbrennen, wenn sie ohne den ganzen Feuer-Aufwand heute schon größtenteils nicht mehr gelesen - geschweige denn erinnert werden? Wäre von dem Standpunkt aus ein reiner Knieschuss. Schlafende Hunde weckt man nicht.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Vielleicht sind es heute nicht Kästner, Tucholsky, die Gebrüder Mann usw, die man verbrennt, heute werden es wahrscheinlich Walser, Lenz, Grass, vielleicht auch Liehr, sein, die man zum Anheizen des Weges in die gelenkte Demokratie verwendet.


    Stimmt. Das sind nämlich noch richtig wilde Kerls. :lache