Fragen an Thomas Finn

  • Hallo Tom,
    ich würde mich gerne mal wiederholen und eine Frage stellen, die ich in einer anderen Leserunde schon an den dortigen Autor gestellt habe (wenn's zu persönlich ist, muß ja nicht geantwortet werden ;-) ):


    Wie fühlt man sich eigentlich als Autor, wenn man - wie z. B. in dieser Leserunde - direkte Rückmeldung von Menschen erhält, die das, was man selbst erdacht und geschrieben hat, lesen und nun kommentieren? Muß man da aufpassen, wenn kritische Bemerkungen zum Text kommen, die nicht persönlich zu nehmen? Und können Rückmeldungen aus so einer Leserunde ggf. das weitere Schaffen beeinflussen?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Pelican
    ich habe Der Funke des Chronos sehr gerne gelesen. Ein wenig hat es mich an Tim Powers erinnert. Kennst Du Tim Powers, gibt es da eventuell Einflüsse?


    Ja, ich kenne Tom Powers und habe auch drei bis vier seiner Werke gelesen, die ich alle ob ihrer Skurrilität her sehr mochte. Ich weiß auch, dass einige Rezensenten gern stimmungsmäßige Parallelen zwischen Powers "Tore zu Anubis Reich" und dem "Funken" ziehen, die ich mir aber ehrlich gesagt nicht wirklich erklären kann. Vielleicht, weil es so wenige derartige Geschichten gibt?
    Der Funke des Chronos - und kurz darauf auch Das unendliche Licht - sind natürlich als Liebeserklärungen an meine Heimatstadt Hamburg zu verstehen. Ich hatte stets eher "Die Zeitmaschine" von H.G. Wells als grundsätzliche Vorlage und Inspirationsquelle für den Funken im Kopf.


    Zitat

    Arbeitest Du auch schon an einem neuen Roman außerhalb des All-Age-Bereichs (gewissemaßen für Gruftis :grin)?


    Ja, es gibt da einige Ideen, aber die rücken derzeit angesichts weiterer Vorhaben im Jugendbuchbereich in den Hintergrund. Vergessen sind sie aber nicht.


    Herzliche Grüße Tom

  • Zitat

    Original von SiCollier Wie fühlt man sich eigentlich als Autor, wenn man - wie z. B. in dieser Leserunde - direkte Rückmeldung von Menschen erhält, die das, was man selbst erdacht und geschrieben hat, lesen und nun kommentieren? Muß man da aufpassen, wenn kritische Bemerkungen zum Text kommen, die nicht persönlich zu nehmen? Und können Rückmeldungen aus so einer Leserunde ggf. das weitere Schaffen beeinflussen?


    Zunächst: Ich schreibe nicht allein für mich selbst, sondern weil ich den Anspruch verfolge, andere gut zu unterhalten. Das sage ich ganz offen, weil manche Kollegen gern Ersteres behaupten, was ich diesen aber nicht abnehme. Im ersteren Fall bräuchte man ja nicht zu publizieren :-]


    Ich freue mich also immer, wenn ich Rückmeldungen von Lesern erhalte. Sei es über Leserbriefe, Gästebucheinträge, Rezensionen, (Amazon)Kritiken, bei Lesungen oder wie hier in Form einer Online-Leserunde. Rückmeldungen jeder Art beflügeln mich in meinem Schaffen.
    Und dazu gehört nun einmal auch Kritik. Denn dass man nicht jeden Leser gleichermaßen zufriedenstellen kann, ist nur natürlich. Dazu sind die Geschmäcker und Lesegewohnheiten einfach zu unterschiedlich.


    Kritik nehme ich ehrlich gesagt mit einem gewissen Gleichmut hin, auch wenn es wohl niemanden gibt, der nur böse Kritiken lesen will :-). Schließlich ist es so, dass man an angebrachter Kritik wächst. Außerdem wird eine Geschichte (bzw. werden folgende Geschichten) durch den dadurch ausgelösten Lerneffekt im Zweifel nur besser.


    Bei mir fängt das bereits während der Erschaffungsphase eines Romans an, bei dem ich stets die Meinungen einer ganzen Reihe sachkundiger Freunde zu dem geplanten Stoff einhole. Wenn ich da bereits zu hören bekomme "Och Tom, das ist doch abgedroschen" oder "Nee, besser wäre es doch, wenn...", bearbeite ich meine Ideen grundsätzlich immer. Das geht weiter über meine Testleser und schließlich folgt das Lektorat des Verlages. Das sind insgesamt drei Stufen, die ich ganz selbstverständlich in Anspruch nehme, bis ein Werk erscheint. Und sie alle tragen letztlich zur Verbesserung des Endproduktes bei - auch wenn in letzter Instanz selbst zwischen wohlmeinender und wirklich angebrachter Kritik unterscheiden muss.


    Ärgern tut mich Kritik nur dann, wenn man merkt, dass bspw. ein Rezensent ein Buch nicht (zuende) gelesen hat, und sein Unwissen dann mit freien Erfindungen ausschmückt - was leider allzu oft passiert. Ärgern tut es mich auch dann, wenn Kritik um der Kritik halber laut wird, etwa wenn einem Fantasy-Roman wie dem Unendlichen Licht zu viel Fantasy vorgeworfen wird (nachzulesen bei Amazon). Das ist etwa so, als würde man einem Thriller vorwerfen, zu spannend zu sein. Sowas löst bei mir Kopfschütteln aus und wird von mir ignoriert.


    Wenn aber echte handwerkliche Fehler bemängelt werden, dann habe ich immer ein Ohr dafür, da ich den Anspruch verfolge, einen Roman - abseits von Geschmacksfragen - zumindest handwerklich gut auszuspinnen.


    Aber um auf deine Einstiegsfrage zurückzukommen: Kritik nehme ich nur dann persönlich, wenn sie ungehörige Angriffe gegen meine Person enthält. Aber das ist bislang überhaupt nur sehr selten vorgekommen. Hier bei euch schon gar nicht - was übrigens sehr für euch Büchereulen spricht :-). Ich habe nicht den Eindruck, dass sich hier Personen tummeln, die gedeckt durch ihr Pseudonym unter die Gürtellinie feuern - was in Internetforen ja nun leider nicht selbstverständlich ist.


    Kritische Grüße Tom :peitsch

  • Zitat

    Original von Tom Finn
    Ja, ich kenne Tom Powers und habe auch drei bis vier seiner Werke gelesen, die ich alle ob ihrer Skurrilität her sehr mochte. Ich weiß auch, dass einige Rezensenten gern stimmungsmäßige Parallelen zwischen Powers "Tore zu Anubis Reich" und dem "Funken" ziehen, die ich mir aber ehrlich gesagt nicht wirklich erklären kann. Vielleicht, weil es so wenige derartige Geschichten gibt?


    Ich habe dir Tore zu Anubis Reich noch gut in Erinnerung gehabt, als ich den Funken gelesen habe und kann die stimmungsmäßigen Parallelen nachvollziehen. Ich denke, sie entstehen aufgrund einiger in beider Romane vorkommender Elemente, die mir und vielleicht auch anderen Lesern in dieser Form eher selten begegnet sind. Trotzdem finde ich die beiden Werke sehr unterschiedlich. Der Funke hat auch m. E. eine deutlich positivere Grundstimmung. Und die Liebeserklärung an Hamburg ist Dir übrigens voll gelungen. Ich wäre am Liebsten sofort hingefahren.


    Zitat

    Ja, es gibt da einige Ideen, aber die rücken derzeit angesichts weiterer Vorhaben im Jugendbuchbereich in den Hintergrund. Vergessen sind sie aber nicht.


    Na, da hoffe ich, daß sie nicht zu weit in den Hintergrund rücken! Ich bin bei einem Roman für Bifis und Uhus sofort dabei!

  • Danke Tom für Deinen tollen Beitrag zum Thema Kritik! Zum Einen finde ich Deine Einstellung diesbezüglich sehr gut, zum Zweiten hört man als Leserin und Rezensentin natürlich auch gerne, wenn ehrlich gemeinte, ernsthafte und sachlich vorgetragene Kritik offen aufgenommen wird, selbst wenn wir doch "nur" Laien sind. :anbet

  • Ich habe mir gerade die Zeit genommen, die Beiträge hier zu lesen und habe gesehen, daß Du neben Tim Powers auch Barbara Hambly gerne gelesen hast.


    Barbara Hambley hat ja recht unterschiedliche Romane geschrieben, hast Du bei Ihr Favoriten? Wenn ja, welche?

  • @ Tom
    Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort! :-] Das war für mich als Nicht-Autor recht interessant zu lesen, und in gewissen Sinne auch eine Hilfe. Ich bin noch nicht lange bei den Büchereulen, und das war erst meine dritte Leserunde überhaupt (vor neun Wochen habe ich das Wort noch nicht mal gekannt!), habe also auch eher weniger Erfahrung im Umgang mit so einem Forum und direktem Kontakt zu einem Autor, dessen Buch ich gerade lese. Und ich habe mich schon etliche Male gefragt, wie ich mich fühlen würde, hätte ich ein Buch geschrieben und würde nun direkte Rückmeldung erhalten. Ist für mich schwer vorstellbar, drum die Frage.


    Zitat

    Tom
    Zunächst: Ich schreibe nicht allein für mich selbst, sondern weil ich den Anspruch verfolge, andere gut zu unterhalten.


    Drum bin ich ja auch kein Schriftsteller geworden; weil ich das nicht könnte. Na ja, und ohne diesen Anspruch könnte man glaube ich auch keine guten Bücher veröffentlichen. Und es stimmt schon: wenn man nur für sich selbst schreibt, warum dann publizieren?


    Zitat

    Tom
    Ich habe nicht den Eindruck, dass sich hier Personen tummeln, die gedeckt durch ihr Pseudonym unter die Gürtellinie feuern - was in Internetforen ja nun leider nicht selbstverständlich ist.


    Wenn sich hier solche Personen tummeln würden, hätte ich mich nicht angemeldet. Denn auch wenn man unter einem Pseudonym schreibt, stehen doch immer lebendige Menschen dahinter - hoffe ich jedenfalls ;-)



    Edit. Habe mir mal die von Tom angesprochene Amazon-Kritik herausgesucht und gelesen. Die kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Zumindest ich habe mich für das Buch interessiert WEIL es zur Fantasy gehört, mein einziges Problem mit der Seitenzahl war, daß es gut und gern noch 200 hätten mehr sein dürfen, und überdies bin ich doch sehr deutlich älter als 10-12, und habe dennoch meine Freude an dem Buch gehabt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von Pelican
    Barbara Hambley hat ja recht unterschiedliche Romane geschrieben, hast Du bei Ihr Favoriten? Wenn ja, welche?


    Mein absoluter Favorit ist "Jagd der Vampire". Diese Story stellt für mich das einzige wirkliche Novum dar, dass das Genre der Vampirgeschichten in den letzten zehn Jahren überhaupt hervorgebracht hat.
    Der Roman ist nicht umsonst preisgekrönt!


    Bissige Grüße Tom

  • Liebe Büchereulen,


    heute darf ich offiziell verkünden, dass "Das unendliche Licht" die "Bad Segeberger Feder", den einzigen Jugendbuch-Preis Schleswig Holsteins gewonnen hat - und das so deutlich, wie noch kein Titel zuvor.


    Das freut mich schon deswegen, da es für Fantasy- und Phantastik-Titel ganz allgemein nicht leicht ist, einen solchen Preis zu gewinnen.


    Und bei der Gelegenheit: Danke hier an alle, die die Trilogie "Die Chroniken der Nebelkriege" nun gut 1 1/2 Jahre lang intensiv mitverfolgt haben.


    Irrlichternde Grüße


    Tom Finn


    :fete