Geografische Unkenntnis

  • Ich lese gerade von Eshkol Nevo, Vier Häuser und eine Sehnsucht. Das Buch wurde aus dem Hebräischen übersetzt.


    Das Buch ist sehr komplex geschrieben. Nevo schreibt aus mehreren Perspektiven und erzählt somit mehrere Geschichten, die jede für sich stehen aber gemeinsame Lebensumstände beschreiben mit allen Gefühlen, Nöten und Sehnsüchten. Im 2. Kapitel schreibt ein Freund einen Brief an den Protagonisten, in dem er seiner Guide-Tätigkeit in den Bergen Perus beschreibt - in diesem Brief findet sich folgendes:


    Seite 70:


    Zitat

    ... Wir sind am Tag zuvor erst im Dunkeln angekommen, denn diese faulen Österreicher bleiben ja alle zwei Meter stehen. ....


    Im selben Kontext auf Seite 71:


    Zitat

    ..., und ich sagte Diana aus Sydney guten Morgen, ....


    Anmerkung: Diana ist ein Mitlgied aus der zu begleitenden Wanderrunde.


    Dass Austria mit Australia verwechselt wird und Österreicher im Ausland deshalb des Öfteren Aufklärungsbedarf haben, ist ja bekannt und gehört sozusagen zur österreichischen Identität, aber darf ein Fehler wie dieser passieren? Es sollte doch die Aufgabe des Übersetzers (oder vielleicht auch des Autors und auch Lektors sein) diesbezüglich korrekt zu recherchieren.


    Für mich ist dieses Buch so wertvoll, dass ich gerne über diesen Fehler hinwegsehe. Dennoch wackelt die Glaubwürdigkeit. Wie seht ihr das? Stört euch sowas? Habt ihr solche gravierenden Fehler auch schon öfter gelesen?


    Eine Frage noch zum Schluss - ich würde gerne wissen wo der Fehler entstanden ist. Ist vieleicht irgendjemand in diesem Forum, der Hebräisch spricht und dieses Buch schon gelesen hat? :gruebel

  • Zitat

    Original von Trixi
    Für mich ist dieses Buch so wertvoll, dass ich gerne über diesen Fehler hinwegsehe. Dennoch wackelt die Glaubwürdigkeit. Wie seht ihr das? Stört euch sowas? Habt ihr solche gravierenden Fehler auch schon öfter gelesen?


    Hallo Trixi,
    zu diesem Thema gab es vor ein paar Wochen eine Diskussion, siehe hier. :wave

  • Trixi,


    und in der Reisegruppe sind ganz sicher nicht auch Österreicher?
    Ich habe das Buch nicht gelesen, aber Australien heißt auf hebräisch 'Australia' und der Buchstabe 'L' (lamed) ist deutlich erkennbar.



    Zur Ausgangsfrage: solche Fehler stören mich enorm.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Mein Hebräisch strebt rasant gegen Null. Ich hab keine Ahnung, wie man da die Österreicher nennt und ob es eine sprachliche Verwechslungsgefahr analog zum Englischen gibt.


    Da wird doch nicht jemand die englische Übersetzung des ursprünglich hebräischen Buchs ins Deutsche übertragen haben? Solchen Unfug gibt's. Wenn man keinen Übersetzer hat, der zu einem akzeptablen Preis (sau-sau-sau-billig) aus der Originalsprache übersetzt ...


    Dann kann schon mal jemand pennen und Austrians mit Australians verwechseln. Von Lektoraten und Korrektoraten werden noch ganz andere Klopper übersehen. (In einem Sachbuch war Norman Bates aus Psycho gemeint, aber Bill Gates haben sie geschrieben.) Niemand ist perfekt.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Sicherlich macht jeder einmal Fehler! Dieses Beispiel spricht für eine gewisse Gedankenlosigkeit, der Personen, die es übersetzt und herausgegeben haben. Ich empfinde so etwas immer als problematisch und schließe mich dieser Meinung an.

    Zitat

    Für mich ist dieses Buch so wertvoll, dass ich gerne über diesen Fehler hinwegsehe. Dennoch wackelt die Glaubwürdigkeit.

  • Zitat

    Da wird doch nicht jemand die englische Übersetzung des ursprünglich hebräischen Buchs ins Deutsche übertragen haben?


    Mir scheint, das sei gängige Praxis. Obwohl Isaac Singer meist auf jiddisch schrieb, steht in meinen Büchern immer "Titel der amerikanischen Originalausgabe". Hier scheint also ein jiddisches Manuskript übersetzt, veröffentlicht, und dan als angebliche Originalausgabe ins Deutsche übersetzt worden zu sein.
    Da fällt mir nur "Stille Post" ein

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ja, das den Eindruck hab ich auch, zumal bei Sprachen, für die Übersetzer eher rar sind. Aus dem Englischen übersetzt dir jeder Student. Sicher nicht perfekt, aber dafür billich. Das hab ich in meiner Studentenzeit auch gemacht - literarische Übersetzungen, wofür mich außer meiner Biografie nichts wirklich qualifiziert hat.


    Aber wer kann hier schon Hebräisch? Oder gar Jiddisch, was man meines Wissens nach nie irgendwo lernen konnte, sondern halt so von der Familie aufschnappt(e). Da ist ein gewisser kultureller Hintergrund unabdingbar. Und Iwrit sollte man dafür auch können.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Trixi : Ich denke nicht, dass es sich hier überhaupt um einen Fehler handelt. Es steht ja nirgendwo geschrieben, dass in der Gruppe nicht auch Australier sind.


    Und im letzten Buchabschnitt denken Jotams Eltern doch darüber nach, nach Sydney, Australien auszuwandern. Und dort stimmt es dann auf jeden Fall.


    Ich denke also, die Textstelle ist nicht auf die geographische Unkenntnis des Autor oder Übersetzungsfehler zurückzuführen, sondern höchstens auf eine ungenaue Bescheibung. :wave
    (Ich habe an der Stelle übrigens auch kurz gestutzt.)