"Verbotene Rhetorik" von Gloria Beck

  • Gloria Beck "Verbotene Rhetorik" Die Kunst der skrupellosen Manipulation


    Erscheinungsjahr: 2005
    Preis: 22,90
    Verlag: Eichborn
    ISBN: 3821858826


    Über die Autorin:
    Gloria Beck lebt und arbeitet als Autorin und Managementberaterin in Köln. Sie hat eine Ausbildung als Philosophin, Germanistin, Arbeitswissenschaftlerin und Erwachsenenpädagogin absolviert.


    Der Inhalt:
    Die Autorin stellt in ihrem Sachbuch 30 Techniken der Rhetorik vor, die nach ihrer Auffassung nicht unbedingt moralischen Grundsätzen entsprechen. U.a. werden die Autoritätstechnik, die Charismatechnik, die Lügentechnik, die Gruppentechnik, die Mitleidstechnik, die Intrigentechnik und die Gruppentechnik vorgestellt.
    Jeder Technik ist ein Kapitel gewidmet, das sich nach folgendem Schema richtet:
    1. Ziele/Zielerreichung/Voraussetzung
    2. Überblick über die Technik
    3. Hintergrundwissen
    4. Funktionsweise der Technik
    a) Auswahl der Zielperson
    b) Hauptkriterium der jeweiligen Technik erfassen
    c) Kriterium ausnutzen/anwenden
    d) Wirkungskontrolle
    5. Skala der ethischen Bedenklichkeit
    Am Ende dieses Buch finden sich Hinweise zur Sekundärliteratur,
    die nach den Techniken aufgeschlüsselt sind.


    Meine Meinung:
    Schon das in rot und schwarz gehaltene Cover dieses Sachbuches verstärkt den Eindruck, den der Titel des Buches suggeriert. Es sollen die kleinen und großen Boshaftigkeiten der Rhetorik vorgestellt werden, die nicht gewöhnlich sind,die abseits des Mainstreams wandeln und die doch jeder aus seinem Alltag kennt.
    Ihre Versprechungen hält die Autorin tatsächlich. Vorbildlich schließt der Leser Bekanntschaft mit den nicht unbedingt politisch korrekten Möglichkeiten der Rhetorik, erhält knappes Hintergrundwissen zur jeweiligen Technik und ihrer Funktionsweise. Bedauerlichweise sind die Informationen stark vereinfacht, was möglicherweise den Schluss zu lässt, dass die Autorin beim Schreiben ihres Buches ein bestimmtes Publikum vor Augen hatte.
    Abgerundet wird die Technik mit der Darstellung von Situationen aus dem Alltags und Berufsleben. Viele dieser Techniken dürften dem Leser bekannt sein, auch wenn sie ihm nicht direkt bewusst sind oder ihre Namen nicht geläufig sind.
    Für die Anwendung der entsprechenden Techniken werden Beispielssätze angeführt, die sich in der Praxis anwenden lassen sollen.
    Und genau hier zeigen sich die Schwachstellen dieses Buches.
    Die Musterbeispielssätzen lassen sich vielleicht im Sekretariats- und Sachbearbeiterumfeld umsetzen, sind jedoch für die Manager- und Führungsebene vollends ungeeignet, was diese Lektüre nur eingeschränkt brauchbar macht.
    Zu guter Letzt nimmt die Autorin dem bequemen Leser die Bedenklichkeitabwägung anhand einer Skala ab, in dem am Ende eines jeden Kapitels erklärt wird, welche moralischen Grundsätzen bei der konkreten Anwendung verletzt werden. Ob diese ethische Einschätzung notwendig und förderlich ist, sollte dem Einzelnen überlassen sein, ihn
    jedoch nicht von davon abhalten, eigene Überlegungen anzustellen.


    Mein Fazit:
    Ein aufschlussreiches Buch, aber für 22,90 Euro nicht aufschlussreich genug.

  • Hoffentlich schimpft jetzt niemand, dass ich so einen alten Thread ausgrabe... :grin
    So, ich habe mir das Buch auch zugelegt... Natürlich nicht, weil ich ein gemeiner Mensch bin, sondern weil ich die Thematik faszinierend finde, [SIZE=7]und nach dem Studium werde ich ja auch mein Geld mit Rhetorik verdienen, es kann also nicht schaden[/SIZE]. ;-)
    Allerdings in einer anderen Ausgabe als Salonlöwin; diese Aufmachung finde ich auch passender. Denn die ältere Ausgabe wirkt auf mich wissenschaftlicher, was das Buch meiner Meinung nach nicht ist. Irgendwie kam ich mir beim Lesen ein wenig so vor, als würde ich nicht zur Zielgruppe gehören, teilweise dachte ich, die Autorin möchte mich für dumm verkaufen. :rolleyes Das zeigte sich unter anderem an der angesprochenen "Bedenklichkeitsskala". Nett, dass die Autorin eine ungefähre Einschätzung angibt, aber es ist ja nicht so, dass man nicht selbst entscheiden könnte, was man vertretbar findet und was nicht...
    Ein paar Denkanstöße waren sicher dabei, aber das Meiste kann man sich auch selbst zusammenreimen - wobei ich das Buch wie gesagt nicht gelesen habe, um nun sämtliche Leute um mich herum auszunutzen, sondern einfach aus Interesse. Vielleicht wird es ja relevanter, wenn man das Ganze unter einem bestimmten Gesichtspunkt liest, ich weiß es nicht.



    Kann mir jemand ähnliche Literatur empfehlen, bei deren Lektüre man nicht den Eindruck hat, man wäre ein kleiner Büroangestellter, der sich einen Chefposten erschleichen möchte? :lache (Denn davon handelten die meisten Beispiele) Gute Bücher, die davon handeln, wie man andere Menschen verbal beeinflussen kann? Irgendwie komme ich mir bei der Frage vor wie ein schlechter Mensch, dabei führe ich überhaupt nichts Böses im Schilde. :help :chen

    An apple a day keeps the doctor away - if well aimed.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Motte ()

  • Mir ist dieses Buch erst vor zwei, drei Monaten beim Umsteigen in Hannover auf- und in die Einkaufstüte gefallen; solche 2-Minuten-Zeit-Entscheidungen, zu welchem Buch greife ich, um damit wenigstens ein, zwei weitere Stunden im Zug zu verbringen?
    Auf die Weise bin ich zu Adler-Olsen (solide, aber durchschaubar), Fucking Berlin (unnötig, wurde im Zug "vergessen"), Die Eleganz des Igels (Großartig! Habe fünf Stunden lang durchgeweint, welch süße Katharsis) – und nun also:


    Verbotene Rhetorik.


    Allein das Wort "verboten" ist hochaufreizend, und dass es mich verführte, gekauft zu werden, spricht zumindest für die Macht des Titels :-)


    Was Motte und Salonlöwin anmerkten, dem stimme ich zu und ergänze um:
    - nicht geeignet für die Führungsebene bzw. auch NICHT auf dem Weg nach oben - denn die Tricks, einige eher Taschenspielertricks bzw. Kniffe ohne Langzeitwirkung, was strategisch gesehen unklug ist - wendet sich eher an Menschen, die innerhalb einer Hierarchie nach links und rechts austeilen wollen und ihre Position festigen, vielleicht Abteilungsleiter werden - aber für ein Boss-Buch braucht es da weit mehr.
    - manche "Techniken" - wie etwa Claquertechnik, wo es darum geht, bestimmten menschen nach dem Mund zu reden, und darauf zu hoffen, dass diese einen dann im nächsten Meeting unterstützen werden; oder die Technik, bei der man erst ein Vertrauensverhältnis aufbaut, um dieses dann zu missbrauchen, dem Opfer/Rivalen extra falsche Tipps zu geben oder ihn subtil und "unschuldig" in seinen falschen Entscheidungen zu bestärken anstatt sie ihm auszureden; nun. Das sind Ratschläge, die man nicht einmal Teenagern mehr geben muss - denn viele Menschen handeln bereits instinktiv so, und wenden "böse" oder "verbotene Rhetorik" an! Ob Einschmeicheln, nach dem Mund reden, eine gute Idee, die der Nachbar sehr leise gemurmelt hat, nochmal LAUT wiederholen damit alle denken, man selbst hätte sie gehabt - meiner Beobachtung im Alltag nach sind das alles Verhaltensweisen, die sich Menschen von anderen Menschen abschauen und sie selbst einsetzen.
    Ich denke, die Autorin Frau Beck hat gut beobachtet und das Verhalten von Menschen, die aufsteigen wollen oder Macht haben, seziert und in ein "Lehrbuch" umgegossen.
    Sie hat zumindest gut hingeschaut - und deswegen, Punkt 3:


    - dennoch ein Buch was es sich zu lesen lohnt, sofern man in bestimmten Berufen arbeitet, in denen das "sich verkaufen" ganz dringend benötigt wird - nicht unbedingt, um Karriere zu machen.
    Aber um die Verkaufsrhetorik, Manipulationsrhetorik und den Duktus der Lügen, Schwindeleien, Schmeichelein und billigen Motivationan zu DURCHSCHAUEN.
    Und das definitiv nicht nur im beruflichen Leben, sondern vor allem im Privaten.
    All die Runterzieher und Kleinmacher etwa verwenden verbotene/böse/manipulative Rhetorik; die Bauernschlauen auch; die "guten" Freundinnen, die gleichzeitig die eifersüchtigsten Feindinnen sind, ebenfalls.



    Verbotene Rhetorik/Beck ist ein bisschen wie diese How-to-Manifeste der Pick-up-Artists, der "Frauenaufreißer", die stolz und schlicht von ihren ach-so-dollen Kunststücken erzählen, wie sie die holde Weiblichkeit für dumm verkaufen und ins Bett quatschen/Gucken/locken - wie NLP (Neurolinguistische Programmierung), rhetorische Schachzüge, Isolation der Beute, und anderes Verstellen, um das "Opfer" flachzulegen.
    Auch solche Bücher kann/darf/sollte frau lesen, um sich darauf gefasst zu machen, welche Feldforschungs-Experimente die Herren so an den Damen austesten.


    Ich habe das Buch übrigens nicht mehr zu Ende gelesen – ich suchte vergeblich das "Verbotene" darin, das Magische, das Bezwingende.
    Vermutlich sit das keine Frage der verbalen Kommunikation, sondern der nonverbalen Wirkung, die auf einer inneren, wortlosen, und dennoch beredten Stärke beruht, die keine Rhetorik dieser Welt künstlich herstellen kann.


    Herzlichst zur Nacht
    _Nina Mondspielerin