Das blaue Mädchen - Monika Feth (ca. 12 J.)

  • Jana und Mara sind „Kinder des Mondes“ und unterliegen damit den strengen Regeln der Gemeinschaft, besser gesagt La Lunes, der Führerin der Sekte. Was anderswo als völlig normal gilt, ist hier strikt verboten, so zum Beispiel auch tiefe Freundschaften oder mehr. Das muss auch Mara merken, als sie sich auf eine Liebesbeziehung mit Timon einlässt, den sie in zwei Jahren sowieso hätte heiraten sollen, und dabei erwischt wird. Als Strafe wird sie dazu verurteilt, 30 Tage im Strafhaus zu verbringen – völlig isoliert vom Rest der Welt, als einzige Ablenkung La Lunes Buch, die Bibel „Der Kinder des Mondes“.
    Jana hat bisher kaum über die Struktur der Sekte nachgedacht, ganz anders als ihre rebellische Freundin Mara. Jetzt jedoch, da Mara im Strafhaus eingesperrt ist und sie niemanden mehr hat, dem sie sich anvertrauen kann, beginnt sie an den Idealen der „Kinder des Mondes“ zu zweifeln.


    „La Lune ist die Güte.
    La Lune ist Verständnis.
    La Lune ist unser Leben.“


    Diese Sätze, die ihr von frühster Kindheit an eingehämmert wurden, erscheinen ihr auf einmal widersinnig.
    „Maras einzige Schuld ist es gewesen, sich zu verlieben. Wenn aber La Lune, wie es im Buch heißt, die Liebe ist, wie kann sie Mara dann für die Liebe bestrafen?“, schreibt sie in ihr geheimes Tagebuch. Schon dass sie heimlich Tagebuch schreibt, verstößt gegen die Regeln. Alles, selbst die innersten Gedanken und Gefühle, Träume, an allem müsste sie die Gemeinschaft teilnehmen lassen. Doch das fällt ihr zunehmend schwerer. Die einzige Person, der sie allmählich vertrauen lernt, ist die Bibliothekarin Gertrud. Und in einigen Gesprächen und vielen Gedanken entfernt sie sich innerlich immer mehr von den „Kindern des Mondes“, ohne es selbst gleich so bewusst zu merken.
    Als sie eines Tages mit der kleinen Miri im Wald spielt, trifft sie auf Marlon, einen Jungen aus dem benachbartem Dorf. Marlon, der viel mit Roller und Fotoapparat unterwegs ist, hat das Dorf der „Kinder des Mondes“ schon öfters heimlich beobachtet. Jana ist ihm dabei schon vor einiger Zeit aufgefallen und er nennt sie für sich „das blaue Mädchen“, wegen der blauen Kleidung, die sie wie alle unverheirateten jungen Mädchen trägt. Ohne es zu wollen, hat er sich in sie verliebt. Ausgerechnet in ein Mädchen dieser Sekte, die bei den Dorfbewohnern äußerst unbeliebt ist, hat er sich verliebt.
    Noch schwieriger ist die Sache für Jana. Auch wenn die Begegnung im Wald nur ganz kurz war, hat sie damit eine der wichtigsten Regeln gebrochen: Kein Kontakt zu Menschen, die nicht der Gemeinschaft angehören. Trotz der harten Bestrafung, die sie treffen würde, sollte man sie dabei erwischen, trift sie sich noch mehrmals mit Marlon. Und ihr Wunsch, die Sekte zu verlassen, wächst und wächst.
    Dann wird Mara aus dem Strafhaus entlassen. Sie hat es geschafft, die lange Zeit der Isolation ungebrochen zu überstehen, auch wenn das zunächst nur Jana weiß. Aber als Timon und Mara eines Tages verschwunden sind und nicht wiederauftauchen, wird das auch La Lune klar. Plötzlich ist sie nicht mehr „die Güte“, plötzlich ist sie wütend und versucht mit allen Mitteln aus Jana herauszubekommen, wohin die beiden geflohen ist. Jana, die nichts von der Flucht gewusst hat, hat unter diesem Druck keine Möglichkeit mehr, Marlon zu sehen.
    Dann jedoch wird Miri, ihr heimlicher Schützling, schwer krank. Für Gertrud weisen alle Symptome auf eine Hirnhautentzündung hin; La Lune jedoch behandelt das Kind mit den selben „Wundermittelchen“, mit denen sie auch Durchfall und Bauchschmerzen mehr oder weniger erfolgreich kuriert.
    Jana weiß, dass sie jetzt handeln muss. Hals über Kopf flieht sie am späten Abend mit Miri in den Armen zum Dorfpfarrer, der auch Timon und Mara zur Flucht verholfen hatte.
    Miri findet Rettung im Krankenhaus, während Jana weit weg bei einer Frau unterkommt. Sie weiß, dass sie warten muss, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Auch für sie wird es nicht leicht sein, sich in dieser „neuen“ Welt zurechtzufinden.


    Das Buch ist sehr spannend geschrieben und bis zum Schluss ist man sich als Leser nicht sicher, wie die Geschichte nun ausgehen wird.
    Die Perspektiven in dem Buch wechseln sich ab, es wird aus Janas, Maras und auch aus Marlons Sicht erzählt, dazu kommen Janas Tagebucheinträge. Mara rebelliert von Anfang an gegen die strikte Ordnung der Sekte, Jana bekommt im Laufe der Zeit immer mehr Zweifel und Marlon sieht die Sekte mit den Augen eines Außenstehenden. Durch diese Mischung kriegt man als Leser ziemlich differenzierte Einblicke in diese Sekte „Die Kinder des Mondes“, die übrigens so nicht existiert.
    „Das blaue Mädchen“ ist weder ein normales Buch über oder gegen Sekten, noch eine einfache Liebesgeschichte. Beides spielt in dem Buch eine Rolle, aber es geht hintergründig um viel mehr, nämlich um Selbstbestimmung, die Freiheit eigenen Entscheidungen treffen zu dürfen, zu leben wie man es selbst für richtig hält... alles, was eigentlich im Grundgesetz festgelegt ist. In Mara und Janas Welt existieren diese Rechte nicht, bei ihnen gibt es eigentlich nur Macht und Gehorsam; alles andere, wie Freundschaft, Familie und Liebe ist verboten.
    Das Buch macht einem klar, wie schwer es ist, sich aus so einer Sekte zu befreien. Jana und Mara hatten das Pech, hineingeboren worden zu sein.
    Alles in allem, ein auf jeden Fall lesenswertes Buch!!!



    Sry, ist ein bisschen lang geraten, ich hoffe, das macht nichts. :-)

    "But I don't want comfort. I want God, I want poetry, I want real danger, I want freedom, I want goodness. I want sin."
    "In fact," said Mustapha Mond, "your're claiming the right to be unhappy."
    - Brave New World

  • Hab gestern abend das Buch gelesen.
    Liest sich sehr leicht, in paar Stunden ist man fertig.
    Fand ich nicht schlecht, würde auch weiter empfehlen,
    aber wirklich nur an Kinder.

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Nur an Kinder?
    Gerade Kindern würde ich es nicht uneingeschränkt empfehlen. Jugendlichen eher.


    Die Wandlung von La Luna von der allbeschützenden liebenden Übermutter zur diktatorischen und äußerst bedrohlichen Herrscherin ist schon ein bißchen erschreckend.
    Sehr eindrücklich bechrieben sind Maras Tage in der Isolationshaft. Da schaudert es einen schon.
    Das fällt bei mir nicht in die Kategorie 'liest sich sehr leicht'.


    Was man auf keinen Fall richtig verstehen kann, wenn man noch sehr jung ist, ist die zugrundeliegende Diskussion über das Thema Liebe. Wann nämlich ist Liebe gut und fördernd, wann stützt sie ein Individuum, wann ist sie einschränkend, erstickend und raubt einem Freiheit? Was bedeutete Gemeinschaft?
    Gerade die Innensichten, die Beschreibung des Lebens innerhalb der 'Sekte' sind sehr komplex beschrieben. Die Frage der Bezugspersonene, die Bedingung, daß man zu niemandem eine längere und intensive Beziehung haben darf, daß man alle gleichermaßen lieben soll. Das sind Themen von einiger Sprengkraft.


    Es ist, auch wenn es letztlich nur angerissen ist, ein recht wichtiger Roman zu der Frage, wie es eigentlich um Kinder steht, die in so enge geschlossene Gruppen wie 'Sekten' hineingeboren werden und kein anderes Leben kennen.


    Der Schluß ist mir ein bißchen zu abrupt und wegen der zusätzlichen Geschichte mit der kleinen Schwester zu plakativ und sentimental geraten. Das hätte nicht sein müssen.
    Und der Pfarrer als Retter ist auch ein wenig diskussionsbedürftig, gehört es doch längst zum Sekten-Roman-Standard-Repertoire. Kann man sich aus einem solchen System denkerisch wirklich nur befreien, indem man sich gleich ins nächste geschlossene System begibt?


    Alles in allem aber spannend, mit interessanten Blickwinkeln und für Duískussionen sehr geeignet.
    Aber nicht für Kinder.
    :grin


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Nur an Kinder?
    Gerade Kindern würde ich es nicht uneingeschränkt empfehlen. Jugendlichen eher.


    Nach meiner Meinung kann man dieses Buch wirklich an Kinder ab
    12-Jahre empfehlen, natürlich, wenn du es so genau nehmen willst,
    sollte man bei jedem Kind individuell kucken, ob es der Lektüre gewachsen ist, ob es das Thema emotional verkraften kann usw.
    aber ist es nicht bei jedem Buch?


    Wie gesagt, ich fand das Buch nicht schlecht, typisch "Sektenthema",
    ich will auf gar keinen Fall, das Thema verharmlosen,
    aber hier geht es nicht um das Thema an sich, sondern um das Buch.

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Ich habe es gelesen.
    Und es ist einer der tiefgreifesten Bücher die ich gelesen habe.
    Monika Feth schreibt wundervoll.
    Meiner Meinung.


    Zu eurer Diskussion:
    Ich bin 12 und habe es gelesen!
    Ich denke,es köntte auch eine gute Lektüre für die Schule ab 5.Klasse sein.
    Man solte Kindern früh damit konfrotieren.