Meine Frauen-WG im Irak. oder die Villa am Rande des Wahnsinns - Susanne Fischer

  • Kurzbeschreibung
    Gemeinschaftsküche, drei Shampoos im Bad, ein Fernseher für alle. Eine ganz normale WG in Hamburg oder Berlin, könnte man meinen stünden nicht die Wächter vor dem Haus, Männer in Pluderhosen mit Schnellfeuergewehren. Und wären da nicht die Muezzins, die fünfmal täglich zum Gebet rufen Susanne Fischer und ihre WG-Partnerinnen wohnen im Nordirak, im kurdischen Sulimania. Aus den verschiedensten Ländern sind sie gekommen, um irakische Journalisten auszubilden, sie Meinungsfreiheit und unabhängiges Berichten zu lehren. Zu Hause hatten sie eigene Wohnungen, Freunde, Ehemänner. All das haben sie zurückgelassen für ein Leben auf Zeit mit Fremden. Lichtjahre entfernt von der westlich-modernen Welt Frankfurts oder New Yorks werden die Frauen, die daheim vielleicht nie Freundinnen geworden wären, zur verschworenen Gemeinschaft. Denn die Welt vor ihrer Tür ist viel fremder, als sie es sich je sein könnten.


    Über den Autor
    Susanne Fischer, 1968 geboren, hat nach Politikstudium und Journalistenschule zehn Jahre für die »Süddeutsche Zeitung«, »Die Woche« und »Der Spiegel« über deutsche Politik berichtet. Seit Herbst 2003 schreibt sie aus dem und über den Irak, u.a. für »Der Tagesspiegel«, »Die zeit« und »Brigitte«. Seit März 2005 lebt sie im kurdischen Nordirak, wo sie im Auftrag des britischen Institute for War and Peace Reporting irakische Journalisten ausbildet. Nach »Café Bagdad« (mit Christoph Reuter) ist »Meine Frauen-WG im Irak« ihr zweites Buch.




    Meine Meinung:


    Susanne Fischer hat mir den Irak auf eine äußerst informative und unterhaltsame Weise ein Stückchen nähergebracht. Was wissen die meisten von uns über das Land, von dem wir fast nur Negatives in den Nachrichten hören und den Zeitungen lesen?
    In dem Bericht über ihren Aufenthalt im Norden dieses zerrütteten Landes erzählt sie sowohl von den Problemen die eine WG mit sich bringt, die aus unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Geschlechtern zusammengesetzt ist, als auch über das Verbindende dieser Menschen gegenüber der noch fremderen Kultur vor ihrer Haustüre.
    Wie ist es in diesem Land zu leben und zu arbeiten?
    Wie stark ist das Heimweh und wie stark die Argumente, die man den Sorgen von Freunden und der Familie entgegensetzt?
    Wie gut kommen Menschen aus der westlichen Welt mit den großen und kleinen Widrigkeiten zurecht, die dieses Leben mit sich bringt?
    Wie ist es für die Frauen besser nur in Begleitung von Männern Essen zu gehen?


    Besonders beeindruckt haben mich allerdings die Studenten dieser Frauen, die immer wieder von Bagdad ins nördliche Irak reisen um sich dort zu Journalisten ausbilden zu lassen. Die oft nicht einmal ihrer Familie von ihrem Beruf erzählen. Die darauf hoffen, mit ihrer Arbeit ihrem Land helfen zu können.


    Überaus interessant waren die Diskussionen über Werte, über den Einfluss von Religion auf das tägliche Leben, auf die Kultur, über die Trennung von Kirche und Staat.


    Sehr interessant waren auch die Beschreibungen der kurdischen Mentalität, die in diesem Teil des Iraks scheinbar dominiert.


    Mich hat dieses Buch jedenfalls neugierig gemacht auf noch mehr Informationen, noch mehr Eindrücke, noch mehr Überlegungen.


    Von mir bekommt dieses wunderbar zu lesende, mit Karten und ein paar farbigen Bildern ausgestattete Buch 10 von 10 Punkten!

  • Hm. Das macht mich nachdenklich. Ich habe das Buch mal angeblättert und meinem ersten Eindruck nach wollte es mich nicht so brennend interessieren.


    Aber nach Deiner Rezi, liebe Ronja, hört es sich ja doch ganz interessant an. :gruebel Ich sollte noch einen zweiten, intensiveren Blick reinwerfen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Es gibt der Rezi von Ronja definitiv nichts mehr hinzuzufügen. Ein sehr interessantes und informatives Buch, dass mich sehr neugierig gemacht hat. Ihr erstes Buch "Cafe Bagdad", dass sie zusammen mit Christoph Reuter geschrieben hat, werde ich mir auf jeden Fall zulegen.


    Mich würde sehr interessieren, wie es den Menschen, die sie in diesem Buch beschreibt, weiter ergangen ist. Ich habe ein wenig gegoogelt, aber nur herausgefunden, das Susanne Fischer sich nun in Beirut aufhält. Sobald ein neues Buch von ihr herauskommt, gehört es mir.


    Dieses Buch bekommt von mir 10 Punkte!!!!

  • Ist bei mir zwar auch schon einige Zeit her dass ich das Buch gelesen haben, aber ich fand es richtig gut und spannend zu lesen. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und kann mich den positiven Meinungen durchaus anschließen.


    Man erfährt doch eine Menge über den Irak, insbesondere den Norden. Interessant waren die verschiedenen Lebensgeschichten und hierbei hat mir ganz gut gefallen, dass die Autorin auch mal von den WG-Bewohnern abschweift und etwas von den Studenten erzählt. Da hätte sie ruhig mehr schreiben können :zwinker


    9 von 10 Punkte.

  • Diese Autobiographie zeigt Einblicke in ein Leben als Ausländerin im Irak, die man aus den Medien nicht erfährt. Das Leben von Susanne und ihren "Freunden" in ihrem Buch "Meine Frauen-WG im Irak. oder die Villa am Rande des Wahnsinns" haben einen tiefen, spannenden und vor allem horizonterweiterenden Eindruck hinterlassen. Das Buch ist es sehr wert gelesen zu werden.


    Fazit: 10 von 10 Punkten von mir.

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

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  • Von mir auch 10 Punkte. Ich dachte erst, es wäre schwer zu lesen, ist es aber gar nicht. Ich hatte das Gefühl, ich sitze mit der Autorin zusammen und sie erzählt mir von Ihrem Einsatz im Irak.


    Erschreckend fand ich, wie sehr sie als Ausländerin und Frau aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt wurde.


    Erstaunlich wiederum, wieviel Menschen riskieren (ihre Schülerinnen und Schüler) um zu Journalisten aus- oder fortgebildet zu werden.


    Sehr empfehlenswert!


    Ich werde auf jeden Fall ihr Cafe Bagdad lesen.

  • Zitat

    Original von Isjoeckel


    Ich werde auf jeden Fall ihr Cafe Bagdad lesen.


    Café Bagdad fand ich sehr schwer zu lesen. Vielleicht war es auch nicht das richtige Buch zur richtigen Zeit, aber weit bin ich nicht gekommen. Es bekommt aber auf jeden Fall nochmal eine zweite Chance!

  • Meine Frauen-WG im Irak oder Die Villa am Rande des Wahnsinns - Susanne Fischer


    Malik Verlag 2006
    249 Seiten


    Meine Meinung:
    Bücher, die direkt vom Irak (und nicht nur vom Irakkrieg) erzählen sind nicht zu häufig, daher habe ich mir dieses Buch ausgeliehen, als ich es in der Stadtbibliothek sah.
    Susanne Fischer ist eine von 5 Frauen, die im kurdischen Bereich von Irak Journalismus lehren und zusammen in einem Haus in einer WG leben. Es ist 2005, Saddam Hussein ist bereits inhaftiert. In Suleimania ist es vergleichsweise sicher, schon ein wenig weiter in Bagdad ist es sehr gefährlich.
    Das ganze ist informativ, obwohl es streckenweise oberflächlich wirkt. Das kann daran liegen, dass überwiegend der Alltag beschrieben wird, und der Alltag einer Journalistin entspricht vermutlich kaum denen der kurdischen Bevölkerung.


    Die Autorin versucht sich auch erzählerisch in diesem Buch, meiner Meinung nach ohne dabei wirklich zu überzeugen. Die privaten Gedanken von Susanne Fischer sind noch in Ordnung, es kommt sogar zu einer Liebesgeschichte mit einem Kurden und sie lernt seine Familie kennen.
    Aber die anderen Frauen der WG bleiben weitgehend ohne Profil und Leben.


    Das Buch hat also für mich in Teilen anfangs nicht so richtig funktioniert und ich habe dann leider auch einiges überblättert, weil mir die Geduld fehlte. Andererseits gab es durchaus auch informative, sogar spannende Abschnitte, da sich die Situation auch im Bewusstsein der Journalistin im Irak immer mehr zuspitzte.


    In der Summe bleibt bei mir aber das Gefühl vom Durchschnitt, also gerade noch 6 von 10 Punkten!

  • Hallo,


    auch wenn das Buch schon etwas älter ist (in Bezug auf die aktuelle politische Situation im Irak), informiert es gut über die grundsätzliche Lage, die verschiedenen Volksgruppen und im speziellen über die nördlichen Gebiete des Landes (Kurdistan).
    Wenn man diese Erwartung an das Buch hat, wird man nicht enttäuscht.


    Keiner sollte an dieses Buch die erzählerischen Erwartungen eines Romans anlegen, dem wird nämlich nur in Ansätzen gerecht.


    Gut herausgearbeitet wird z.B. der Umstand, dass Exilanten/Flüchtlinge nach ihrer Rückkehr vielfach Schwierigkeiten haben, wieder Fuß zu fassen im eigenen Land.
    Diese Schwierigkeiten ergeben sich ja auch in abgeschwächter Form bei unseren sogenannten "Gastarbeitern", wenn sie im Rentenalter versuchen in "ihr" Land zurückzukehren.
    Hier noch nicht voll angenommen - dort zu lange weg, um noch voll angenommen zu sein.


    Sehr eindrucksvoll wurde die innere Zerrissenheit des Landes skizziert.


    Die Beschreibung der persönlichen Beziehungen/Probleme innerhalb der WG blieb oftmals an der Oberfläche, was mich nicht störte, da mir die Beschreibung des Landes und die politischen Zusammenhänge ohnehin wichtiger waren.


    Fazit: Informativ und lesenswert.


    LG

  • Das Buch hat mich nicht so richtig vom Hocker gerissen. Am Anfang hätte ich es fast in die Ecke gepfeffert, als die Autorin sich beklagt, dass es in Suleimania nur vier richtige Restaurants gibt (mit Tischtüchern, Karten und Kellnern) und ansonsten nur Garküchen und Straßenverkäufer. :pille
    Ich habe dann doch weiter gelesen und es gab hin und wieder auch mal gute Abschnitte. Es wurden viele Themen angerissen, die mich interessiert hätten, die leider dann aber dann doch recht oberflächlich abgehandelt.


    Im Vergleich zu den Irakbüchern arabischer Autoren (zwei aus dem Irak, ein Algerier, eine Tunesierin), die ich vorher gelesen hatte, ist mir aufgefallen, dass die Autorin sich überwiegend auf die Unterschiede konzentriert hat, während die arabischen Autoren sich eher auf Gemeinsamkeiten, gegenseitiges Verständnis und Annährung konzentriert haben. Es wundert mich nicht, dass bei der Autorin die ganze Zeit dieses "Wir" vs. "Die"-Gefühl bestehen blieb, das sie im Buch öfters mal beklagt.


    Auch aufgefallen ist, dass die Autorin genau die Haltung zeigt, die von den arabischen Autoren beklagt wird, nämlich, dass es sich beim Irak um ein rückständiges Land handelt, dessen Einwohnern erst mal beigebracht werden muss, wie man die Dinge "richtig" macht (Journalismus, Frauenrechte, Kindererziehung,...).


    Immerhin, ich hab mal etwas über Kurdistan erfahren, allerdings zum Teil, glaube ich, eine recht einseitige, verklärte Sichtweise. So richtig begeistert hat mich das Buch nicht.

  • Ich bin ein wenig hin- und hergerissen. Einerseits fand ich das Buch interessant und habe viel über den Irak erfahren. Andererseits sind die WG-Mitbewohnerinnern und sonstigen Bekannten der Autorin ziemlich blass geblieben. So kam für mich nur ganz selten rüber, warum sie diesen Job machen und warum sie sich überhaupt im Irak aufhalten.
    Und wirkliche Einblicke in das Leben der Einheimischen gab es auch nur ganz wenige, weil die WG doch eine westliche Insel im Irak war.


    Von mir gibt's 7 Punkte.