Hier kann zu den Kapiteln 16 - 20 geschrieben werden.
'Deutschstunde' - Kapitel 16 - 20
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Heute Nacht hab ich das Buch ausgelesen. Diese letzten Kapitel fügen die Geschichte zusammen und beantworten alle Fragen, wenn ich auch in diesen letzten Kapiteln nach Kriegsende oft in Versuchung geraten bin, manche Stellen etwas zu überfliegen, da mir einige Beschreibungen zu ausschweifend wurden.
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Das war jetzt aber ein knappes Fazit.Da ich mich hier so alleine fühlte habe ich mein Fazit bei der Buchrezi von Azrael gepostet, ich hoffe hier abber noch was diskutieren zu können, das Buch steht noch nicht im Regal.
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@ beowulf:
Es war auch schon spät. Jetzt, fast ausgeschlafen, werde ich etwas mehr dazu schreiben:
Überrascht hat mich der letztliche Werdegang Siggis bis in die Erziehungsanstalt. Der Ausbruch der "Jespenphobie" war doch recht plötzlich und hat zu einer drastischen Veränderung geführt, wenn es auch gut beschrieben war.
Die Reaktion von Jansen darauf war mir etwas unverständlich. Sicherlich war er nicht erfreut, aber aus der Diplomarbeit von Mackenroth geht hervor, dass er sich auch danach um das Schicksal Siggis gesorgt hat und da wäre eine etwas zugänglichere Reaktion mMn logischer.
Wenn man den Kern des Romanes in der Frage "Die Freuden der Pflicht" sieht, welches als Thema mit geschichtlichen Hintergrund sicher auch ein heikleres und interessantes ist. Aber hat das Verhalten von Jespen letztlich überhaupt diese historische Dimension und läßt sich letztlich nicht alles auf eine persönliche Ebene von Jespen zurückführen, der manche Pflicht seines Berufes ausnützt, um seine persönlichen Kriege zu führen?
Überrascht war ich am Ende auch, dass Siggi in der Anstalt von seiner Mutter besucht wurde. Anfangs dachte ich eher, dass sein Vater unter ihrem Einfluß stand, mittlerweile denke ich das eher umgekehrt, nämlich das die Mutter eigentlich unter dem Einfluß des Vaters zu einer derart gefühlskalten Person wurde.
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Zitat
Original von taciturus
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Die Reaktion von Jansen darauf war mir etwas unverständlich. Sicherlich war er nicht erfreut, aber aus der Diplomarbeit von Mackenroth geht hervor, dass er sich auch danach um das Schicksal Siggis gesorgt hat und da wäre eine etwas zugänglichere Reaktion mMn logischer.
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Überrascht war ich am Ende auch, dass Siggi in der Anstalt von seiner Mutter besucht wurde. Anfangs dachte ich eher, dass sein Vater unter ihrem Einfluß stand, mittlerweile denke ich das eher umgekehrt, nämlich das die Mutter eigentlich unter dem Einfluß des Vaters zu einer derart gefühlskalten Person wurde.
Der Maler heißt Nansen
Und Hilke, seine Schwester hat ihn besucht, aber sie seufzt wie die Mutter, eine gewisse Ähnlichkeit ist also da. Seine Eltern haben ihn wohl ebenso verstoßen wie Klaas.
Und bis in die Nacht zu lesen, Respekt, da hat dich das Buch wohl so richtig gefesselt. Kann ich aber verstehen, dass Du einige Passagen oberflächlicher lesen wolltest, das ging mir ganz genauso.
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Ich habe es geschafft, endlich. Es zog sich irgendwie doch ein wenig, auch wenn es mir im Großen und Ganzen gefallen hat. Aber meine Rezi kommt dann an entsprechender Stelle.
16. Furcht
Wir erfahren, dass Siggi nun zum Gymnasium geht, und dass er ein guter Schüler ist, der deshalb gehänselt und verfolgt wird.Die Kneipe "Wattblick" ist zum Kinderheim für schwachsinnige Kinder geworden. Hier hat mich die Mutter auch wieder unheimlich verärgert. Auf S. 403 verbietet sie Siggi, dahin zu gehen mit der Begründung, dass schon der Anblick ausreichen kann, "dass man Schaden nimmt." Hallo? Die hat wohl auch geglaubt, dass man vom Küssen schwanger wird, was? Sowas von verbohrt und dumm dazu.
Die Mutter Jepsen ist wirklich eine Anti-Figur, gefühlskalt, dumm, verblendet, und ich hoffe, ausgestorben.
Und als Siggi einen Aufsatz über ein Vorbild schreiben soll, tut er in meinen Augen das einzig Richtige: Er erfindet eine Person, so dass er niemanden in seiner Umgebung brüskiert.
Und dann passiert etwas Schreckliches: Die Mühle brennt ab, dort ist Siggis Versteck. Er vermutet, dass sein Vater der Brandstifter war. Seine Schätze sind verloren, was bei ihm zu Fieber führt. Der Maler, dem er auf der Flucht vor dem Anblick begegnet, nimmt ihn auf. Dort "rettet" er sein erstes Bild.
17. Die Krankheit
Bei Familie Jepsen kommt ein anonymer Brief an, der Hilke als Modell für "Die Wellentänzerin" enttarnt. Sie hat sich dem Maler hingegeben, wird gewettert, ob sie keinen Stolz hätte, nach allem, was passiert sei. Doch Hilkes Argument, dass sich die Zeiten geändert haben, zählt nicht. Jens Jepsen führt seine Pflicht fort.Der Maler Nansen scheint auch informiert zu sein, dass seine Wellentänzerin Aufruhr angerichtet hat, doch er muss feststellen, dass das Bild verschwunden ist, und der Leser erfährt, dass Siggi sie versteckt hat, obwohl er es vehement abgestritten hat.
Wer war wohl der anonyme Briefeschreiber?
Dann die Szene beim Holzhacken, weder Jepsen noch Nansen wollen nachgeben, denn wer zuerst spricht, hat verloren. Doch auch hier gibt Nansen nach.
Und dann sind wir wieder in der Gegenwart. Mackenroth, völlig desolat, gibt Siggi ein neues Kapitel "Formen und Forderungen einer begrenzten Obsession". Wieder wird etwas zusammengefasst, nämlich der "Leidensweg", den Siggi gegangen ist und was zu seiner Einlieferung in die Anstalt geführt hat. Siggi ist damit nicht zufrieden, will keine Rechtfertigung, sondern eine Darstellung seiner Krankheit.
18. Besuche
Die Galerie Schondorff in HH eröffnet eine Nansen-Ausstellung und neben Siggi sind auch Nansen und Busbeck dabei. Nansen wird vom Kunstkritiker Hübsch wider Willen richtig dargestellt.Beim Rundgang verbirgt sich Siggi vor Nansen (schlechtes Gewissen?) und bleibt erstaunt vor dem Bild "Masken im Garten" stehen, was ihn stark beeindruckt.
Dabei bemerkt er, dass er beobachtet und von zwei Staubmänteln verfolgt wird. War das nun seine Einbildung oder Realität? Mir kam es fast eingebildet vor. Witzig, dass es im Krieg Ledermäntel und danach Staubmäntel waren.
Siggi kann fliehen und landet bei seinem Bruder Klaas, der mit Jutta in einer alten Essigfabrik wohnt. Die Auseinandersetzung mit Hansi, der auch auf der Ausstellung war und Nansen karikiert, fand ich klasse. Siggi spricht sehr wahr aus, dass Hansi, um Nansen kritisieren zu können, ihn erst einmal verstanden haben und übertreffen muss. Respekt für Siggi.
19. Die Insel
Nun erfahren wir, wie es auf der Insel mit der Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche zugeht. Es gibt ein Zuzugshaus, wo wir auf Kurtchen treffen. Wir bekommen erzählt, dass Siggi 3 Jahre Jugendstrafe bekommen hat, und wie er seine Tat selbst sieht. Dass er stellvertretend für seinen Alten da wäre, dass die Alten nicht mehr erziehbar wären, wo Erziehung aufhören würde. Sehr interessante Ansichten, die Siggi da vertritt. Für mich steht das im Gegensatz zu der Krankheit, da argumentiert er ja eben nicht vernünftig. Da sieht er Flammen die Bilder angreifen und fühlt sich verpflichtet, sie zu retten.20. Die Trennung
Das Buch neigt sich dem Ende und auch Siggis Zeit auf der Insel geht zuende, er muss seine Strafarbeit am nächsten Morgen abgeben, soll sich schon mal überlegen, was er als freier Mann tun will. Ich glaube, damit ist Siggi überfordert. Er fühlt sich nicht frei, er hat die Strafarbeit noch nicht abgeschlossen.Direktor Himpel ist mir hier sympathisch, als er Siggi und dem Leser erklärt, warum Siggi so lange schreiben durfte, wie er wollte. Um die Erinnerung zu verarbeiten, um die selbst gestellte Strafe abzuleisten. Doch die Grenze sei erreicht.
Hilke kommt Siggi besuchen und teilt mit ihm die Vergangenheit, erweitert sie sogar durch ihre eigenen Erinnerungen. Da halten Geschwister mal zusammen.
Und in Gedanken geht Siggi nun seinen letzten Tag durch, wie er die Strafarbeit abgeben wird. Ich hab allerdings nicht so recht verstanden, warum beide das Gefühl haben werden, gewonnen zu haben, so wie es im letzten Satz steht. Himpel hat gewonnen, weil Siggi die Strafe abgeleistet hat und auch beendet hat. Aber Siggi? Hat er denn nun mit der Vergangenheit abgeschlossen? Das war mir nicht klar.
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@ geli:
Mit den Namen hatte ich es bei diesem Buch nicht so besonders, da sie für mein Ohr allesamt recht ungewohnt waren.
Wie der Irrtum mit der Mutter entstehen konnte :wow. Da hab ich wohl etwas zu schnell drübergelesen. Hätte für meine Küchenpsychologische Betrachtung der Familie so schön gepasst.
ZitatIch hab allerdings nicht so recht verstanden, warum beide das Gefühl haben werden, gewonnen zu haben, so wie es im letzten Satz steht. Himpel hat gewonnen, weil Siggi die Strafe abgeleistet hat und auch beendet hat. Aber Siggi? Hat er denn nun mit der Vergangenheit abgeschlossen? Das war mir nicht klar.
Ich würde es so sehen, dass Himpel einerseits mit seinen "Therapiemethoden" gewonnen hat. Siggi hat einerseits seine private Vergangenheit aufgearbeitet und (vielleicht, wurde mir nicht ganz klar) bewältigt, andererseits hat er auch die Freiheit durch die Strafarbeit wiedererlangt und wird aus der Anstalt entlassen.
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Ich habe gerade bei Amazon aus "Das Buch der 1000 Bücher" gelesen, dass Siggi die Strafe seines Vaters abgessen hat.
Und die vielen Namen: Dadurch, dass ich mir immer Notizen gemacht habe und aus Norddeutschland komme, war es für mich nicht ganz so schwierig.
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Zitat
Original von geli73
Ich habe gerade bei Amazon aus "Das Buch der 1000 Bücher" gelesen, dass Siggi die Strafe seines Vaters abgessen hat.Gibt es dazu eine Erklärung- so verstehe ich das nicht.
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Bei Amazon steht ein Auszug aus dem Buch der 1000 Bücher, dass das die Erklärung für Siggis Zufriedenheit sein soll. Er hat anstelle seines Vaters die Schuld abgetragen, die dieser auf sich geladen hat und damit hat er die Behandlung Nansens wieder gut gemacht.
Hast recht Beo, da waren meine Gedanken weiter und dadurch nicht nachvollziehbar, entschuldige bitte.
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Dass Siggi die Strafe für seinen Vater absitzt, das äußert er doch selbst in Kapitel 19:
"Na gut, dann werde ich Ihnen sagen, warum ich auf der Insel bin. Weil keiner sich traut, dem Polizeiposten Rugbüll eine Entziehungskur zu verordnen; der darf süchtig bleiben und süchtig seine verdammte Pflicht tun. Und ich bin hier, weil er ein bestimmtes Alter erreicht hat und als Alter unabkömmlich ist, um sich noch einmal umtrimmen zu lassen. Ja, ich bin stellvertretend für ihn hier, wenn Sie mich fragen. Aber vielleicht gelingt's ja: vielleicht kann er die Fortschritte, die ich hier mache, eines Tages von mir übernehmen. Das ist zu hoffen. Aber das ist auch alles, was zu hoffen ist. Glauben kann ich es nicht." (S. 433)
Der Vater wurde drei Monate "aus dem Verkehr gezogen" und macht nun weiter wie bisher. Und dieser widerliche Deichgraf Bultjohann hat nach dem Krieg (statt des Hakenkreuzes) nun auf Mantel- und Jackenaufschlag eine Miniatur des deutschen Sportabzeichens in Bronze.
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Es steht direkt im Buch, in Kapitel 19, als der Direktor mit den Psychologen Siggi im Zuzugshaus besucht (S. 551)
ZitatIch bin stellvertretend hier für meinen Alten, den Polizeiposten Rugbüll.[...] Vielleicht sind sogar alle Jungen stellvertretend für jemanden hier. [...] Aber etwas möchte ich fragen: warum gibt es nicht eine Insel und solche Gebäude für schwererziehbare Alte? Haben die soetwas nicht nötig?
Siggi versteht es also als seine Pflicht (das zieht sich ja durch das ganze Buch), die Schuld seines Vaters abzutragen.
Und aus seiner Sicht hat auch Siggi nur seine Pflicht getan, in dem er versuchte, die Bilder vor seinem Vater zu retten.
Das Thema Pflicht zieht sich durch das ganze Buch, nicht nur als Thema des Aufsatz, sondern quasi wie ein roter Faden, jeder tut aus welchen Gründen und mit welcher Begründung auch immer seine Pflicht, keiner hinterfragt, und das ist für mich eine zentrale Aussage Lenz´, der versucht, zu sensibilisieren, welche Pflichten man wahren und welche man hinterfragen muß.
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@ taki, da haben wir uns überschnitten... aber Deine Stelle war mir nicht mehr so frisch im Gedächtnis.
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Ja, Caia. Das war wohl ein Gedanke.
Dass Siegfried Lenz den Jungen ausgerechnet Siggi genannt hat ...
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Daß der Held Siggi heißt, verwundert mich nicht, vor allem nicht, wenn man die Vita Lenz´ betrachtet.
ZitatSiegfried Lenz wurde 1926 als Sohn eines Zollbeamten in Lyck/Ostpreußen geboren. Nach dem Hauptschulabschluss 1943 wurde er zur Marine eingezogen. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs desertierte er in Dänemark und geriet auf seiner Flucht in Schleswig-Holstein in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung besuchte er die Universität Hamburg, um dort Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft zu studieren.
Quelle: WikipediaGewisse Parallelen lassen sich da nicht verleugnen, oder?
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Danke für die Infos!!!
Klingt aber doch eher auch nach Klaas, oder?
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Ja, Klaas ist jedenfalls der Teill, der militärisch beteiligt war. Aber ich denke schon, daß das eine oder andere autobiographische schon mitspielt, obwohl Lenz ja Jahrgang 1926 ist, also etwas älter als Siggi, und damit den Krieg wohl eher in dem Alter erlebt hat, in dem er Klaas auftreten läßt.
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Es gibt eine Homepage zu Siegfried Lenz, die wohl von seinem Verlag eingerichtet wurde. Und zwar:
www.siegfried-lenz.deDort findet sich beispielsweise eine 17seitige Interpretation zur "Deutschstunde" zum herunterladen als pdf-Datei:
http://www.dtv.de/_pdf/lehrermodell/13411.pdf -
Das hab ich dann wohl überlesen, dass er sich tatsächlich als Stellvertreter für seinen Vater ansieht und damit die Schuld abbüßt. Sondern ich hab es so verstanden, dass eigentlich sein Vater da sein müsste. Das war für mich nicht die Vorlage für den Schlußsatz, Siggis Zufriedenheit hab ich nicht nachvollziehen können.
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@ taki32:
Danke für den Link mit der Interpretation!