Traurige Gedichte

  • Hallo, Beowulf.


    Zitat

    das sollte Kritik sein, erträglich aber aufnehmbar und für die Zukunft hilfreich


    Mmh. Das ist so eine Sache, die ich zu hören kriege, seit ich mich mit Textarbeit und Textbesprechungen auseinandersetze. Der Kritiker soll quasi dem Künstler sagen, wie es besser ginge. Hier wurde ja schon davon gesprochen, daß einige Kritiker vermeintlich anmaßend wären, aber anmaßender, als dem Verfasser zu sagen, was besser zu machen sei, auf daß es gut werde, kann man kaum sein, oder? Davon abgesehen enteignet sowas den Künstler.
    "Konstruktive Kritik". Der Künstler kann es nicht, aber der Kritiker soll es können. Sowas ist okeh als Maxime bei Textworkshops und in CW-Kursen, aber m.E. nicht, wenn es um die Besprechung von Texten geht.

  • Einen Text zu verbessern, im Sinn von 'Umschreiben', ist auf gar keinen Fall Aufgabe von Kritikerin/Kritiker - wenn man das mal als Berufsbezeichnung sieht.


    Fürs 'Verbessern' sind Fähigkeiten gefragt, die unter 'Korrektorat', 'Lektorat', 'Redaktion' laufen.


    Als Kritikerin kann ich allerdings versuchen zu entscheiden, ob ein Text überhaupt Textarbeit verträgt oder ob die Vorlage schon so brüchig ist, daß sie zerstiebt, wenn man mit dem Finger drantippt.


    Wie soll ich mit einem Text wie dem obigen 'Gedicht' umgehen?
    Ich bekomme von der Autorin das Signal 'Gedicht'. Also schalte ich im Kopf in die Gedichtabteilung, lese den Text und finde nicht:


    Regelwerk äußerlich wie Metrum, Versmaß, Rhythmus, Reim, Reimschema, Strophen, Klang, Ton etc. pp.
    Regelwerk innerlich wie Metaphern, Motivik, Thema.
    Regelwerk grundsätzlich Grammatik, Einsatz von Wörtern


    stattdessen von allem ein bißchen, ungeordnet, fehlerhaft. Eine Aneinanderreihung von Flüchtigkeiten. Frei Gefühltes. Nichts deutet auf etwas Neues, Originelles hin.


    Ergebnis aus der Gedichtabteilung: kein Gedicht.


    Ein Text. Ein Gefühlstext.


    Bleibt nur noch die Frage, ob ich mitfühlen kann, mit dem geschilderten Verlust.
    Aber der Text berührt mich in dem angezielten Gefühlsbereich überhaupt nicht.
    Auch das noch.


    Warum soll ich mir die Mühe machen, daran herumzubessern?


    Ich weiß übrigens immer noch nicht und nach den letzten Tagen fühle ich mich noch ahnungsloser als je zuvor, wieso wildfremde Leute auf die Idee kommen, anderen wildfremden Leuten ihre Kurztexte zu präsentieren und dann wieder zu verschwinden.


    Vielleicht solte ich es einfach mal ausprobieren. Ich fahre viel U-Bahn, da lesen ja auch viele Leute. Also werde ich einfach mal aufstehen und sagen: Ey, ihr, ich hab eben kurz vorm Hermannplatz 'n Gedicht verfaßt, hört euch das mal schnell an. Verbesserungsvorschläge erwünscht, aber bloß bis Rathaus Neukölln. Da muß ich raus.
    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Erwischt!
    :lache



    (Fragt sich bloß, ob Dich in der U-Bahn oder mich im Glitzer-Top. Allein die Vorstellung ... Neeee.)


    :rofl

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • churchill :
    Natürlich habe ich gesehen, dass du konstruktive Kritik zum Gedicht geleistet hast. Ist in meinem Beitrag unter den Genannten unter "zum Beispiel" untergegangen. Sorry.


    Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Corinna.
    Diese Anmerkung bezüglich der vielen schlechten Bücher, die es auf dem Markt gibt, wohingegen ganz viele supertolle Autoren keine Chance bekommen, mausert sich langsam zu einer dieser "Wahrheiten", die nur deshalb als solche anerkannt werden, weil sie zu oft wiederholt worden sind. [...]Das nur am Rande.


    1. "wohingegen ganz viele supertolle Autoren keine Chance bekommen, "
    - da kann ich nur sagen, dass ich das nie behauptet habe! Es gibt so viele gute Bücher, dass mein Leben nicht ausreichen wird, um sie alle zu lesen. Auch nur so am Rande.
    2. "Ich möchte Dich gerne fragen, was Dich zu der Anmerkung bezüglich des "gewissen Talents" veranlaßt hat."
    - habe ich in meinem Posting schon erklärt.


    Zitat

    Original von flashfrog
    Was für Schreiber glit, gilt natürlich auch für Kritiker: Nicht jeder, der auf einer Geige kratzt, ist Musiker. :-)


    ... und nicht jeder, der gut Spagetti kocht, ist ein Meisterkoch. :lache Aber viele Fünf-Sterne-Köche haben genauso mal angefangen!


    Zitat

    Original von flashfrog
    Ich plädiere deshalb für ein bisschen mehr Rücksicht gegenüber Anfängerautoren, die sich vielleicht zum ersten Mal mit ihren Texten an die Öffentlichkeit wagen.


    Dem schließe ich mich voll und ganz an.
    In diesem Sinne


    Corinna