Für ganz eilige Leser von Rezis die Kurzfassung:
Joseph kommt aus der Grube, gelangt in das Land, das sein Vater Totenreich nennt, steigt dort recht hoch auf, um erneut zu fallen und in die Grube zu kommen.
Aus der Grube erstanden wird das Herrschersöhnchen als Sklave verkauft. Er reist mit Beduinen und gelangt nach Ägypten - das Reich, das aufgrund seiner Kultur (aus der Sicht Jaakobs: aufgrund seiner Unkultur) als Totenreich bezeichnet wird. Joseph hätte es sich nie Träumen lassen, je einst dort hinab zu steigen. Kulturell für ihn der Schock: Ägypten ist das Land der Sünden, das Sumpfland, in dem keine Kultur wurzelt, das den Begriff der Sünde nicht kennt, in dem Totenkult veranstaltet wird, in dem eine merkwürdige Form der Götterverehrung stattfindet. Und doch hat Joseph keine Wahl. Es ist nicht an ihm, zu entscheiden. Er ist froh, am Leben zu sein. So ergibt sich der Gottes- und Weltgrübler der merkwürdigen Doppelheit aus der logischen Folge der Fahrt in die Grube: der Reise ins Totenreich einerseits und andererseits dem Paradoxon, das natürlich darin besteht, dorthin lebend zu gelangen.
Es ist unklar, wohin es ihn führt und was ihn erwartet. Der Leser, wie bereits in den ersten beiden Bänden, ist immer auf Augenhöhe mit den Protagonisten. Wir erleben im Erzählen die Geschichte nach und somit können wir nicht wissen, was folgen wird, auch wenn wirs aus der natürlichen Situation heraus könnten: Wir befinden uns in der Stunde der Geschichte, wie sie sich ereignet.
Joseph wird in Ägypten erneut verkauft. Er kommt nach Theben, ins Haus des Potiphar, eines Günstlings des Pharao. Dort arbeitet er als Sklave, und wir staunen, wie schnell er vom Niemand zum Obersten aller Bediensteten wird. Doch, wer hoch steigt, kann tief fallen... Er wird fallen, er wird tief fallen. Aber ob er der Versuchung widersteht ... Der Dritte Band wird - wenn man so will erotisch.
Man darf jedenfalls am Ende der knapp 600 Seiten gespannt sein, wie der vierte Band verläuft.
Es gelingt Mann erneut, in wunderbaren Erzählkreisen, fast meditativ die Geschichte zu entfalten. Wir dringen in die Welt ein, die wir erleben. Mit Joseph bedenken wir, was geschieht. Josephs Weg erscheint zwangsläufig. Er ist ein Gesegneter. Er lebt mit seinem Gott. Dies prägt seinen Weg. Mann reflektiert dies immer wieder, bei Joseph aber auch bei den Personen seiner Umgebung. Wir erleben so ein wunderbares Gedankenbild einer Welt, die uns heutigen so fremd, wie nur irgend vorstellbar und doch in ihrer profanen Seite so vertraut ist. Ein Zeit- und Sittengemälde Ägyptens findet sich allerdings nur am Rande. Es ist offenbar nicht Manns Ziel, im Sinne eines historischen Romans, Zeit und Umwelt der Personen zu beschreiben. Ihm liegt an den Personen, besonders an Joseph und seiner Umgebung. Dieser Focus prägt das Buch und macht es zu einem besonderen Kunstwerk.
(Fortsetzung folgt)