Welche Überzeugung habt Ihr in Bezug auf Gott?

  • Zitat

    Du hast nämlich die Definition von Aberglaube angeführt, nicht von Glaube.


    Aha. Und was genau ist der Unterschied? Dass sich das eine irgendwem "offenbart" hat?


    Ob ich glaube, dass ich in einen - wie auch immer gearteten - "Himmel" komme, wenn ich hübsch brav bin, meinen persönlichen Götzen anbete, dessen "Gebote" befolge und tagein, tagaus in schlecht geheizte Sakralbauten laufe, oder ob ich meine, Glück zu haben, wenn ich vierblättrige Kleeblätter züchte, macht unterm Strich, wie ich finde, keinen großen Unterschied. Gut, das eine ist noch mit einem intensiven Todes- und Totenkult verbunden, aber irgendein "Aberglaube", der das zulässt, findet sich sicher auch. Den Begriff haben die Christen definiert, wie übrigens auch das Wort "Atheist". Beide dienen der Aus-/Abgrenzung und der Erhebung des eigenen Märchens. Als Christ muss man sich auf diese Alt-Neologismen natürlich einlassen, aber ich muss das, mit Verlaub, keineswegs.


    "Geh nicht unter einer Leiter durch" (bringt Unglück) und "Du darfst keinen Gott neben mir haben" (impliziert ebenfalls: das bringt Unglück, und zwar gehöriges!) - worin besteht der Unterschied? Ich sehe da keinen.

  • Zitat

    Original von melancholy
    Bei Religion bzw. Glaube geht das nicht so einfach. Man kann nicht einerseits an einen Christengott glauben, während man gleichzeitig an die Hindu-Götter glaubt und nebenbei der Meinung ist, dass es keinen Gott gibt.


    ... und deswegen ist das Nicht-Lehren einer Religion eine genauso starke Einflussnahme auf ein Kind wie das Lehren einer Religion.


    Zitat

    Original von melancholy
    Und woher weißt du, dass es nicht einen Anti-Gott gibt, der alle, die es wagten, sich ein Bild über ihn zu machen, ihn als gütig oder sonstwas zu bezeichnen, überhaupt die Anmaßung besessen haben, irgendeine bestimmte Vorstellung von ihm zu haben, am Ende vors Gericht zieht?


    Falsche Frage.
    Ich habe zwar eine sehr feste Überzeugung zu dieser Thematik, aber wenn ich in einer offenen Diskussion teilnehmen möchte, darf ich diese Überzeugung nicht voraussetzen. Sonst würde ich hier schreiben: "Liebe melancholy, alles sehr schön, aber wieso schreibst Du so etwas, wo Du doch nur in den Katechismus schauen musst, um alle Fragen beantwortet zu bekommen?" Ich muss mich auf eine andere Ebene begeben und alle Möglichkeiten als zulässig erachten, da die Diskussionsteilnehmer über die Faktenlage keinen Konsens haben. Die Möglichkeit, dass Religion nur eine fixe Idee und etwas Menschengemachtes sei, muss hier gleichwertig stehen gegenüber der Möglichkeit, dass z.B. die Bibel göttlich inspiriert ist und sich weltlichen Nutzenüberlegungen entzieht. Das gebietet der Respekt vor dem Gesprächspartner.
    Wenn aber alle diese Möglichkeiten als potenziell faktisch richtig einbezogen werden, dann ist die Frage "welchen Nutzen bringt mir eine religiöse Erziehung für meinen Erfolg (nach welchem Maßstab überhaupt?) in der Welt" eine unzulässige Verengung. Sie ist äquivalent zu der Frage "Was nützt dir dein angenehmes (?) Leben nach dem Tod?"



    Zitat

    Original von melancholy
    Ist es nicht auch arrogant, sich von einem so Übermächtigen ein so genaues Bild zu machen?


    Ein gläubiger macht sich kein Bild - zumindest kein gläubiger Jude, Muslim oder Christ. Es wird ihm offenbart. Wahrheit kann man sich nicht aussuchen, man kann sich nur bemühen, sie zu erkennen.
    Das ist auch eine Teilantwort auf das von Dir in einem früheren Posting angesprochene "und führe uns nicht in Versuchung". Du scheinst der Meinung zu sein, wenn es einen Gott gäbe, dürfe er die Menschen nicht in Versuchung führen. Warum nicht? Offenbar ist der christliche Gott anders, als Du Dir einen Gott vorstellen kannst. Das Buch Hiob (manchmal auch Ijob geschrieben) aus dem Alten Testament kann da einige Perspektiven zurechtrücken. Auch das Erschlagen aller Erstgeborenen Ägyptens passt schlecht zum Heiti-Teiti-Glauben im Weihnachtskitsch.


    Zitat

    Original von melancholy
    Tut mir leid, wenn ich dich falsch verstanden habe. Aber ich weiß immer noch nicht, wie der Glaube von Natur aus wesentlich zum Überleben in unsrer (jetzigen!) Welt sein kann.


    Ich habe wenig Anlass, mich um mein Überleben zu sorgen, und das dürfte ich mit den meisten Bewohnern der Industrienationen gemein haben. Mir geht es um Leben, nicht um Überleben. Um Lebensqualität. Und die wird bei mir persönlich erheblich durch meine Religion beeinflusst. Ich schaue gern Science Fiction Serien, schreibe gern Horror-Romane, gehe gern in Metal-Kneipen und vieles mehr - aber das alles verblasst neben dem Besuch eines Ostergottesdienstes. Andere langweilen sich in der Kirche. Okay, andere haben auch nicht erkannt, dass Metallica den Gipfel abendländischer Musikkultur darstellen. :grin

  • Zitat

    Original von Bernhard


    Ein gläubiger macht sich kein Bild - zumindest kein gläubiger Jude, Muslim oder Christ. Es wird ihm offenbart. Wahrheit kann man sich nicht aussuchen, man kann sich nur bemühen, sie zu erkennen.
    Das ist auch eine Teilantwort auf das von Dir in einem früheren Posting angesprochene "und führe uns nicht in Versuchung". Du scheinst der Meinung zu sein, wenn es einen Gott gäbe, dürfe er die Menschen nicht in Versuchung führen. Warum nicht? Offenbar ist der christliche Gott anders, als Du Dir einen Gott vorstellen kannst. Das Buch Hiob (manchmal auch Ijob geschrieben) aus dem Alten Testament kann da einige Perspektiven zurechtrücken. Auch das Erschlagen aller Erstgeborenen Ägyptens passt schlecht zum Heiti-Teiti-Glauben im Weihnachtskitsch.


    Und wie genau wurde dir das Bild Gottes offenbart? Vermutlich so, wie jedem anderen wahren Christen, Juden oder Muslim: durch eine Gotteserscheinung :grin
    Wie du selbst sagtest, war die Religion ein Bestandteil deiner Erziehung. Das deutet dezent darauf hin, dass du deinen Glauben von deinen Eltern in gewisser Weise übernommen hast. Aber wie kann denn ein Christ Religion lehren, ohne dabei Gott in irgendeine Weise zu beschreiben, sprich sich und anderen ein Bild von ihm machen?


    Tja, die Wahrheit ist so eine Sache. Es gibt keine absolut gültige Wahrheit, sondern nur eine individuelle. Und die kann man sich eben sehr wohl aussuchen.
    Und Glaube mit dem Erkennen von Wahrheit gleichsetzen, ist eine Möglichkeit, solange man es für sich selbst tut, und niemandem aufzwingt.


    Zitat


    Ich habe wenig Anlass, mich um mein Überleben zu sorgen, und das dürfte ich mit den meisten Bewohnern der Industrienationen gemein haben. Mir geht es um Leben, nicht um Überleben. Um Lebensqualität. Und die wird bei mir persönlich erheblich durch meine Religion beeinflusst. Ich schaue gern Science Fiction Serien, schreibe gern Horror-Romane, gehe gern in Metal-Kneipen und vieles mehr - aber das alles verblasst neben dem Besuch eines Ostergottesdienstes. Andere langweilen sich in der Kirche. Okay, andere haben auch nicht erkannt, dass Metallica den Gipfel abendländischer Musikkultur darstellen. :grin


    Tja, vorher meintest du noch, Religion habe sehr wohl Einfluss auf das Überleben. Und wenn - wie du sagst- die Möglichkeit des Überlebens bei jedem Gläubigen wie Nicht-Gläubigen derIndustirenationen gleich ist, hat Religion demnach höchstens Einfluss auf die Lebensqualität, der Menschen, die sich für diese Art der Fragen-Beantwortung entschieden haben.

  • Zitat

    Original von Bernard


    Glaube folgt aus dem Wissen und Aberglaube widerspricht ihm.


    Glaube folgt doch nicht aus dem Wissen! Ich weiß, dass meine Eltern leben oder nicht. Dass Gott existiert, kann ich nur glauben. Es heißt doch auch darum "Glauben". Wenn jemand sagt "Ich weiß, dass es Gott gibt" ist es in meinen Augen nur ein (etwas zu) starker Glaube. Niemand kann WISSEN, dass es Gott gibt, ist meine Ansicht.


    Tom : A-Teeist, das gefällt mir. Was die 10 Gebote angeht, solltest du nach der Lektüre von "Gott bewahre" doch wissen, dass es nur ein wahres Gebot gibt. Und da muss ich John Niven Recht geben - "Seid lieb" gefällt mir wesentlich besser.


    Und was deine Vergleiche mit jemanden anbeten usw und vierblättrige Kleeblätter züchten, um in den Himmel zu kommen, angeht - da hast du recht. Das macht keinen Unterschied. Darum gehört für mich zum Glauben mehr als nur in die Kirche laufen und irgendwelche Gebote zu befolgen. Das nur so am Rande...

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von melancholy
    Und wie genau wurde dir das Bild Gottes offenbart? Vermutlich so, wie jedem anderen wahren Christen, Juden oder Muslim: durch eine Gotteserscheinung :grin


    Nach Deinem bisherigen Auftreten in dieser Diskussion zu urteilen wirst Du es zwar kaum akzeptieren können, aber die Zwiesprache mit Gott im Gebet spielt dabei tatsächlich eine entscheidende Rolle.


    Zitat

    Original von melancholy
    Aber wie kann denn ein Christ Religion lehren, ohne dabei Gott in irgendeine Weise zu beschreiben, sprich sich und anderen ein Bild von ihm machen?


    Ich frage das ohne Ironie, einfach weil ich Dich nicht kenne: Sind Dir die biblischen Geschichten bekannt? Dort wird sehr wenig über Gott als solchen gesprochen, aber viel über Menschen, die Erfahrung mit Gott hatten. Auch religiöse Erziehung hat wenig mit dicken Katalogen zu tun, die man auswendig lernt, und viel mit (oft gemeinsamem) Erleben.


    Zitat

    Original von melancholy
    Es gibt keine absolut gültige Wahrheit, sondern nur eine individuelle.


    Also, wenn das kein dogmatischer Glaubenssatz ist, dann habe ich noch nie einen gelesen ... :grin


    Zitat

    Original von melancholy
    Tja, vorher meintest du noch, Religion habe sehr wohl Einfluss auf das Überleben.


    Auf das Überleben nach dem Tod, ja.


    Zitat

    Original von melancholy
    Und wenn - wie du sagst- die Möglichkeit des Überlebens bei jedem Gläubigen wie Nicht-Gläubigen derIndustirenationen gleich ist, hat Religion demnach höchstens Einfluss auf die Lebensqualität, der Menschen, die sich für diese Art der Fragen-Beantwortung entschieden haben.


    Das trifft allerdings auf nahezu jede Entscheidung zu, die wir in unserem Leben treffen. Trete ich dem Büchereulenforum bei? Gehe ich in Kino? Heirate ich diesen oder jenen? Esse ich Rindfleisch oder vegan? - Nichts davon ist unmittelbar für das Überleben entscheidend.

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Ich weiß, dass meine Eltern leben oder nicht.


    Das kann man durchaus anzweifeln, wenn man spitzfindig ist. Vielleicht wurdest Du in einem Reagenzglas zusammengemixt und adoptiert. Den Gegenbeweis wirst Du nicht führen können.


    Zitat

    Original von Gummibärchen
    Es heißt doch auch darum "Glauben". Wenn jemand sagt "Ich weiß, dass es Gott gibt" ist es in meinen Augen nur ein (etwas zu) starker Glaube. Niemand kann WISSEN, dass es Gott gibt, ist meine Ansicht.


    Niemand kann überhaupt irgendetwas wissen, das ist meine Ansicht. Alles könnte ein Drogentraum sein. Nur ist diese Annahme nicht sinnvoll.
    "Glauben" als theologischer Begriff ist so etwas wie "Überzeugung", was "Wissen" einschließt. Ich verwende deswegen in solchen Diskussionen wie diesen ungern den Begriff "Glauben". Er ist beinahe so missverständlich wie "Liebe" (was soll denn das bitte sein?) oder der Begriff "Gott" selbst.
    Wenn "Gott" etwas ist, auf das man sein eigenes Leben ausrichtet und auch zu opfern bereit ist, dann ist "Geld" wohl für viele ein "Gott", "Schönheit" für viele andere.

  • Zitat

    ... und deswegen ist das Nicht-Lehren einer Religion eine genauso starke Einflussnahme auf ein Kind wie das Lehren einer Religion.


    Erziehung ist unaufhörliche Einflussnahme, und das ist bis zu einem gewissen Punkt ja auch in Ordnung so, denn sie ist zugleich Orientierungshilfe und Leitlinie. Für kleine Kinder gibt es kaum etwas Bedeutungsvolleres als die eigenen Eltern, die natürlich auch in jeder Situation helfend und erklärend zur Verfügung stehen müssen.


    Es gibt einen nicht unwesentlichen qualitativen Punkt. Erstens gibt es nicht die allergeringste Notwendigkeit, einem Dreijährigen zu erzählen, da wäre ein Gott, der über ihn wacht, und den er deshalb gefälligst vor dem Einschlafen anzubeten und dessen Gebote er zu befolgen hätte, weil der Kleine sonst nämlich in die Hölle kommt. Hierbei handelt es sich um nicht weniger als Kindesmisshandlung. Ängste und Abhängigkeiten, die in diesem Alter etabliert werden, wird man auch als vernünftig denkender Erwachsener kaum noch los. Demgegenüber stellt es keinen qualitativen Verlust dar, diese frühkindliche Indoktrination einfach ausbleiben zu lassen, auf dass sich das Kind nach der Bewusstwerdung schlicht selbst ein Bild macht. Es geht nicht darum, das Gegenteil einzuimpfen, also dem Scheißbären zu erzählen, dass alle Menschen - weil sie es nicht besser wissen wollen - lügen, wenn sie ihm etwas von irgendeinem Gott erzählen. Irgendwann wird ein unvorbelastetes Kind selbst zu seinen Schlüssen kommen. Mit dem persönlichen Gott im Säuglingsbett wird ihm diese Chance aber vorenthalten.


    Sollte mich mein Sohn irgendwann fragen - wenn er dazu in der Lage ist und meine Antwort auch verstehen kann -, dann werde ich ihm sagen, dass es nach meiner Meinung (!) (nicht: Wissen. Oder Überzeugung. Ich bin mir meiner Machtposition ihm gegenüber nämlich bewusst) keinen Gott gibt und auch keinen geben kann. Und dabei werde ich es auch vorläufig belassen. Ich werde nicht versuchen, ihn in dieser Hinsicht weiter zu beeinflussen - jeder Mensch sollte die Chance haben, sich selbst in seinem kleinen, kurzen Leben zurechtzufinden. Aber ich werde gleichzeitig nicht und niemals damit aufhören, gegen Leute zu opponieren, die ihre Kinder misshandeln, indem sie ihnen in einem Alter, in dem man schlicht und ergreifend alles glaubt, solche Ängste und Idiotien einimpfen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Erstens gibt es nicht die allergeringste Notwendigkeit, einem Dreijährigen zu erzählen, da wäre ein Gott, der über ihn wacht, und den er deshalb gefälligst vor dem Einschlafen anzubeten und dessen Gebote er zu befolgen hätte, weil der Kleine sonst nämlich in die Hölle kommt.


    Was mir daran schon wieder nicht passt, ist die Darstellung, dass religiöse Erziehung auf die Erzeugung von Ängsten abzielen würde. Das mag vorkommen, aber dafür braucht man dann keine Religion, sondern ein paar im Wortsinne handfeste Argumente reichen ebenfalls aus.
    Mir wurde nie gesagt, dass ich in die Hölle käme, wenn ich nicht brav sei.
    Dafür aber, dass der heilige Martin ein guter Mann war, weil er einem nackten Mann im Winter die Hälfte seines Mantels abgab. Ein ziemlich abschreckendes Beispiel, wenn man nur in materiellen Maßstäben denkt.


    Zudem lässt Du mal wieder die gedankliche Flexibilität vermissen, Dich von Deiner Ideologie unabhängig an einer Diskussion zu beteiligen. Kleine Hilfe: Was wäre denn, wenn der Kleine wirklich (als objektive Tatsache) bei einem einzigen vergessenen Kreuzzeichen in die Hölle käme und der Vater das wüsste? Dann gäbe es mehr als nur eine allergeringste Notwendigkeit ...
    Aber Du kannst Dich offenbar seit Jahren nicht von dem Wunsch lösen, dass alles jenseits der materiellen Welt Idiotie sei. Wenn das die Prämisse ist, die für die Teilnahme an der Diskussion einzunehmen ist - dann stimme ich zu: Alle Religionsausübung ist Unsinn und der Übermensch regiert vermittels seines dominierenden Intellekts.

  • Zitat

    Original von Bernard
    Nach Deinem bisherigen Auftreten in dieser Diskussion zu urteilen wirst Du es zwar kaum akzeptieren können, aber die Zwiesprache mit Gott im Gebet spielt dabei tatsächlich eine entscheidende Rolle.


    Du wirst es nicht glauben, ich kann das sehr gut akzeptieren. Wenn du das so handhabst, ist das deine Sache, und wie käme ich denn dazu, das zu kritisieren? Genauso wenig hab ich Lust von anderen kritisiert zu werden, weil ich keine Zwiesprache mit einer höheren Macht führe


    Zitat


    Ich frage das ohne Ironie, einfach weil ich Dich nicht kenne: Sind Dir die biblischen Geschichten bekannt? Dort wird sehr wenig über Gott als solchen gesprochen, aber viel über Menschen, die Erfahrung mit Gott hatten. Auch religiöse Erziehung hat wenig mit dicken Katalogen zu tun, die man auswendig lernt, und viel mit (oft gemeinsamem) Erleben.


    Mir sind biblische Geschichten durchaus bekannt, und mir ist auch bekannt, dass Gott selten direkt charakterisiert wird. Aber ich sehe es genauso als Beschreibung Gottes, wenn erzählt wird, dass dieser oder jener wundersamerweise von seinen Wehwehchen geheilt wurde, und die Antwort auf all dies ist Gott.
    Ich weiß ja nicht, wie das bei dir und deiner Familie so abgelaufen ist, aber Kindern wird im Allgemeinen schon eine recht präzise Vorstellung von Gott vermittelt, wenn man nur bedenkt, wie gedankenlos manche Eltern sagen, das Kind solle nicht schlimm sein, sonst ist der liebe Gott böse, oder es solle ja beten, um von Gott erhört zu werden.
    Sorry, aber nur weil Gott in der Bibel nicht direkt charakterisiert wird, heißt das noch lange nicht, dass die Bibel kein deutliches Bild von Gott vermittelt. So viel Interpretation lässt sie, soweit ich weiß - und ja, ich muss zugeben, nie die gesamte Bibel gelesen zu haben - nicht zu.


    Zitat


    Also, wenn das kein dogmatischer Glaubenssatz ist, dann habe ich noch nie einen gelesen ... :grin


    Zumindest ein toleranter, oder?


    Ich könnte mir nie herausnehmen, etwas als absolute Wahrheit zu bezeichnen, nur weil ich es als solches wahrnehme. Ich bin weder übermächtig noch allwissend. Was für mich gilt, muss noch längst nicht für andere gelten. Und ich kann damit leben, nicht mit jedem einer Meinung zu sein. Wäre ja auch höchst langweilig, wenn wir alle dieselbe Wahrheit (in welchen Lebensbereichen auch immer) haben, denn das ließe keinen Platz zum diskutieren. Aber auch das ist nur meine Meinung, vielleicht gibt es ja eine allgemein gültige Wahrheit irgendwo, aber nachdem ich sie nicht erkennen kann, bin ich in der glücklichen Lage, auch andere Wahrheiten zulassen zu können.



    Zitat


    Auf das Überleben nach dem Tod, ja.


    Das ist widersprüchlich. Aus der Sicht eines Lebendingen kann man nicht überleben, wenn man tot ist. Solange ich lebendig bin, bin ich lebendig, sobald ich tot bin bin ich tot. Und zuvor war sehr wohl die Sprache vom Überleben im Diesseits. Was dann kommt, ist wieder eine andere Sache, das ist das Jenseits. Und darüber stelle ich keine Hypothesen auf.



    Zitat


    Das trifft allerdings auf nahezu jede Entscheidung zu, die wir in unserem Leben treffen. Trete ich dem Büchereulenforum bei? Gehe ich in Kino? Heirate ich diesen oder jenen? Esse ich Rindfleisch oder vegan? - Nichts davon ist unmittelbar für das Überleben entscheidend.


    Dann ist Religion also doch nichts anderes, als würde man seinem Kind die Entscheidung in kulinarischen Dingen nehmen und es streng vegan großziehen? :grin

  • Bernard : Tja, wenn du so argumentieren willst, dann werden wir einfach auf keinen grünen Zweig kommen. Für mich ist Wissen alles, was ich objektiv überprüfen kann oder was bereits irgendwie erwiesen wurde. Und wenn das Wissen innerhalb eines Drogentraums ist, bitteschön. Ist mir egal. Ich weiß, ob meine Eltern leben. 100%ige Sicherheit hab ich da vielleicht nicht, aber die Sicherheit, die ich habe, reicht mir, um dieses Wissen als solches zu bezeichnen. Beim Glauben ist es ganz anders. Das ist der Punkt.


    Zitat

    Original von Tom
    Erstens gibt es nicht die allergeringste Notwendigkeit, einem Dreijährigen zu erzählen, da wäre ein Gott, der über ihn wacht, und den er deshalb gefälligst vor dem Einschlafen anzubeten und dessen Gebote er zu befolgen hätte, weil der Kleine sonst nämlich in die Hölle kommt.


    Tut mir leid, aber wer sowas erzählt, ist in meinen Augen nicht ganz dicht. Das hat mit dem Glauben, wie ich ihn meinen Kindern erläutern würde, nichts zu tun. Was du sagst, ist vollkommen richtig, aber da schließe ich mich Bernard an - du machst es dir einfach, indem du auf Ängste alles reduzierst. Sicher gibt es auch diese Art von Menschen, die ihren Kindern sowas erzählen. Wie oft hört man "wurde von Gott bestraft" - diese Formulierung find ich so daneben. (Eine Bekannte von mir sagte dann immer "Gott straft nicht, Gott führt nur auf den richtigen Weg" :lache). Wenn du Glauben an Gott mit Ängste schnüren, wenn man nicht glaub, gleich setzt, ist es klar, dass der Glaube schlecht abschneidet. Da kann man sich dann totargumentieren, Tom, dagegen kommt man nicht an. Weil du recht hast - Ängste schnüren ist ne blöde Methode, mild ausgedrückt. Aber Glauben mit Ängste schnüren gleichzusetzen ebenso. ;-)


    Also, ich werde Umberto und Haruki erzählen, dass ich glaube, dass es eine höhere Macht gibt, sei es Gott oder etwas anderes, die genauso wie ich da ist, um ihnen beizustehen, wenn sie alleine nicht mehr weiter wissen. Dass sie aber dennoch weiterhin selbst ihr Bestes geben sollten und zu sich selbst und ihren Mitmenschen immer so freundlich und lieb wie es nur möglich (und für sie "gesund" ist) sein sollten. Egal, woran sie letztendlich glauben werden.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von melancholy


    Leider ist es so, dass Religion als Teil der Kultur angesehen wird, aber ich heiße es eben nicht gut, da Religion allzuoft als etwas kuturspezifisches betrachtet wird, und das ist nunmal meist so der Fall. Warum gibt es beispielsweise in Tirol so viele Katholiken und nur ganz wenige Protestanten? Weil es sich so eingebürgert hat. Man ist ja keine bewusste Glaubensgemeinschaft hier, nein, man ist traditionsbewusst und die Tradition verlangt, dass das Kind eben auch katholisch ist. Ich finde eben, dass man hier sehr wohl einen Unterschied machen sollte, ob ich nun gläubig bin, weil es Kultur/Tradition verlangt, oder ob ich mich selbst dazu entschieden habe.


    Warum es in manchen Gegenden viele Katholiken und wenige Protestanten (und umgekehrt) gibt, liegt wohl daran, dass im Augsburger Religionsfrieden dem Fürst eines Landes zugesichert wurde, die Religion für dessen Bewohner vorzugeben, nicht die Bewohner selbst.


    Ich glaube, dass durch die jeweilige Religionswahl die Bewohner bestimmter Gegenden noch heute Verhaltensweisen zeigen, die ihre Ursache mit in der Religion haben. Der sprichwörtliche Fleiß, die Sauberkeit und Sparsamkeit, die z.B. den Württembergern zugeschrieben wird, sind eigentlich protestantische Tugenden.

  • Zitat

    Original von bertrande
    Der sprichwörtliche Fleiß, die Sauberkeit und Sparsamkeit, die z.B. den Württembergern zugeschrieben wird, sind eigentlich protestantische Tugenden.


    In solchen Augenblicken wird mir klar, wie sehr ich katholisch bin :grin

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von melancholy
    Auch hier sprichst du wieder den religiösen Teil der Bevölkerung an. Jene, die ihre Religion praktizieren.


    Natürlich spreche ich damit nur die religiösen Menschen an. Welchen Grund sollte denn ein Ehepaar haben sein Kind katholisch zu erziehen, wenn sie selbst nicht religiös sind? Oder verstehe ich da etwas grundlegend falsch? :gruebel


    Zitat

    Es geht darum, dass das Kind selbst entscheiden darf! Es kann einerseits hingehen und sagen, ja, dass was ihr da macht gefällt mir, ich will das auch (und es sollte dann auch später immer noch sagen dürfen, dass es sich geirrt hat und es doch nichts für ihn/sie), andererseits kann es auch sein, dass das Kind trotz Vorbild der Eltern, nichts von dem ganzen wissen will, keine Lust hat, in die Kirche zu gehen und zu beten, etc. und das sollte meiner Meinung nach genauso akzeptiert werden. Getauft hin oder her.


    Wir reden hier ein wenig aneinander vorbei, kommt mir vor. Natürlich darf ein Kind selbst entscheiden. Das durfte ich doch auch und ich bin getauft und meine Eltern waren und sind katholisch. Sobald ich alt genug war selbst zu entscheiden, oblag es mir selbst zu entscheiden, ob ich mit zum Gottesdienst gehe oder nicht. Und ganz ehrlich: vorher war ich zu klein, als dass es mir etwas ausgemacht hätte, mit in die Kirche genommen zu werden.
    Ich würde einem Kind, bzw. einem Jugendlichen jedenfalls diese Wahl niemals aberkennen. Deshalb bin ich ja etwas verwirrt, weil wir im Grunde genommen dasselbe sagen, nur dass es mir so vorkommt, als wäre die Taufe (als Beispiel) für dich eine Kette, die jemanden an den katholischen Glauben fesselt.


    Zitat

    Und nicht einen Säugling, der noch gar nichts entscheiden kann, oder einem 18 Monate alten Kind, dessen Wortschatz sich grade erst erweitert, oder einer Zweijährigen, die gerade lernt, Sätze richtig zu formulieren.


    Aber Eltern sind doch dazu da, um Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen, solange sie noch nicht selbst dazu in der Lage sind. Man kann kein Kind bis in ein entsprechendes Alter hinein unbeschrieben lassen, es wird immer von den Eltern beeinflusst sein. Ich sehe absolut keinen Grund, warum man da in Punkto Religion eine derart große Ausnahme machen sollte. Eltern entscheiden in welchen Kindergarten ihr Kind geht, in welche Schule, sie legen ein Veto ein, wenn sie ein Hobby nicht für geeignet halten, sie entscheiden über die Frisur ihres Kindes, über dessen Ernährung, warum dann nicht auch über die Religion?


    Zitat

    Alles beginnt bei einem bestimmten z.T. individuellen Alter, und genauso sollte es bei der Religion meiner Meinung nach sein - und damit meine ich freilich nicht, dass es den Eltern verboten ist, vor ihrem Kind zu beten oder über ihren Glauben zu sprechen, sondern viel mehr, dass das Kind per se nicht in derlei Dinge eingebunden werden muss, z.B. nicht in die Kirche genommen werden muss, [...]


    Wie soll ich mir das denn genau vorstellen? Ein Babysitter für Weihnachten, damit die Eltern zur Messe gehen können? Wie gesagt, ich weiß nicht, wie sich das umsetzen ließe. Wie gesagt: die Religion ist für religiöse Menschen Teil ihres Lebens. Sie verbringen mehr oder weniger Zeit damit und ich sehe absolut keinen Grund dafür, warum sie ihre Kinder in dieser Zeit nicht bei sich haben dürften. Sie muten ihnen doch nichts Schlimmes zu. Sie lassen ihre Kinder an etwas teilhaben, von dem sie überzeugt sind, das für sie wichtig und richtig und sogar gesund und hilfreich ist.


    Zitat

    oder, wie ich es Kindern von Verwandten schon öfter erlebt habe: eine dreijährige ist ungezogen, was sagen die Eltern zu ihr? "Sei brav, sonst ist der liebe Gott bös auf dich", anstatt dem Kind verständlich zu machen, warum es in Wirklichkeit dies und das nicht tun soll, nämlich weil es gefährlich ist, die Mitmenschen stört, etc., wird ihm gesagt, dass der liebe Gott sonst weint.


    Das klingt ja alles schön und gut, aber es ist nach wie vor irgendwie nicht realistisch. Ein 4jähriges Kind ist nicht unbedingt die Topadresse für Vernunft und Einsicht. Und wenns nicht der leibe Gott ist, dann ist es eben der Teufel, der schwarze Mann. Das ist definitiv keine religiöse Sache. Haben deine Eltern in der Adventszeit nie gesagt, wenn du brav bist, beschenkt dir der Nikolaus und wenn du unartig bist, nimmt dich der Krampus mit?


    Zitat

    Aber das alles kommt doch sehr auf den Glauben der Eltern an, und da gibt es genügend Menschen, die ihre Religion weniger äußerlich ausleben (von ihrem religiösen Innenleben mal abgesehen), die wenig über ihre Religion/ihren Glauben sprechen, selten bis nie zur Kirche gehen, etc. Was hätte es da für einen Sinn, das Kind in etwas einzubinden, das die Eltern selbst kaum ausleben bzw. zeigen?


    Die Kinder werden doch in der Regel ohnehin nur so stark eingebunden, wie es auch die Eltern sind. Sind diese eigentlich nicht wirklich religiös, wird wohl auch das Kind wenig davon zu spüren bekommen.


    Zitat

    Und dann gibt es jene Menschen, die sich kein bisschen für "ihre" Religion interessieren, sich höchstens in Notlagen auf ihren Glauben berufen und höchstens Mal zu Weihnachten in die Kirche gehen (ich meine das jetzt nicht als Vorwurf, sondern nur als Beispiel, wie Religion eben auch "ausgelbt" werden kann). Und auch hier, wäre es da nicht heuchlerisch, das Kind in einen Glauben einzubeziehen, der gar nicht so wirklich existiert?


    Für mich bedeutet Katholik zu sein einfach nicht, schlichtweg nur getauft zu sein. Wenn man nicht daran glaubt, wenn man im Prinzip nichts damit zu tun hat und alles, was einem damit in Verbindung bringt, die Taufe ist, dann ist man meiner nach nicht religiös. Es ist natürlich nicht Sinn der Sache ein Kind nur taufen zu lassen, damit die Großeltern zufriedne sind, aber andererseits entsteht - wie schon gesagt - für das Kind dadurch kein Schaden.


    Zitat

    Ich meine damit eher, dass man auch ein Ersatzprogramm bieten sollte, auf welches jene (katholischen) Kinder zurückgreifen können, wenn sie nicht in den (kath) Religionsunterricht gehen wollen.


    Vielerorts gibt es da ja durchaus schon und soweit ich weiß, war es selbst bei uns (im ebenso erzkatholischen Südtirol) zumindest ab der Oberstufe möglich, sich vom Religionsunterricht freistellen zu lassen (wobei der, wie gesagt, sämtliche Religionen umfasst hat). Ob das auch schon in der Grundschule, bzw. Mittelschule geht, weiß ich leider nicht. Ich kann das nur von der Oberstufe sagen, da ich dort einen türkischstämmigen Mitschüler hatte, der sich eben freistellen ließ (nicht zwingend der Religion wegen, da es in unserem Religionsunterricht zumeist um Fantasiereisen und Meditation ging, ich habe Jahrelang einmal wöchentlich eine Stunde lang wie ein Baby geschlummert :chen). Aber ich halte es durchaus für möglich, zumindest ab der Mittelstufe. Ich denke, ein komplettes Ersatzprogramm dürfte auch immer ein finanzielles Problem sein. Zwei Lehrer, anstatt einem für die selbe Menge Schüler sind ja auch nicht gratis.

    Zitat

    Leider ist es so, dass Religion als Teil der Kultur angesehen wird, aber ich heiße es eben nicht gut, da Religion allzuoft als etwas kuturspezifisches betrachtet wird, und das ist nunmal meist so der Fall. Warum gibt es beispielsweise in Tirol so viele Katholiken und nur ganz wenige Protestanten? Weil es sich so eingebürgert hat. Man ist ja keine bewusste Glaubensgemeinschaft hier, nein, man ist traditionsbewusst und die Tradition verlangt, dass das Kind eben auch katholisch ist. Ich finde eben, dass man hier sehr wohl einen Unterschied machen sollte, ob ich nun gläubig bin, weil es Kultur/Tradition verlangt, oder ob ich mich selbst dazu entschieden habe.


    Du wirst die Religion aber niemals von der Kultur trennen können. Sehr sehr viele Bräuche gründen sich auf religiösen Themen, Feiertagen, Anlässen. Diese Verbindung kann man nicht einfach ausradieren.
    Tradition finde ich in dieser Beziehung nicht verwerflich solange es keine bestimmten Grenzen überschreitet und in Extreme abdriftet. Natürlich lebst du im katholischen Tirol oder in Bayern oder in entsprechenden Gegenden in katholischen Gebieten und wirst entsprechend häufig damit konfrontiert. Ich wüsste nicht, wie sich das vermeiden ließe.


    Zitat

    Das stimmt. Dennoch ist es ein ziemliches Prozedere, aus der Kirche auszutreten und viele tun's dann eben aus Bequemlichkeitsgründen nicht. Aber das muss jeder selbst wissen.


    Vielleicht kannst du mich ja insgesamt besser verstehen, wenn ich dir sage, dass es in Italien völlig anders gehandhabt wird. Die Kirchengemeinden sind hier keine Vereine, für die man eine Mitgliedskarte braucht ;) Das liegt vor allen Dingen daran, dass wir keine Kirchensteuer besitzen, sondern eine Mandatssteuer. Diese muss jeder italienische Bürger zahlen (aus der Kirche auszutreten würde demnach keinen von dieser Steuer befreien), allerdings kann er selbst entscheiden, wem die Steuer zugute kommt. Man kann natürlich seine Kirche/Glaubensgemeinschaft begünstigen. Oder den Staat, eine soziale Einrichtung oder eine Non-Profit-Organisation, beispielsweise Greenpeace. Teilweise kann man sogar die eigenen Vereine so unterstützen, sofern sie es annehmen, beispielsweise die Musikkapellen unserer Dörfer oder den Fußballverein. Jeder, der eine Steuererklärung macht, entscheidet selbst und kann die katholische Kirche auch völlig außen vor lassen, selbst wenn er selbst katholisch ist. Somit entfällt dieser Zwang und auch diese ganze "Mitgliederauflistung". Meine Mandatssteuer geht in der Regel an Hilfsprojekte und ich finde, dort ist das Geld gut aufgehoben ;)
    Dieses Modell gibt es allerdings nur in drei Ländern und es wird in Deutschland beispielsweise von der Kirche abgelehnt. Es gibt in Italien und Spanien einfach deutlich mehr katholische Bürger, sodass der Kirche in jedem Fall genügend Geld auf diesem Wege zufließt. Trotzdem hat jeder die Wahl und ich finde das System eigentlich ziemlich gut.
    Wenn ich also nicht mehr katholisch sein will, muss ich nirgendwo (auf kompliziertem Wege) austreten =)



    Zitat

    So war's nicht gemeint, ich meinte damit eher meinen 2. nicht von dir zitierten Teil. Und zwar jene Menschen, die zwar einer Religion angehören, diese aber weder ernstnehmen noch in irgendeiner Weise ausleben, sich höchstens in Kirsenzeiten auf den Glauben berufen, die Kirche dann ernstnehmen, wenn es um die eigene Hochzeit oder Beerdigung geht, etc.
    Und ich glaube, dass diese Menschen einen sehr großen Teil der Bevölkerung ausmachen.


    Ich stimme dir dahingehend zu, dass es sicher viele Menschen gibt, die nur an hohen festlichen Tagen in die Kirche gehen oder eben dort heiraten. Die Frage ist aber, wie oft muss man täglich beten, um sich selbst Katholik nennen zu dürfen? Wenn diese Menschen die meiste Zeit ohne Gott auskommen, wenn es ihnen gut geht und sie nur dann beten, wenn sie in Not sind, macht sie das in meinen Augen nicht unbedingt zu schlechten Katholiken, bzw. zu unreligiösen Menschen. Aber das ist wohl Ansichtssache.


    Zitat

    Ich glaube nur, dass es umso mehr hilft, wenn man an sich selbst glaubt oder eben auch an andere Menschen. Vielleicht bin ich die falsche, um derartige Kritik zu üben, denn ich weiß nicht, wie es ist, Kraft aus dem Glauben an einen Gott zu schöpfen. Ich hatte schon einige Krisenzeiten, und diese habe ich alle überwunden, nicht weil ich daran Glaube, dass es eine höhere Macht gibt, die mich beschützt, sondern weil ich an mich selbst geglaubt habe und auch an die Unterstützung von Familie und Freunden. Mir reicht es, irdischen Wesen zu vertrauen, das gibt mir mehr Kraft, als an etwas zu glauben, dass ich im hier und jetzt nicht fassen kann.


    Ich finde es toll, dass du dich derart auf deine Familie verlassen kannst und sie dich derart stützen. Das ist ne tolle Sache und derartige Menschen sind sehr wertvoll. Aber nicht jeder kann auf diesen familiären oder freundschaftlichen Beistand zurückgreifen. Manche Menschen sind allein, andere wollen vielleicht auch die eigene Familie gar nicht mit ihren Problemen belasten. Es gibt viele Gründe und jeder Mensch ist in einer individuellen Situation. Ich empfinde es nicht als falsch auf die Familie oder Freunde zu vertrauen, anstatt auf Gott. Aber wenn jemand denkt, dass nur Gott im helfen kann, dass er dessen Hilfe braucht, dann soll er doch daran glauben dürfen. Ich denke nach wie vor nicht, dass ihn das schwach macht.


    Zitat

    Der Vergleich hinkt aber ein wenig. Natürlich lernt man die Sprache, die die Menschen haben, bei denen man aufwächst. Das lässt sich kaum vermeiden.
    Aber jeder Mensch hat die Anlage zur Sprache. Lehrt man einem Gehörlosenkind beispielsweise keine Gebärdensprache, entwickelt es seine eigene Zeichensprache, die z.T. auch eine sehr hochentwickelte Grammatik haben kann. Ein Hund bellt ja auch nicht, weil es ihm die Eltern vormachen, sondern weil er dazu veranlagt ist.


    Warum soll denn jemand, der vom Einfluss jeglicher Religionen völlig frei geblieben ist, nicht auch einen eigenen Glauben entwickeln können? Unsere jetzigen Religionen, viele Glaubensrichtungen sind doch auch nicht aus dem Nichts entstanden. Jemand hat angefangen zu glauben und aus dem einen wurden mehrere.
    So schlecht finde ich den Vergleich mit der Sprache also gar nicht.



    Zitat

    Original von Tom
    Es gibt einen nicht unwesentlichen qualitativen Punkt. Erstens gibt es nicht die allergeringste Notwendigkeit, einem Dreijährigen zu erzählen, da wäre ein Gott, der über ihn wacht, und den er deshalb gefälligst vor dem Einschlafen anzubeten und dessen Gebote er zu befolgen hätte, weil der Kleine sonst nämlich in die Hölle kommt. Hierbei handelt es sich um nicht weniger als Kindesmisshandlung. Ängste und Abhängigkeiten, die in diesem Alter etabliert werden, wird man auch als vernünftig denkender Erwachsener kaum noch los.


    Einmal davon abgesehen, dass die wenigsten (katholischen) Eltern ihren Kindern mit der Hölle drohen, ist Kindesmisshandlung ein ziemlich gewichtiges Wort, das du in diesem Fall zu großzügig einsetzt. Ich bin ja der Meinung, dass es auf diesem Erdenrund sehr wenige Eltern gibt, die ihr Kind mit "Wenn du nicht brav bist, holt dich der schwarze Mann" oder ähnlichen Kindergeschichten nicht schon mal zum Stillsitzen bewegt haben. Oder ihnen Pinocchio vorgelesen haben. "Wenn du lügst, wächst deine Nase." Wenn man damit genauso hart ins Gericht geht, ist doch auch das eine Drohnung an das Kind und spielt mit den Ängsten der Kleinen. Genauso wie zig andere Märchen und Kindergeschichten, die du, lieber Tom, sicher in deiner Kindheit auch mal vorgelesen oder erzählt bekommen hast. Deshalb würde ich aber nie auf die Idee kommen, deine Eltern der Kindesmisshandlung zu beschuldigen. :yikes

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus

  • Zitat

    Original von Tom
    [QUOTE]
    Sollte mich mein Sohn irgendwann fragen - wenn er dazu in der Lage ist und meine Antwort auch verstehen kann -, dann werde ich ihm sagen, dass es nach meiner Meinung (!) (nicht: Wissen. Oder Überzeugung. Ich bin mir meiner Machtposition ihm gegenüber nämlich bewusst) keinen Gott gibt und auch keinen geben kann. Und dabei werde ich es auch vorläufig belassen. Ich werde nicht versuchen, ihn in dieser Hinsicht weiter zu beeinflussen - jeder Mensch sollte die Chance haben, sich selbst in seinem kleinen, kurzen Leben zurechtzufinden. Aber ich werde gleichzeitig nicht und niemals damit aufhören, gegen Leute zu opponieren, die ihre Kinder misshandeln, indem sie ihnen in einem Alter, in dem man schlicht und ergreifend alles glaubt, solche Ängste und Idiotien einimpfen.


    Gute Entscheidung. Ich werde vermutlich auch irgendwann erzählen, dass es viele verschiedene Ansichten dazu gibt. Ich werde von den Göttern der alten Griechen und Römer berichten, von Sol Invictus, den Göttern der Germanen. Sicherlich auch von Judentum, Christentum und Islam, ich würde ihm vielleicht sogar ermuntern ein paar Stellen aus der Bibel oder dem Koran kennen zu lernen, und natürlich auch fiktive Götter wie Eru und die Valar von Tolkien vorstellen, einfach um eine offene und umfassende Meinungsbildung zu ermöglichen.
    Dann werde ich sicherlich auch irgendwann meine Meinung dazu darlegen, dass Götter ein reines Konstrukt des Menschen sind um Dinge zu erklären die in der Welt passieren. Viele Menschen zwar gut damit leben können an einen Gott zu glauben, aber es letztlich auch egal ist ob es der Gott der Christen, der Moslems oder Juden, Medichlorianer oder fliegende Spagettimonster sind.

  • Zitat

    Original von Asmos


    Natürlich spreche ich damit nur die religiösen Menschen an. Welchen Grund sollte denn ein Ehepaar haben sein Kind katholisch zu erziehen, wenn sie selbst nicht religiös sind? Oder verstehe ich da etwas grundlegend falsch? :gruebel


    Nunja, nur weil man einer Religion angehört, ist man, wie du ja auch sagst, nicht unbedingt religiös. Ich hab die verschiedenen Formen ja schon angesprochen, Menschen, die z.B. katholisch sind und ihre Religion praktizieren, jene die katholisch sind, ihre Religion aber nur an Feiertagen und sonstigen Anlässen gutheißen, jene, die nur zu bequem sind, aus der Kirche auszutreten, etc.
    Man kann ja nicht alle Katholiken in einen Topf werfen. Allerdings sind sie alle potenzieller Eltern getaufter Kinder. Und da finde ich, ist es ein großer Unterschied, ob man seine Religion nun auslebt und das Kind aus eigener Überzeugung taufen lässt (ob dies nun gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt), oder weil man es aus Bequemlichkeit oder sozialen Zwängen tut.


    Zitat


    Wir reden hier ein wenig aneinander vorbei, kommt mir vor. Natürlich darf ein Kind selbst entscheiden. Das durfte ich doch auch und ich bin getauft und meine Eltern waren und sind katholisch. Sobald ich alt genug war selbst zu entscheiden, oblag es mir selbst zu entscheiden, ob ich mit zum Gottesdienst gehe oder nicht. Und ganz ehrlich: vorher war ich zu klein, als dass es mir etwas ausgemacht hätte, mit in die Kirche genommen zu werden.
    Ich würde einem Kind, bzw. einem Jugendlichen jedenfalls diese Wahl niemals aberkennen. Deshalb bin ich ja etwas verwirrt, weil wir im Grunde genommen dasselbe sagen, nur dass es mir so vorkommt, als wäre die Taufe (als Beispiel) für dich eine Kette, die jemanden an den katholischen Glauben fesselt.


    Dann ist ja gut. Ich will nur sagen, dass es auch andersrum sehr gut funktionieren kann.


    Zitat


    Das klingt ja alles schön und gut, aber es ist nach wie vor irgendwie nicht realistisch. Ein 4jähriges Kind ist nicht unbedingt die Topadresse für Vernunft und Einsicht. Und wenns nicht der leibe Gott ist, dann ist es eben der Teufel, der schwarze Mann. Das ist definitiv keine religiöse Sache. Haben deine Eltern in der Adventszeit nie gesagt, wenn du brav bist, beschenkt dir der Nikolaus und wenn du unartig bist, nimmt dich der Krampus mit?


    Und genau das sind Scheinerklärungen, die dem Kind in keinster Weise weiterhelfen! Und ich will damit auch nicht sagen, dass sich diese nur auf die Religion beziehen, aber sie kommen dort nunmal sehr häufig vor.
    Ganz ehrlich: wenn dein Kind sich schlecht benimmt, sagen wir, es schlägt sein Geschwisterchen und du sagst ihm, dass es das nicht machen soll, weil sonst der liebe Gott böse ist, was ist der Grund, warum das Kind das Verhalten später eventuell nicht mehr zeigt? Weil es Angst hat, und zwar um sein eigenes Wohl! Dem Kind wird gesagt, es soll andere nicht schlagen, weil sonst der liebe Gott böse auf einen ist, und nicht, weil es dem Brüderchen weh tut und man selbst auch nicht geschlagen werden will. Genau mit solchen Dingen erzieht man sein Kind zum Egoisten, und ja, auch zum Heuchler. Denn ein Christ, der sich nur deshalb menschenfreundlich verhält, weil er fürchtet in Gottes Ungnade zu fallen, ist nichts anderes als egoistisch und heuchlerisch.
    Ein Kind soll wissen, dass es jemand anderen nicht schlagen soll, weil es dem anderen weh tut, und weil es weiß, wie es sich an dessen Stelle fühlen würde, ganz nach dem Motto "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andren zu". Und ja, es kann sein, dass das bei einem 4-Jährigen nicht so einfach ist, zu erklären, aber diese kleine Anstrengung ist es denk ich auf jeden Fall wert.
    Und das gleiche ist umgekehrt der Fall, ein Kind soll nicht artig sein, nur damit zu Weihnachten das Christkind kommt und auch ja viele Geschenke bringt.
    Und nein, meine Eltern haben mir erstens nie aufgetischt, dass es einen Krampus, Nikolaus oder ein Christkind gibt, und zweitens hätten sie mir auch niemals mit Konsequenzen wie, der Krampus würde mich mitnehmen wenn ich schlimm bin, gedroht. Ich finde derartige Drohungen einfach nur kontraproduktiv :pille


    Und genauso verhält es sich, wenn ein Kind z.B. nach diesen und jenen Phänomenen fragt, "Wieso ist das so wie es ist und nicht anders?", und der Vater antwortet: "Weil es der liebe Gott so wollte/erschaffen hat", ist das keine zulängliche Antwort, sondern reine Aufdränung eines Glaubens, denn ein Kind glaubt in einem solchen Alter alles, was der Vater sagt. Und wenn der Vater die Antwort nicht weiß, muss er eben den lieben Gott zu Rate ziehen, anstatt dem Kind zu sagen, dass er die Antwort schlichtweg nicht weiß.
    Und wenn ein Kind fragt, ob es einen Gott gibt, und die Mutter sagt, ja natürlich gibt es einen Gott, ist das dieselbe Art von Aufdränung, denn in den Augen eines Kindes weiß die Mutter alles und alles was die Mutter sagt ist wahr. Würde die Mutter allerdings sagen "Ich glaube schon, dass es einen Gott gibt, aber wissen kann ich es natürlich nicht. Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten, etc.", hat die Mutter zwar nach wie vor eine Vorbildwirkung auf das Kind, aber das Kind merkt auch, dass es keine Tatsache ist, wie dass die Nachbarskatze schwanger ist, sondern dass dies eine Angelegenheit ist, über die es sich nachzudenken lohnt.


    Ich weiß noch ganz genau, wie ich damals diese Frage gestellt habe und mein Vater gesagt hat, er wüsste die Antwort nicht. Heute weiß ich, dass er eine sehr spezielle, nicht wirklich christliche Vorstellung von Gott hat, aber das hat er mir damals natürlich nicht gesagt. Aber dass er mir damals nur zur Antwort gab, dass er es nicht weiß, war schon recht beeindruckend, denn in meinen Augen wusste mein Vater bis dahin alles! Also habe ich mir weiterhin Gedanken über Zusammenhänge gemacht, habe immer mehr Fragen gestellt, die mir weder mein Vater noch meine Mutter noch sonstwer erklären konnten. Es hat mich fasziniert, dass es Dinge gibt, die wir offenbar nicht wissen. In dem Alter habe ich gelernt, dass das Wissen begrenzt ist. Andere Kinder, deren Eltern auf diese Fragen immer geantwortet hätten "Ja, das ist so, weil Gott es so erschaffen hat", etc. hätten vielleicht nach der 2. oder 3. Frage aufgehört zu fragen und sich zu wundern, denn sie bekamen ja eine Erklärung und die Eltern erschienen keineswegs ihrer Allwissenheit beraubt.

  • Zitat

    Original von melancholy
    Nunja, nur weil man einer Religion angehört, ist man, wie du ja auch sagst, nicht unbedingt religiös. Ich hab die verschiedenen Formen ja schon angesprochen, Menschen, die z.B. katholisch sind und ihre Religion praktizieren, jene die katholisch sind, ihre Religion aber nur an Feiertagen und sonstigen Anlässen gutheißen, jene, die nur zu bequem sind, aus der Kirche auszutreten, etc.
    Man kann ja nicht alle Katholiken in einen Topf werfen. Allerdings sind sie alle potenzieller Eltern getaufter Kinder. Und da finde ich, ist es ein großer Unterschied, ob man seine Religion nun auslebt und das Kind aus eigener Überzeugung taufen lässt (ob dies nun gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt), oder weil man es aus Bequemlichkeit oder sozialen Zwängen tut.


    Also geht es dir prinzipiell um diejenigen, die nur 'auf dem Papier' katholisch sind und ihre Kinder trotzdem taufen? Das finde ich selbst nicht besonders prickelnd, aber man kann es jemandem schlecht verbieten.


    Zitat


    Und genau das sind Scheinerklärungen, die dem Kind in keinster Weise weiterhelfen! Und ich will damit auch nicht sagen, dass sich diese nur auf die Religion beziehen, aber sie kommen dort nunmal sehr häufig vor.
    Ganz ehrlich: wenn dein Kind sich schlecht benimmt, sagen wir, es schlägt sein Geschwisterchen und du sagst ihm, dass es das nicht machen soll, weil sonst der liebe Gott böse ist, was ist der Grund, warum das Kind das Verhalten später eventuell nicht mehr zeigt? Weil es Angst hat, und zwar um sein eigenes Wohl! Dem Kind wird gesagt, es soll andere nicht schlagen, weil sonst der liebe Gott böse auf einen ist, und nicht, weil es dem Brüderchen weh tut und man selbst auch nicht geschlagen werden will.


    Jede Mutter, jeder Vater wird früher oder später an dem Punkt angelangen, an dem es mit Konsequenzen droht. Und dann ist - ob man nun will oder nicht, ob man sich darüber bewusst ist oder nicht - IMMER Angst im Spiel. Du sagst ja "Wenn du das noch mal machst, gibt es Hausarest!", "Wenn du noch mal dein Brüderchen schlägst, werde ich sauer!". Wenn man es genau nimmt, spielt man damit ja auch schon mit der Angst der Kleinen. Die wollen ja nicht, dass Mami auf sie böse ist und die wollen auch nicht zuhause hocken, während die Nachbarskinder draußen spielen. Es mag nicht ganz so dramatisch sein, aber es ist... nun, menschlich. Eltern machen sowas. Und Kinder sind nunmal schwer mit Vernunft zu überzeugen, besonders die ganz kleinen. Deshalb arbeiten Eltern mit Konsequenzen, vor denen - das kann man schlecht leugnen - die Kinder Angst haben, bzw. die unangenehm sind.


    Zitat

    Genau mit solchen Dingen erzieht man sein Kind zum Egoisten, und ja, auch zum Heuchler. Denn ein Christ, der sich nur deshalb menschenfreundlich verhält, weil er fürchtet in Gottes Ungnade zu fallen, ist nichts anderes als egoistisch und heuchlerisch.


    Dann bin ich auch ein heuchlerischer Egoist, wenn ich das Gesetz nur deshalb achte, weil ich die rechtlichen Konsequenzen fürchte. Weil ich nur deshalb nicht zu schnell fahre. Anstatt dass ich in erster Linie deshalb langsam fahre, weil ich Angst um meine Mitmenschen habe, die ich eventuell verletzen könnte?


    Zitat

    Ein Kind soll wissen, dass es jemand anderen nicht schlagen soll, weil es dem anderen weh tut, und weil es weiß, wie es sich an dessen Stelle fühlen würde, ganz nach dem Motto "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andren zu". Und ja, es kann sein, dass das bei einem 4-Jährigen nicht so einfach ist, zu erklären, aber diese kleine Anstrengung ist es denk ich auf jeden Fall wert.


    Einmal, zweimal, vielleicht drei- oder viermal. Die Eltern, die das 18 Jahre lang durchhalten gehören heilig gesprochen.


    Zitat

    Und das gleiche ist umgekehrt der Fall, ein Kind soll nicht artig sein, nur damit zu Weihnachten das Christkind kommt und auch ja viele Geschenke bringt.


    So gedreht klingt es ja ganz schön negativ. Was hingegen spicht dafür für eine Belohnung etwas zu tun? Ich bin brav für ein Geschenk, ich bin fleißig für ein Lob oder eine Auszeichnung und ich arbeite für Geld. Das Prinzip unseres Lebens.


    Zitat

    Und nein, meine Eltern haben mir erstens nie aufgetischt, dass es einen Krampus, Nikolaus oder ein Christkind gibt, und zweitens hätten sie mir auch niemals mit Konsequenzen wie, der Krampus würde mich mitnehmen wenn ich schlimm bin, gedroht. Ich finde derartige Drohungen einfach nur kontraproduktiv :pille


    Für dich gab es keinen Weihnachtsmann, keinen Osterhasen, keinen schwarzen Mann, keine Zahnfee, keine Einhörner und Prinzen, keine Hexen, keine sieben Zwerge? Ich habe mein Fantasievolles Leben gebliebt. Ich habe gerne an den Weihnachtsmann geglaubt, das ist weitaus spannender, als Eltern, die dir Geschenke kaufen. Ebenso wie ich gerne an Gott geglaubt habe. Nicht, weil ich Angst vor seiner allmächtigen Strafe hatte, sondern weil ich den Gedanken immer beruhigend und aufmunternd fand, dass da jemand auf mich aufpasst.
    Übrigens glaube ich auch nicht, dass deine Eltern dir nie damit gedroht haben dich auf dein Zimmer zu schicken, wenn du unartig warst. Das fällt doch auch unter den Begriff 'Konsequenz'.


    Zitat

    Und wenn ein Kind fragt, ob es einen Gott gibt, und die Mutter sagt, ja natürlich gibt es einen Gott, ist das dieselbe Art von Aufdränung, denn in den Augen eines Kindes weiß die Mutter alles und alles was die Mutter sagt ist wahr.


    Sieh das ganze doch mal aus den Augen der Mutter. Sie glaubt daran, dass es Gott gibt und vielleicht weiß sie es ja. Manche Leute glauben ganz fest an sein Existenz, sie sind davon überzeugt. Sie sagt ihrem Kind, was sie glaubt, das ist doch nichts Falsches.


    Zitat

    Ich weiß noch ganz genau, wie ich damals diese Frage gestellt habe und mein Vater gesagt hat, er wüsste die Antwort nicht. Heute weiß ich, dass er eine sehr spezielle, nicht wirklich christliche Vorstellung von Gott hat, aber das hat er mir damals natürlich nicht gesagt. Aber dass er mir damals nur zur Antwort gab, dass er es nicht weiß, war schon recht beeindruckend, denn in meinen Augen wusste mein Vater bis dahin alles! Also habe ich mir weiterhin Gedanken über Zusammenhänge gemacht, habe immer mehr Fragen gestellt, die mir weder mein Vater noch meine Mutter noch sonstwer erklären konnten. Es hat mich fasziniert, dass es Dinge gibt, die wir offenbar nicht wissen. In dem Alter habe ich gelernt, dass das Wissen begrenzt ist. Andere Kinder, deren Eltern auf diese Fragen immer geantwortet hätten "Ja, das ist so, weil Gott es so erschaffen hat", etc. hätten vielleicht nach der 2. oder 3. Frage aufgehört zu fragen und sich zu wundern, denn sie bekamen ja eine Erklärung und die Eltern erschienen keineswegs ihrer Allwissenheit beraubt.


    Ich bin mir nach wie vor unklar, wie du einem so kleinen Kind, einem 3jährigen oder einem 4jährigen solch komplexe Dinge erklären willst, ohne die Kleinen vollkommen zu überfordern. Ich finde es ja ehrenhaft die Kinder ohne 'Märchen' zu erziehen, aber ob es wirklich machbar ist. Ich finde es nicht schlimm, seine Kindheit mit Märchenfiguren und Ähnlichem zu verbringen und auch mit der einen oder anderen Lüge der Eltern. Das Ganze mit Gott lasse ich mal außen vor. Ich glaube ja immerhin daran, dass es ihn gibt ;)

    "Sobald ich ein wenig Geld bekomme, kaufe ich Bücher; und wenn noch was übrig bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung." - Desiderius Erasmus