Ich glaube - also bin ich!
Welche Überzeugung habt Ihr in Bezug auf Gott?
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Original von melancholy
Wenn man glaubt, dass Gott einem Hilft, ist das meiner Ansicht nach kein Glauben an sich selbst, sondern Glauben daran, dass man selbst hilflos ist und Hilfe von Gott (weil man z.B. ein braver Christ war) erwarten darf.
Im Gegenteil, ich denke, Glaube an einen Gott/höheres Wesen/alles, was im Irdischen nicht fassbar ist, schwächt vielmehr als dass es hilft. Der Glaube an einen Selbst ist es, der einen aus Krisen raushilft, Krankheiten überwinden lässt, etc. Glaubt man hingegen an ein schöneres Leben im Jenseits, hat es wenig Sinn, sich im Diesseits noch einmal so richtig aufzuraffen und seinem Leben doch noch eine schöne Seite zu verleihen.An Gott glauben heißt doch nicht, einfach an schöneres Leben im Jenseits zu glauben. Es heißt auch nicht, daran zu glauben, dass man getrost die Hände in den Schoß legen kann und Gott schon alles regeln wird (auch wenn ich das bei Stoßgebeten oft hoffe, weil ich dann eh nichts mehr tun kann).
An Gott glauben heißt für mich in diesem Zusammenhang, das Vertrauen zu haben, dass jemand da ist und hilft, wenn man selbst scheitert und/oder nicht weiter weißt. Ein Kind, das Laufen lernt, fällt. Kaum ein Elternteil wird sich denken "Jo, lass es liegen" - denkt auch Gott nicht. Man hilft seinem Kind hoch und zeigt ihm, so gut es geht (mit Übung, mit Unterstützung, mit was auch immer...), wie es zu laufen hat. Man ist da und passt auf, dass das Kind irgendwann selbst laufen kann, aber man hilft ihm beim Lernen. Und das Kind lernt das Laufen irgendwann - die Frage ist: würde das Kind das Laufen so "problemlos" lernen, wenn es immer Angst haben müsste, dass niemand da ist, der ihm beim Fallen auf die Beine hilft? Wenn es wüsste, es ist auf sich allein gestellt? Hätte dieses Kind Vertrauen in seine Eltern?
Sicher hilft der Glaube an Gott, wenn man sich hilflos fühlt. Menschen flüchten sich zu höheren Mächten, wenn sie nicht mehr weiter wissen. Aber in meinen Augen ist das nur menschlich. Die meisten von uns (egal, wie alt wir sind) suchen Rat und Hilfe bei ihren Eltern (oder sehr guten Freunden, die die Eltern vielleicht "ersetzen"), wenn sie nicht mehr weiterwissen. Was ist so schlimm daran, Hilfe bei Gott zu suchen? (Ja, es mag sein, dass es Gott wirklich nicht gibt - aber selbst dann richtet der Glaube keinen Schaden in so einem Fall an....).
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Zitat
Original von melancholy
Ich wüsste auch nicht, welchen Schaden man davon trägt, außer - und hier spreche ich nicht unbedingt von Schaden für die Person sondern eher als Schaden für den Glauben - dass einem der Glaubensweg in gewisser Weise schon vorgelegt wird. Als Säugling entscheidet man sich nicht bewusst dazu, einer Religion anzugehören. Und das ist meines Erachtens der springende Punkt. Man muss sich bewusst dazu entscheiden! Und dazu finde ich es wesentlich, das Kind mit allen Religionen zumindest bis zu einem gewissen Grade vertraut zu machen, erst dann hat es als Jugendlicher/Erwachsener die Möglichkeit, sich wirklich bewusst für den Katholozismus (Beispiel) zu entscheiden.
Ich verstehe deinen Standpunkt durchaus, nur glaube ich nicht, dass er in irgendeiner Form realistisch ist. Eltern sind prägend für ihre Kinder und für religiöse Eltern ist ihre Religion Teil ihrer selbst. Sie leben ihre Religion und ihr Leben findet nun einmal gemeinsam mit ihrem Kind statt. Wie kann man diese beiden Dinge trennen, ohne dass ein Bruch zwischen Eltern und Kind geschieht? Jedes Kind nimmt bestimmte Dinge seiner Eltern an, seien es nun Ausschnitte aus der Kultur, Meinungen, Lebensweisen, die Art, wie die Wäsche gebügelt wird. Lassen wir mal die Taufe als Beispiel weg, denn sie ist nur ein Bruchteil der Religion. Wie gesagt, nur ein wenig Wasser, mehr nicht. Prägender ist doch die effektive Ausübung der Religion. Das Beten, die Messen, damit verbundene Bräuche. Sagen wir mal, die Eltern lassen ihr Kind nicht taufen, aber sie selbst sind religiös und üben ihre Religion aus, dh. sie beten, besuchen die Messe, usw. Nun ist das Kind ungetauft, aber es ist doch tagtäglich von der Religion der Eltern umgeben. Die Taufe ist im Vergleich dazu doch völlig nebensächlich. Was wirklich prägend ist, ist doch dieser tagtägliche Kontakt. Und davon kann man - wie man es auch anstellt - ein Kind doch nicht 'beschützen'. Ob man das Kind nun tauft oder nicht, macht für mich ehrlich gesagt absolut keinen Unterschied.ZitatDie Taufe hinterlässt vielleicht keinen Stempel, allerdings steht es in den Papieren und zumindest hierzulande ist es so, dass ein Kind mit katholischer Konfession den katholischen Religionsunterricht besuchen muss (!).
Gut, ich will diesbezüglich nichts sagen. Ich denke mal Deutschland und Italien unterscheiden sich diesbezüglich. Der Religionsunterricht ist bei uns jedoch das, was der Name schon sagt: Unterricht über die Religion. Alle. Klar malt man in der Grundschule Noah und die Arche voller Tiere, aber das Programm passt sich dem Alter der Kinder an und sobald diese alt genug sind, um einen Unterschied zwischen den Religionen zu begreifen, fließen normalerweise auch derartige Inhalte in den Unterricht mit ein. Zumindest war das bei mir so. Ich bin nicht aufgewachsen, ohne neben meiner eigenen Religion, auch alle anderen kennen zu lernen.ZitatUnd ganz ehrlich, es gibt genügend Eltern, die ihr Kind nicht aus Glaubensgründen sondern gesellschaftlichen Zwängen taufen lassen. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Glauben zu tun, sondern ähnelt einem Vereinswesen.
Sicher, die gibt es. Es gibt auch genügend Eltern, die ihren Kindern den Glauben wirklich aufdrängen. Das heiße ich in keinster Weise gut.ZitatEs ist GRAUSAM ein Kind in Beziehung auf die eigene Kultur und/oder Religion völlig außen vor zu lassen? Nur, weil man selbiges Kind nicht taufen lässt?
Die Taufe ist doch eigentlich nur ein Beispiel. Ich spreche immer von der Religion als großem Ganzem. Taufe, Erstkommunion, Firmung, das sind vielleicht Meilensteine, aber prägend ist doch das ganze Zwischendrin. Die effektive Ausübung der Religion. Und zu versuchen ein Kind von etwas auszuschließen, was einen Teil des elterlichen Lebens darstellt, finde ich durchaus grausam. Ich nehme mal das banale Beispiel eines Hobbys: Daddy sammelt Briefmarken, verbringt viel Zeit mit Sammeln, Ablösen, Sortieren, Tauschen. Sohnemann kriegt das natürlich mit (Kinder sind in dieser Beziehung ja echte Blitzmerker). Wenn ein Elternteil regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg sich intensiv mit etwas Derartigem beschäftigt, dann ist es utopisch anzunehmen, Sohnemann würde davon nicht beeinflusst werden und bis zu einem gewissen Punkt findet er Daddys Hobby sicherlich interessant, spannend oder er ist einfach neugierig. Aber Daddy will, dass sein Sohnemann sich selbst ein Hobby sucht und entscheidet, was er gerne in seiner Freizeit machen würde, ohne dass er Daddys Hobby als Vorbild nimmt, also lässt er Sohnemann außen vor. (okay, das Beispiel ist bescheuert merk ich grad, aber ich hoffe, man erkennt, worauf ich hinaus will...) Ich fände das ja arg daneben. Das Briefmarkensammeln ist in diesem Falle Teil des Lebens seines Vaters und der Knirps kann doch auch entscheiden, dass er später einmal nicht Briefmarken sammeln will, obwohl er in seiner Kindheit damit intensiv in Berührung gekommen ist. Oder eben gerade deshalb. Warum sollte es mit der Religion anders sein? Der Vater sollte sich ja auch nicht gezwungen fühlen, sein Hobby aufzugeben oder zu verstecken, damit sein Kind die Entscheidung eines Hobbys später für sich selbst treffen kann. Und wenn er seinem Sohn ein Briefmarkenalbum schenkt und ihn dazu anregt, selbst Briefmarken zu sammeln, begeht er damit keine Straftat und wird auch das Leben seines Kindes damit nicht ruinieren. Klar, es ist ein Einfluss, aber die Eltern sollten ja auch einen Einfluss auf ihre Kinder haben. Dabei färben Dinge ab und in anderen Punkten gehen die Wege von Eltern und Kinder völlig auseinander, wenn die Kinder erwachsen werden. Deshalb finde ich es abwegig ein Kind von der Religion der Eltern auszugrenzen, damit es... ja, was eigentlich? Unvoreingenommen bleibt?ZitatWas ist denn bitte schon die "eigene" Kultur und wieso setzt du diese mit Religion gleich? Religion ist doch keine Kultur, in der man aufwächst, sondern eine festgelegte Glaubenseinstellung.
Wo liegen denn die Unterschiede? Religion ist ein Teil der Kultur, wenn man es genau nimmt.ZitatIch glaube kaum, dass es für ein Kind grausam ist, wenn ihm keine bestimmte Glaubenseinstellung vorgelegt wird.
'Vorgelegt' ist das falsche Wort. 'Vorgelebt' sollte es heißen. Und ich wüsste nach wie vor nicht, wie die Eltern verhindern sollten, dass sie ihrem Kind ihre Kultur vorleben. Wie gesagt, wenn ich religiös bin, ist die Religion Teil meines Lebens. Habe ich nun ein Kind, kann ich auf diesen Teil meines Lebens verzichten, damit mein Nachwuchs innerhalb meiner Familie nicht damit in Berührung kommt. Aber das wäre absolut dämlich. Und seinen Glauben im Geheimen auszuüben umso mehr. Also bleibt man religiös und zieht die Kinder mit rein, egal ob man es nun mit Taufe und Firmung traditionell ganz bewusst macht, oder nicht. Irgendwie hängen sie da mit drin und ganz ehrlich? Ich kann daran nichts Schlimmes sehen. Das Kind wird dann erwachsen und kann sich entscheiden, ob es den Glauben weiterhin ausüben will oder nicht. Liegt die Problematik dann wirklich darin, dass auf irgendeinem Papier steht, dass dieser Mensch getauft worden ist? Fesselt ihn das an irgendetwas?ZitatZudem hat selbiges Kind ja immer die Möglichkeit, auf die "Grausamkeit" es nicht getauft gelassen zu haben, aufmerksam zu machen und seine ihm so grausam vorenthaltene Konfession einzufordern. Und sobald ein Kind dazu in der Lage ist, sich über eine etwaige Konfessionslosigkeit zu empören, ist es auch in der Lage, die Situation zu ändern.
Eben. Sobald das Kind groß genug ist, kann es ja selbst entscheiden, ob es mit dem Glauben der Eltern etwas anfangen kann, oder nicht. Ein paar Tröpfchen Wasser oder eine Beschneidung sollten da eigentlich kein Hinternis sein.ZitatNicht getauft zu sein, heißt ja nicht, dass man keine Religion ausüben kann.
Ich finde es etwas bedenklich, dass wir so dermaßen an dieser Taufe hängen geblieben sind. Als wäre sie DER Mittelpunkt des katholischen Glaubens.
Wie gesagt, man kann auch nicht religiös sein, wenn man als Kind getauft wurde.Zitat"Religion ist IMMER ein Teil von EINEM selbst?" Entschuldige, aber das ist eine Verallgemeinerung, denn du sprichst da nur für einen (recht bescheidenen) Teil der Bevölkerung. Für mich ist Religion kein Teil meiner selbst, wie denn auch, wo ich doch keine habe. Deswegen feht mir aber auch nichts.
Wie bereits vorhin erwähnt, bezog ich das auf religöse Menschen. Natürlich ist Religion nicht ein Teil eines nicht religösen Menschens. Tut mir leid, wenn ich das missverständlich ausgedrückt habe, aber ich dachte eigentlich, das verstehe sich von selbst
(Ich würde zudem das "recht bescheiden" weglassen, denn ich glaube die Zahl aller Gläubigen weltweit übersteigt (noch) die Zahl der Atheisten, bzw. der Nichtgläubigen)ZitatDer Mensch ist denke ich nicht unbedingt für Religion prädestiniert, daher lebt keiner sein Leben nur ungenügend aus, wenn er keine Religion praktiziert.
Viele Religionen halten sich nun doch schon einige Jahre, der Glauben an Götter ist uralt. Natürlich kann man ein erfülltes Leben auch ohne Religion leben, das würde ich niemals bezweifeln. Man kann sicher auch ein erfülltes Leben ohne das Internet haben, aber ich hänge trotzdem sehr daranZitatDeine Eltern haben dich miteinbezogen, indem sich dich taufen ließen? Siehst du, und ich sehe es andersrum: Meine Eltern haben mich einbezogen, indem sie mich NICHT taufen ließen.
Naja, fast. Meine Eltern haben mich miteinbezogen, in dem sie mich an ihrem Glauben teilnehmen ließen. Inzwischen bin ich erwachsen und entscheide selbst, aber ich habe rückblickend nicht das Gefühl, dass meine Eltern mir irgendetwas aufgezwungen haben. (klar, es war manchmal echt blöde Sonntag Morgens aufzustehen, um zur Messe zu gehen. Andererseits bin ich teilweise unter der Woche schon um fünf Uhr aus dem Bett, weil ich beim Frühgottesdienst ministriert habe und darauf mächtig stolz war)ZitatWieso sagen Katholiken zu ihrem Gott "und führe mich nicht in Versuchung"? Wieso sollte es der "Allmächtige" nötig haben, jemanden in Versuchun zu führen.
Mir hat man früher beigebracht, dass 'in Versuchung führen' in diesem Fall 'prüfen' bedeutet. Ich bin kein Theologe und kann mich natürlich irren. Aber du sagst ja selbst:ZitatMan hat das Gefühl, jeder legt sich die Glaubensinhalte so zurecht, wie sie einem grade am besten passen.
Ich zähle diese 'Wortklauberei' mal dazu. Natürlich kann auch das Vater Unser je nach Bedarf entsprechend zerlegt werden.ZitatWenn man glaubt, dass Gott einem Hilft, ist das meiner Ansicht nach kein Glauben an sich selbst, sondern Glauben daran, dass man selbst hilflos ist und Hilfe von Gott (weil man z.B. ein braver Christ war) erwarten darf.
Im Gegenteil, ich denke, Glaube an einen Gott/höheres Wesen/alles, was im Irdischen nicht fassbar ist, schwächt vielmehr als dass es hilft. Der Glaube an einen Selbst ist es, der einen aus Krisen raushilft, Krankheiten überwinden lässt, etc.
Ganz schön harte Worte. Etwas unfair, wie ich finde. Millionen Menschen schöpfen in schwierigen, teils auswegslosen Situationen Kraft aus ihrem Glauben an einen Gott/mehrere Götter und du behauptest, sie würden sich damit allesamt ins eigene Knie schießen?ZitatGlaubt man hingegen an ein schöneres Leben im Jenseits, hat es wenig Sinn, sich im Diesseits noch einmal so richtig aufzuraffen und seinem Leben doch noch eine schöne Seite zu verleihen.
Wir armen, selbstmordgefährdeten KatholikenJetzt mal im Ernst: Meine Oma ist vor zwei Wochen verstorben. Ich finde den Gedanken, dass sie jetzt im Paradies sitzt und über mich wacht weitaus schöner und tröstlicher, als dass sie ins schwarze Nichts verschwunden ist.
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Ich habe mich in diesem Thread seit Jahren aus bestimmten Gründen zurückgehalten, aber ich wollte nur kurz zwei Dinge anmerken:
Jüdische Familien halten ihre Kinder bis zum Alter von etwa 12 Jahren von Religion und Tempeln fern. Dies geschieht mit der Überzeugung, dass erst mit Eintritt in die Pubertät die Kinder auch willentlich die Religion ausüben können.
Auf der anderen Seite kommen sie natürlich mit den Regeln ihrer Religion in Berührung (u.U. kosheres Essen, Shabat mit der Familie), aber erst mit dem Bar oder Bat Mitzwah werden sie volle Mitglieder der Religionsgemeinschaft.Es ist bis zu einem gewissen Grad schon so, dass einem der Glauben oder Nichtglauben in die Wiege gelegt wird, manche behalten ihn aus Tradition bei, andere legen ihn vielleicht ab, andere sind fervente Gläubige, mit denen man auch nicht diskutieren kann, weil sie von der Richtigkeit ihres Glaubens überzeugt sind.
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Als langjähriger Kriegsreporter (Vietnam, Yom Kippur, Nicaragua) halte ich jede Art von "Glauben" für eine Krücke am eigenen Unvermögen sich selbst als Mensch mit Verantwortung zu definieren.
Zugegeben, es fehlt meist an der Bildung. Für einen Kindersoldaten in Somalia ist der Brotgeber der Gott.
Für den Lachs auf seiner Wanderung der Bär, der ihn abfängt auch.Ich muss nur eines, an mich selbst glauben. Sonst macht es keiner.
euer hef
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Original von hef
Als langjähriger Kriegsreporter (Vietnam, Yom Kippur, Nicaragua) halte ich jede Art von "Glauben" für eine Krücke am eigenen Unvermögen sich selbst als Mensch mit Verantwortung zu definieren.Zugegeben, es fehlt meist an der Bildung. Für einen Kindersoldaten in Somalia ist der Brotgeber der Gott.
Für den Lachs auf seiner Wanderung der Bär, der ihn abfängt auch.Ich muss nur eines, an mich selbst glauben. Sonst macht es keiner.
euer hef
Es ist ja wirklich interessant, wie man manche Sachen verdrehen kann. Wieso sollen Menschen, die meinen, in dunklen Stunden steht ihnen immer noch jemand zu Seite, gleich als Menschen gelten, die keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen? Wie ich schon sagte - Glauben heißt nicht, Hände in den Schoß zu legen und darauf vertrauen, dass Gott schon alles regeln wird. Aber klar, man kann es ja so auslegen und alle Gläubigen als Menschen hinstellen, die einfach keine Verantwortung übernehmen wollen für ihr Leben. Alles klar....
Und die Sache mit der fehlenden Bildung check ich nicht. Bei einem Kindersoldaten - ok. Aber sollen jetzt alle, die glauben, einfach nur glauben, weil sie ungebildet sind oder was willst du damit sagen?
Nee, manchmal frag ich mich wirklich....
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Zitat
Original von Asmos
Ich verstehe deinen Standpunkt durchaus, nur glaube ich nicht, dass er in irgendeiner Form realistisch ist. Eltern sind prägend für ihre Kinder und für religiöse Eltern ist ihre Religion Teil ihrer selbst. Sie leben ihre Religion und ihr Leben findet nun einmal gemeinsam mit ihrem Kind statt. Wie kann man diese beiden Dinge trennen, ohne dass ein Bruch zwischen Eltern und Kind geschieht? Jedes Kind nimmt bestimmte Dinge seiner Eltern an, seien es nun Ausschnitte aus der Kultur, Meinungen, Lebensweisen, die Art, wie die Wäsche gebügelt wird. Lassen wir mal die Taufe als Beispiel weg, denn sie ist nur ein Bruchteil der Religion. Wie gesagt, nur ein wenig Wasser, mehr nicht. Prägender ist doch die effektive Ausübung der Religion. Das Beten, die Messen, damit verbundene Bräuche. Sagen wir mal, die Eltern lassen ihr Kind nicht taufen, aber sie selbst sind religiös und üben ihre Religion aus, dh. sie beten, besuchen die Messe, usw. Nun ist das Kind ungetauft, aber es ist doch tagtäglich von der Religion der Eltern umgeben. Die Taufe ist im Vergleich dazu doch völlig nebensächlich. Was wirklich prägend ist, ist doch dieser tagtägliche Kontakt. Und davon kann man - wie man es auch anstellt - ein Kind doch nicht 'beschützen'. Ob man das Kind nun tauft oder nicht, macht für mich ehrlich gesagt absolut keinen Unterschied.[...]
Die Taufe ist doch eigentlich nur ein Beispiel. Ich spreche immer von der Religion als großem Ganzem. Taufe, Erstkommunion, Firmung, das sind vielleicht Meilensteine, aber prägend ist doch das ganze Zwischendrin. Die effektive Ausübung der Religion. Und zu versuchen ein Kind von etwas auszuschließen, was einen Teil des elterlichen Lebens darstellt, finde ich durchaus grausam. Ich nehme mal das banale Beispiel eines Hobbys: Daddy sammelt Briefmarken, verbringt viel Zeit mit Sammeln, Ablösen, Sortieren, Tauschen. Sohnemann kriegt das natürlich mit (Kinder sind in dieser Beziehung ja echte Blitzmerker). Wenn ein Elternteil regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg sich intensiv mit etwas Derartigem beschäftigt, dann ist es utopisch anzunehmen, Sohnemann würde davon nicht beeinflusst werden und bis zu einem gewissen Punkt findet er Daddys Hobby sicherlich interessant, spannend oder er ist einfach neugierig. Aber Daddy will, dass sein Sohnemann sich selbst ein Hobby sucht und entscheidet, was er gerne in seiner Freizeit machen würde, ohne dass er Daddys Hobby als Vorbild nimmt, also lässt er Sohnemann außen vor. (okay, das Beispiel ist bescheuert merk ich grad, aber ich hoffe, man erkennt, worauf ich hinaus will...) Ich fände das ja arg daneben. Das Briefmarkensammeln ist in diesem Falle Teil des Lebens seines Vaters und der Knirps kann doch auch entscheiden, dass er später einmal nicht Briefmarken sammeln will, obwohl er in seiner Kindheit damit intensiv in Berührung gekommen ist. Oder eben gerade deshalb. Warum sollte es mit der Religion anders sein? Der Vater sollte sich ja auch nicht gezwungen fühlen, sein Hobby aufzugeben oder zu verstecken, damit sein Kind die Entscheidung eines Hobbys später für sich selbst treffen kann. Und wenn er seinem Sohn ein Briefmarkenalbum schenkt und ihn dazu anregt, selbst Briefmarken zu sammeln, begeht er damit keine Straftat und wird auch das Leben seines Kindes damit nicht ruinieren. Klar, es ist ein Einfluss, aber die Eltern sollten ja auch einen Einfluss auf ihre Kinder haben. Dabei färben Dinge ab und in anderen Punkten gehen die Wege von Eltern und Kinder völlig auseinander, wenn die Kinder erwachsen werden. Deshalb finde ich es abwegig ein Kind von der Religion der Eltern auszugrenzen, damit es... ja, was eigentlich? Unvoreingenommen bleibt?
Auch hier sprichst du wieder den religiösen Teil der Bevölkerung an. Jene, die ihre Religion praktizieren. Und natürlich wäre es grausam, dem Kind zu sagen, es solle sich doch was eigenes suchen und nicht nur das zu tun, was der Vater/die Mutter macht. Um das geht es mir nicht. Es geht darum, dass das Kind selbst entscheiden darf! Es kann einerseits hingehen und sagen, ja, dass was ihr da macht gefällt mir, ich will das auch (und es sollte dann auch später immer noch sagen dürfen, dass es sich geirrt hat und es doch nichts für ihn/sie), andererseits kann es auch sein, dass das Kind trotz Vorbild der Eltern, nichts von dem ganzen wissen will, keine Lust hat, in die Kirche zu gehen und zu beten, etc. und das sollte meiner Meinung nach genauso akzeptiert werden. Getauft hin oder her.
Und zudem finde ich es wichtig, dem Kind auch die Grundgedanken anderer Glaubensformen zu vermitteln, und dazu zählen dann nicht nur andere Religionen, sondern auch die Glaubens- oder Nichtglaubensinhalte vder Atheisten und Agnostiker.
Aber all das beschreibt ein Kind in einem bestimmten Alter, einem Alter, in dem sich das Kind zu interessieren beginnt für derlei Dinge, in denen es bewusst daran teilnimmt. Und nicht einen Säugling, der noch gar nichts entscheiden kann, oder einem 18 Monate alten Kind, dessen Wortschatz sich grade erst erweitert, oder einer Zweijährigen, die gerade lernt, Sätze richtig zu formulieren. Alles beginnt bei einem bestimmten z.T. individuellen Alter, und genauso sollte es bei der Religion meiner Meinung nach sein - und damit meine ich freilich nicht, dass es den Eltern verboten ist, vor ihrem Kind zu beten oder über ihren Glauben zu sprechen, sondern viel mehr, dass das Kind per se nicht in derlei Dinge eingebunden werden muss, z.B. nicht in die Kirche genommen werden muss, oder, wie ich es Kindern von Verwandten schon öfter erlebt habe: eine dreijährige ist ungezogen, was sagen die Eltern zu ihr? "Sei brav, sonst ist der liebe Gott bös auf dich", anstatt dem Kind verständlich zu machen, warum es in Wirklichkeit dies und das nicht tun soll, nämlich weil es gefährlich ist, die Mitmenschen stört, etc., wird ihm gesagt, dass der liebe Gott sonst weint.
Außerdem beziehst du dich auf Familien, in denen Religion tatsächlich auch praktiziert wird, natürlich kann man dem Kind nicht sagen, es solle sich doch aus dem Ganzen raushalten. Das ist genauso schlimm, als würde man das Kind zwingen, für all das Interesse zu zeigen. Ich denke, es ist vor allem wichtig, das Kind soweit es geht selbst entscheiden zu lassen, wofür es sich interessiert und wofür es sich nicht interessiert.
Aber das alles kommt doch sehr auf den Glauben der Eltern an, und da gibt es genügend Menschen, die ihre Religion weniger äußerlich ausleben (von ihrem religiösen Innenleben mal abgesehen), die wenig über ihre Religion/ihren Glauben sprechen, selten bis nie zur Kirche gehen, etc. Was hätte es da für einen Sinn, das Kind in etwas einzubinden, das die Eltern selbst kaum ausleben bzw. zeigen?
Und dann gibt es jene Menschen, die sich kein bisschen für "ihre" Religion interessieren, sich höchstens in Notlagen auf ihren Glauben berufen und höchstens Mal zu Weihnachten in die Kirche gehen (ich meine das jetzt nicht als Vorwurf, sondern nur als Beispiel, wie Religion eben auch "ausgelbt" werden kann). Und auch hier, wäre es da nicht heuchlerisch, das Kind in einen Glauben einzubeziehen, der gar nicht so wirklich existiert?ZitatDie Taufe hinterlässt vielleicht keinen Stempel, allerdings steht es in den Papieren und zumindest hierzulande ist es so, dass ein Kind mit katholischer Konfession den katholischen Religionsunterricht besuchen muss (!).
Ich spreche hier v.a. vom erzkatholischen Tirol. Wie es sonstwo gehandhabt wird, weiß ich nicht.
Mir geht es ja nicht darum, dass es Religionsunterricht gibt. Bin - trotz fehlender Konfession - die ersten zwei Jahre auch in den Religionsunterricht gegangen, weil es mir Spaß gemacht hat, Bilder zu zeichnen und unser Pfarrer auch sehr gut Geschichten erzählen konnte. Nur sah ich in den Bibelgeschichten eben auch nicht mehr Wahrheit, als in einem Grimmschen Märchen.
Ich meine damit eher, dass man auch ein Ersatzprogramm bieten sollte, auf welches jene (katholischen) Kinder zurückgreifen können, wenn sie nicht in den (kath) Religionsunterricht gehen wollen.Zitat
Sicher, die gibt es. Es gibt auch genügend Eltern, die ihren Kindern den Glauben wirklich aufdrängen. Das heiße ich in keinster Weise gut.
Sehe ich genauso.ZitatWo liegen denn die Unterschiede? Religion ist ein Teil der Kultur, wenn man es genau nimmt.
Leider ist es so, dass Religion als Teil der Kultur angesehen wird, aber ich heiße es eben nicht gut, da Religion allzuoft als etwas kuturspezifisches betrachtet wird, und das ist nunmal meist so der Fall. Warum gibt es beispielsweise in Tirol so viele Katholiken und nur ganz wenige Protestanten? Weil es sich so eingebürgert hat. Man ist ja keine bewusste Glaubensgemeinschaft hier, nein, man ist traditionsbewusst und die Tradition verlangt, dass das Kind eben auch katholisch ist. Ich finde eben, dass man hier sehr wohl einen Unterschied machen sollte, ob ich nun gläubig bin, weil es Kultur/Tradition verlangt, oder ob ich mich selbst dazu entschieden habe.Zitat
Eben. Sobald das Kind groß genug ist, kann es ja selbst entscheiden, ob es mit dem Glauben der Eltern etwas anfangen kann, oder nicht. Ein paar Tröpfchen Wasser oder eine Beschneidung sollten da eigentlich kein Hinternis sein.
Das stimmt. Dennoch ist es ein ziemliches Prozedere, aus der Kirche auszutreten und viele tun's dann eben aus Bequemlichkeitsgründen nicht. Aber das muss jeder selbst wissen.
Andersrum finden sich aber bestimmt auch Menschen, die urspr. ohne Konfession waren und sich später z.B. zum Katholizismus entscheiden. Und diese Christen zählen dann wohl vermutlich zu den in ihrem Glauben sehr Überzeugten. Denn keiner lässt sich einfach so mal aus Spaß taufen, da muss schon was dahinter stecken.ZitatWie bereits vorhin erwähnt, bezog ich das auf religöse Menschen. Natürlich ist Religion nicht ein Teil eines nicht religösen Menschens. Tut mir leid, wenn ich das missverständlich ausgedrückt habe, aber ich dachte eigentlich, das verstehe sich von selbst
(Ich würde zudem das "recht bescheiden" weglassen, denn ich glaube die Zahl aller Gläubigen weltweit übersteigt (noch) die Zahl der Atheisten, bzw. der Nichtgläubigen)
So war's nicht gemeint, ich meinte damit eher meinen 2. nicht von dir zitierten Teil. Und zwar jene Menschen, die zwar einer Religion angehören, diese aber weder ernstnehmen noch in irgendeiner Weise ausleben, sich höchstens in Kirsenzeiten auf den Glauben berufen, die Kirche dann ernstnehmen, wenn es um die eigene Hochzeit oder Beerdigung geht, etc.
Und ich glaube, dass diese Menschen einen sehr großen Teil der Bevölkerung ausmachen.
Atheisten sind wieder eine eigene Gruppe, die haben ja auch einen Glauben, und zwar den, dass es nichts dergleichen gibt. Und für mich gibt es keinen Unterschied, ob man nun flesenfest daran glaubt, dass es eine höhere Macht gibt, oder ob man zu wissen zu meint, dass es nichts dergleichen gibt.
Sind alles Arten von Überzeugungen.Zitat
Ganz schön harte Worte. Etwas unfair, wie ich finde. Millionen Menschen schöpfen in schwierigen, teils auswegslosen Situationen Kraft aus ihrem Glauben an einen Gott/mehrere Götter und du behauptest, sie würden sich damit allesamt ins eigene Knie schießen?
Ja, ich muss zugeben, es war ein bisschen ungut formuliert. Ich glaube nicht, dass es nichts hilft an einen Gott zu glauben. Glauben selbst kann ja so einiges bewirken. Ich glaube nur, dass es umso mehr hilft, wenn man an sich selbst glaubt oder eben auch an andere Menschen. Vielleicht bin ich die falsche, um derartige Kritik zu üben, denn ich weiß nicht, wie es ist, Kraft aus dem Glauben an einen Gott zu schöpfen. Ich hatte schon einige Krisenzeiten, und diese habe ich alle überwunden, nicht weil ich daran Glaube, dass es eine höhere Macht gibt, die mich beschützt, sondern weil ich an mich selbst geglaubt habe und auch an die Unterstützung von Familie und Freunden. Mir reicht es, irdischen Wesen zu vertrauen, das gibt mir mehr Kraft, als an etwas zu glauben, dass ich im hier und jetzt nicht fassen kann.Zitat
Jetzt mal im Ernst: Meine Oma ist vor zwei Wochen verstorben. Ich finde den Gedanken, dass sie jetzt im Paradies sitzt und über mich wacht weitaus schöner und tröstlicher, als dass sie ins schwarze Nichts verschwunden ist.
Das ist doch schön.Meine Omas leben auch in gewisser Weise weiter, und zwar in meiner (und nicht nur meiner) Erinnerung. Für mich ist es nicht mehr schlimm, dass sie nicht mehr existieren, denn solange ich mich noch an sie erinnere, leben sie in meinen Gedanken weiter.
Meine persönliche Überzeugung ist es, sich auf das irdische zu konzentrieren. Ich will damit nicht sagen, dass ich nur an das glaube, was ich sehe. Aber ich habe nicht das Bedürfnis, mir über ein höheres Wesen den Kopf zu zerbrechen. Mir ist es letzlich egal, ob es einen Gott gibt oder nicht, denn es tangiert mich im hier und jetzt auf keinster Weise.
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Original von hef
Als langjähriger Kriegsreporter (Vietnam, Yom Kippur, Nicaragua) halte ich jede Art von "Glauben" für eine Krücke am eigenen Unvermögen sich selbst als Mensch mit Verantwortung zu definieren.Zugegeben, es fehlt meist an der Bildung. Für einen Kindersoldaten in Somalia ist der Brotgeber der Gott.
Für den Lachs auf seiner Wanderung der Bär, der ihn abfängt auch.Ich muss nur eines, an mich selbst glauben. Sonst macht es keiner.
euer hef
Hui, eine wirklich interessante Ansicht. Ich denke auch, dass der Ursprung des Gottesbildes irgendwo ähnlich entstand. Für unsere Vorfahren in Ostafrika war vielleicht schon der Löwe ein Gott, der ab und zu einen von der Menschensippe als Opfer forderte.
Später als der Mensch in Europa ankam und die Naturkräfte Menschenleben forderten, waren es Eis, Regen und Blitz, die göttlichen Ursprungs waren. Als der Mensch sich niederließ und siedelte, war es göttlicher Zorn, wenn es zu Dürren und Missernten kam. In Südamerika nahmen ja in Missernten ja auch die Menschenopfer zu.
Ich denke dahinter steht dann auch die Überzeugung, dass der Gott durch die Opfer zufrieden gestellt werden soll und nicht weitere durch die Dürre fordert.Edit: Nicht zu vergessen, auch die Hexenverfolgungen in Europa wurden durch Missernten ausgelöst, als man den Hexen den Hagel unterstellte, der die Ernte vernichtete. Nur wurde hier den Hexen der Bund mit dem Teufel unterstellt, da das Christentum ja sauber zwischen dem gütigen Gott und dem bösen Gott unterscheiden will.
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Es ist ein Trugschluss, zu vermuten, es gäbe in diesem Thema eine neutrale Position. "Nicht-Glauben" ist ebenso eine Entscheidung wie die Entscheidung für eine Religion. Daher ist auch das Nicht-Lehren eine Prägung, die am Kind vorgenommen wird.
Noch stärker als durch die Religion wird man in frühen Jahren durch die Sprache geprägt. Wenn jemand mit der deutschen Sprache aufwächst, wird das sein Leben lang die Denkmuster in seinem Gehirn bestimmen. Er wird immer anders denken als ein Japaner, einfach weil das Raster, in dem er Fakten ablegt, ein anderes ist. Die Sprache gibt unser gedankliches Ordnungsprinzip vor. Soll man nun Kindern jeden Kontakt mit Sprache vorenthalten, bis sie sich (auf welcher Grundlage?) selbst entscheiden können, ob sie zuerst mit Russisch oder mit Suaheli in Kontakt kommen wollen?
Soll man ihnen erst etwas zu essen geben, wenn sie sich soweit artikulieren können, dass sie erzählen können, was ihnen schmeckt? - Der Vergleich ist übrigens ausgesprochen treffend, denn das wäre lebensgefährlich für das Kind. Ebenso wie es, gelinde gesagt, ausgesprochen ungünstig ist, ungetauft zu sterben und dann vor dem Jüngsten Gericht zu stehen - und das kann auch einem Kind passieren. Wenn die Eltern davon überzeugt sind, dass die Zugehörigkeit und Ausübung einer bestimmten Religion für das Wohlergehen (Seelenheil) ihre Kindes förderlich ist, handeln sie fahrlässig, dieses nicht zu fördern.
Abgesehen davon ist Religion auch Lebensqualität. Für mich beispielsweise ist sie wesentlicher Teil meiner Selbstverwirklichung, und sie gibt mir eine Perspektive, die mich unabhängig und unempfänglich für vielerlei Einflüsse und Manipulationen macht. Ich bin daher sehr froh, in meiner Religion erzogen worden zu sein.
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Original von Gummibärchen
An Gott glauben heißt doch nicht, einfach an schöneres Leben im Jenseits zu glauben. Es heißt auch nicht, daran zu glauben, dass man getrost die Hände in den Schoß legen kann und Gott schon alles regeln wird (auch wenn ich das bei Stoßgebeten oft hoffe, weil ich dann eh nichts mehr tun kann).An Gott glauben heißt für mich in diesem Zusammenhang, das Vertrauen zu haben, dass jemand da ist und hilft, wenn man selbst scheitert und/oder nicht weiter weißt. Ein Kind, das Laufen lernt, fällt. Kaum ein Elternteil wird sich denken "Jo, lass es liegen" - denkt auch Gott nicht. Man hilft seinem Kind hoch und zeigt ihm, so gut es geht (mit Übung, mit Unterstützung, mit was auch immer...), wie es zu laufen hat. Man ist da und passt auf, dass das Kind irgendwann selbst laufen kann, aber man hilft ihm beim Lernen. Und das Kind lernt das Laufen irgendwann - die Frage ist: würde das Kind das Laufen so "problemlos" lernen, wenn es immer Angst haben müsste, dass niemand da ist, der ihm beim Fallen auf die Beine hilft? Wenn es wüsste, es ist auf sich allein gestellt? Hätte dieses Kind Vertrauen in seine Eltern?
Das Laufenlernen ist da wohl ein etwas unglückliches Beispiel, denn Laufenlernen ist biologisch determiniert. Jedes Kind, wenn es nicht daran gehindert wird, lernt früher oder später laufen, egal ob die Eltern es nun aufheben, wenn es hinfällt oder nicht. Vielleicht lernen sie es früher, wenn die Eltern da sind und es "beschützen", aber jedes Kind, das körperlich dazu in der Lage wäre sprich nicht behindert ist, lernt irgendwann laufen.
Ob man nun Vertrauen zu seinen Eltern oder zu Gott hat, ist meiner Meinung nach ein meilenweiter Unterschied. Zu seinen Eltern lernt man vertrauen zu haben, weil sie da sind und einen in der Entwicklung unterstützen. Zu einem Gott lernt man Vertrauen zu haben, weil man glaubt, dass er da ist und einen unterstütz.
Das eine ist aus der Erfahrung gewonnenes Wissen, das andere ist Glaube.
Du hast Vertrauen in die Eltern, weil sie dir schon in so vielen Lebenslagen geholfen haben, weil sie für dich so lange verantwortlich waren, weil sie dich begleitet haben, von der Zeit als Säugling bis in das Erwachsenenalter.
Du weißt, dass dir deine Eltern aus dieser und jener Situation helfen würden. Sie haben dir auch in früheren Zeiten geholfen, du vertraust ihnen.
Bei Gott glaubst du, dass er dir hilft, weil du glaubst, dass er dir schon in früheren Situationen geholfen hat. Ob dem nun so ist oder nicht, sei dahin gestellt, aber das Wissen, dass Gott dir je geholfen hat, ja dass er überhaupt existiert hat keiner, man hat höchstens eine Glaubensgewissheit.Zitat
Sicher hilft der Glaube an Gott, wenn man sich hilflos fühlt. Menschen flüchten sich zu höheren Mächten, wenn sie nicht mehr weiter wissen. Aber in meinen Augen ist das nur menschlich. Die meisten von uns (egal, wie alt wir sind) suchen Rat und Hilfe bei ihren Eltern (oder sehr guten Freunden, die die Eltern vielleicht "ersetzen"), wenn sie nicht mehr weiterwissen. Was ist so schlimm daran, Hilfe bei Gott zu suchen? (Ja, es mag sein, dass es Gott wirklich nicht gibt - aber selbst dann richtet der Glaube keinen Schaden in so einem Fall an....).Ja, es ist menschlich. Aber auch hier muss zwischen real existierenden Personen, wie deinen Eltern, deinen Freunden und eine höhere Macht an die man glaubt, unterschieden werden.
Wenn man jetzt Rat bei Gott sucht, bekommt man den dann auch? Oder ist es vielleicht eher so, dass man selbst sehr genau weiß, was man zu tun hat, einem aber der Glaube an sich Selbst fehlt, dies umzusetzen. Man nimmt daher Gott - an den man mehr glaubt als an sich selbst - zuhilfe, und glaubt er würde einem dieses und jenes Verhalten empfehlen, um aus einer Krise herauszukommen. Dann hat man den richtigen Weg gefunden. Kommt der aber nun von Gott oder viel mehr von mir selbst, die ich mir nicht eingestehe, dass ich ohnehin die ganze Zeit wusste, wie es geht, nur zu wenig von mir selbst überzeugt bin? -
Zitat
Original von Bernard
Abgesehen davon ist Religion auch Lebensqualität. Für mich beispielsweise ist sie wesentlicher Teil meiner Selbstverwirklichung, und sie gibt mir eine Perspektive, die mich unabhängig und unempfänglich für vielerlei Einflüsse und Manipulationen macht. Ich bin daher sehr froh, in meiner Religion erzogen worden zu sein.
Nunja, ich sehe es genau anders herum, und irgendwie doch ähnlich. Ich bin zwar ein wenig religiös erzogen und auch unfreiwillig evangelisch getauft worden, aber sobald ich sprechen konnte habe ich mich gegen religiöse Einflüsse gewandt.
Ich bin auch ziemlich froh, dass ich so gegen viele Manipulationen gewappnet bin. Ich denke, es kann doch jeder selbst seine eigene Vorstellung von Lebensqualität, Seelenheil und was gut für ihn ist haben. Warum sollte nicht jemand religiös sein dürfen? -
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Original von Bernard
Noch stärker als durch die Religion wird man in frühen Jahren durch die Sprache geprägt. Wenn jemand mit der deutschen Sprache aufwächst, wird das sein Leben lang die Denkmuster in seinem Gehirn bestimmen. Er wird immer anders denken als ein Japaner, einfach weil das Raster, in dem er Fakten ablegt, ein anderes ist. Die Sprache gibt unser gedankliches Ordnungsprinzip vor. Soll man nun Kindern jeden Kontakt mit Sprache vorenthalten, bis sie sich (auf welcher Grundlage?) selbst entscheiden können, ob sie zuerst mit Russisch oder mit Suaheli in Kontakt kommen wollen?Der Vergleich hinkt aber ein wenig. Natürlich lernt man die Sprache, die die Menschen haben, bei denen man aufwächst. Das lässt sich kaum vermeiden.
Aber jeder Mensch hat die Anlage zur Sprache. Lehrt man einem Gehörlosenkind beispielsweise keine Gebärdensprache, entwickelt es seine eigene Zeichensprache, die z.T. auch eine sehr hochentwickelte Grammatik haben kann. Ein Hund bellt ja auch nicht, weil es ihm die Eltern vormachen, sondern weil er dazu veranlagt ist.
Sprache ist ja nur ein Mittel zur Kommunikation, sie bestimmt ja nicht, wer du bist, und ich denke, kein Kind ist sauer auf seine Eltern oder leidet an einer Identitätskrise, wenn es beispielsweise mehrsprachig erzogen wird. Und die Sprache seine Umgebung zu beherrschen, kann in manchen Situationen bestimmt auch lebensrettend sein.Bei Religion ist das doch etwas ganz anderes. Wir sind, meiner Ansicht nach, nicht für Religion prädestiniert. Wir haben vielleicht die Anlage zum Glauben, aber Glauben ist ja etwas sehr vielfältiges. Wir brauchen Religion nicht zum Überleben, zumindest nicht von Natur aus. Wir brauchen vielleicht den Glauben an etwas oder jemanden, um im Leben weiterzukommen, aber woran man nun glaubt, ist doch sehr individuell.
Daher glaube ich nicht, dass man durch nicht religiöse Erziehung eine unbedingt eine Prägung bekommt, man ist ja zum Zeitpunkt der Geburt - so denke ich - eine tabula rase was Glaubensinhalte anbelangt, und wie oder ob man sie nun gefüllt werden, hängt meines Erachtens sehr wenig mit der späteren Lebensqualtität zusammen. Lebensqualität ist immer Einstellungssache, und zu seiner Einstellung muss jeder Mensch selbst finden. -
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Original von melancholy
Das Laufenlernen ist da wohl ein etwas unglückliches Beispiel, denn Laufenlernen ist biologisch determiniert.Mag schon sein, mir fiel nichts Besseres ein. Nimm etwas anderes, was nicht biologich determiniert ist (wobei es sicher Unterschiede gibt, was das Ergebnis angeht, wenn man unterstützt wird und wenn nicht und auch das Vertrauen zu den Eltern anders ist). Ich wollte lediglich zeigen, dass Gott sowas wie "Hilfe zur Selbsthilfe" ist und nicht eine Hilfsinstanzt, die alles einfach so regelt. Auch mit misslungengen Beispiel hab ich meiner Meinung nach verständlich genug erläutert, wie ich das sehe.
ZitatOb man nun Vertrauen zu seinen Eltern oder zu Gott hat, ist meiner Meinung nach ein meilenweiter Unterschied. Zu seinen Eltern lernt man vertrauen zu haben, weil sie da sind und einen in der Entwicklung unterstützen. Zu einem Gott lernt man Vertrauen zu haben, weil man glaubt, dass er da ist und einen unterstütz.
Das eine ist aus der Erfahrung gewonnenes Wissen, das andere ist Glaube.Richtig, aber anders kann es nicht sein. Glauben ist meines Erachtens das Vertrauen in Gott. Ich unterscheide zwischen "Ich glaube, dass es Gott gibt, aber der hilft mir nicht, der macht doch, was er will" und "Ich glaube, dass Gott existiert und mir beisteht". Und hier kann man das sehr wohl mit Vertrauen in die Eltern vergleichen. Eltern sieht man, Gott nicht. Von Eltern weiß man, dass sie existieren. Bei Gott kann man es nur glauben. Darum heißt es auch Glauben. Ich verstehe dein Einwand jetzt nicht wirklich, sorry. Es liegt in der Natur des Glaubens, das man nicht weiß. So seh ich das eben.
ZitatJa, es ist menschlich. Aber auch hier muss zwischen real existierenden Personen, wie deinen Eltern, deinen Freunden und eine höhere Macht an die man glaubt, unterschieden werden.
Das tue ich doch, ich kann aber dennoch vergleichen....
ZitatWenn man jetzt Rat bei Gott sucht, bekommt man den dann auch? Oder ist es vielleicht eher so, dass man selbst sehr genau weiß, was man zu tun hat, einem aber der Glaube an sich Selbst fehlt, dies umzusetzen. Man nimmt daher Gott - an den man mehr glaubt als an sich selbst - zuhilfe, und glaubt er würde einem dieses und jenes Verhalten empfehlen, um aus einer Krise herauszukommen. Dann hat man den richtigen Weg gefunden. Kommt der aber nun von Gott oder viel mehr von mir selbst, die ich mir nicht eingestehe, dass ich ohnehin die ganze Zeit wusste, wie es geht, nur zu wenig von mir selbst überzeugt bin?
Ist es nicht piepegal, wenn es mir hilft? (oder den anderen Menschen, die glauben?). Ja, vielleicht flüchten sich Menschen nur zu Gott, weil sie sich eben nicht allmächtig fühlen. Schön für alle, die es tun. Aber ich bin nicht jemand, der alles einfach so packt. Manchmal liegt man eben am Boden und kommt mit einem Freund oder mit Gottes Hilfe (sei sie noch so eingebildet) schneller auf die Beine. Aber schwach zu sein ist ja heute noch weniger in als früher.
Ach, ich sollte mich hier ausklinken. Das macht mich nur wahnsinnig.
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Original von melancholy
Aber jeder Mensch hat die Anlage zur Sprache. Lehrt man einem Gehörlosenkind beispielsweise keine Gebärdensprache, entwickelt es seine eigene Zeichensprache, die z.T. auch eine sehr hochentwickelte Grammatik haben kann.
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Wir haben vielleicht die Anlage zum Glauben, aber Glauben ist ja etwas sehr vielfältiges.
Das ist äquivalent. Der Mensch ist prädestiniert, nach Antworten auf existenzielle Fragen zu suchen. Er wird auch immer welche finden - manche sind sehr einfach ("alles sinnloser Zufall") und andere sehr komplex ("... wenn der Wassermann im dritten Haus des Uranus ..."). Manche Religionen haben sich über Jahrtausende entwickelt, ebenso wie manche Sprachen. Unterschiedliche Religionen geben unterschiedliche Antworten auf die gleichen Fragen, so wie unterschiedliche Sprachen unterschiedliche Begriffe für die gleichen Dinge haben. "Snow" ist nicht besser als "Schnee" zur Beschreibung von gefrorenem Wasser geeignet, aber im jeweiligen Sprachkontext macht nur eines von beiden Sinn, während das andere von der Rechtschreibprüfung angemeckert wird, und für einen Inuit, der ein paar Dutzend Worte für verschiedene Sorten von Schnee kennt, ist beides primitiv und unzureichend.ZitatOriginal von melancholy
Wir brauchen Religion nicht zum Überleben, zumindest nicht von Natur aus.
Mich stört die Arroganz dieser Aussage. Sie unterstellt, dass die Religionen nichts als Märchen sind und manchen Leuten simplen Gemüts durch positive Selbsttäuschung helfen. Das ist eine unzulässige Annahme. Du kannst nicht ausschließen, dass wir alle einmal vor Wotan stehen, und dann ist es für unser Überleben essentiell, ob wir zum Frühjahrs-Äquinox um eine Eiche getanzt haben oder nicht.ZitatOriginal von melancholy... man ist ja zum Zeitpunkt der Geburt - so denke ich - eine tabula rase was Glaubensinhalte anbelangt, und wie oder ob man sie nun gefüllt werden, hängt meines Erachtens sehr wenig mit der späteren Lebensqualtität zusammen. Lebensqualität ist immer Einstellungssache, und zu seiner Einstellung muss jeder Mensch selbst finden.
Die "tabula rasa" trifft auch auf die Sprache zu, siehe oben. Auch auf so ziemlich alle Formen von Wertvorstellungen. Ich wehre mich dagegen, die Religion hier zu einem Sonderfall zu machen. Die Eltern sollen ihre Kinder erziehen - dann sollen sie es bitte auch voll und ganz machen.
Bei der Lebensqualität berichtete ich von meiner persönlichen Erfahrung. Für mich ist Religion Selbstverwirklichung und Lebensqualität. Ich erwähne das, weil hier unterstellt wurde, dass Religion zu Duckmäusertum und Schmalspurdenken verleite, und diese Wahrnehmung kann ich aus meinem persönlichen Umfeld heraus nicht teilen.
Dass es Menschen gibt, die in der gegenteiligen Entwicklung Erfüllung finden, ist mir klar. Mich fasziniert beispielsweise Michail Bakunin. Er ist sehr religiös aufgewachsen, später hielt er die Unterordnung unter einen Gott mit seinen anarchistischen Wünschen für unvereinbar (sinngemäß: "Wenn es einen Gott gäbe, müsste ich ihn umbringen, denn er würde mich als Menschen relativieren!"). Er wurde glücklich als Anarchist, Terrorist - und Atheist. -
Menno.
Zitat"Nicht-Glauben" ist ebenso eine Entscheidung wie die Entscheidung für eine Religion.
Mit Verlaub. Erstens wird vielen die letztgenannte "Entscheidung" abgenommen, denn ein drei, vier Jahre alter Scheißbär, dem allabendlich erzählt wird, der "liebe Gott" würde über ihn wachen und außerdem alles sehen, was Klein-Scheißbär so anstellt, ist entsprechend geimpft und wird diesen Unsinn schwer wieder loswerden, was auch immer in seinem Leben geschieht. Dieser Trick mit dem Letztzweifel ist die Überlebensgarantie der Kirchen.
Und zweitens. Auch schon zigmal ausgeführt, aber Argumentation ist in diesem Bereich offenbar <g> sinnlos: Jemand, der nicht glaubt, ist nicht der gegenteiligen Meinung von jemandem, der es tut, und er hat demnach auch nicht die "gegenteilige Entscheidung" getroffen. Wer keine Briefmarken sammelt, ist kein A-Briefmarkensammler. Jemand, der keinen Tee trinkt (weil er genug andere Getränke zur Auswahl hat und sich nie mit dieser Option beschäftigen wollte), ist kein A-Teeist. Glauben ist eine willkürliche Option von sehr vielen, allerdings, mit Verlaub, die mit Abstand unglaubwürdigste. Es ist aber mitnichten, wie immer wieder weiszumachen versucht wird, die disjunkte Alternative zum Nicht-Glauben.
Ich bin genötigt, diese Entscheidung zu treffen, wenn jemand daherkommt und mich dazu drängt, in der Qualität: Glaubst Du das jetzt oder glaubst Du es nicht, aber schon die Fragestellung kommt einer Nötigung gleich, der man sich keineswegs beugen muss oder sollte. Da vom amtskirchlichen Glauben über Deismus, Pantheismus, Sektierertum, allgemeine Esoterik, schwammige Da-muss-was-sein-Auffassungen, Cargo-Kult bis hin zu vielem mehr (fliegendes Spaghettimonster, Traum eines schlafenden Hundes) alles unter "Glauben" subsummiert wird, meint man fallweise (wenn es gerade in die Argumentation passt), eine vermeintlich überwältigende Mehrheit zu repräsentieren, und kategorisiert die vermeintlich verbleibende Minderheit dann willkürlich als Gegnerschaft, als Repräsentanten des Gegenteils. Noch einmal: Nicht zu glauben ist nicht das Gegenteil davon, es zu tun. Glauben ist die Entscheidung - sofern man die Gelegenheit hatte, sich tatsächlich zu entscheiden - für ein mystisches, unbeweisbares, ritualisiertes Gedankengebäude, das in der Ausführungspraxis Gedanken dann nicht mehr so schrecklich willkommen heißt. Es handelt sich um tradierte, viele hundert, tausend Jahre alte Erklärungs- und, vor allem, Hierarchiemodelle für eine Welt, die zum Entstehungszeitpunkt noch eine Scheibe oder sogar nur ein dichtbewaldetes Tal war.
"Du bist Atheist" an jemanden, der nicht zufällig eine der zig Varianten dieses Unsinns verinnerlicht hat, ist nicht weniger als eine Beleidigung. Es mag Leute geben, die die Märchen für wahr halten, und andere, die sie für Lügen halten, aber es mag auch sehr, sehr viele Menschen geben, denen diese Märchen komplett egal sind, und die es als Form von Gewalt empfinden, im Alltag und in solchen Diskussionen immer wieder genötigt zu werden, hierzu Stellung zu beziehen - und eben kategorisiert zu werden.
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"Hau-drauf-Tom" wieder am Werk.....
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Zitat
Original von Bernard
Das ist äquivalent. Der Mensch ist prädestiniert, nach Antworten auf existenzielle Fragen zu suchen. Er wird auch immer welche finden - manche sind sehr einfach ("alles sinnloser Zufall") und andere sehr komplex ("... wenn der Wassermann im dritten Haus des Uranus ..."). Manche Religionen haben sich über Jahrtausende entwickelt, ebenso wie manche Sprachen. Unterschiedliche Religionen geben unterschiedliche Antworten auf die gleichen Fragen, so wie unterschiedliche Sprachen unterschiedliche Begriffe für die gleichen Dinge haben. "Snow" ist nicht besser als "Schnee" zur Beschreibung von gefrorenem Wasser geeignet, aber im jeweiligen Sprachkontext macht nur eines von beiden Sinn, während das andere von der Rechtschreibprüfung angemeckert wird, und für einen Inuit, der ein paar Dutzend Worte für verschiedene Sorten von Schnee kennt, ist beides primitiv und unzureichend.
Bestimmt sind wir prädestiniert, Antworten auf Fragen zu finden. Ich habe nie das Gegenteil behauptet. Aber wir sind nicht prädestiniert, einen bestimmten Glauben zu haben, genauso wenig sind wir dazu veranlagt, eine bestimmte Sprache zu lernen, obwohl wir alle die Anlage für Sprache haben. Bis dahin passt der Vergleich, das stimmt. ABER: Das alles steht in keinem Zusammenhang damit, einem Kind eine bestimmte Religion zu lehren, genauso wie man ihm eine bestimmte Sprache lehrt. Man fängt vielleicht mit Deutsch an, hat aber die Möglichkeit, auch noch andere Sprachen von Englisch bis Inuktitut zu lernen und diese Sprachen parallel anzuwenden. Bei Religion bzw. Glaube geht das nicht so einfach. Man kann nicht einerseits an einen Christengott glauben, während man gleichzeitig an die Hindu-Götter glaubt und nebenbei der Meinung ist, dass es keinen Gott gibt.
Man hat im Normalfall nur einen Glauben. Sprachen kann man viele haben.
Das man eine bestimmte Sprache spricht, hat sich aus praktischen Gründen so bewährt. Das man eine bestimmte, vorgefertigte Religion hat, hat sich eher traditionell so ergeben. Man könnte ja genausogut einem Kind sagen, es solle sich seinen eigenen Gott erschaffen, und wer weiß, Kinder sind da sehr kreativ, am Ende hat Gott die Form eines Hasen und hoppelt lustig durch die Welt. Und ich bezweifle stark, dass dem Kind dadurch irgend ein Nachteil (höchstens allgemeine Belustigung der Verwandtschaft bei der Erzählung dieser Gottesanschauung) zuteil wird, zumindest nicht in dem Maße, als müsste es sich seine eigene Sprache erfinden.Zitat
Mich stört die Arroganz dieser Aussage. Sie unterstellt, dass die Religionen nichts als Märchen sind und manchen Leuten simplen Gemüts durch positive Selbsttäuschung helfen. Das ist eine unzulässige Annahme. Du kannst nicht ausschließen, dass wir alle einmal vor Wotan stehen, und dann ist es für unser Überleben essentiell, ob wir zum Frühjahrs-Äquinox um eine Eiche getanzt haben oder nicht.Und woher weißt du, dass es nicht einen Anti-Gott gibt, der alle, die es wagten, sich ein Bild über ihn zu machen, ihn als gütig oder sonstwas zu bezeichnen, überhaupt die Anmaßung besessen haben, irgendeine bestimmte Vorstellung von ihm zu haben, am Ende vors Gericht zieht? Ist es nicht auch arrogant, sich von einem so Übermächtigen ein so genaues Bild zu machen?
Mit Überleben meine ich Überleben in unserer Welt, reines Überleben. Wenn wir irgendwann vor Wotan stehen, und alle ausgesiebt werden, die wir zum Frühjahrs-Äquinox nicht um eine Eiche getanzt sind, bleiben höchstwahrscheinlich nur sehr wenige Menschen übrig (arme Gläubige, die keine Eichen sondern nur Palmen zur Verfügung hatten :-(). Aber das kann genauso gut eintreten, wie es eintreten kann, dass ich trotz meines steten Glaubens, von einem Bus überfahren werde und sterbe.
Tut mir leid, wenn ich dich falsch verstanden habe. Aber ich weiß immer noch nicht, wie der Glaube von Natur aus wesentlich zum Überleben in unsrer (jetzigen!) Welt sein kann.
Und sollte ich sterben, weil ich keinen bestimmten Glauben habe, habe ich ohnehin kein Bedürfnis weiterhin eine solch intolerante Welt zu bewohnen. -
Zitat
Original von Tom
Glauben ist die Entscheidung ... für ein mystisches, unbeweisbares, ritualisiertes Gedankengebäude, das in der Ausführungspraxis Gedanken dann nicht mehr so schrecklich willkommen heißt.
Zur richtigen Einordnung:
Nach dieser Definition von Glauben bin ich ungläubig. 1,2 Milliarden Katholiken ebenfalls. Vemutlich auch die große Mehrzahl aller Christen und aller Leute, die sich selbst als Gläubig bezeichnen.
Du hast nämlich die Definition von Aberglaube angeführt, nicht von Glaube. -
Zitat
Original von Tom
Und zweitens. Auch schon zigmal ausgeführt, aber Argumentation ist in diesem Bereich offenbar <g> sinnlos: Jemand, der nicht glaubt, ist nicht der gegenteiligen Meinung von jemandem, der es tut, und er hat demnach auch nicht die "gegenteilige Entscheidung" getroffen. Wer keine Briefmarken sammelt, ist kein A-Briefmarkensammler. Jemand, der keinen Tee trinkt (weil er genug andere Getränke zur Auswahl hat und sich nie mit dieser Option beschäftigen wollte), ist kein A-Teeist. Glauben ist eine willkürliche Option von sehr vielen, allerdings, mit Verlaub, die mit Abstand unglaubwürdigste. Es ist aber mitnichten, wie immer wieder weiszumachen versucht wird, die disjunkte Alternative zum Nicht-Glauben.[..]
"Du bist Atheist" an jemanden, der nicht zufällig eine der zig Varianten dieses Unsinns verinnerlicht hat, ist nicht weniger als eine Beleidigung. Es mag Leute geben, die die Märchen für wahr halten, und andere, die sie für Lügen halten, aber es mag auch sehr, sehr viele Menschen geben, denen diese Märchen komplett egal sind, und die es als Form von Gewalt empfinden, im Alltag und in solchen Diskussionen immer wieder genötigt zu werden, hierzu Stellung zu beziehen - und eben kategorisiert zu werden.
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Zitat
Original von Bernard
Zur richtigen Einordnung:
Nach dieser Definition von Glauben bin ich ungläubig. 1,2 Milliarden Katholiken ebenfalls. Vemutlich auch die große Mehrzahl aller Christen und aller Leute, die sich selbst als Gläubig bezeichnen.
Du hast nämlich die Definition von Aberglaube angeführt, nicht von Glaube.Wo ist der Unterschied?
Ob ich jetzt daran glaube, dass es eine böse Macht auf mich abgesehen hat, weil ich unter einer Leiter durchgegangen bin, oder der Saturn in einem unguten Zeichen steht, oder aber dass ich nicht in den Himmel komme weil ich nie im Leben gebetet habe. Das ist doch alles Glaube.
Du gehst nicht gerade tolerant mit Astrologen und Wahrsagern um, Bernhard