Warum glaubt Ihr NICHT an "Gott"?

  • Waldlaeufer . Keine Ahnung, wovon Du gerade redest. Aber Deine Behauptung war falsch. Der Papst ist "Successor Principis Apostolorum" (also der Nachfolger des ersten Apostel, Petrus) und "Vicarius Iesu Christi", also Stellvertreter Christi, mithin Stellvertreter Gottes - denn Jesus Christus IST Gott, nach der Dreifaltigkeit. (Es sei mir gestattet, wenigstens das für galoppierenden Schwachsinn zu halten. Oder doch nicht? Wenigstens anmaßend? Na gut, ist ja auch egal. Man kann nicht Stellvertreter einer Instanz sein, die nicht existiert.)


  • Hier muss ich falsch sagen! Gewisse Mutationen unterliegen spezifischen Zeitabständen und Umweltbedingungen, aber das sind nur eine minimale Anzahl. Die meisten Mutationen sind spontan (Trisomie, die ich schon oben erwáhnt hatte)! Crichton ist ein guter Autor, aber kein Wissenschaftler und Next ist auch nur Science fiction und nicht Facts.


    Aber vielleicht sollte ich lieber still sein und weiterhin hoffen, dass meine Posts ignoriert werden
    *nimmt nun die Popcorntüte wieder in die Hand und liest interessiert weiter*

  • Helmut :-)


    Naja, dass es sich als Außenweltskeptiker praktisch besehen schlechtg leben lässt - joaaa :lache.
    Prinzipiell ist dieser Gedankengang ja auch eher dazu gedacht einerseits einfach die epistemische Problematik von Wissen, Sachverhalt und Beleg zu zeigen und andererseits Menschen in den Wahnsinn zu treiben.


    Nachfolger? Hmpfh. Stümmt.
    Hätt ich doch mal wirklich Wikipedia benutzt.
    Nachdem das vor allem schon im Gespräch war.
    Sowas aber auch. :grin


    Tom
    Wäre dir eine Vierfaltigkeit lieber?

  • Zitat

    Original von Oryx


    Hier muss ich falsch sagen! Gewisse Mutationen unterliegen spezifischen Zeitabständen und Umweltbedingungen, aber das sind nur eine minimale Anzahl. Die meisten Mutationen sind spontan (Trisomie, die ich schon oben erwáhnt hatte)!


    Das ist richtig, von mir aber nicht gemeint.
    Es geht eher um den Effekt, dass Mutationen bei höheren Lebewesen nur dann sinnvoll sind, wenn schlagartig im Zusammenspiel, sozusagen aufeinander abgestimmt, eine Vielzahl von Genen "kippt". Das passiert in der Evolution dauernd.
    Nimm ein Lebewesen an, das keine Augen hat. Es hätte einen Selektionsnachteil, wenn es nur eine Iris hätte, nur eine Linse, nur ein "halbes" Auge. Es würde Energie für die Aufrechterhaltung dieser Wucherungen aufwenden müssen, ohne dass diese eine nützliche Funktion erfüllten. Es wäre daher im Nachteil gegenüber Artgenossen ohne Wucherungen. Nur ein komplettes Auge ist sinnvoll.
    Die von Crichton angeführte Fledermaus ist ein Paradebeispiel. Hier muss nicht nur ein Organ wachsen, sondern gleich mehrere: Stimmbänder, die Ultraschall ausstoßen können, Ohren, die Ultraschall auffangen können und ein Hirn, das aus Ultraschalltönen räumliche Informationen zusammensetzen kann.
    Im Übrigen:
    Unkontrollierte Zellwucherungen, also Mutationen, bei höheren Lebewesen sind auch als "Krebs" bekannt und eine der Haupttodesursachen in westlichen Ländern. Sie werden in der Natur "wegselektiert", also nicht weitervererbt.


    Dann gibt es da noch Trends, Saltationen usw. usf.


    Die Erklärung "Zufall" erscheint mir unplausibel.

  • Zitat

    Die Erklärung "Zufall" erscheint mir unplausibel.


    Zufall ist eine häufig mißverständlich eingesetzte Begrifflichkeit. Ich wohne in Berlin, einer Stadt mit mehr als drei Millionen Einwohnern, und trotzdem trifft man pausenlos "zufällig" Leute. Das ist aber kein Zufall, sondern eine Frage der Stochastik. Wie auch der Moment, in dem mir "zufällig" ein Blumentopf auf die Bonje knallt, während ich an einem mehrstöckigen Haus vorbeizugehen suche. Die meisten Blumentöpfe zerschellen richtigerweise am Boden, ohne einen Schädel einzuschlagen. Auch ein Lottogewinn ist kein "Zufall", selbst wenn er mit den Geburtstagen der kompletten Meschpoke erzielt wurde. Das Ereignis "lebt" von seinem Nichteintreffen in allen anderen möglichen Fällen. Wir nennen ein sehr unwahrscheinliches Ereignis "Zufall" und nehmen manchmal einfach nicht hin, daß es zum Eintreffen dieses - zuweilen extrem unwahrscheinlichen - Ereignisses kommen konnte, vergessen aber dabei, daß wir immer nur einen mikroskopisch kleinen Ausschnitt betrachten, den wir aber gerne als repräsentativ verstehen.


    Bernard, wir hatten exakt diese Diskussion schon. Der Gedanke von der göttlichen Schöpfung ist ein Mythos, eine Erzählung darüber, wie es "gewesen sein soll", die im Gegensatz zur Erklärung steht, zum Beispiel einer wissenschaftlichen, aber ihr nicht als Alternative gegenüber.

  • Zitat

    Gibt es noch irgendwelche Atheisten da draußen, die so freundlich wären, ihre Ansichten mitzuteilen? Wie beißen auch nicht.


    Ja, die gibt es.
    Ich bin ein sehr rationaler Mensch, der nur glaubt, was bewiesen ist. Meiner Meinung nach gibt es keinen Beweis für die Existenz Gottes, allerdings auch keinen Beweis für seine/ihre Nicht-Existenz.


    Das Gottesbild ist durch Menschen geschaffen, und zwar von Menschen, die andere manipulieren und beherrschen woll(t)en. Der Gott des Alten Testaments, des Neuen Testaments und des Korans ist mir mit seiner Willkür, seiner Ungerechtigkeit und seinen Forderungen unsympathisch... aber gibt es ihn überhaupt??? Vermutlich nicht, außer in der Einbildung, den Visionen der Menschen, die sich zu Propheten berufen fühlten.


    Bei der Diskussion über Religion kommt es mir so vor, dass oft "Gott", wer oder was immer das ist, mit der Kirche verwechselt wird. Karl Dall hat das mal in einem Treffen mit Jugendlichen auf den Punkt gebracht, als er sagte: "Ich habe nichts gegen Gott, aber das Bodenpersonal gefällt mir nicht."
    Ich habe zu Gott keine Meinung, da ich nicht mal weiß, ob es ihn/sie überhaupt gibt, aber ich habe eine vernichtende Meinung über die Kirchen und ihre fundamentalistischen Vertreter. Egal, ob Christen, Muslime oder Juden, diese menschengemachten Religionen haben nur Elend über die Menschheit gebracht.


    Sehr interessant war vor längerer Zeit ein Artikel im SPIEGEL, in dem man dem "Ursprung" religiöser Empfindungen auf den Grund gehen wollte. Bei Leuten mit starken religiösen Gefühlen fand man im Gehirn eine Region im Schläfenlappen(?), die besondere Impulse aussendet. Es könnte sich also um ein neurophysiologisches Phänomen handeln...

  • Hallo, Bernard.


    Zitat

    Die von Crichton angeführte Fledermaus ist ein Paradebeispiel.


    Das "Verstehen" solcher Beispiele geht einher mit der "Zufall"-Problematik. Du schreibst Dinge wie "Hier müssen Organe wachsen", das hört sich an, als handle es sich um einen Prozeß wie bei den genmanipulierten Ratten, denen die Knorpelstrukturen menschlicher Ohren auf dem Rücken "wachsen". Wie beim "Zufall" verstehen viele Betrachter hier nicht den zeitlichen Hintergrund, vor dem das geschieht. Ein viel größeres Problem ist aber die angenommene (und von Crichton einfach behauptete) Reihenfolge.


    Du schriebst, daß Du den "Bauplan" analog zu demjenigen, den man für ein Haus hat, verstehen würdest. Das würde bedeuten, daß ein Gebäude (also ein Ergebnis) geben müßte, das am Ende der Entwicklung steht. Schließlich beobachten wir weiterhin evolutionäre Prozesse, der Vorgang scheint also nicht abgeschlossen. Was steht an seinem Ende? Und warum gelingt es uns, aus diesem "Bauplan" auszuscheren und die Welt vor seiner Beendigung zu zerstören (Was wir ja gerade erfolgreich in Angriff genommen haben)?

  • Hallo, Engima.


    Zitat

    Das Gottesbild ist durch Menschen geschaffen, und zwar von Menschen, die andere manipulieren und beherrschen woll(t)en.


    Zustimmung. :write


    Aber es wird verkauft als gegebener Weltbestandteil, der auf Augenhöhe, mindestens, eigentlich aber darüber, neben dem Faktischen zu sehen ist.

  • Zitat

    Original von Bernard


    Es geht eher um den Effekt, dass Mutationen bei höheren Lebewesen nur dann sinnvoll sind, wenn schlagartig im Zusammenspiel, sozusagen aufeinander abgestimmt, eine Vielzahl von Genen "kippt". Das passiert in der Evolution dauernd.
    Nimm ein Lebewesen an, das keine Augen hat. Es hätte einen Selektionsnachteil, wenn es nur eine Iris hätte, nur eine Linse, nur ein "halbes" Auge.


    Sorry, Namensvetter,


    es gibt nicht nur "Auge oder kein Auge". Es gibt primitive Lebewesen, die einfach nur lichtempfindliche Zellen in der Haut haben. Die sind ein Vorteil gegenüber Wesen, die garkeine Licht-Informationen wahrnehmen, aber sie sind auch sehr empfindlich gegenübner Verletzungen. Die lichtempfindliche Hautpartie gegenüber der umgebenden Haut etwas abzusenken, verringert das Verletzungsrisiko - und liefert ganz nebenbei noch eine "Richtwirkung" - Licht "von vorne" wird von so einem "Grubenauge" (wie sie bei manchen Schnecken noch heute existieren) deutlicher unterschieden. Wenn zur Verbesserung der Richtungsauflösung die Grube tiefer und runder wird und mehr Seh-Zellen nebeneinander ansammelt, entsteht eine neue Gefahr: ein Fremdkörper, ein Sandkorn zum Beispiel, könnte in die Öffnung gelangen und das Tier wäre blind. Eine dünne, feste Hornhautschicht, die die Öffnung verschließt, sorgt für zusätzlichen Schutz - voila, schon ist das Linsenauge des Tintenfisches fertig!



    Nur weil man nicht weiß, auch welchem Wege ein Organ entstanden ist, und welche Funktion die "Zwischenstadien" ausübten, heißt es nicht, daß es keinen Evolutionspfad zu diesem Organ hin geben kann.


    Die Evolution ist ein sehr mächtiges Werkzeug, wenn es um Anpassung, Optimierung und Effizienzsteigerung geht. Gott wäre dumm, wenn er dieses Werkzeug bei seiner Schöpfung nicht genutzt hätte.

  • Zitat

    Original von Behrnie
    Die Evolution ist ein sehr mächtiges Werkzeug, wenn es um Anpassung, Optimierung und Effizienzsteigerung geht. Gott wäre dumm, wenn er dieses Werkzeug bei seiner Schöpfung nicht genutzt hätte.


    Sehr richtig. :write
    Deinen früheren Ausführungen stimme ich dennoch nicht zu. Zwar sind die von Dir angesprochenen sinnvollen Zwischenstadien vorhanden, aber die Abstände sind zu gewaltig, um ohne zielgerichtete Entwicklung überwunden zu werden.


    Zitat

    Original von Tom
    Das "Verstehen" solcher Beispiele geht einher mit der "Zufall"-Problematik. Du schreibst Dinge wie "Hier müssen Organe wachsen", das hört sich an, als handle es sich um einen Prozeß wie bei den genmanipulierten Ratten, denen die Knorpelstrukturen menschlicher Ohren auf dem Rücken "wachsen". Wie beim "Zufall" verstehen viele Betrachter hier nicht den zeitlichen Hintergrund, vor dem das geschieht.


    Wieder: volle Zustimmung! :write
    Eben dieser zeitliche Hintergrund ist die Widerlegung des Neodarwinismus (nicht: der Evolutionstheorie). Der Weg von einer "Ausbaustufe" zur nächsten würde, wäre er zufallsabhängig, Jahrtausende benötigen. Die Selektion der (bis zum Erreichen dieser Stufe) unterlegenen mutierten Organismen wäre aber eine Frage von Jahrzehnten.
    Ich bin auch durchaus bereit, ein gewisses Maß an Unwahrscheinlichkeit in meinem Weltbild zu akzeptieren. Da diese Phänomene aber die Regel sind und nicht die Ausnahme, muss ich zwingend von einem "Faktor X" (Bauplan) ausgehen. Das beweist keinen Gott (ich wiederhole mich, da ja gern selektiv gelesen und zitiert wird). Es wirft aber Fragen auf.


    Zitat

    Original von Tom
    Schließlich beobachten wir weiterhin evolutionäre Prozesse, der Vorgang scheint also nicht abgeschlossen. Was steht an seinem Ende?


    Das wüsste ich wirklich gern! Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Reise weitergeht! Vielleicht sind wir wirklich erst am "sechsten Tag der Schöpfung" und wir Menschen entwickeln noch ganz andere, erstaunliche Fähigkeiten. Wer weiß?


    Zitat

    Original von Tom
    Und warum gelingt es uns, aus diesem "Bauplan" auszuscheren und die Welt vor seiner Beendigung zu zerstören (Was wir ja gerade erfolgreich in Angriff genommen haben)?


    Oh gesegnete Egozentrik! :lache
    Was, bitte, können wir denn zerstören? Vielleicht (!) einen Planeten, nämlich die Erde. Ein Staubkorn in einem gewaltigen Nichts. Wie Du selbst weiter oben gepostet hast, ist das im kosmischen Maßstab eher ein Messfehler. Und daran soll der Plan Gottes scheitern? Diese Logik erschließt sich mir nicht.
    a) Warum soll es auf die Menschheit ankommen? Es könnte sehr wohl im gewaltigen Universum unglaublich viele andere bewohnte Planeten geben, auf denen Wesen leben, die ebenfalls nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Die sehen vielleicht ganz anders aus als wir, vielleicht würden wir sie noch nicht einmal erkennen, wenn wir sie träfen, vielleicht wird es sie auch erst in ein paar Milliarden Jahren geben. Na und? Gott braucht uns nicht. Wenn wir uns in die Luft sprengen - unser Problem, nicht seines.
    b) Vielleicht ist Gottes Plan mit uns ja schon fertig. Warum sollte es uns ewig geben? Vielleicht "reicht" es, wenn es bis ins Jahr 2020 Menschen gibt. Vielleicht sind bis dahin alle unsterblichen Seelen einmal auf der Erde gewesen. Oder was sonst das Kriterium sein mag. Ich weiß es nicht.
    c) Warum sollte Gott nicht noch einmal von vorn anfangen können? Wir verschleudern die Erde und sterben alle aus. Okay. Ein, zwei Eiszeiten später könnte Gott problemlos den gleichen Evolutionszirkus wieder anfangen lassen, den er hier schon einmal durchgezogen hat.
    Für mein Empfinden hast Du hier wieder ein Axiom gesetzt, dass Du als konstitutionell für einen Glauben an Gott annimmst. Ist es aber nicht. Noch nicht einmal für den christlichen Gott.


    Ich überlege gerade, ob ich an Gott glauben würde, wenn ich meine Erwartungen an ihn mit vergleichbaren Axiomen aufladen würde. :gruebel

  • Zitat

    Original von Bernard


    Eben dieser zeitliche Hintergrund ist die Widerlegung des Neodarwinismus (nicht: der Evolutionstheorie). Der Weg von einer "Ausbaustufe" zur nächsten würde, wäre er zufallsabhängig, Jahrtausende benötigen. Die Selektion der (bis zum Erreichen dieser Stufe) unterlegenen mutierten Organismen wäre aber eine Frage von Jahrzehnten.


    Du überschätzt die Ausleserate der natürlichen Selektion. Gerade dadurch, daß die sexuelle Rekombination es erlaubt, "Fehlanpassungen" über Generationen hinweg in rezessiven Genen zu verstecken, und erst dann wieder hervorzuholen, wenn sie keinen Nachteil mehr darstellen, ist es durchaus wahrscheinlich, daß in hinreichend großen Populationen innerhalb hinreichend langer Zeiträume irgendwann diejenigen "Mutanten" aufeinander treffen, deren Gene sich auf neuartige Weise optimal ergänzen. In unserem Genpool schleppen wir dermaßen viele Fehlanpassungen mit uns herum, von denen nicht absehbar ist, ob sie je zu irgendetwas nützlich sein können (z.b. bei rot-grün-Blindheit habe ich meine Zweifel) - so rigeros wie oft beschrieben kann die Selektion garnicht sein.


    Die Anpassung von vorhandenem mag "survival of the fittest" sein, die Entstehung von neuem ist oft genug "survival of the misfits". Der Mensch ging in die Savanne, weil er schlechter an die Bäume angepaßt war als seine Affenbrüder und -schwestern.

  • Behrnie :
    Mag sein, dass Du Recht hast. Ich glaube es nicht, mir erscheint die Zufallsrate zu hoch (Stichwort Kettenwahrscheinlichkeiten). Sie wird auch dadurch nicht geringer, dass ich rezessive Gene mitschleppe, denn auch da müssten sich ja ausgerechnet diejenigen ansammeln, die dann ein Auge (oder einen Sonarapparat mit Empfangs- und Auswertungsteil) ergeben, dann gleichzeitig durchschlagen und sich ab dann dominant vererben. Das erscheint mir konstruiert. (--> Wo ist der Konstrukteur?)


    Gerade die Diskussion dieser Thematik zeigt aber, dass ein gläubiger Mensch in aller Regel mitnichten "alles hinnimmt und nicht nachdenkt".
    Wenn ich annehme, dass es einen Gott gibt,
    dann kann ich auch annehmen, dass es in der Schöpfung einen Plan gibt,
    und dann kann ich darüber spekulieren, wo das Ziel dieses Planes liegt.


    Ich habe also viel nachzudenken. Und ständig an meine wechselnden Wissensstände anzupassen.


    Jemand, dem sich die Frage nach Gott gar nicht stellt, dürfte schon beim ersten Schritt aussteigen ...


    Ich sage nicht, dass das schlecht ist. Vielleicht ist es gut, sich nicht mit solch "unnützem Zeug" zu beschäftigen (obwohl ich persönlich es empfehlen würde, weil es mir großen Spaß macht). Nur, weil vorher in diesem Thread behauptet wurde, Gläubige wären weniger kritisch oder würden generell weniger eigene Gedanken entwickeln ... :grin

  • Reicht's mit der Evolution? (War diese Crichton-Nummer eigentlich wirklich ernstgemeint?) Natürlich funktioniert der Mythos zumindest für Teilaspekte der Weltenstehung. Er bleibt aber ein Mythos, einer von vielen, von Menschen geschaffenen (auf diesen Aspekt geht übrigens keiner ein, interessanterweise). Keine Erklärung, sondern eine Erzählung. Typisch für Gläubige.
    Randdiskussionen, um vom Kern abzulenken. :grin


    Spaß beiseite. Ich möchte nochmal (und nacheinander) auf ein paar interessante Fragen zurückkommen, die aufgeworfen wurden. Rabarats Liebe-Sache zum Beispiel. Das ist ein sehr häufig genutzter Argumentationsstrang. Liebe ist nicht beweisbar. Ich glaube an die Liebe. Jeder Mensch glaubt an die Liebe. Gott ist Liebe. Gott existiert.


    Wie schon gesagt, Liebe (jedenfalls die mit ihr einhergehenden Effekte) ist wissenschaftlich beweisbar, man kann sie sogar "auslösen". Liebe ist aber vor allem eine Interpretation, davon abgesehen ein soziokulturelles Phänomen und keineswegs ein allen Menschen, die jetzt existieren oder zu jeder Zeit existiert haben, gemeines. Trotzdem ist die Frage natürlich interessant. Gott ist Liebe. Gott ist aber auch (angeblich) der Schöpfer allen Übels (die Theodizee-Frage haben wir ja schon gestreift). Der alttestamentarische Gott ist ein Gott des Krieges, der Gewalt und der Vernichtung. Gott ist Hass. Ich könnte sagen: Ich glaube an den Hass. Gott existiert?


    Das Hauptproblem mit diesem Argument, wäre es denn inhaltlich richtig (also wäre "Liebe" tatsächlich nicht wissenschaftlich beweisbar), ist, daß es überhaupt keine logische Verbindung zu "Gott existiert" gibt. Die Anerkenntnis eines Phänomens, das vermeintlich nicht beweisbar ist, führt automatisch zur Anerkenntnis eines anderen, das aber dann auch wirklich nicht beweisbar ist? Wie lustig. Da hat jemand "Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren" gelesen. :grin


    Eine zweite Frage, dann ist erst mal Schluß für heute, ist die nach der Begrifflichkeit.


    Wir Menschen wissen wenig, und Gewißheit haben wir über noch weniger Dinge. Letztlich haben wir lediglich Gewißheit von der eigenen Existenz. Ich weiß, daß ich existiere, niemand kann mir das Gegenteil beweisen, und könnte er es doch, würde er es mir bewiesen haben, was wiederum der Nachweis meiner Existenz wäre.
    Danach folgt erstmal nicht viel, denn für das, was wir als "Wissen" bezeichnen, gibt es bestenfalls gute Argumente, selten Gewißheit. Was wir nicht wissen, glauben wir möglicherweise ("Ich glaube, daß es auf dem Mars Leben gegeben hat"). Aber das Verb bezeichnet etwas anderes als mit religiösem Glauben gemeint ist. Der bezeichnet nämlich tatsächlich Gewißheit. Es wurde hier auch von "Vertrauen" gesprochen. Man vertraut nicht auf etwas, das man nicht weiß. "Ich glaube, daß kein Auto kommen wird, wenn ich bei rot über die Straße gehe", darauf alleine, ohne faktische Grundlage, wird kein vernünftiger Mensch vertrauen. Deshalb ist die Bezeichnung "Glauben" auch falsch, bei religiösem Glauben. Es handelt sich um Gewißheit. Nur so ist auch der Absolutheitsanspruch der Kirche (aber das ist ein anderes Thema) begründbar. Es handelt sich allerdings, im Gegensatz zur Existenzgewißheit, um eine nichtrationale, tatsächlich emotionale Gewißheit. Die rationalen Erklärungsversuche, die zum Beispiel Bernard hier immer wieder zu bringen versucht hat, sind keine Argumente für seine Gewißheit. Es ist umgekehrt. Er baut Argumente zurecht, um eine scheinbar rationale Begründung für seine emotionale Gewißheit zu konstruieren. Nicht für sich selbst, das hat er nicht nötig, sondern für die Außenwelt.


    Es lassen sich aber noch einige weitere Fragen diskutieren.


    Und noch etwas Persönliches. Warum engagiere ich mich so sehr für dieses Thema? Warum lasse ich den Gläubigen nicht einfach ihren Glauben und behalte meinen Atheismus für mich? Es gibt eine komplexe Antwort, die vielleicht zu Teilen durch die langen Texte, die ich heute verfaßt habe, hindurchschien, aber es gibt auch eine kurze: Glauben ist unvernünftig. Und es ist unverantwortlich, diese Unvernunft wie eine Fackel vor sich herzutragen und Kinder damit zu infizieren.

  • Zitat

    Original von Tom
    Es handelt sich allerdings, im Gegensatz zur Existenzgewißheit, um eine nichtrationale, tatsächlich emotionale Gewißheit. Die rationalen Erklärungsversuche, die zum Beispiel Bernard hier immer wieder zu bringen versucht hat, sind keine Argumente für seine Gewißheit. Es ist umgekehrt. Er baut Argumente zurecht, um eine scheinbar rationale Begründung für seine emotionale Gewißheit zu konstruieren. Nicht für sich selbst, das hat er nicht nötig, sondern für die Außenwelt.


    Also Tom, Du bist echt ne Marke! :lache


    Wenn rationale Argumente nicht zum gewünschten Ergebnis führen, sind sie also "scheinrational", womit man sie nicht mehr widerlegen muss. Sehr praktisch, so ein Verdrängungsmechanismus, nehme ich an.


    Und dann verfügst Du noch über die Fähigkeit der psychoanalytischen Ferndiagnose per Internet. Du kannst mir erklären, was bei mir rational und emotional ist, was ich für mich und was ich für die Außenwelt mache, ob ich Begründungen "brauche" oder nicht ... Wirklich ulkig.


    Zudem hast Du nicht begriffen, dass das größte Märchen von allen, der Atheismus, geboren aus menschlich-egozentrischer Selbstüberschätzung, wissenschaftlich unhaltbar ist. Wie ein Kettenraucher, der irgendwelche Exotenstudien hervorzaubert, um zu belegen, dass Teer in der Lunge gesund sei.


    Meine Damen und Herren, hier endet unsere Sendung "Onkel Bernard erklärt die Welt".
    Viel Vergnügen bei der Fortsetzung von "Onkel Toms Küchenpsychologie, heutige Folge: zusammenhanglose, halbgare Thesen auf undefinierten Axiomen zur Verunsicherung puritanischer Grundschulkinder in der Mark Brandenburg."

    :lache :lache :lache


    PS: Nichts gegen Brandenburg.

  • Mit rhetorischer Unbekümmertheit schreibe ich jetzt Folgendes:
    Ich habe beide Threads aufmerksam verfolgt und sie haben mich angeregt, seit vielen Jahren mal wieder über meinen Nichtglauben nachzudenken und ihn zu überprüfen. Ich reagiere auf die Frage in diesem Thread, weil sich mir die Frage „Warum ich glaube“ nach wie vor nicht stellt.
    Schon vor über 30 Jahren habe ich für mich „Warum glaubst Du nicht an Gott“ beantwortet und es bedurfte bis heute keiner Korrektur.
    Als Kind dachte ich (evangelisch erzogen), daß ich glauben müsse, ansonsten wäre ich ausgegrenzt und ein schlechterer Mensch. Als Jugendlicher, als ich begann selbständiger zu denken, war ich unglaublich froh und geradezu erleichtert, daß ich es eben nicht muss, sondern daß mein Geist frei ist zu entscheiden. Frei, eigene Gedanken zu formen und weiterzuentwickeln. (Ich las schon zu der Zeit sehr viel.) Frei, sich ohne schlechtes Gewissen um Dinge zu kümmern wie Eigenständigkeit, Selbstsicherheit, Offenheit, gesunden Egoismus, Sexualität.
    Moral ist für mich eine philosophische und soziologische Frage, keine des Glaubens oder der Religion.
    Meine Werte haben sich formiert aus der Erziehung durch meine Eltern, dem Lesen unzähliger Bücher, der Reifung meines Gehirns in gesunder physischer wie psychischer Umgebung.
    Ich sehe mein(en) Nichtglauben als eine Befreiung meines Geistes an, als ein Ablegen von Ketten sozusagen. Alles, was ich über Gott weiß, weiß ich durch meine Eltern, die Schule, die Kirche, die Bibel. Wie kann ich aber dann das eine (Kirche) so rigoros ablehnen, an das andere (Gott) aber glauben?
    Die Geschichten der Bibel solle ich als Symbole, als Gleichnisse betrachten, sagte man mir. Aber die Jungfräulichkeit der Maria für bare Münze nehmen und nicht als Überlieferungsfehler? :lache
    Groß geworden mit Perry Rhodan und Star Trek und in der Hoffnung, daß es im Universum nicht nur unsere Lebensform gibt (vermessen zu glauben, daß wir gar die Krone der Schöpfung sein sollten :yikes), sondern eine Vielfalt von Leben welcher Art auch immer, bleibt in meiner Vorstellung kein Raum für eine Manifestation wie Gott, Schöpfer, Lenker, großer Plan.
    Ich bin gerne bereit, den Gedanken zuzulassen, daß es eine und/oder viele Existenzen weit über der unseren gibt, die wir nicht erkennen, messen oder begreifen können. Wer in einer zweidimensionalen Welt lebt, weiß auch nicht, daß es eine dritte Dimension gibt, geschweige denn, was in ihr passiert.
    Ich habe keine Angst vor Dingen, die ich nicht verstehe, da müsste ich ja tagtäglich Angst haben :-). Deshalb brauche ich auch keine Vorstellung von Gottes Schöpfung, Allmacht oder Gegenwärtigkeit, um mir die Entstehung und den Lauf der Welt vorzustellen. Ich weiß nicht, woher ich komme – na und? Ich weiß nicht, wohin ich gehe – was soll’s? Das weiß niemand genau und ich kann gut damit leben. Aber ich weiß, wer ich bin und was ich hier tue (meistens jedenfalls), das langt mir für dieses Leben vollkommen. Es gibt so viele Fragen im hier und jetzt zu stellen und zu beantworten, damit bin ich vollauf ausgefüllt.
    Aber das ausgerechnet wir hier auf diesem kleinen Planeten am Rande der Milchstraße, in den unendlichen Weiten des Weltalls für eine höhere Daseinsform (ob Gott oder wie auch immer man es nennen will) irgendeine Bedeutung haben sollten, geschweige denn, daß er oder es unsere Wünsche und Bitten erhört :wow , ist in meiner Vorstellung nur lächerlich. Die Existenzen und Handlungen (ja Ausbegurten) der Kirchen widersprechen meiner Meinung nach einer Existenz Gottes. Meiner Vorstellung und meinem kleinen Geiste nach würde es niemand zulassen, daß in seinem Namen das geschieht, was die Kirchen verbrochen haben und immer noch tun.
    Wem der Glaube hilft, sein Leben zu leben, bitte. Ich glaube an meine eigene Stärke, Kraft, an meinen Mut und meinen Humor, meine Fähigkeit zu lieben und zu geben. Aber auch an meine Besserwisserei, meine Wut, an meine Ungerechtigkeit und an meine Ungeduld.


    In diesem Sinne
    Live long and prosper
    Jane Doe