Bei den Eulen wird gerne, häufig und wiederholt über "Glauben" diskutiert, und als Agnostiker hegt man da zuweilen den Wunsch, in die Tastatur zu beißen und den Rechner zu opfern. Hier also der längst überflüssige "Warum glaubt Ihr NICHT an 'Gott'"-Thread. Meine Antwort, die eine vorläufige und unvollständige ist:
- Ich will mir das Denken nicht abnehmen und/oder verbieten lassen. Zweifel ist die Quelle für Fortschritt, auch für individuellen (und nichttechnischen)
- Das Leben findet jetzt statt, nicht vor der Geburt oder nach dem Tod. Wer das anders sieht, verschenkt seine Zeit - und die ist knapp
- Erklärungsversuche, die sich als Dogma ausgeben, stimmen mich skeptisch, zumal sie von Menschen stammen, die die Beweislast aber abstreifen, indem das Modell als nicht beweisbar weil von "Gott" kommend ausgegeben wird
- Menschen sind eine vorübergehende Erscheinungsform. In der Geschichte der Erde oder des gesamten Universums sind sie nicht einmal eine Fußnote, und mehr werden sie nie sein. Wenn ein "Gott" "uns" nach "seinem Vorbild" geschaffen hätte, wäre das viel Mühe für nichts gewesen
- Ich brauche keinen Trost durch haltlose und zuweilen hirnrissige Thesen wie diejenige, es gäbe eine transzendente Überkompetenz oder einen übergeordneten Willen
- Nietzsche ist zwar auch tot, aber Gott hat nie "gelebt"
- Wer sein Leben von anderen erdachten Paradigmen unterordnet, übt Phantasieverzicht und Selbstbeschränkung. Zudem sind diese Paradigmen nur zufällig erfolgreicher als andere, die auch Erklärungen liefern, zuweilen zwar noch bescheuertere, manchmal aber vernünftiger erscheinende
- Der christliche Monotheismus mit seinem Absolutheitsanspruch war auch schon die x-te Variante ein und desselben Themas, aber seine weltweite Durchsetzung verdankte er letztlich einem günstigen Zeitpunkt, das war alles
- Kirche, Religion und Glaube sind immer mit Machtausübung verbunden. Menschen sollten keine Macht über andere Menschen haben. Vor allem nicht auf der Basis von haltlosen Strukturen und Denkmodellen
- Die Erklärungen, die andere liefern, sind längst sehr viel besser. Sie erklären mitnichten alles, aber sie sind wenigstens nicht so haltlos wie dieser Schöpfungs-Schwachsinn
- Stehlen oder töten sind keine Sünden, sondern Mittel im Überlebenskampf, die andere Lebewesen nach wie vor einsetzen müssen, um die eigene Art zu oder sich selbst zu erhalten. Wir töten und stehlen auch - wir töten Tiere und wir stehlen Lebensraum. Das Sündenkonzept ist wirklich hanebüchen. Und Lügen ist eine feine Sache; Schriftsteller tun die meiste Zeit über nichts Anderes
- Wer schon Sinn suchen will in seinem kleinen, kurzen Leben, sollte sich m.M.n. um einen individuellen Sinn bemühen, und nicht um einen vordiktierten, abstrakten Sinn, der keiner ist
- Das Leben endet mit dem Tod. Das ist ein erschreckender, aber gleichzeitig zutiefst befriedigender Gedanke. Er erfüllt mich nicht mit Angst, deshalb brauche ich keinen virtuellen Trost, der keiner ist
- Glauben wird als Ausrede und Rechtfertigung genutzt. Das ist in meinen Augen mit Schwäche gleichzusetzen
- Wer Modelle wie ein "Martyrium" für sich akzeptiert, steht meiner Meinung nach immer an der Schwelle zur aktiven Gewaltausübung
- Die Aufrechnung der Erklärungsmodelle gegeneinander durchbricht der Glauben mit seiner eigenen Definition. "Glauben" heißt, eine nicht beweisbare These für sich anzunehmen. Wenn man das tut, verweigert man sich der Vernunft, der Diskussion und letztlich auch der Einsicht. Sofern nötig. Tatsächlich "glaube" ich, daß dieser Wunsch nach Einsicht haltlos ist, weil man Systeme (wie das Universum) sehr wahrscheinlich nicht von innerhalb beweisen kann (wenn es denn überhaupt systemisch ist). Letztlich ist das die einzige Schwäche der wissenschaftlichen Modelle, aber sie wird von Gläubigen und ihren Institutionen weidlich genutzt. Die Haltlosigkeit der Kernantwort wird dabei gerne ausgeblendet
Alles (noch) etwas grob gesagt. To be continued.